Die Dinge nämlich erweisen sich als
theorietauglich, die in ihrer natürlichen Struktur einfach sind.
Und da ja Tiefe und Höhe auf Quantität
gegründet sind,
scheinen ganz besonders diejenigen Verhältnisse
die Natur des harmonischen Einklangs zu wahren,
die auf die Eigentümlichkeit der in
Schritten gestuften Quantität achthaben.
Denn da die in Schritten gestufte Quantität
eine andere ist als die kontinuierliche,
ist eben diese gestufte im Kleinsten endlich,
schreitet aber durchs immer Größere ins Unendliche.
Denn darin liegt die kleinste Einheit und
ist eben endlich, der Gang der Vielheit aber vermehrt sich ins Unendliche,
wie die Zahl, die, obwohl sie mit der endlichen
Einheit beginnt, in ihrem Anwachsen kein Ende findet.
Was dagegen kontinuierlich ist, mag zwar
als Ganzes endlich sein, wird aber ins Unendliche verkleinert.
Die Linie nämlich, die kontinuierlich
ist, wird ins Unendliche durch immer feinere Aufgliederung geteilt,
weil sie im Fußmaß ausgemessen
wird oder in irgendeiner anderen wohlbestimmten Maßeinheit.
Deshalb wächst die Zahl ins Unendliche
an, die kontinuierliche Quantität aber verkleinert sich ins Unendliche.
Folglich wahrt die Vervielfachung, da sie
ja kein Ende des Anwachsens hat, am meisten die Natur der Zahl.
Die
unechten Brüche wahren aber, da sie die kleinere Zahl weiter ins Unendliche
verkleinern,
die Eigentümlichkeit
der kontinuierlichen Quantität.
Sie verkleinern aber die
kleinere Zahl weiter, weil sie sie immer in sich enthalten
und auch ihren Halbteil
oder ihr Drittel oder Viertel oder Fünftel.
Denn immer schrumpft der
Nenner, obwohl er von einer größeren Zahl seinen Namen nimmt.
Denn obwohl das Drittel
nach der Drei benannt ist, das Viertel von der Vier,
und obwohl vier mehr ist
als drei, findet sich, daß ein Viertel kleiner ist als ein Drittel.
Das "Überteilige" aber
weicht schon auf manche Weise von der Einfachheit ab;
es hat nämlich zwei
oder drei oder vier Teile darüber hinaus
und, indem es von der Einfachheit
abweicht, strömt es über in der Vielheit der Teile.
Die
Vervielfachung dagegen erhält sich als ganze ohne Rest.
Denn das Doppelte enthält
die kleinere Zahl als ganze zweimal,
das Verdreifachte enthält
ebenso die ganze kleinere Zahl dreimal, und alle weiteren auf analoge Weise.
"Einen Teil darüber
zu haben", d.h. der unechte Bruch, wahrt aber nichts ohne Rest,
sondern geht um die Hälfte
darüber, oder um ein Drittel oder Viertel oder Fünftel;
aber dennoch bewirkt er
die Division durch einzelne und einfache Teile.
Die "überteilige"
Ungleichheit wahrt weder Restlosigkeit noch nimmt sie bloß einzelne
Teile hinzu,
und deshalb wird sie bei
den Pythagoreiern überhaupt nicht für die musikalischen Zusammenklänge
genutzt.
Ptolemaios setzt dennoch
auch dieses Verhältnis unter die Zusammenklänge, wie ich weiter
unten zeigen will.
VII. Welche
Verhältnisse auf welche musikalischen Zusammenklänge passen.
Dennoch muß man dies wissen: Daß
aller Zusammenklang in der Musik
in doppeltem oder dreifachem oder vierfachem
oder anderthalbfachem oder eineindrittelfachem Verhältnis besteht;
und so heißt nun, was als Zahl vier
Drittel (eineindrittel) ist, bei den Klängen Quarte,
und was als Zahl drei Halbe (anderthalb)
ist, wird bei den Stimmen Quinte genannt,
was aber bei den Verhältnissen Verdopplung
ist, ist die Oktave bei den Zusammenklängen,
Das Dreifache aber ist die oktavierte Quinte,
das Vierfache jedoch zweifache Oktavierung.
Das sei hier nur im allgemeinen und ohne
genauere Angaben gesagt,
weiter unten aber wird die ganze Berechnung
der Verhältnisse aufleuchten.
VIII.
Was Klang (sonus), Intervall und Zusammenklang (consonantia) sind.
Klang ist also gesangliches, d.h. zum Gesang
passendes, Vorkommen der Stimme zu einer einzigen Anspannung.
Wir wollen hier aber den Klang nicht im
allgemeinen Sinne definieren,
sondern nur das, was auf Griechisch "phthongos"
(Ton, Schall) heißt,
so genannt von der Ähnlichkeit des
Sprechens, griechisch "phthengesthai" (ertönen, erschallen lassen).
Intervall aber ist der Abstand zwischen
hohem und tiefem Klang.
Zusammenklang ist die Mischung aus hohem
und tiefem Klang, die süß und gleichförmig in die Ohren
dringt.
Mißklang aber ist der Anschlag zweier
miteinander vermengter Klänge,
der rauh und unangenehm zum Gehör
kommt.
Denn während sie sich nicht miteinander
mischen können
und jeder der beiden auf seine Weise allein
hindurchzukommen strebt, indem jeder zu dem andern quersteht,
dringt jeder der beiden ohne alle Süße
zum Gehörssinn durch.
VIIII.
Daß nicht alles Urteilen den Sinnen zu übergeben ist,
Der Sinn selbst erleidet
nämlich gleicherweise durch die größten und die kleinsten
Eindrücke eine Verzerrung.
Denn er kann weder das Kleinste
empfinden, eben wegen der Kleinheit der Eindrücke,
und vom allzu Großen
wird er stets überwältigt,
wie bei den Stimmen, die
das Gehör, wenn sie zu leise sind, allzu schwierig vernehmen kann;
wenn sie sehr groß
sind, wird das Gehör von eben der Anspannung des Schalls taub.
X. Wie Pythagoras
die Verhältnisse der Zusammenklänge untersucht hat.
Dies war folglich ganz besonders die Ursache
dafür, daß Pythagoras, indem er das Urteil der Ohren hinter
sich ließ,
zu den Bestimmungsgründen allgemeingültiger
Regeln hinübergewandert ist,
er, der den menschlichen Ohren nicht traute,
die teils durch Natur, teils auch durch Zufälle
von außen sich wandeln, teils durch die Zeiten selbst sich verändern,
und der sich auch nicht den Instrumenten
widmete, da in ihnen oft bunte Vielheit und Regellosigkeit hervorgeht,
da ja in der Tat, wenn du etwa die Saiten
betrachten willst,
mal feuchtere Luft, wenn sie den Tonimpuls
bekommt, den Klang dumpf macht, oder trockenere ihn schärft,
mal die Länge der Saite den Klang tiefer
macht oder, wenn sie dünner ist, zur Höhe verfeinert
oder auf andere Art und Weise den Zustand
der vorherigen Beständigkeit verwandelt,
und weil es das Gleiche war auch bei den
anderen Instrumenten,
suchte er, um all dies Undurchdachte von
höchst geringer Zuverlässigkeit sich bemühend, vor Eifer
glühend,
mit welchem Experiment er die Bestimmungsgründe
der Zusammenklänge sicher und gewiß herausfinden könne.
Als
er in jener Zeit durch einen göttlichen Wink an Werkstätten vorbeikam,
hörte er, wie Hammerschläge
auf gewisse Weise
aus ihren verschiedenen Klängen zu einem gemeinsamen Ton zusammenklangen.
So machte er
sich verblüfft an die Arbeit, die er so lange gesucht hatte, und nach
langer Überlegung
glaubte er, daß
die Kräfte der Schlagenden die Verschiedenheit der Klänge verursacht
hätte,
und um dies deutlicher
sichtbar zu machen, hieß er sie die Hämmer untereinander auszutauschen.
Aber die Eigentümlichkeit
der Klänge hing nicht von den Armen der Menschen ab,
sondern blieb
mit den ausgetauschten Hämmern verbunden.
Als er das folglich
bemerkte, untersuchte er das Gewicht der Hämmer,
und da es zufällig
fünf Hämmer waren, wurden welche von doppeltem Gewicht gefunden,
die einander
im Zusammenklang einer Oktave entsprachen.
Er erkannte auch,
daß derjenige, der das doppelte Gewicht eines andern hatte,
wiederum eineindrittel
des Gewichts eines weiteren hatte, zu dem er offenbar in der Quart klang.
Im Verhältnis
zu einem anderen aber, der ebendiesem in Zusammenklang der Quinte verbunden
war,
fand er, daß
ebendieser, der das doppelte Gewicht des früheren hatte, das anderthalbfache
Gewicht hatte.
Die zwei aber,
im Verhältnis zu denen der frühere Doppelte als eineindrittel-
und anderthalbfach erkennt wurde,
behielten beim
Auswiegen untereinander ein Gewichtsverhältnis von eineinachtel (neun
zu acht).
Der fünfte
aber wurde verworfen, da er mit all den anderen nicht zusammenklang.
Obwohl
also schon vor Pythagoras die Zusammenklänge der Musik teils als Oktave,
teils als Quinte,
teils als Quarte,
die als kleinster Zusammenklang gilt, bezeichnet wurden,
hat Pythagoras auf
diese Weise als erster herausgefunden,
mit welchem Zahlenverhältnis
in sich diese Verschmelzung der Klänge verbunden ist.
Damit klarer wird,
was gesagt wurde, gebe ich hier die Gewichte der vier Hämmer an,
die unter den schriftlichen
Zahlen enthalten sind: zwölf, neun, acht und sechs.
Die Hämmer also,
die zwölf und sechs Gewichte wogen, klangen als Paar im Oktavenabstand.
Der Hammer von zwölf
Gewichten war dem Hammer der neun
und der Hammer von
acht Gewichten dem Hammer von sechs Gewichten
gemäß
dem Verhältnis von vier zu drei (eineindrittel) im Zusammenklang der
Quarte verbunden.
Der von neun Gewichten
mit dem Sechser und der Zwölfer mit dem Achter verschmolzen klanglich
in einer Quinte.
Der Neuner aber und
der Achter im Verhältnis von neun zu acht (eineinachtel) erklangen
im Ganzton-Abstand.
XI. Auf
welche Weisen von Pythagoras die verschiedenen Verhältnisse
Aber diejenige, die gleichschwebend ist
und wiederum diese, die wir in der Liedmelodie hinablaufen,
sind in ihrer Eigennatur unendlich.
Wenn diese Betrachtung nämlich angenommen
ist, entsteht kein bestimmter Tonumfang dadurch,
daß Reden entwickelt werden oder
zu Höhen angehoben oder in Tiefen hinabgelassen werden,
sondern dadurch, daß die menschliche
Natur beiden eine eigentümliche Grenze setzt.
Denn der menschliche Atem setzt der gleichschwebenden
Stimme eine Grenze,
über die sie auf keinen Fall hinausschreiten
kann.
So lang nämlich spricht jeder in
der gleichschwebenden Tonlage, wie sein natürlicher Atem es zuläßt.
Der Stimme, die die Tonlage wechselt,
setzt die Natur der Menschen die Begrenzung,
indem sie deren hohe und tiefe Stimme
eingrenzt.
Denn nur so weit kann jeder seine Tonhöhe
hinauftreiben oder seine Tiefe hinabdrücken,
wie der naturgegebene Tonumfang seiner
Stimme es zuläßt.
XIIII.
Welches Gesetz die Hörbarkeit bestimmt.
Nun wollen wir erörtern, welches
Gesetz die Hörbarkeit bestimmt.
Denn gewöhnlicherweise pflegt bei
den Stimmen so etwas zu geschehen,
wie bei einem Stein, der von fern in
Teiche oder ruhige Wasser geworfen eintaucht.
Zunächst nämlich faßt
er die Welle in den kleinsten Kreis,
dann weitet er die Runden der Wellen
zu größeren Kreisen, bis dorthin,
wo die vom Hervorrufen der Wasserwallungen
erschöpfte Bewegung zur Ruhe kommt.
Und immer weitet sich dann die in der
Folge vergrößerte Welle in einer schwächeren Regung aus.
Wenn es dabei etwas gibt, was den wachsenden
Wellen entgegenstehen kann,
wird diese Bewegung sofort gewendet,
und wird gleichsam zu dem Mittelpunkt,
wo sie herkam, in gleichartigen Wellen kreisförmig zurückgeworfen.
Und wenn Luft, die angeregt wird, einen
Klang weiterträgt, regt sie die andere, ihr nächste Luft an
und schlägt in gewisser Weise einen
Luftwall-Kreis,
und so breitet sich die Regung aus und
trifft zum gleichen Zeitpunkt das Gehör aller rings im Kreis Stehenden.
Und dem, der weiter wegsteht, erscheint
diese Stimme dumpfer,
da ja eine schwächere Welle der
angeregten Luft zu ihm gelangt.
XV. Über
die weitere Reihenfolge der Theorie-Kapitel, d.h. der "Anschauungen".
Nach diesen Voruntersuchungen wäre
wohl zu besprechen, in wie vielen Arten alle Liedmelodie gewoben wird,
über die die Wissenschaft der harmonischen
Erfindung ihre Betrachtungen anstellt.
Das wären: die diatonische (aus großen
Sekunden), die chromatische (aus kleinen Sekunden) und die harmonische.
Das ist schließlich eingehend zu entfalten,
wenn wir erst einmal die viersaitigen Instrumente erörtert haben
und dann auch die vergrößerte
Anzahl der Saiten, wie sie zur gegenwärtigen Vielheit gelangt ist.
Das soll aber geschehen, wenn wir erst einmal
ins Bewußtsein geholt haben,
aufgrund welcher quantitativen Verhältnisse
die harmonischen Beziehungen sich mischen.
XVI. Von
den Zusammenklängen der Frequenzverhältnisse, Ganztonschritt
und Halbtonschritt.
Denn wenn eine Stimme die doppelte Frequenz
einer anderen Stimme mißt, sei es nach oben oder nach unten (1/2),
wird der Zusammenklang einer Oktave entstehen,
wenn die Frequenz der Stimme im Anderhalb-Verhältnis
(drei zu zwei) zu der einer anderen steht,
oder im Eineindrittel- (vier zu drei) oder
Eineinachtel-Verhältnis (neun zu acht) nach oben oder unten (2/3;
3/4; 8/9),
so wird dies eine Quinte oder Quarte oder
einen Ganztonschritt (große Sekunde) als Zusammenklang erzeugen;
und gleichfalls: wenn eine Oktave, z.B.
zwei und vier, und eine Quinte, z.B. sechs und vier, verbunden werden,
werden sie den Zusammenklang der dreifachen
Frequenz hervorbringen, die aus Oktave plus Quinte besteht;
und wenn zwei Oktaven übereinandergetürmt
sind, z.B. zwei zu vier und gleich darüber vier zu acht,
wird der Zusammenklang der vervierfachten
Frequenz resultieren, d.h. eine oktavierte Oktave;
und wenn es das Anderthalbfache und das
Eineindrittelfache der Frequenz ist, d.h. Quinte plus Quarte,
z.B. wenn zwei zu drei und drei zu vier
miteinander verbunden werden,
wird der Verschmelzungsklang des Doppelten,
eben die Oktave, erzeugt.
Vier hat nämlich zur Drei das Verhältnis
Eineindrittel,
die Drei aber ist dem Zweier im Anderthalb-Verhältnis
verbunden;
und der Vierer, dem Zweier zugefügt,
wird mit ihm im Verhältnis des Doppelten vereinigt,
aber das Eineindrittel-Verhältnis
(4/3) schafft einen Quart-Zusammenklang
und das Anderthalb-Verhältnis (3/2)
einen Quint-Zusammenklang,
das Doppelt-Verhältnis (2/1) aber
bewirkt den Verschmelzungsklang einer Oktave.
Quarte plus Quinte aufeinandergetürmt
knüpfen also einen Oktav-Zusammenklang.
Der
Ganztonschritt wiederum kann nicht in gleiche Teile geteilt werden; warum,
wird später deutlich werden;
jetzt soll es genügen,
dies allein zu wissen, daß niemals ein Ganztonschritt in ein Paar
gleicher Größen geteilt wird.
Und um dies ganz
leicht zu beweisen, sei das Verhältnis Eineinachtel gegeben, also
acht von neun (9/8).
Zwischen diesen
findet sich keine natürliche Zahl.
Also werden wir
diese mit einem Zweier vervielfachen, und so ergeben zweimal acht 16 und
zweimal neun 18.
Zwischen 16 und
18 aber findet sich eine natürliche Zahl, nämlich die 17.
So ordnen sie sich
in der Reihe 16, 17, 18.
Wenn man folglich
16 an 18 hält, stehen sie im Eineinachtel-Verhältnis (9/8) zueinander:
das ist ein Ganztonschritt.
Aber die Zahl 17
teilt dieses Verhältnis nicht in gleiche Teile.
Im Verhältnis
nämlich zu 16 hat sie in sich die 16 als Ganzes und dazu noch deren
16. Teil, nämlich die Rest-Eins.
Wenn aber mit dieser
Zahl, d.h. mit der 17, als dritte Zahl die 18 ins Verhältnis gesetzt
wird,
so enthält
diese das Ganze (17/17) und dazu noch dessen 17. Teil (1/17);
folglich übertrifft
sie die kleinere Zahl nicht um dem gleichen Rest, um den sie von der größeren
übertroffen wird.
Ein Siebzehntel
ist ja kleiner als ein Sechszehntel.
Aber beide (17/16
und 18/17) werden als Halbtonschritte bezeichnet,
zwar nicht so,
daß diese "Halbtonschritte" den Ganztonschritt genau von der Mitte
aus halbieren,
aber so, daß
man doch als ein "Halbes" zu benennen pflegt, was die messende Genauigkeit
nicht erreicht.
Somit wird von
diesen beiden der eine Halbtonschritt als der größere, der andere
als der kleinere bezeichnet.
XVII.
Aus welchen kleinsten natürlichen Zahlen der Halbtonschritt besteht.
Was nun ein reiner Halbtonschritt ist oder
aus welchen kleinsten natürlichen Zahlen er besteht,
werde ich nun klarer darlegen.
Das nämlich, was über die Teilung
des Ganztonschritts gesagt wurde, zielt nicht darauf ab,
daß wir die Sonderformen der Halbtonschritte
aufzeigen wollen,
sondern vielmehr darauf, daß wir
sagen, der Ganztonschritt könne nicht in zwei gleichgroße Teile
untergliedert werden.
Die Quarte, d.h. der Zusammenklang im
Abstand von vier Tönen mit drei dazwischenliegenden Intervallen,
besteht jedoch aus der Summe zweier Ganztonschritte
plus einem unreinen Halbtonschritt.
Man lege nämlich das Beispiel der
folgenden Zahlenreihe zugrunde:
192 (= 3 x 8 x 8), 216 (=
3 x 8 x 9), 243 (= 3 x 9 x 9), 256 (= 4 x 8 x 8).
Wenn also die Zahl 192 (= 3 x 8
x 8) die 256 (= 4 x 8 x 8) teilt, wird das Eineindrittel-Verhältnis
(4/3) entstehen
und als Verschmelzungsklang die Quarte
ertönen lassen.
Aber wenn wir 216 (= 3 x 8 x 9)
durch 192 (= 3 x 8 x 8) teilen, ergibt sich das Eineinachtel-Verhältnis
(9/8).
Es beträgt nämlich deren Differenz
24. d.h. ein Achtel von 192, und das macht einen Ganztonschritt aus.
Wenn wiederum 243 (= 3 x 9 x 9)
durch 216 (= 3 x 8 x 9) geteilt wird,
wird sich noch einmal das Eineinachtel-Verhältnis
(9/8) ergeben.
Denn deren Differenz 27 erweist sich als
ein Achtel von 216.
Es bleibt noch das Verhältnis von
256 (= 4 x 8 x 8) zu 243 (= 3 x 9 x 9) übrig, deren
Differenz 13 beträgt,
was, wenn es verachtfacht wird, die 243
offensichtlich nicht bis zur Mitte (Hälfte) auffüllt.
Folglich ist diese Differenz nicht der
Halbtonschritt, sondern etwas, das kleiner ist als der Halbtonschritt.
Man würde nämlich dann mit Recht
glauben, der Halbtonschritt sei rein, wenn deren Differenz, die 13 beträgt,
wenn sie verachtfacht würde, die
Symmetriemitte der Zahl 243 einhalten könnte;
und in der Tat ergibt das Verhältnis
der 243 zur 256 nur den kleineren "Halbtonschritt".
XVIII.
Daß Quarte und Quinte um einen Ganztonschritt differieren.
Die Quinte nun ist ein Zusammenklang im
Abstand von fünf Tönen
mit vier dazwischenliegenden Intervallen,
nämlich drei Ganztonschritten plus einem kleineren "Halbtonschritt".
Man setze nämlich die gleiche Zahl
192 (= 32 x 6)
und nehme ihr Anderthalbfaches, das mit
ihr den Zusammenklang einer Quinte ergibt.
Es ergibt sich also (aus 192 + 96) die
Zahl 288 (= 32 x 9).
Sodann seien zwischen diese und die oben
angesetzte 192 (= 32 x 6) folgende Zahlen eingeschoben:
216, 243, 256, und so ließe sich
(für die fünf Töne) folgendes Beispiel einer Zahlenreihe
bilden:
192, 216, 243, 256,
288.
Im obigen Zahlenbeispiel wurde gezeigt,
daß 192 und 256 zwei Ganztonschritte und einen Halbtonschritt
umfassen.
Es bleibt also das Verhältnis der
256 zur 288 übrig, die dessen Eineinachtelfaches (9/8)
ist, d.h. der Ganztonschritt,
und deren Differenz beträgt 32,
also ein Achtel von 256.
Und so ist gezeigt, daß der Zusammenklang
der Quinte drei Ganztonschritte plus einem Halbtonschritt umfaßt.
Aber der Zusammenklang der Quarte war,
wie bereits gesagt, auf das Verhältnis von 192 zu 256 gekommen.
Nun spannt sich aber die Quinte von ebendieser
Zahl 192 noch bis zur 288 hin.
Es wird folglich der Zusammenklang der
Quarte von der Quinte um den Teilungsrest übertroffen,
der zwischen den Zahlen 256 und
288 besteht, und das ist genau ein Ganztonschritt.
Der Verschmelzungsklang der Quarte wird
folglich von der Quinte um einen Ganztonschritt "über-schritten".
XVIIII.
Daß die Oktave aus fünf Ganztonschritten plus zwei Halbtonschritten
zusammengefügt ist.
Der Zusammenklang der Oktave besteht
aus fünf Ganztonschritten
plus zwei Halbtonschritten, die allerdings
einen Ganztonschritt nicht ganz ausfüllen.
Denn da ja gezeigt worden ist, daß
die Oktave aus einer Quarte plus einer Quinte besteht,
ist bereits bestätigt, daß
die Quarte aus zwei Ganztonschritten plus einem Halbtonschritt besteht
und die Quinte aus drei Ganztonschritten
plus einem Halbtonschritt,
die, wenn sie alle zugleich übereinandergetürmt
werden, fünf Ganztonschritte ausmachen.
Aber da ja jene zwei Halbtonschritte
keine reine Halbierungen des Ganztonschritts waren,
erreicht deren Addition nicht den vollen
Ganztonschritt,
sondern ragt zwar wohl über dessen
Mitte, bleibt aber noch unter dessen restloser Vollständigkeit.
Und so besteht gemäß dieser
Berechnung die Oktave aus fünf Ganztonschritten plus zwei Halbtonschritten,
die so, wie ihre Summe den vollständigen
Ganztonschritt nicht erreicht, über den reinen Halbtonschritt hinausgehen.
Aber was deren Berechnung ist oder inwieweit
diese selbst als musikalische Zusammenklänge vorzufinden sind,
wird später noch gedanklich genauer
dargelegt werden.
Bis dahin ist für die gegenwärtige
Diskussion im Mittelmaß der Erkenntnis noch Glauben erforderlich;
dann aber wird man voll darauf vertrauen
dürfen, sobald alles Einzelne mit den zugehörigen Beweisen geklärt
wird.
Nach diesen Vorüberlegungen will
ich einiges über die Kithara-Saiten und ihre Namen,
und auch wie sie um immer neue vermehrt
worden sind, darlegen, und was die Gründe ihrer Namengebung sind.
Denn wenn dies erst einmal zur Kenntnis
gelangt ist, wird es leicht sein, die folgende Wissenschaft zu begreifen.
XX. De additionibus chordarum earumque
nominibus.
Simplicem principio fuisse musicam Nicomachus refert adeo, ut quattuor
nervis constaret, idque usque ad Orpheum duravit, ut primus quidem nervus
et quartus diapason consonantiam resonarent, medii vero ad se invicem atque
ad extremos diapente ac diatessaron, nihil vero in eis esset inconsonum,
ad imitationem scilicet musicae mundanae, quae ex quattuor constat elementis.
Cuius quadrichordi Mercurius dicitur inventor.
Quintam vero chordam post Coroebus Atyis filius adiunxit, qui fuit
Lydorum rex.
Hyagnis vero Phryx sextum his apposuit nervum.
Sed septimus nervus a Terpandro Lesbio adiunctus est secundum septem
scilicet planetarum similitudinem.
Inque his quae gravissima quidem erat, vocata est hypate quasi maior
atque honorabilior, unde Iovem etiam hypaton vocant.
Consulem quoque eodem nuncupant nomine propter excellentiam dignitatis.
Eaque Saturno est adtributa propter tarditatem motus et gravitatem
soni.
Parhypate vero secunda quasi iuxta hypaten posita et collocata.
Lichanos tertia idcirco, quoniam lichanos digitus dicitur, quem nos
indicem vocamus.
Graecus a lingendo lichanon appellat.
Et quoniam in canendo ad eam chordam, quae erat tertia ab hypate index
digitus, qui est lichanos, inveniebatur, idcirco ipsa quoque lichanos appellata
est.
Quarta dicitur mese, quoniam inter VII semper est media.
Quinta est paramese, quasi iuxta mediam conlocata.
Septima autem dicitur nete, quasi neate id est inferior, inter quam
neten et paramesen sexta quae est, vocatur paranete, quasi iuxta neten
locata.
Paramese vero, quoniam tertia est a nete, eodem quoque vocabulo trite
nuncupatur, ut sit descriptio haec:
Hypate, Parhypate, Lichanos, Mese, Paramese vel Trite, Paranete, Nete
His octavam Samius Lycaon adiunxit atque inter paramesen, quae etiam
trite dicitur, et paraneten nervum medium coaptavit, ut ipse tertius esset
a nete, et paramese quidem vocata est sola, quae post mediam collocabatur.
Trites vero nomen perdidit postea quam inter eam atque paraneten tertius
a nete locatus est nervus, qui digne trites nomen exciperet, ut sit octachordum
secundum Lycaonis additionem hoc:
Hypate, Parhypate, Lichanos, Mese, Paramese, Trite, Paranete, Nete
In superioribus igitur duabus dispositionibus eptachordi et octachordi
eptachordum quidem dicitur synemmenon, quod est coniunctum, octachordum
vero diezeugmenon, quod est disiunctum.
In eptachordo enim est unum tetrachordum: hypate, parhypate, lichanos,
mese, aliud vero; mese paramese, paranete, nete, dum mesen nervum secundo
numeramus.
Atque ideo duo tetrachorda per mesen coniunguntur.
In octachordo vero quoniam octo sunt chordae superiores quattuor, idest
hypate, parhypate, lichanos, mese unum tetrachordum explent.
Ab hoc vero disiunctum atque integrum inchoat a paramese progrediturque
per triten et paraneten et finitur ad neten.
Et est disiunctio, quae vocatur diazeuxis, tonusque est distantia meses
et parameses.
Hic igitur mese tantum quidem nomen obtinuit.
Non est media positione, quia in octachordo duae quidem semper mediae
repperiuntur, sed una media non potest inveniri.
Prophrastus autem Periotes ad graviorem partem unam addidit chordam,
ut faceret totum enneachordum.
Quae quoniam super hypaten est addita hyperhypate est nuncupata.
Quae prius quidem, dum novem chordarum tantum esset cithara, hyperhypate
vocabatur.
Nunc autem lichanos hypaton dicitur aliis superadditis, in quo ordine
atque instructione, quoniam ad indicem digitum venit, lichanos appellata
est.
Sed hoc posterius apparebit, nunc vero ordo sese enneachordi sic habet:
Hyperhypate, Hypate, Parhypate, Lichanos, Mese, Paramese, Trite, Paranete, Nete
Histiaeus vero Colophonius decimam in graviorem partem coaptavit chordam,
Timotheus vero Milesius undecimam, quae quoniam super hypaten atque parhypaten
sunt additae, hypate quidem hypaton vocatae sunt quasi maximae magnarum
aut gravissimae gravium aut excellentes excellentium.
Sed vocata est prima inter .XI. hypate hypaton, secunda vero parhypate
hypaton, quoniam iuxta hypaten hypaton collocata est.
Tertia quae dudum in enneachordo hyperhypate vocabatur, lichanos hypaton
est nuncupata.
Quarta vero hypate antiquum tenuit nomen, quinta parhypate, sexta lichanos,
antiquum scilicet habens vocabulum, septima mese, octava paramese, nona
trite, decima paranete, undecima nete.
Est igitur unum tetrachordum: hypate hypaton, parhypate hypaton, lichanos
hypaton, hypate; aliud vero: hypate, parhypate, lichanos, mese.
Et haec quidem coniuncta sunt.
Tertium vero est: paramese, trite, paranete, nete.
Sed quoniam inter superius tetrachordum, quod est hypate hypaton, parhypate
hypaton, lichanos hypaton, hypate, et inter infimum, quod est paramese,
trite, paranete, nete, fit positione medium tetrachordum, quod est hypate,
parhypate, lichanos, mese, totum hoc medium tetrachordum meson vocatum
est, quasi mediarum, vocaturque cum additamento hoc: hypate meson, parhypate
meson, lichanos meson, mese.
Quoniam vero inter hoc meson tetrachordum et inferius, quod est netarum,
disiunctio est, meses scilicet et parameses, inferius omne tetrachordum
disiunctarum id est diezeugmenon vocatum est cum additamento scilicet hoc:
paramese diezeugmenon, trite diezeugmenon, paranete diezeugmenon, nete
diezeugmenon, ut sit descriptio hoc modo:
Est igitur hic inter paramesen ac mesen disiunctio atque ideo diezeugmenon
tetrachordum hoc vocatum est.
Quod si paramese auferatur et sit mese, trite, paranete, nete, tunc
coniuncta, id est synemmena erunt tria tetrachorda vocabiturque ultimum
tetrachordum synemmenon hoc modo:
Sed quoniam in hac vel superiore endecachordi dispositione mese, quae propter mediam collocationem ita vocata est, nete proxima accedit et longe ab hypatis ultimis distat nec proprium retinet locum, aliud unum tetrachordum adiunctum est super neten diezeugmenon, quae quoniam supervadebant acumine netas superius collocatas, omne illud tetrachordum hyperboleon vocatum est hoc modo:
Sed quoniam rursus mese non erat loco media sed magis hypatis accedebat,
idcirco super hypatas hypaton addita est una chorda, quae dicitur proslambanomenos
-- ab aliquibus autem prosmelodos dicitur -- tonum integrum distans ab
ea, quae est hypate hypaton.
Et ipsa quidem, id est proslambanomenos a mese octava est, resonans
cum ea diapason symphoniam.
Eademque ad lichanon hypaton resonat diatessaron, ad quartam scilicet;
quae lichanos hypaton ad mesen resonat diapente symphoniam, et est
ab ea quinta.
Rursus mese a paramese distat tonum, quae eadem mese ad neten diezeugmenon
quintam facit diapente consonantiam.
Quae nete diezeugmenon ad neten hyperboleon quartam facit diatessaron
consonantiam.
Et proslambanomenos ad neten hyperboleon reddit bis diapason consonantiam.
Proslambanomenos vel prosmelodos, Hypate hypaton,
Parhypate hypaton, Lichanos hypaton, Hypate meson, Parhypate meson, Lichanos
meson, Mese, Paramese, Trite diezeugmenon, Paranete diezeugmenon, Nete
diezeugmenon, Trite hyperboleon, Paranete hyperboleon, Nete hyperboleon.
XXI. De generibus cantilenae.
His igitur expeditis dicendum de generibus melorum.
Sunt autem tria: diatonum, chroma, enarmonium.
Et diatonum quidem aliquanto durius et naturalius,
chroma vero iam quasi ab illa naturali intentione discedens et in mollius
decidens,
enarmonium vero optime atque apte coniunctum.
Cum sint igitur quinque tetrachorda: hypaton, meson, synemmenon, diezeugmenon,
hyperboleon,
in his omnibus secundum diatonum cantilenae procedit vox per semitonium,
tonum et tonum in uno tetrachordo,
rursus in alio (per) semitonium tonum ac tonum ac deinceps;
ideoque vocatur diatonum, quasi quod per tonum ac per tonum progrediatur.
Chroma autem, quod dicitur color, quasi iam ab huiusmodi intentione
prima mutatio,
cantatur per semitonium, semitonium et tria semitonia.
Tota enim diatessaron consonantia duorum tonorum est ac semitonii,
sed non pleni.
Tractum est autem hoc vocabulum, ut diceretur chroma,
a superficiebus, quae cum permutantur, in alium transeunt colorem.
Enarmonium vero quod est, magis coaptatum est,
quod cantatur in omnibus tetrachordis per diesin et diesin et ditonum
-- diesis autem est semitonii dimidium --;
ut sit trium generum descriptio per omnia tetrachorda discurrens hoc
modo:
Diatonum. Chromaticum. Enarmonium, semitonio,
tono, tribus semitoniis, diesi, ditono
XXII. De ordine chordarum nominibusque
in tribus generibus.
Nunc igitur ordo chordarum disponendus est omnium, quae per tria genera
variantur vel in constanti ordine disponuntur.
Prima est igitur proslambanomenos, quae eadem dicitur prosmelodos,
secunda hypate hypaton, tertia parhypate hypaton.
Quarta vero universaliter quidem lichanos appellatur, sed si in diatono
genere aptetur, dicitur lichanos hypaton diatonos, si vero in chromate,
dicitur diatonos chromatice vel lichanos hypaton chromatice, si autem in
enarmonio, dicitur lichanos hypaton enarmonios vel diatonos hypaton enarmonios.
Post hanc vocatur hypate meson, dehinc parhypate meson, atque hinc
lichanos meson, simpliciter in diatono quidem genere diatonos meson, in
chromate lichanos meson chromatice vel diatonos meson chromatice, in enarmonio
diatonos meson enarmonios vel lichanos meson enarmonios.
Has sequitur mese. Post hanc sunt duo tetrachorda partim synemmenon
partim diezeugmenon.
Et synemmenon est, quod post mesen ponitur, id est trite synemmenon;
dehinc lichanos synemmenon, eadem in diatono diatonos synemmenon, in
chromate vero vel diatonos synemmenon chromatice vel lichanos synemmenon
chromatice, in enarmonio vero vel diatonos synemmenon enarmonios vel lichanos
synemmenon enarmonios.
Post has nete synemmenon.
Si vero mese nervo non sit synemmenon tetrachordum adiunctum, sed sit
diezeugmenon, est post mesen paramese;
dehinc trite diezeugmenon, inde lichanos diezeugmenon, quae in diatono
diatonos diezeugmenon, in chromate tum diatonos diezeugmenon chromatice
tum lichanos diezeugmenon chromatice, in enarmonio vero tum diatonos diezeugmenon
enarmonios, tum lichanos diezeugmenon enarmonios.
Eadem vero dicitur et paranete cum additione vel diatoni vel chromatis
vel enarmonii.
Super has nete diezeugmenon, trite hyperboleon, et quae est paranete
hyperboleon, eadem in diatono diatonos hyperboleon, in chromate vero chromatice
hyperboleon, in enarmonio vero enarmonios hyperboleon.
Harum ultima ea est, quae est nete hyperboleon. Et sit descriptio eiusmodi,
ut trium generum contineat dispositionem.
In quibus et similitudinem nominum et differentiam pernotabis;
ut si nervi similes in omnibus cum eis, qui sunt dissimiles, colligantur,
fiant simul omnes octo et viginti.
Hoc autem monstrat subiecta descriptio.
Diatonici.
Proslambanomenos Hypate hypaton Parhypate hypaton Lichanos hypaton diatonos Hypate meson Parhypate meson |
Chromatis.
Proslambanomenos Hypate hypaton Parhypate hypaton Lichanos hypaton chromatice Hypate meson Parhypate meson |
Enarmonii.
Proslambanomenos Hypate hypaton Parhypate hypaton Lichanos hypaton enarmonios Hypate meson Parhypate meson |
Lichanos meson diatonos
Mese Trite synemmenon Paranete synemmenon diatonos Nete synemmenon Paramese Trite diezeugmenon Paranete diezeugmenon diatonos Nete diezeugmenon Trite hyperboleon Paranete hyperboleon diatonos Nete hyperboleon |
Lichanos meson chromatice
Mese Trite synemmenon Paranete synemmenon chromatice Nete synemmenon Paramese Trite diezeugmenon Paranete diezeugmenon chromatice Nete diezeugmenon Trite hyperboleon Paranete hyperboleon chromatice Nete hyperboleon |
Lichanos meson enarmonios
Mese Trite synemmenon Paranete synemmenon enarmonios Nete synemmenon Paramese Trite diezeugmenon Paranete diezeugmenon enarmonios Nete diezeugmenon Trite hyperboleon Paranete hyperboleon enarmonios Nete hyperboleon |
Hoc igitur modo per singula tetrachorda in generum proprietates facta
partitio est,
ut omnia quidem diatonici generis quinque tetrachorda duobus tonis
ac semitonio partiremur.
Diciturque in hoc genere tonus incompositus idcirco,
quoniam integer ponitur nec aliquod ei intervallum aliud iungitur,
sed in singulis intervallis integri sunt toni.
In chromate vero semitonio ac semitonio incompositoque triemitonio
posita divisio est.
Idcirco autem incompositum hoc triemitonium appellamus,
quoniam in uno collocatum est intervallo.
Potest enim appellari triemitonium in diatono genere semitonium ac
tonus, sed non est incompositum;
duobus enim id perficitur intervallis.
Et in enarmonio genere idem est.
Constat enim ex diesi et diesi et ditono incomposito,
quod scilicet propter eandem causam incompositum nuncupamus quoniam
in uno conlocatum est intervallo.
XXIIII. Quid sit synaphe.
Sed in his ita dispositis constitutisque tetrachordis synaphe est, quam coniunctionem dicere Latina significatione possumus, quotiens duo tetrachorda unius medietas termini continuat atque coniungit, ut in hoc tetrachordo:
Hic igitur est unum tetrachordum:
hypate, parhypate, lichanos, hypate meson, aliud vero: hypate meson,
parhypate meson, lichanos meson, mese.
In utrisque igitur tetrachordis hypate meson adnumerata est, superiorisque
tetrachordi ea est acutissima, posterioris vero gravissima, estque ista
coniunctio una eademque chorda, ut hypate meson duo tetrachorda coniungens
eadem hypaton ac meson tetrachorda in superiore descriptione iunxit.
Est igitur synaphe, quae coniunctio dicitur, duorum tetrachordorum
vox media, superioris quidem acutissima, posterioris vero gravissima.
XXV. Quid sit diazeuxis.
Diazeuxis vero appellatur, quae disiunctio dici potest, quotiens duo tetrachorda toni medietate separantur, ut in his duobus tetrachordis.
Duo igitur esse tetrachorda evidenter apparet, quandoquidem octo sunt
chordae.
Sed diazeuxis est, id est disiunctio, inter mesen ac paramesen, quae
inter se pleno differunt tono.
De quibus evidentius explicabitur, cum unumquodque studiosius explanandum
posterior tractatus adsumpserit.
Sed diligentius intuenti quinque, non amplius, tetrachorda repperiuntur:
hypaton, meson, synemmenon, diezeugmenon, hyperboleon.
XXVI. Quibus nominibus nervos appellaverit
Albinus.
Albinus autem earum nomina Latina oratione ita interpretatus est, ut
hypatas principales vocaret, mesas medias, synemmenas coniunctas, diezeugmenas
disiunctas, hyperboleas excellentes.
Sed nobis in alieno opere non erit inmorandum.
XXVII.
Qui nervi quibus sideribus comparentur.
Illud tamen
interim de superioribus tetrachordis addendum videtur
quod ab hypate
meson usque ad neten quasi quoddam ordinis disiunctionisque coelestis exemplar
est
Consonantiam vero licet aurium quoque sensus diiudicet, tamen ratio
perpendit.
Quotiens enim duo nervi uno graviore intenduntur
simulque pulsi reddunt permixtum quodammodo et suavem sonum,
duaeque voces in unum quasi coniunctae coalescunt;
tunc fit ea, quae dicitur consonantia.
Cum vero simul pulsis sibi quisque ire cupit
nec permiscent ad aurem suavem atque unum ex duobus compositum sonum,
tunc est, quae dicitur dissonantia.
XXVIIII. Ubi consonantiae repperiantur.
In his autem comparationibus gravitatis atque acuminis has consonantias
necesse est inveniri,
quae sibi commensuratae sunt, id est quae notam possunt communem habere
mensuram,
ut in multiplicibus duplum quod est illa pars metitur, quae inter duos
est terminos differentia,
ut inter duo et quattuor binarius utrosque metitur;
inter duos atque sex, quae tripla est, binarius utrosque metitur;
inter novem atque octo eadem unitas est, quae utrosque metiatur.
Rursus in superparticularibus, si sesqualtera sit proportio, ut quattuor
ad sex,
binarius est, qui utrosque metiatur, quae scilicet utrorumque est differentia.
Quod si sesquitertia sit proportio, ut si octo senario comparentur,
idem binarius utrosque metitur.
Id vero non evenit in ceteris generibus inaequalitatum, quae supra
retulimus, ut in superpartiente.
Nam si quinarium ad ternarium comparemus, binarius, qui eorum est differentia,
neutrum metitur.
Nam semel ternario comparatus minor est, duplicatus excedit.
Item bis quinario comparatus minor est, tertio vero supergreditur.
Atque idcirco hoc primum inaequalitatis genus a consonantiae natura
disiungitur.
Amplius: quod in his, quae consonantias formant, multa similia sunt,
in illis vero minime,
id probatur hoc modo:
Namque duplum nihil est aliud nisi bis simplum,
triplum nihil aliud nisi tertio simplum,
quadruplum vero idem est quod quarto simplum,
sesqualterum bis medietas,
sesquitertium ter pars tertia, quod haud facile in ceteris inaequalitatum
generibus invenitur.
XXX. Quemadmodum Plato dicat fieri
consonantiam.
Plato autem hoc modo fieri in aure consonantiam dicit.
Necesse est, inquit, velociorem quidem esse acutiorem sonum.
Hic igitur cum gravem praecesserit, in aurem celer ingreditur,
offensaque extrema eiusdem corporis parte quasi pulsus iterato motu
revertitur.
Sed iam segnior nec ita celeri ut primo impetu emissus cucurrit, quocirca
gravior quoque.
Cum igitur iam gravior rediens nunc primum venienti gravi sono similis
occurrit, miscetur ei
unamque ut ait consonantiam miscet.
XXXI. Quid contra Platonem Nicomachus
sentiat.
Sed id Nicomachus non arbitratur veraciter dictum
neque enim similium esse consonantiam sed dissimilium potius in unam
eandemque concordiam venientium.
Gravem vero gravi si misceatur, nullam facere consonantiam,
quoniam hanc canendi concordiam similitudo non efficit,
sed dissimilitudo, quae, cum distet in singulis vocibus copulatur in
mixtis.
Sed hinc potius Nicomachus fieri consonantiam putat:
Non, inquit, unus tantum pulsus est, qui simplicem modum emittat vocis,
sed semel percussus nervus saepius aerem pellens multas efficit voces.
Sed quia haec velocitas est percussionis, ut sonus sonum quodammodo
conprehendat,
distantia non sentitur et quasi una vox auribus venit.
Si igitur percussiones gravium sonorum commensurabiles sint percussionibus
acutorum sonorum,
ut in his proportionibus, quas supra retulimus,
non est dubium, quin ipsa commensuratio sibimet misceatur unamque vocum
efficiat consonantiam.
XXXII. Quae consonantia quam merito
praecedat.
Sed inter omnes quas retulimus consonantias habendum iudicium est,
ut in aure, ita quoque in ratione, quam earum meliorem oporteat arbitrari.
Eodem namque modo auris afficitur sonis vel oculus aspectu,
quo animi iudicium numeris vel continua quantitate.
Proposito enim numero vel linea nihil est facilius quam eius duplum
oculo vel animo contueri.
Item post dupli iudicium sequitur dimidii, post dimidii tripli, post
tripli partis tertiae.
Ideoque quoniam facilior est dupli descriptio, optimam Nicomachus putat
diapason consonantiam,
post hanc diapente, quae medium tenet,
hinc diapente ac diapason, quae triplum,
ceteraque secundum eundem modum formamque diiudicat.
Non vero eodem modo hoc Ptolomaeus, cuius omnem sententiam posterius
explicabo.
XXXIII. Quo sint modo accipienda, quae dicta sunt.
Omnia tamen quae dehinc diligentius expedienda sunt, summatim nunc ac
breviter adtemptamus, ut interim in superficie quadam haec animum lectoris
assuefaciant, qui ad interiorem scientiam posteriore tractatione descendet.
Nunc vero quod erat Pythagoricis in more, ut, cum quid a magistro Pythagora
diceretur, hinc nullus rationem petere audebat, sed eis erat ratio docentis
auctoritas, idque fiebat, quamdiu discentis animus firmiore doctrina roboratus
ipse earundem rerum rationem nullo etiam docente repperiret:
ita etiam nunc lectoris fidei quae proponimus commendamus, ut arbitretur
diapason in dupla, diapente in sesqualtera, diatessaron in sesquitertia,
diapente ac diapason in triplici, bis diapason in quadrupla proportione
consistere.
Post vero et ratio diligentius explicabitur et quibus modis aurium
quoque iudicio consonantiae musicae colligantur, ceteraque omnia, quae
superius dicta sunt, amplior tractatus edisseret, ut tonum sesquioctavam
facere proportionem eumque in duo aequa dividi non posse, sicut nullam
eiusdem generis proportionem, id est superparticularis; diatessaron etiam
consonantiam duobus tonis semitonioque consistere;
semitonia vero esse duo, maius ac minus;
diapente autem tribus tonis ac minore semitonio contineri;
diapason autem quinque tonis ac duobus minoribus semitoniis expleri,
neque ad sex tonos ullo modo pervenire.
Haec omnia posterius et numerorum ratione et aurium iudicio conprobabo.
Atque haec hactenus.
XXXIIII. Quid sit musicus.
Nunc illud est intuendum, quod omnis ars omnisque etiam disciplina honorabiliorem
naturaliter habeat rationem quam artificium, quod manu atque opere exercetur
artificis.
Multo enim est maius atque auctius scire, quod quisque faciat, quam
ipsum illud efficere, quod sciat;
etenim artificium corporale quasi serviens famulatur, ratio vero quasi
domina imperat.
Et nisi manus secundum id, quod ratio sancit, efficiat, frustra sit.
Quanto igitur praeclarior est scientia musicae in cognitione rationis
quam in opere efficiendi atque actu!
Tantum scilicet, quantum corpus mente superatur;
quod scilicet rationis expers servitio degit.
Illa vero imperat atque ad rectum deducit.
Quod nisi eius pareatur imperio, expers opus rationis titubabit.
Unde fit, ut speculatio rationis operandi actu non egeat, manuum vero
opera nulla sint, nisi ratione ducantur.
Iam vero quanta sit gloria meritumque rationis, hinc intellegi potest,
quod ceteri ut ita dicam corporales artifices non ex disciplina sed ex
ipsis potius instrumentis cepere vocabula.
Nam citharoedus ex cithara, auloedus ex tibia, ceterique suorum instrumentorum
vocabulis nuncupantur.
Is vero est musicus, qui ratione perpensa canendi scientiam non servitio
operis sed imperio speculationis adsumpsit.
Quod scilicet in aedificiorum bellorumque opere videmus, in contraria
scilicet nuncupatione vocabuli.
Eorum namque nominibus vel aedificia inscribuntur vel ducuntur triumphi,
quorum imperio ac ratione instituta sunt, non quorum opere servitioque
perfecta.
Tria igitur genera sunt, quae circa artem musicam versantur.
Unum genus est, quod instrumentis agitur, aliud fingit carmina, tertium,
quod instrumentorum opus carmenque diiudicat.
Sed illud quidem, quod in instrumentis positum est ibique totam operam
consumit, ut sunt citharoedi quique organo ceterisque musicae instrumentis
artificium probant, a musicae scientiae intellectu seiuncti sunt, quoniam
famulantur, ut dictum est: nec quicquam afferunt rationis, sed sunt totius
speculationis expertes.
Secundum vero musicam agentium genus poetarum est, quod non potius
speculatione ac ratione, quam naturali quodam instinctu fertur ad carmen.
Atque idcirco hoc quoque genus a musica segregandum est.
Tertium est, quod iudicandi peritiam sumit, ut rythmos cantilenasque
totumque carmen possit perpendere.
Quod scilicet quoniam totum in ratione ac speculatione positum est,
hoc proprie musicae deputabitur, isque est musicus, cui adest facultas
secundum speculationem rationemve propositam ac musicae convenientem de
modis ac rythmis deque generibus cantilenarum ac de permixtionibus ac de
omnibus, de quibus posterius explicandum est, ac de poetarum carminibus
iudicandi.
Explicit de musica id est harmonica institutione liber primus.