HAN SHAN SZI : Hans Zimmermann : 12
KÖRBE: Quellensammlung zum Weltbild der Antike und des Mittelalters
: Philostratos : Eikones : 1,18.19 : Bakchai / Turrhênoi
FILOSTRATOS
: EIKONES : BAKCAI / TURRHNOI
PHILOSTRATOS
: EIKONES : BAKCHAI, TURRHÊNOI
PHILOSTRAT
(vor 250 n.Chr.) : Bildbeschreibungen
: DIONYSOS-Szenen (1,18.19)
Pentheus
und die Mänaden (BAKCHEN) /
Dionysos und die tyrrhenischen Piraten
griechischer
Text transliteriert und ins Netz gestellt (Hans Zimmermann 2007) nach:
Philostratos.
Die Bilder, ed. Otto Schönberger, München 1968
übers.
Hans Zimmermann 2007
Hyginus, Fabulae CLXXXIV: Pentheus
et Agaue
Pentheus Echionis et Agaues filius Liberum
negavit deum esse
nec mysteria eius accipere voluit.
ob hoc eum Agaue mater cum sororibus Ino et Autonoe
per insaniam a Libero obiectam membratim laniavit.
Agaue ut suae mentis compos facta est et vidit
se Liberi impulsu tantum scelus admisisse,
profugit ab Thebis;
quae errabunda in Illyriae fines devenit ad Lycothersen
regem, quam Lycotherses excepit.
Pentheus, der Sohn des Echion und der Agaue leugnete, daß
Liber ein Gott sei
und wollte seine Mysterien nicht zulassen.
Deshalb riß ihn seine Mutter Agaue zusammen mit ihren Schwestern
Ino und Autonoe
aufgrund des Wahns, den Liber ihr eingegeben hatte, in Stücke.
Sobald Agaue wieder zur Besinnung gekommen war und sah,
daß sie durch Einwirkung des Liber so ein Verbrechen begangen
hatte, floh sie aus Theben;
auf ihrer Irrfahrt kam sie nach Illyrien zu König Lykotherses,
und Lykotherses nahm sie bei sich auf.
Eikones
1,18. Bakchai
1. gegraptai men ô pai kai ta en tôi
Kithairôni
Bakchôn choroi kai hupoinoi petrai kai
nektar ek botruôn
kai hôs galakti tên bôlon
hê gê lipainei
Gemalt, mein Junge, ist auch das Geschehen auf dem Kithairon,
Bakchenreigen und weinüberströmte Felsen und Nektar aus Trauben
und wie die Erde mit Milch die Scholle fettmacht;
kai idou kittos herpei kai opheis orthoi
kai thursou dendra oimai meli stazonta
und sieh: Efeu kriecht und Schlangen richten sich auf
und Thyrsosbüsche, glaube ich, von Honig träufelnd;
kai hêde soi hê elatê chamai
gunaikôn ergon ek Dionusou mega peptôke
de
ton Penthea aposeisamenê tais Bakchais
en eidei leontos
und dort vor dir, die Fichte: zu Boden stürzte
sie, Werk der Frauen, durch Dionysos gewaltig,
die den Pentheus herabschleuderte, da er den
Bakchen in Löwengestalt erschien;
hai de kai xainousi to thêrama mêtêr
ekeinê kai adelphai mêtros
hai men aporrêgnusai tas cheiras
hê de epispôsa ton huion tês
chaitês
sie zerfleischen nun auch ihre Beute: die Mutter dort und die Schwestern
der Mutter;
diese, indem sie ihm die Arme herausreißen, sie aber, indem sie
den Sohn am Haar schleift;
eipois d' an kai hôs alalazousin
houtôs euion autais to asthma
du könntest auch sagen, daß sie sich des Sieges rühmen,
so schwillt ihnen zum Bakchos-Jubel der schwere Atem.
Dionusos de autos men en periôpêi
toutôn hestêken
emplêsas tên pareian cholou
ton de oistron prosbakcheusas tais gunaixin
Dionysos selbst, sie rings um sich betrachtend, steht
da,
von Zorn erfüllt seine Wange, zum dionysischen
Taumel die Frauen antreibend;
oute horôsi goun ta drômena
kai hoposa hiketeuei ho Pentheus
leontos akouein phasi bruchômenou
und sie sehen nicht, was sie da tun,
und je lauter Pentheus fleht,
um so überzeugter sind sie, einen brüllenden
Löwen zu hören.
2. tauti men ta en tôi orei
ta de engus tauta Thêbai êdê
kai Kadmou stegê
kai thrênos epi têi
agrai
Soweit nun die Szene auf dem Berg;
aber hier vorn sieht man schon Theben und den Kadmos-Palast
und die Klage über die Jagdbeute,
kai sunharmottousin hoi proshêkontes
ton nekron
ei pêi sôtheiê
tôi taphôi
und wie die Verwandten den Leichnam wieder zusammenfügen,
als wollten sie ihn irgendwie für das Grab retten.
proskeitai kai hê kephalê tou
Pentheôs ouketi amphibolos
all' hoia kai tôi Dionusôi
eleein
Dort liegt auch das Haupt des Pentheus, nun nicht mehr zweideutig,
sondern so, daß es auch den Dionysos erbarmen könnte:
neôtatê kai hapalê tên
genun kai pursê tas komas
has oute kittos êrepsen oute smilakos
ê ampelou klêma
oute aulos eseise tis out' oistros
blutjung, flaumig das Kinn, feurig rot die Locken,
die weder Efeu kränzte noch einer Eibe oder Weinrebe Zweig,
die weder die Flöte erschütterte noch der dionysische Taumel.
errônnuto men hup' autôn kai errônnuen
autas
emaineto de auto to mê meta Dionusou
mainesthai
Kraft gewann er von ihnen und gab ihnen Kraft;
rasend war er eben darin, nicht mit Dionysos zu rasen zu wollen.
3. eleeina kai ta tôn gunaikôn
hêgômetha
Für erbarmenswert wollen wir auch die Geschehnisse um die Frauen
halten.
hoia men gar en tôi Kithairôni
êgnoêsan
hoia de entautha ginôskousin
Wie waren sie nämlich ihrer Taten auf dem Kithairon unbewußt,
wie werden sie hier nun ihrer Taten bewußt!
apoleloipe de autas ouch hê mania monon
alla kai hê rhômê kath'
hen ebakcheusan
Es verließ sie nicht nur die Raserei,
sondern auch die Kraft, mit der sie im Rausch ausschwärmten.
kata men gar ton Kithairôna horais
hôs mestai tou athlou pherontai sunexairousai
tên êchô tou orous
entautha de parhistantai kai eis noun tôn
bebakcheumenôn hêkousin
Auf dem Kithairon siehst du sie nämlich,
wie sie voller Kampfeslust dahineilen, weckend das Echo des Gebirges,
hier nun machen sie halt und kommen zur Erkenntnis ihrer berauschten
Schwärmerei;
hizanousai te kata tês gês
tês men eis gonata hê kephalê
brithei tês de eis ômon
sich niederlassend auf der Erde
lastet der einen auf den Knien das Haupt, der andern auf der Schulter,
hê de Agauê periballein men ton
huion hôrmêke
Agaue aber: den Sohn zu umarmen stürmt sie heran,
davor, ihn zu berühren, schreckt sie jedoch zurück:
prosmemiktai d' autêi to
tou paidos haima
to men es cheiras to de es pareian to de es
ta gumna tou mazou
es klebt ihr des Kindes Blut
dort an den Händen, da an der Wange, hier an der nackten Brust!
4. hê de Harmonia kai ho Kadmos eisi
men all' ouch hoioiper êsan
drakonte gar êdê ek mêrôn
ginontai
kai pholis êdê autous echei
Harmonia und Kadmos sind noch, aber nicht, wie sie waren:
denn zu Schlangen werden sie schon von den Schenkeln an
und Schuppenhaut umschließt sie schon;
phroudoi podes phroudoi gloutoi
kai hê metabolê tou eidous herpei
anô
dahin sind die Füße, dahin das Gesäß,
und die Verwandlung der Gestalt kriecht aufwärts!
hoi de ekplêttontai kai periballousin
allêlous
hoion xunechontes ta loipa tou sômatos
hôs ekeina goun autous mê phugêi
Sie aber erschrecken zutiefst und umarmen einander,
wie um den Rest ihres Leibes zusammen festzuhalten,
damit wenigstens jener ihnen nicht entschwinde.
vgl.:
Euripides: Die Bakchen (Die Mänaden)
Dionysos
Prolog * erstes
Chorlied, Einzug der Bakchen
Teiresias und
Kadmos, trunken * Pentheus
tritt auf * Teiresias
belehrt Pentheus
zweites Chorlied
* Dionysos vor Pentheus
drittes Chorlied
* Wechselgesang
zwischen Dionysos und dem Bakchenchor * Dionysos
wieder vor Pentheus
Botenbericht
des Hirten vom Treiben der Bakchen
Dionysos
verführt Pentheus zur Neugier * viertes
Chorlied * Dionysos
mit Pentheus bei den Bakchen
fünftes Chorlied
* Botenbericht
des Dieners von der Zerreißung des Pentheus
sechstes
Chorlied, Wechselgesang mit Agaue * Kadmos
weckt Agaue aus dem Rausch
Reue
des Kadmos nach der Katástrophê * Schlußlied
des Dionysos * Schlußlied
des Chores
vgl.
Apollodoros, Bibliothêkê : Dionysos-Sagenkreis
Eikones
1,19. Turrhênoi
1. naus theôris kai naus lêistrikê
tên men Dionusos euthunei
tên d' embebêkasi Turrhênoi
lêistai tês peri autous thalattês
Ein Festschiff und ein Piratenschiff: das eine lenkt Dionysos,
das andere haben Thyrrhener bestiegen, Piraten des Meeres ihrer Umgebung.
hê men dê hiera naus
bakcheuei en autêi Dionusos
kai epirrhothousin hai Bakchai
Das eine nun ist ein heiliges Schiff:
es schwärmt auf ihm Dionysos und dazu lärmen die Mänaden;
harmonia de hoposê orgiazei katêchei
tês thalattês
hê de hupechei tôi
Dionusôi ta heautês nôta kathaper hê
Ludôn gê
Musik, soweit ihre Feier reicht, tönt über die See,
die dem Dionysos ihren Rücken darbietet, wie das Land der Lydier
dies tut.
hê de hetera naus
mainontai kai tês eiresias eklanthanontai
pollois de autôn apolôlasin êdê
hai cheires
Das andere Schiff:
da rasen und vergessen das Ruder;
viele von ihnen haben bereits die Hände verloren!
2. tis hê graphê?
ton Dionuson ô pai lochôsi Turrhênoi
logou es autous hêkontos
hôs thêlus te eiê kai agurtês
kai chrusous tên naun hupo tou en autêi ploutou
Was ist das für ein Bild?
Den Dionysos, mein Junge, belauern die Tyrrhener, weil die Rede zu
ihnen kam,
er sei weibisch und ein Gaukler und goldschwer mit seinem Schiff, vom
Reichtum darin;
gunaia te autôi homartoiê
Ludia kai Saturoi [kai] aulêtai
kai narthêkophoros gerôn kai oinos
Marôneios kai autos ho Marôn
eine Frauenschar begeite ihn aus Lydien, und Satyrn, Flötenspieler,
und ein den Narthex tragender Greis, und maronischer Wein und er, Maron,
selbst;
kai Panas autôi xumplein
akouontes en eidei tragôn
autoi men hexesthai tas Bakchas
aigas de anêsein ekeinois has hê
Tursênôn gê boskei
und als sie hörten, Pane segelten mit ihm in Bocksgestalt,
wollten sie selbst die Mänaden für sich haben,
die Ziegen aber jenen überlassen, die das tyrrhenische Land nährt.
3. hê men oun lêistrikê
naus ton machimon plei tropon
epôtisi te gar kateskeuastai kai embolôi
kai sidêrai autêi cheires
kai aichmai kai drepana epi doratôn
Das Piratenschiff nun segelt auf Weise eines Kriegsfahrzeugs einher:
Mit Sturmbalken ist es nämlich ausgerüstet und mit Rammsporn,
und es hat eiserne Enterhaken und Lanzen und Sicheln auf Speeren;
hôs <d'> ekplêttoi tous entunchanontas
kai thêrion ti autois ekphainoito
glaukois men gegraptai chrômasi
und um die zu erschrecken, die ihm begegnen, und wie eine Bestie ihnen
zu erscheinen,
ist es mit grellen Farben bemalt;
blosurois de kata prôiran
ophthalmois hoion blepei
leptê de hê prumna kai mênoeidês
kathaper ta teleutônta tôn ichthuôn
mit grimmigen Augen vom Bug blickt es gleichsam,
schlank ist das Heck und mondsichelig gekrümmt wie die Schwanzflossen
der Fische.
4. hê de tou Dionusou naus ta men alla
puramidi eikastai
Das Schiff des Dionysos aber ist im übrigen einer Pyramide ähnlich;
pholidôtê de horatai to es prumnan
kumbalôn autêi parallax enêrmosmenôn
hin' ei kai Saturoi pote hupo oinou katheudoien
ho Dionusos mê apsophêti pleoi
einen Schuppenpanzer sieht man an seinem Heck, da Reihen von Zimbeln dort
eingepaßt sind,
damit, wenn etwa die Satyrn einmal vom Weingenuß einschliefen,
Dionysos nicht ohne Festlärm dahinsegle;
tên de prôiran es chrusên
pardalin eikastai te kai exêktai
am Bug ist es zur Galleonsfigur einer goldenen Pantherkatze ausgeführt.
philia de tôi Dionusôi
pros to zôion
epeidê thermotaton tôn zôiôn
esti
kai pêdai koupha kai isa
euadi
Liebe hat Dionysos für das Tier,
weil es das heißblütigste aller Tiere ist
und springt, so leicht, geradeso wie eine jubelnde Mänade.
horais goun kai auto to thêrion
sumpleousas tôi Dionusôi
kai pêdôsas epi tous Turrhênous
mêpô keleuontos
Du siehst ja auch dieses Tier selbst,
da die Pantherkatze mit Dionysos zusammen segelt
und die Thyrrhener anspringt, auch ohne daß er es ihr befiehlt.
thursos de houtosi ek mesês neôs
ekpephuke ta tou histou prassôn
kai histia methêptai halourgê
metaugazonta en tôi kolpôi
chrusai de enuphantai Bakchai en Tmôlôi
kai Dionusou ta en Ludiai
Der Thyrsos ist hier mitten aus dem Schiff hervorgewachsen und hat die
Aufgabe des Mastes,
und Segel sind gehißt, meerespurpurgewirkte, aufglänzend
in ihrem Bausch,
golden eingewirkt sind Mänaden auf dem Tmolos und des Dionysos
Taten in Lydien.
katêrephê de tên naun ampelôi
kai kittôi phainesthai
kai botrus huper autês aiôreisthai
thauma men
thaumasiôtera de hê pêgê
tou oinou
hôs koilê auton hê naus
ekdidotai kai antleitai
Daß aber das Schiff überdacht scheint von Weinranken und Efeu
und Reben über ihm hängen, ist zwar ein Wunder,
doch wundersamer ist die Quelle des Weins,
wie ihn das hohlbauchige Schiff spendet und schöpfen läßt.
5. all' epi tous Tursênous iômen
heôs eisin
ho gar Dionusos autous ekmênas entrechousi
tois Turrênois ideai delphinôn
oupô ethadôn oude enchôriôn
têi thalassêi
Doch laßt uns zu den Tyrrhenern übergehen, solange sie noch
Tyrrhener sind!
Denn indem Dionysos sie von Sinnen bringt, überläuft die
Tyrrhener die Delphingestalt,
die doch weder vertraut mit dem Meer noch darin heimisch sind.
kai tôi men ta pleura kuanea
tôi d' olisthêra ta sterna
tôi d' ekphuetai lophia para
tôi metaphrenôi ho
de ekdidôsi ta ouraia
Aber der eine hat schon schwarzblaue Flanken, der andere schlüpfrig-glatt
die Brust,
diesem wächst eine Flosse auf dem Rücken, jener enfaltet
Schwanzflossen;
kai tôi men hê kephalê
phroudê tôi
de loipê
tôi d' hê cheir hugra
ho d' huper tôn podôn apiontôn
boai
und dem dort ist der Kopf schon dahin, dem da noch
vorhanden;
und dem wird die Hand feucht, und der schreit
über seine dahinschwindenden Füße.
6. ho de Dionusos ek prôiras
gelai tauta kai keleuei tois Turrhênois
ta men eidê ichthusin ex anthrôpôn
ta de êthê chrêstois ek
phaulôn
Dionysos jedoch lacht vom Bug aus darüber und ruft den Tyrrhenern
zu,
die der Gestalt nach aus Menschen zu Fischen wurden
und dem Verhalten nach von Taugenichtsen zu Tüchtigen.
ochêsetai goun mikron husteron Palaimôn
epi delphinos
oude egrêgorôs houtos
all' huptios ep' autou katheudôn
So wird denn ein wenig später Palaimon auf einem Delphin reiten,
und gar nicht einmal wach, sondern zurückgelehnt auf ihm schlafend;
kai Ariôn de ho epi Tainarôi
dêloi
tous delphinas hetairous te einai anthrôpois
kai ôidês philous
kai hoious parataxasthai pros lêistas
huper anthrôpôn kai mousikês
und Arion, nämlich der auf dem Tainaros, beweist,
daß Delphine den Menschen Gefährten sein können und
Freunde des Gesangs,
und fähig, sich den Piraten entgegenzustellen, für Menschen
und für Musik.
vgl.:
das Donysos-Lied der Homerischen Hymnen
(Dionysos
verwandelt die tyrrhenischen Piraten in Delphine)
und
Apollodoros, Bibliothêkê : Dionysos-Sagenkreis
HAN SHAN SZI : Hans Zimmermann : 12
KÖRBE: Quellensammlung zum Weltbild der Antike und des Mittelalters
: Philostratos : Eikones : 1,18.19 : Bakchai / Turrhênoi