[5] Ea nocte ad suam Psychen sic infit maritus
namque praeter oculos
et manibus et auribus is nihilo setius sentiebatur:
'Psyche dulcissima et cara uxor,
exitiabile tibi periculum minatur fortuna saevior
quod observandum pressiore cautela censeo.
In
jener Nacht begann zu seiner Psyche der Gatte zu sprechen
–
denn wenn auch nicht mit den Augen,
mit
Händen und Ohren war er ganz leibhaft wahrnehmbar –:
"Psyche,
süßeste liebste Frau,
das
wildwütende Schicksal droht dir tödliche Gefahr an,
vor
der du dich, meine ich, mit besonderer Vorsicht hüten mußt.
sorores iam tuae mortis opinione turbatae tuumque
vestigium requirentes
scopulum istum protinus aderunt,
quarum si quas forte lamentationes acceperis, neque
respondeas,
immo nec prospicias omnino;
ceterum mihi quidem gravissimum dolorem,
tibi vero summum creabis exitium.'
Annuit et ex arbitrio mariti se facturam spopondit.
Deine
Schwestern, die dich bereits für tot halten, suchen verstört
nach deiner Spur;
sie
werden jetzt gleich auf dieser Klippe erscheinen.
Hörst
du sie etwa klagen, so antworte nicht,
ja
schaue überhaupt nicht hinaus;
sonst
wirst du mir unerträglichen Schmerz,
dir
aber den schlimmsten Tod schaffen."
Sie nickte
und versprach, nach dem Willen ihres Gatten zu handeln.
Sed eo simul cum nocte dilapso
diem totum lacrimis ac plangoribus misella consumit,
se nunc maxime prorsus perisse iterans,
quae beati carceris custodia septa
et humanae conversationis colloquio viduata
nec sororibus quidem suis de se maerentibus
opem salutarem ferre
ac ne videre eas quidem omnino posset.
Aber
als er zugleich mit der Nacht entwichen ist,
verbringt
die Arme den ganzen Tag mit Tränen und Brüsteschlagen;
jetzt
müsse sie, sagt sie sich immer wieder, ganz und gar zugrunde gehen,
da
sie – von seliger Kerkerhaft umschlossen,
von
Umgang und Zwiesprache mit Menschen geschieden –
nicht
einmal ihren Schwestern, die um sie trauerten, heilsame Hilfe bringen
und
sie überhaupt nicht einmal sehen könne.
nec lavacro nec cibo nec ulla denique refectione
recreata
flens ubertim decessit ad somnum.
[6] Nec mora cum paulo maturius lectum maritus accubans
eamque etiam nunc lacrimantem complexus sic expostulat:
Kein
Bad, keine Speise und keine Labung sonst lockte sie zur Erquickung,
sondern
tränenüberströmt zog sie sich zum Schlummer zurück.
Nicht
lange, so legt sich ein wenig zeitiger als sonst ihr Gatte neben ihr zu
Bett,
umarmt
die immer noch Weinende und stellt sie zur Rede:
'Haecine mihi pollicebare, Psyche mea?
quid iam de te tuus maritus expecto, quid spero?
et perdia et pernox nec inter amplexus coniugales
desinis cruciatum.
age iam nunc ut voles,
et animo tuo damnosa poscenti pareto!
tantum memineris meae seriae monitionis,
cum coeperis sero paenitere.'
"Das
also versprachst du mir, meine Psyche?
Was soll
ich, dein Gatte, jetzt von dir erwarten, was erhoffen?
Bei Tag
und Nacht, ja, in meinen Armen hörst du nicht auf, dich zu quälen?
Handle
also jetzt, wie du willst,
und
fordert dein Herz das Verderben, so folge ihm doch!
Nur
erinnere dich meiner ernsten Warnung,
wenn
du es allzuspät zu bereuen beginnst!"
Tunc illa precibus et dum se morituram comminatur
extorquet a marito cupitis adnuat,
sic ille novae nuptae precibus veniam tribuit et
insuper,
quibuscumque vellet eas auri vel monilium donare,
concessit;
Da
entwindet Psyche unter Bitten und Drohungen, sie werde sterben,
ihrem
Gatten ein Ja zu ihrem Begehren:
daß
sie die Schwestern sehe,
ihren
Gram lindere,
sich
mit ihnen unterhalte.
So gab
er den Bitten seiner jungen Frau nach und verstattete ihr noch dazu,
die
Schwestern nach Belieben mit Gold und Geschmeide zu beschenken;
sed identidem monuit ac saepe terruit,
ne quando sororum pernicioso consilio suasa
neve se sacrilega curiositate de tanto fortunarum
suggestupessum deiciat
nec suum postea contingat amplexum.
aber
immer wieder warnte er sie und drohte ihr oft,
sie
solle nie dem bösen Rat ihrer Schwestern folgen
und
nach der Art ihres Gatten fragen,
solle
sich nicht durch frevelhafte Neugier von solcher Glückeshöhe
zu Boden stürzen,
denn sonst
werde sie dann seine Umarmung nicht mehr spüren.
gratias egit marito
'sed prius,' inquit, 'centies moriar
quam tuo isto dulcissimo conubio caream.
amo enim et efflictim te, quicumque es,
diligo aeque ut meum spiritum,
nec ipsi Cupidini comparo.
Sie
dankte ihrem Gemahl,
wurde
nun schon fröhlicher und sprach:
"Nein,
eher will ich hundertmal sterben
als
auf die himmelsüße nächtliche Vereinigung mit dir zu verzichten!
Denn ich
bn verliebt, und von ganzem Herzen, wer immer du seist,
halte
ich dich so teuer wie mein Leben
und
stelle selbst Cupido nicht höher.
sed istud etiam meis precibus, oro, largire
et illi tuo famulo Zephyro praecipe,
simili vectura sorores hic mihi sistat';
Aber
noch dieses eine gewähre bitte meinen Wünschen
und
befiehl deinem Diener Zephyr,
in
ähnlicher Weise meine Schwestern hierherzutragen und vor mich zu stellen!"
et imprimens oscula suasoria
et ingerens verba mulcentia
et inserens membra cogentia
haec etiam blanditiis astruit:
'mi mellite, mi marite, tuae Psychae dulcis anima.'
Und
sie bedeckt ihn mit verführerischen Küssen
und
berückt ihn mit schmeichelnden Worten
und
drückt ihn mit schmiegsamen Gliedern
indem
sie ihren Betörungskünsten noch folgende Worte hinzufügt:
"Mein
liebster Freund, mein bester Mann, deiner Psyche Seelenglück!"
vi ac potestate Venerii susurrus invitus succubuit
maritus
et cuncta se facturum spopondit
atque, etiam luce proxumante, de manibus uxoris
evanuit.
Der
Gewalt und Macht des Liebesgeflüsters erlag wider Willen der Gemahl,
versprach,
alles zu tun,
und
entschwand, da der Tag schon nahte, aus den Händen der Gattin.
[7] At illae sorores percontatae scopulum locumque
illum,
quo fuerat Psyche deserta, festinanter adveniunt
ibique difflebant oculos et plangebant ubera,
quoad crebrisearum heiulatibus saxa cautesque
parilem sonum resultarent.
Doch
die Schwestern haben die Klippe und die Stelle erkundet,
wo
man Psyche verlassen hatte, und kommen eilends herbei,
weinten
dort ihre Augen aus und schlugen ihre Brüste,
bis
die Felswände ihr Heulen und Wehklagen mit Echo zurückhallen
ließen.
iamque nomine proprio sororem miseram ciebant,
quoad sono penetrabili vocis ululabilis per prona
delapso
amens et trepida Psyche procurrit e domo et
'quid,' inquit, 'vos miseris lamentationibus necquicquam
effligitis?
lugubres voces desinite et diutinis lacrimis madentes
genas siccate tandem,
quippe cum iam possitis quam plangebatis amplecti.'
Und
jetzt riefen sie die arme Schwester bei ihrem Namen,
bis
der Ton ihres durchdringenden Geheuls über den Abhang hinabschwebte
und
Psyche außer sich vor Erregung aus dem Haus gelaufen kam mit den
Worten:
"Was härmt
ihr euch mit erbärmlichen Klagen ohne Grund zu Tode?
Die
ihr betrauert, hier bin ich!
Laßt
das Wehgeschrei und trocknet nach ewigen Tränen endlich eure nassen
Wangen;
denn
ihr könnt die Bejammerte ja jetzt umarmen!"
Tunc vocatum Zephyrum praecepti maritalis admonet.
nec mora cum ille parens imperio
statim clementissimis flatibus in noxia vectura
deportat illas.
iam mutuis amplexibus et festinantibus saviis sese
perfruuntur
et illae sedatae lacrimae postliminio redeunt
prolectante gaudio.
'sed ettectum,' inquit, 'et larem nostrum laetae
succedite
et afflictas animas cum Psyche vestra recreate.'
Dann
ruft sie den Zephyr und mahnt ihn an ihres Gatten Gebot.
Unverzüglich
gehorcht er dem Befehl
und
trägt sogleich in lindem Wehen und behutsamem Geleit die beiden herab.
Jetzt
tauschen sie beglückte Umarmungen und stürmische Küsse,
und
von der Freude entlockt kehren die vorhin beruhigten Tränen nachträglich
zurück.
"Aber
kommt auch ins Haus", sagte sie, "und in unser Heim
und
erholt euch von eurem Seelenschmerz bei eurer Psyche!"
[8] Sic allocuta summas opes domus aureae
vocumque servientium populosam familiam demonstrat
auribus earum
lavacroque pulcherrimo
et inhumanae mensae lautitiis eas opipare reficit,
ut illarum prorsus caelestium divitiarum
copiis affluentibus satiatae
iam praecordiis penitus nutrirent invidiam.
So
spricht sie ihnen zu und zeigt ihnen die Herrlichkeiten des Palastes,
weist
ihren Ohren das reiche Gesinde dienender Stimmen
und
erquickt sie dann mit wohligem Bad
und
den köstlichen Leckerbissen der Geistertafel.
Am Ende,
als sie sich an dieses geradezu himmlischen Reichtums
Überfülle
gesättigt haben,
nähren
sie schon tief drinnen im Herzen den Neid.
denique altera earum satis scrupulose curioseque
percontari non desinit,
quis illarum caelestium rerum dominus,
quisve vel qualis ipsius sit maritus.
Schließlich
läßt die eine von ihnen nicht ab, ziemlich genau und neugierig
nachzuforschen,
wer
denn der Herr dieses himmlischen Besitzes
und
wer oder welcher Art schließlich ihr Gemahl sei.
nec tamen Psyche coniugale illud praeceptum ullo
pacto temerat
vel pectoris arcanis exigit,
sed e re nata confingit
esse iuvenem quendam et speciosum,
commodum lanoso barbitio genas inumbrantem,
plerumque rurestribus ac montanis venatibus occupatum.
Aber
Psyche verletzt mitnichten das Gebot des Gatten
und
läßt es nicht aus dem Allerheiligsten ihrer Brust,
sondern
erfindet aus dem Stegreif,
er
sei ein junger und hübscher Mann,
dem
eben der erste Bartflaum die Wangen beschatte
und
der meistens auf den Fluren oder im Gebirge der Jagd obliege.
et ne qua sermonis procedentis labe consilium
tacitum proderetur,
auro facto gemmosisque monilibus onustas eas
statim vocato Zephyro tradit reportandas.
Und
um im Verlauf der Unterhaltung nicht zu straucheln und heimliche Gedanken
zu verraten,
belädt
sie die Schwestern mit Goldschmuck und Juwelengeschmeide,
ruft
gleich den Zephyr und übergibt sie ihm zum Heimgeleit.
[9] Quo protenus perpetrato
sorores egregiae domum redeuntes
iamque gliscentis invidiae felle fraglantes
multa secum sermonibus mutuis perstrepebant.
sic denique infit altera:
So
geschah es sofort,
und
auf dem Nachhauseweg begannen die trefflichen Schwestern
schon
vor gallig aufsteigendem Neid zu kochen
und im
Gedankenaustausch miteinander allerlei durchzuklatschen.
Schließlich
hebt die eine an:
'En orba et saeva et iniqua Fortuna!
hocine tibi complacuit,
ut utroque parente prognatae diversam sortem
sustineremus?
et nos quidem, quae natu maiores sumus,
maritis advenis ancillae deditae,
extorres et lare et ipsa patria
degamus longe parentum velut exulantes.
"Da
sieht man, wie blind und böse und ungerecht Fortuna ist!
Läßt
du dir das gefallen,
daß
wir als gleicher Eltern Kinder verschieden gestellt sind?
Ja
freilich! Wir, die Erstgeborenen,
sollen
bei hergelaufenen Männern die Dienstboten machen,
uns von
Haus und Heimat vertreiben lassen
und fern
von den Eltern wie Verbannte unser Leben verbringen;
haec autem novissima,
quam fetu satiante postremus partus effudit,
tantis opibus et deo marito potita sit,
quae nec uti recte tanta bonorum copia novit?
aber
diese Person, die Jüngste,
die
der erschöpfte Schoß als letzte Frucht noch abgestoßen
hat,
soll
solchen Reichtum und einen Gott zum Gatten bekommen haben,
wo
sie nicht einmal mit soviel Glücksfülle etwas Rechtes anzufangen
weiß?
vidisti, soror,
quanta in domo iacent et qualia monilia,
quae praenitent vestes, quae splendicant gemmae,
quantum praeterea passim calcatur aurum.
quodsi maritum etiam tam formonsum tenet, ut affirmat,
nulla nunc in orbe toto felicior vivit.
Du
hast es gesehen, Schwester:
wieviel
Kleinodien und was für welche liegen da im Hause,
was
glänzen für Tuche, was glitzern für Juwelen,
auf
was für Mengen von Gold tritt man schließlich überall!
Wenn sie
nun auch so einen schönen Mann besitzt, wie sie behauptet,
gibt
es augenblicklich auf der ganzen Welt keine Frau, die glücklicher
wäre.
fortassis tamen procedente consuetudine et adfectione
roborata
deam quoque illam deus maritus efficiet.
sic est hercules, sic se gerebat ferebatque.
iam iam sursum respicit
et deam spirat mulier,
quae voces ancillas habet
et ventis ipsis imperitat.
Doch
vielleicht wird bei fortschreitendem Umgang und gefestigter Neigung
ihr
Göttergatte auch aus ihr eine Göttin machen?
Das
stimmt, weiß der Himmel: so hat sie sich geriert und aufgeführt!
Gleich
trägt sie schon die Nase hoch
und
schnaubt wie eine Göttin, das Weibsbild,
weil
es Stimmen zu Mägden hat
und
selbst die Winde alle Tage kommandiert.
at ego misera primum patre meo seniorem maritum
sortita sum,
dein cucurbita calviorem et quovis puero pusilliorem,
cunctam domum seris et catenis obditam custodientem.'
Aber
ich Arme habe einen Gatten erwischt, der erstens älter ist als mein
Vater,
zweitens
kahler als ein Kürbis und knirpsiger als jedes Kind
und
der das ganze Haus mit Riegeln und Ketten unter Verschluß hält."
[10] Suscipit alia:
'ego vero maritum articulari
etiam morbo complicatum curvatumque
ac per hoc rarissimo venerem meam recolentem
sustineo.
Die
andere erwidert:
"Aber
ich muß mir einen Mann gefallen lassen,
der
obendrein von der Gicht verkrümmt und verkrüppelt ist
und
deswegen höchst selten mit mir Umgang pflegt.
plerumque detortos et duratos in lapidem digitos
eius perfricans,
fomentis olidis et pannis sordidis
et faetidis cataplasmatibus manus tam delicatas
istas adurens
nec uxoris officiosam faciem
sed medicae laboriosam personam sustinens.
Die
ganze Zeit reibe ich seine verbogenen und steinharten Finger ein,
verätze
mit stinkenden Umschlägen und schmutzigen Lappen
und
unappetitlichen Pflastern meine überzarten Hände
und sehe
nicht wie eine liebevolle Gattin aus,
sondern
spiele die mühevolle Rolle einer Ärztin.
et tu quidem, soror, videris, quam patienti
vel potius servili – dicam enim libere quod sentio
–
enimvero ego nequeo sustinere ulterius
tam beatam fortunam conlapsam indignae.
Magst
du zusehen, Schwester, mit welcher Geduld
oder
vielmehr Kriecherei – denn ich will offen sagen, was ich denke –
meinerseits
kann ich mich künftig nicht damit abfinden,
daß
ein solches Glückslos einer Unwürdigen zugefallen ist.
recordare enim, quam superbe, quam adroganter
nobiscum egerit
et ipsa iactatione inmodicae ostentationis tumentem
suum prodiderit animum
deque tantis divitiis exigua nobis invita proiecerit
confestimque praesentia nostra gravata
propelli et efflari exsibilarique nos iusserit.
Erinnere
dich nur, wie hochmütig, wie anmaßend sie mit uns verfahren
ist
und
wie sie gerade durch ihre grenzenlos eitle Prahlerei ihre Aufgeblasenheit
verriet,
uns dann
von all dem Reichtum nur ein paar Kleinigkeiten widerwillig hinwarf
und
uns eilends, weil ihr unsere Gegenwart lästig wurde,
wegtreiben
und fortpusten und hinauspfeifen ließ!
nec sum mulier nec omnino spiro,
nisi eam pessum de tantis opibus deiecero.
ac si tibi etiam, ut parest, inacuit nostra contumelia,
consilium validum requiramus ambae.
iamque ista, quae ferimus, non parentibus nostris
ac nec ulli monstremus alii,
immo nec omnino quicquam de eius salute norimus.
Ich
will nicht Weib heißen, nein, umfallen will ich,
wenn
ich sie nicht von all den Kostbarkeiten zu Boden hinunterwerfe!
Und wenn
auch dir, wie es billig ist, unsere Schmach die Galle hochtreibt,
so
wollen wir zusammen nach Abhilfe suchen!
Gleich
die Sachen da in unseren Händen wollen wir den Eltern nicht zeigen
und
auch sonst keinem anderen,
wollen
vielmehr überhaupt nichts von ihrem Wohlergehen wissen!
sat est, quod ipsae vidimus
nedum ut genitoribus et omnibus populis
tam beatum eius differamus praeconium.
nec sunt enim beati, quorum divitias nemo novit.
sciet se non ancillas
sed sorores habere maiores.
Genug,
daß wir selber gesehen haben,
was
wir besser nicht gesehen hätten;
das fehlte
uns noch, daß wir bei den Eltern und in aller Welt
ihr
großes Glück weit und breit ausposaunen, –
denn
der ist gar nicht glücklich dessen Reichtum niemand kennt!
Sie muß
es begreifen, daß sie es nicht mit Mägden,
sondern
mit älteren Schwestern zu tun hat.
et nunc quidem concedamus ad maritos
et lares pauperes nostros sed plane sobrios revisamus
diuque cogitationibus pressioribus instructae
ad superbiam poeniendam firmiores redeamus.
Nun,
für jetzt wollen wir uns zu unseren Männern begeben
und
unser dürftiges, aber absolut anständiges Heim aufsuchen,
und wenn
wir lange und gründlich nachgedacht haben, wollen wir wohlversehen
mit
neuen Kräften wiederkommen, um ihren Hochmut zu bestrafen!
[11] Placet pro bono duabus malis malum consilium
totisque illis tam pretiosis muneribus absconditis
comam trahentes et proinde ut merebantur ora
lacerantes
simulatos redintegrant fletus.
So
fassen die beiden Bösen statt eines guten einen bösen Entschluß,
verbergen
all ihre köstlichen Geschenke,
raufen
ihre Haare, zerkratzen – wohlverdient! – ihr Gesicht
und
erneuern heuchlerisch ihr Flennen.
ac sic parentes quoque
redulcerato prorsum dolore raptim deterrentes
vesania turgidae domus suas contendunt
dolum scelestum, immo vero parricidium struentes
So
stürzen sie auch ihre Eltern,
denen
sie tatsächlich die Narbe ihres Schmerzes wieder aufreißen,
eben in Schrecken,
eilen
wutgeschwollen jede nach Hause,
auf
verbrecherischen Anschlag, nein, auf Mord sinnend
an
ihrer unschuldigen Schwester.
Interea Psychen maritus ille, quem nescit,
rursum suis illis nocturnis sermonibus sic commonet:
'videsne, quantum tibi periculum?
velitatur Fortuna eminus,
ac nisi longe firmiter praecaves,
mox comminus congredietur.
Unterdessen
mahnt Psyche der unbekannte Gatte
wieder
in seinen nächtlichen Anreden:
"Siehst
du nicht die große Gefahr vor dir?
Schon
plänkelt Fortuna von ferne,
und wenn
du dich nicht auf weite Sicht vorsorglich wappnest,
wird
sie bald zum Nahkampf da sein.
perfidae lupulae magnis conatibus
nefarias insidias tibi comparant,
quarum summa est, ut te suadeant
meos explorare vultus,
quos, ut tibi saepe praedixi, non videbis si videris.
Die
tückischen Hyänen stellen dir mit allen Mitteln
eine
unerhörte Falle;
dabei
ist das Hauptziel, daß sie dir raten,
mein Gesicht
auszumachen,
das du
– ich habe es dir oft angekündigt – nicht wiedersiehst, wenn du es
siehst.
ergo igitur si posthac pessimae illae lamiae
noxiis animis armatae venerint –
venient autem, scio – ,
neque omnino sermonem conferas
et si id tolerare pro genuina simplicitate
proque animi tui teneritudine non potueris,
certe de marito nil quicquam vel audias vel respondeas.
Also
nun, wenn späterhin die schlimmen Ungeheuer kommen,
die
mit Bosheit gepanzert sind –
und
sie kommen, ich weiß es –,
so
laß dich überhaupt auf kein Gespräch ein;
und kannst
du das bei deiner arglosen Art
und deinem
zarten Wesen nicht über dich bringen,
so solltest
du wenigstens über deinen Mann nicht das Geringste anhören oder
antworten.
nam et familiam nostram iam propagabimus
et hic adhuc infantilis uterus gestat nobis infantem
alium,
si texeris nostra secreta silentio, divinum,
si profanaveris, mortalem.'
Denn
wir werden auch Familienzuwachs bekommen,
und
dein noch kindlicher Leib trägt uns ein anderes Kind, –
umwebst
du unser Geheimnis mit Schweigen, ein göttliches,
entweihst
du es, ein sterbliches!"
[12] Nuntio Psyche laeta florebat
et divinae subolis solacio plaudebat
et futuri pignoris gloria gestiebat
et materni nominis dignitate gaudebat.
Wie
Psyche diese Nachricht beglückte
und
der kleine himmlische Tröster entzückte
und
das künftige Liebespfand jubeln hieß
und
des Mutternamens Würde strahlen ließ!
crescentes dies et menses exeuntes anxia numerat
et sarcinae nesciae rudimento
miratur de brevi punctulo
tantum incrementulum locupletis uteri.
Bange
rechnet sie, wie die Tage wachsen und die Monate enden,
und
da sie mit solch neuer Bürde nicht vertraut ist,
will
es ihr als Wunder erscheinen, daß von einem kleinen Stichlein
ihr
Leib zu so hübscher Fülle gediehen ist.
sed iam pestes illae taeterrimaeque Furiae
anhelantes vipereum virus et festinantes impia
celeritate navigabant.
tunc sic iterum momentarius maritus suam Psychen
admonet:
Aber
schon waren jene Scheusale und gräßlichen Furien unterwegs,
Schlangengift
schnaubend und in ruchlosschneller Eile.
Da
mahnt beim flüchtigen Besuch der Gatte seine Psyche aufs neue:
'dies ultima et casus extremus est:
sexus infestus et sanguis inimicus iam sumpsit
arma
et castra commovit et aciem direxit et classicum
personavit;
iam mucrone destricto iugulum tuum nefariae tuae
sorores petunt.
heu quantis urguemur cladibus, Psyche dulcissima.
"Der
letzte Tag und die Entscheidung ist da.
Mit
Feindeswut hat die Weiberbrut schon die Waffen ergriffen
und
den Marsch angetreten und die Front gebildet und das Signal geblasen.
Schon
zielen deine Schwestern frevlerisch mit blanker Klinge auf deinen Hals.
Ach, welche
Nöte bedrängen uns, meine liebste Psyche!
tui nostrique miserere religiosaque continentia
domum maritum teque et istum parvulum nostrum
imminentis ruinae infortunio libera.
Hab Erbarmen
mit dir und uns, befreie mit treulicher Beherrschung
das
Haus, den Gatten und dich und unser Kleines unter deinem Herzen
von
der drohenden Katastrophe!
nec illas scelestas feminas,
quas tibi post internecivum odium et calcata
sanguinis foedera
sorores appellare non licet,
vel videas vel audias, cum in morem Sirenum scopulo
prominentes
funestis vocibus saxa personabunt.'
Die
Verbrecherinnen,
die
in mörderischem Haß die Blutsbande in den Staub getreten haben,
darfst
du nicht mehr Schwestern nennen!
Sieh sie
nicht und höre sie nicht, wenn sie wie die Sirenen von der Klippe
dräuend
mit Todestönen
durch die Felsen schallen!"
[13] Suscipit Psyche singultu lacrimoso sermonem
incertans:
'iam dudum, quod sciam,
fidei atque parciloquio meo perpendisti documenta,
nec eo setius adprobabitur tibi nunc etiam
firmitas animi mei.
Da
entgegnet Psyche, und ihre Worte ersticken in Schluchzen und Weinen:
"Schon
längst hast du meines Wissens
Beweise
für meine Verläßlichkeit und Verschwiegenheit in Händen,
aber trotzdem
soll sich dir auch jetzt
mein unbeirrbarer
Sinn bewähren!
tu modo Zephyro nostro rursum praecipe, fungatur
obsequio,
et in vicem denegatae sacrosanctae imaginis tuae
redde saltem conspectum sororum.
Heiße
du nur unseren Zephyr wieder Gehorsam leisten,
und anstelle
deines heilighehren Bildes, das mir vorenthalten ist,
gewähre
mir wenigstens den Anblick der Schwestern!
per istos cinnameos et undique pendulos crines
tuos,
per teneras et teretis et mei similes genas,
per pectus nescio quocalore fervidum,
sic in hoc saltem parvulo cognoscam faciem tuam:
supplicis anxiae piis precibus erogatus
germani complexus indulge fructum
et tibi devotae Psychae animam gaudio recrea.
Bei
der duftenden Lockenpracht deiner Haare hier,
bei deinen
weichen, runden und mädchengleichen Wangen,
bei deiner
von ich weiß nicht welchem Leben durchglühten Brust,
so wahr
ich wenigstens in diesem Kleinen dein Antlitz kennen lernen soll:
laß
dich von zagem Flehen und demütigem Bitten erweichen,
verstatte
das Labsal geschwisterlicher Umarmung
und
erquicke die Seele deiner dir ergebenen Psyche mit Freude.
nec quicquam amplius in tuo vultu requiro,
iam nil officiunt mihi nec ipsae nocturnae tenebrae:
teneo te, meum lumen.'
His verbis et amplexibus mollibus decantatus
maritus
lacrimasque eius suis crinibus detergens
se facturum spopondit
et praevertit statim lumen nascentis diei.
Und
ich frage fürderhin nicht nach deinem Antlitz,
auch
die nächtliche Finsternis stört mich nicht mehr, –
ich
halte ja dich in Armen, meine Sonne!"
Ihre
Worte und schmiegsamen Umarmungen betörten den Gatten,
daß
er ihre Tränen mit seinen Haaren abwischte
und so
zu tun gelobte;
und gleich
wich er vor dem Licht des werdenden Tages.