SwkrathV:
wdineiV gar, w file Qeaithte,
dia to mh kenoV all egkumwn einai.
Sokrates:
Du hast eben
Geburtsschmerzen, lieber Theaitetos,
weil du nicht
leer bist, sondern schwanger gehst.
QeaithtoV:
ouk oida, w SwkrateV:
o mentoi peponqa legw.
Theaitetos:
Das weiß
ich weiter nicht;
wie es mir
aber ergeht, das habe ich dir gesagt.
[149a]
SwkrathV:
eita, w katagelaste, ouk
akhkraV
wV egw eimi uioV maiaV
mala gennaiaV te kai blosuraV, FainarethV?
Sokrates:
Also du lächerlicher
hast wohl niemals gehört,
daß
ich der Sohn einer Hebamme bin,
einer sehr
berühmten und mannhaften, der Phainarete?
QeaithtoV:
hdh touto ge hkousa.
Theaitetos:
Das habe ich
wohl schon gehört.
SwkrathV:
ara kai oti epithdeuw
thn authn tecnhn akhkraV?
Sokrates:
Etwa auch,
daß ich dieselbe Kunst ausübe, hast du gehört?
SwkrathV:
all eu isq oti:
mh mentoi mou kateiphiV
proV touV allouV
lelhqa gar, w etaire,
tauten ecwn thn tecnhn?
Sokrates:
Wisse dann,
dem ist so.
Verrate mich
aber nicht damit gegen die andern,
denn es weiß
niemand von mir, Freund, daß ich diese Kunst besitze.
oi
de, ate ouk eidoteV,
touto men ou legousi peri
emou,
oti de atopwtatoV eimi
kai poiw touV anqrwpouV
aporein.
h kai touto akhkroaV?
[149b]
Da es nun
die Leute nicht wissen:
so sagen sie
mir auch dieses zwar nicht nach,
wohl aber,
daß ich der wunderlichste aller Menschen wäre
und alle in
Verwirrung brächte.
Gewiß
hast du das auch gehört?
SwkrathV:
eipw oun soi to aition?
Sokrates:
Soll ich dir
davon die Ursache sagen?
SwkrathV:
ennohson dh to peri taV
maiaV apan wV ecei,
kai raion maqhshi o boulomai.
Sokrates:
Überlege
dir nur recht alles von den Hebammen, wie es um sie steht,
so wirst du
leichter merken, was ich will.
oisqa
gar pou wV oudemia autwn
eti auth kuiskomenh te
kai tiktousa allaV maieuetai,
all ai hdh adunatoi tiktein.
Denn du weißt
doch wohl, daß
keine,
solange sie
noch selbst empfängt und gebärt, andere entbindet,
sondern nur,
welche selbst nicht mehr fähig sind zu gebären, tun es.
QeaithtoV:
panu men oun.
Theaitetos:
So ist es
allerdings.
SwkrathV:
aitian de ge toutou fasin
einai thn Artemin,
oti alocoV ousa thn loceian
eilhce.
Sokrates :
Das soll,
wie sie sagen, von der Artemis herrühren,
weil dieser,
einer Nichtgebärenden, dennoch die Geburtshilfe zuteil geworden.
sterifaiV
men oun ara [149c] ouk edwke
maieuesqai,
oti h anqrwpinh fusiV
asqenestera
h labein tecnhn wn an
hi apeiroV:
Nun hat sie
den ganz Unfruchtbaren zwar nicht verleihen können,
Geburtshelferinnen
zu sein,
weil die menschliche
Natur zu schwach ist,
um eine Kunst
zu erlangen in Dingen, deren sie ganz unerfahren ist;
taiV
de di hlikian atokoiV prosetaxe
timwsa thn authV omoithta.
wohl aber
hat sie diese Gabe denen, die des Alters wegen nicht
mehr gebären, beigelegt,
um doch der
Ähnlichkeit mit ihr selbst einen Vorzug einzuräumen.
QeaithtoV:
eikoV.
Theaitetos:
Das scheint
annehmlich.
SwkrathV:
oukoun kai tode eikoV
te kai anagkaion,
taV kuousaV kai mh
gignwskesqai mallon upo
twn maiwn h twn allwn?
Sokrates:
Ist also wohl
auch das annehmlich und notwendig,
daß,
ob eine schwanger ist oder nicht,
besser von
den Geburtshelferinnen erkannt wird als von andern?
QeaithtoV:
panu ge.
Theaitetos:
Gar sehr.
SwkrathV:
kai mhn kai didousai ge
ai maiai farmakia
kai [149d] epedousai dunantai
egeirein te taV wdinaV
kai malqakwteraV an boulwntai
poiein,
kai tiktein te dh taV
dustokousaV,
kai ean +neon on+ [nomimon?]
doxhi ambliskein,
ambliskousin?
Sokrates:
Ja, es können
auch die Hebammen durch
Arzneimittel
und Zaubersprüche
die Wehen erregen
und, wenn
sie wollen, sie auch wieder lindern
und den Schwergebärenden
zur Geburt helfen,
oder auch
das Kind, wenn diese beschlossen haben, sich dessen zu entledigen,
solange es
noch ganz klein ist, können sie abtreiben.
SwkrathV:
ar oun eti kai tode autwn
hsqhsai, oti kai promnhstriai eisi deinotatai,
wV passofoi ousai peri
tou gnwnai poian crh poiwi andri sunousan
wV aristouV paidaV tiktein?
Sokrates:
Hast du auch
das schon von ihnen vernommen,
daß
sie ebenfalls die geschicktesten Freiwerberinnen sind,
indem sie
gründlich zu unterscheiden verstehen,
was für
eine Frau sich mit was für einem Manne verbinden muß,
um die vollkommensten
Kinder zu erzielen?
QeaithtoV:
ou panu touto oida.
Theaitetos
:
Das habe ich
noch nicht so gewußt.
SwkrathV:
all isq oti epi toutwi
meizon fronousin h epi [149e] thi omfalhtomiai.
Sokrates:
So wisse denn,
daß sie hiermit noch mehr großtun als mit dem Nabelschnitt.
ennoei
gar:
thV authV h allhV oiei
tecnhV einai qerapeian
te kai sugkomidhn twn
ek ghV karpwn
kai ou to gignwskein
eiV poian ghn poion futon
te kai sperma
katablhteon?
Überlege
auch nur:
Glaubst du,
daß die
Pflege
nebst Einsammlung
der Früchte des Erdbodens
und dann wiederum
die Einsicht,
welchem Boden
man jegliches
Gesäme und Gewächs
anvertrauen
muß, zu
einer und derselben Kunst gehören oder zu verschiedenen?
QeaithtoV:
Ouk, alla thV authV.
Theaitetos:
Nein, sondern
zu derselben.
SwkrathV:
eiV gunaika de, w file,
allhn men oiein tou toioutou,
allhn de sugkomidhV?
Sokrates:
Bei den Frauen
aber glaubst du, daß
dieses eine andere
und das Einsammeln
wieder eine andere Kunst ist?
QeaithtoV:
oukoun eikoV ge.
Theaitetos:
Das ist wenigstens
nicht wahrscheinlich.
[150a]
SwkrathV:
ou gar, alla dia thn adikon
te kai atecnon
sunagwghn androV kai gunaikoV,
hi dh proagwgia onoma,
feugousi kai thn promnhstikhn
ate semnai ousai ai maiai,
foboumenai mh eiV ekeinhn
thn aitian dia tauthn empeswsin:
epei taiV ge ontwV maiaiV
monaiV pou proshkei
kai promnhsasqai orqwV.
Sokrates:
Wohl nicht,
sondern nur wegen des unrechtlichen und unkünstlerischen
Zusammenführens
der Männer und Frauen, welches man das Kuppeln nennt,
enthalten
sich die Hebammen als ehrbare Frauen auch des Freiwerbens,
aus Furcht,
sie möchten um dieser Kunst willen in jenen Verdacht geraten.
Denn eigentlich
steht es den wahren Geburtshelferinnen auch allein zu,
auf die rechte
Art Ehen zu stiften.
SwkrathV:
to men toinun twn maiwn
tosouton,
elatton de tou emou dramatoV.
Sokrates:
Soviel also
hat es mit den Hebammen auf sich;
weniger aber
doch als mit meinem Spiel.
ou
gar prosesti gunaixin
eniote men [150b] eidwla
tiktein, esti d ote alhqina,
touto de mh raidion einai
diagnwnai.
Denn bei den
Frauen kommt es nicht vor,
daß
sie größtenteils zwar echte Kinder gebären,
bisweilen aber
auch Mondkälber,
und daß
beides schwierig wäre zu unterscheiden.
ei
gar proshn,
megiston te kai kalliston
ergon hn an taiV maiaiV
to krinein to alhqeV te
kai mh:
h ouk oiei?
Denn wäre
dies der Fall:
so würde
es gewiß die schönste und größte Kunst der Hebammen
sein,
zu unterscheiden,
was etwas Rechtes ist und was nicht.
Oder glaubst
du nicht?
QeaithtoV:
egwge.
Theaitetos:
Das glaube
ich wohl.
[Die höhere
sokratische Hebammenkunst]
SwkrathV:
thi de g emhi tecnhi thV
maieusewV ta men alla uparcei osa ekeinaiV,
diaferei de twi te andraV
alla mh gunaikaV maieusqai
kai twi taV yucaV autwn
tiktousaV episkopein alla mh ta swmata.
Sokrates:
Von meiner
Hebammenkunst nun gilt im übrigen alles, was von der ihrigen;
sie unterscheidet
sich aber dadurch, daß
sie Männern die Geburtshilfe leistet und nicht Frauen,
und daß
sie für ihre gebärenden Seelen Sorge trägt und nicht für
Leiber.
megiston
de tout eni [150c] thi hmeterai tecnhi,
basanizein dunaton einai
panti tropwi
poteron eidwlon ai yeudoV
apotiktei tou neou h dianoia
h gonimon te kai alhqeV.
Das Größte
aber an unserer Kunst ist dieses,
daß
sie imstande ist zu prüfen,
ob die Seele
des Jünglings ein Trugbild und Falschheit zu gebären in Begriff
ist
oder Fruchtbares
und Echtes.
epei
tode ge kai emoi uparcei oper taiV maiaiV:
agonoV eimi sofiaV,
kai oper hdh polloi moi
wneidisan, wV touV men allouV erwtw,
autoV de ouden apofainomai
peri oudenoV
dia to mhden ecein sofon,
alhqeV oneidizousin,
Ja, auch hierin
geht es mir eben wie den Hebammen:
Ich gebäre
nichts von Weisheit,
und was mir
bereits viele vorgeworfen, daß ich andere zwar fragte,
selbst aber
nichts über irgend etwas antwortete,
weil ich nämlich
nichts Kluges wüßte zu antworten,
darin haben
sie recht.
to
de aition, toutou tode:
maieuesqai me o qeoV anagkazei,
gennan de apekwlusen.
Die Ursache
davon aber ist diese:
Geburtshilfe
leisten nötigt mich der Gott,
erzeugen aber
hat er mir verwehrt.
eimi
dh oun autoV [150d] men ou panu ti sofoV,
oude ti moi estin eurhma
toiouton gegonoV thV emhV yuchV ekgonon:
Daher bin
ich selbst keineswegs etwa weise,
habe auch
nichts dergleichen aufzuzeigen als Ausgeburt meiner eigenen Seele.
oi
d emoi suggignomenoi
to men proton fainontai
enioi men kai panu anaqeiV,
panteV de proioushV thV
sunousiaV, oisper an o qeoV pareikhi,
qaumaston oson epididonteV,
wV autoiV te kai toiV
alloiV dokousi:
Die aber mit
mir umgehen,
zeigen sich
zuerst zwar zum Teil als gar sehr ungelehrig;
hernach aber,
bei fortgesetzten Umgang, alle, denen es der Gott vergönnt,
als wunderbar
schnell fortschreitend,
wie es ihnen
selbst und andern scheint;
kai
touto enargeV oti par emou ouden pwpote maqonteV,
all autoi par autwn polla
kai kala euronteV te kai tekonteV.
thV mentoi maieiaV o qeoV
te kai egw [150e] aitioV.
und diese
ganz offenbar ohne jemals irgend etwas von mir gelernt zu haben,
sondern nur
selbst aus sich selbst entdecken sie viel Schönes und halten es fest;
die Geburtshilfe
indes leisten dabei der Gott und ich.
wde
de dhlon:
polloi hdh touto agnohsanteV
kai eautouV aitiasamenoi,
emou de katafronhsanteV,
h autoi h up allwn peisqenteV
aphlqon prwaiteron tou deontoV,
Dies erhellt
hieraus:
Viele schon
haben, dies
verkennend und sich selbst alles zuschreibend,
mich aber
verachtend, oder auch selbst von andern überredet,
sich früher,
als recht war, von mir getrennt
apelqonteV
de ta te loipa exhmblwsan dia ponhran sunousian
kai ta up emou maieuqenta
kakwV trefonteV apwlesan,
yeudh kai eidola peri
pleionoV poihsamenoi tou alhqouV,
und dieser
Trennung dann teils infolge schlechter Gesellschaft nur Fehlgeburten getan,
teils auch
das, wovon sie durch mich entbunden worden,
durch Verwahrlosung
wieder verloren,
weil sie die
falschen und trügerischen Geburten höher achteten als die rechten;
teleutwnteV
d autoiV te kai toiV alloiV [151a]
edoxan amaqeiV einai.
wn eiV gegonen AristeidhV
o Lusamacou
kai alloi panu polloi:
zuletzt aber
sind sie sich selbst und andern gar unverständig vorgekommen,
von welchen
einer Aristides, der Sohn des Lysimachos war,
und viele
andere mehr.
ouV,
otan palin elqwsi deomenoi thV emhV sunousiaV
kai qaumasta drwnteV,
enioiV men to gignomenon
moi daimonion apokwluei
suneinai,
Wenn solche
dann wiederkommen, meinen Umgang begehrend,
und wunder
was darum tun,
hindert mich
doch das Göttliche, was mir zu widerfahren pflegt,
mit einigen
wieder umzugehen;
enioiV
de eai,
kai palin outoi epididoasi.
bei andern
dagegen läßt es das zu,
und diese
schreiten wieder fort.
pascousi
de dh oi emoi suggignomenoi kai touto
t auton taiV tiktousaiV:
wdinousi gar kai aporiaV
empimplantai nuktaV te kai hmeraV
polu mallon h keinai:
Auch darin
ergeht es denen, die mit mir umgehen,
wie den Gebärenden:
sie haben
nämlich Wehen und wissen sich nicht zu lassen bei Tag und Nacht,
weit ärger
als jene.
tauthn
de thn wdina
egeirein te kai [151b]
apopauein h emh tecnh dunatai.
ai outoi men dh outwV.
Und diese
Wehen
kann mein
Kunst erregen sowohl als stillen.
So ist es
demnach mit diesen beschaffen.
enioiV
de, w Qeaithte,
oi an moi mh doxwsi pwV
egkumoneV einai,
gnouV oti ouden emou deontai,
panu eumenwV promnwmai
Bisweilen
aber, o Theaitetos,
wenn einige
mir gar nicht recht schwanger zu sein scheinen,
solchen, weil
ich weiß, daß sie meiner gar nicht bedürfen,
bin ich ein
gar bereitwilliger Freiwerber.
kai,
sun qwi eipein,
panu ikanwV topazw oiV
an suggenomenoi onainto:
und mit Gott
sei es gesprochen,
ich treffe
es zur Genüge, wessen
Umgang ihnen vorteilhaft sein wird,
wn
pollouV men dh exedwka prodikw,
pollouV de alloiV sofoiV
te kai qespesioV andrasi,
wie ich denn
ihrer schon viele dem Prodikos zugeführt habe,
viele auch
andern weisen und gottbegabten Männern.
tauta
dh soi, w ariste, eneka toude emhkuna:
upopteuw se, wsper kai
autoV oiei,
wdinein ti kuounta endon.
Dieses habe
ich dir, Bester, deshalb so ausführlich vorgetragen,
weil ich die
Vermutung habe, daß du, wie du es auch selbst meinst,
etwas in dir
trägst und Geburtsschmerzen hast.
prosferou
oun [151c] proV me wV proV maiaV uon
kai auton maieutikon,
kai a an erwtw
proqumou opwV oioV t ei
outwV apokrinasqai:
So übergib
dich al so mir, als dem Sohn einer Geburtshelferin
und auch selbst
der Geburtshilfe kundigen,
und was ich
dich frage,
das beeifere
dich so gut du nur kannst zu beantworten.
kai ean ara skopoumenoV
ti wn an leghiV
hghswmai
eidwlon kai mh alhqeV,
eita upexairwmai kai apoballw,
mh agriaine
wsper ai prwtotokoi peri
ta paidia.
Und wenn ich
bei der Untersuchung etwas, was du sagst,
für ein
Mondkalb und nichts Echtes befunden habe,
also es ablöse
und wegwerfe,
so erzürne
dich darüber nicht,
wie die Frauen
es bei der ersten Geburt zu tun pflegen.
polloi
gar hdh, w qaumasie, proV
me outw dieteqhsan,
wste atecnwV daknein,
etoimoi einai,
epeidan tina lhron autwn
afairwmai,
kai ouk oiontai me eunoia
touto poiein,
porrw onteV tou eidenai
oti [151d] oudeiV qeoV dusnouV anqrwpoiV,
oud egw dusnoia toiouton
ouden drw,
alla moi yeudoV te sugcwrhsai
kai alhqeV afanisai oudamwV
qemiV.
Denn schon
viele, mein Guter, sind so gegen mich aufgebracht gewesen,
wenn ich ihnen
eine Posse abgelöst habe,
daß
sie mich ordentlich hätten beißen mögen,
und wollen
nicht glauben, daß ich das aus Wohlmeinen tue,
weil sie weit
entfernt sind einzusehen, daß kein Gott jemals den Menschen mißgünstig
ist,
und daß
auch ich nichts dergleichen aus Übelwollen tue,
sondern mir
nur eben keineswegs verstattet ist, Falsches
gelten zu lassen
und Wahres
zu unterschlagen.
palin
dh oun ex arceV, w Qeaithte,
oti pot estin episthmh,
peirw legein:
wV d ouc oiV t ei,
mhdepot eiphiV.
ean gar qeoV eqelhi kai
andrizhi,
oiV t eshi.
Versuche also
noch einmal von Anfang an, o Theaitetos,
zu sagen,
was Erkenntnis ist.
Daß
du es aber nicht kannst, sage nur niemals.
Denn so Gott
will und du wacker bist,
wirst du es
wohl können.