Hans
Zimmermann : zwei kleine Szenen : Chidher und
die Weisen aus dem
Orient : Anhang
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Anhang zu den zwei kleinen Szenen an der Pforte des Café
Oriental in Görlitz (8.12.2008):
"Chidher und die Weisen aus
dem Orient"
Friedrich Rückert *
Jelal ad-Din Rumi * Johann
Wolfgang von Goethe
Wer ist "Chidher"? * Koran
* Bibel
Friedrich Rückert
Chidher
Chidher, der ewig junge, sprach:
Ich fuhr an einer Stadt vorbei,
Ein Mann im Garten Früchte brach;
Ich fragte, seit wann die Stadt hier sei?
Er sprach, und pflückte die Früchte fort:
Die Stadt steht ewig an diesem Ort,
Und wird so stehen ewig fort.
Und aber nach fünfhundert Jahren
Kam ich desselbigen Weges gefahren.
Da fand ich keine Spur der Stadt;
Ein einsamer Schäfer blies die Schalmei,
Die Herde weidete Laub und Blatt;
Ich fragte: wie lang’ ist die Stadt vorbei?
Er sprach, und blies auf dem Rohre fort:
Das eine wächst, wenn das andere dorrt;
Das ist mein ewiger Weideort.
Und aber nach fünfhundert Jahren
Kam ich desselbigen Weges gefahren.
Da fand ich ein Meer, das Wellen schlug,
Ein Fischer warf die Netze frei
Und als er ruhte vom schweren Zug,
Fragt’ ich, seit wann das Meer hier sei?
Er sprach und lachte meinem Wort:
Solang’ als schäumen die Wellen dort,
Fischt man und fischt man in diesem Port.
Und aber nach fünfhundert Jahren
Kam ich desselbigen Weges gefahren.
Da fand ich einen waldigen Raum,
Und einen Mann in der Siedelei,
Er fällte mit der Axt den Baum;
Ich fragte, wie alt der Wald hier sei?
Er sprach: der Wald ist ein ewiger Hort;
Schon ewig wohn’ ich an diesem Ort.
Und ewig wachsen die Bäum’ hier fort.
Und aber nach fünfhundert Jahren
Kam ich desselbigen Weges gefahren.
Da fand ich eine Stadt, und laut
Erschallte der Markt vom Volksgeschrei.
Ich fragte: seit wann ist die Stadt erbaut?
Wohin ist Wald und Meer und Schalmei?
Sie schrien, und hörten nicht mein Wort:
So ging es ewig an diesem Ort,
Und wird so gehen ewig fort.
Und aber nach fünfhundert Jahren
Will ich desselbigen Weges fahren.
Jelal
ad-Din Rumi (Maulana)
»O Gott!« rief einer viele Nächte lang,
Und süß ward ihm sein Mund von diesem Klang.
»Viel rufst du wohl!« sprach Satan voller Spott:
»Wo bleibt dir Antwort: "Hier bin ich!" von Gott?
Nein, keine Antwort kommt vom Thron herab!
Wie lange schreist du noch "O Gott!" Laß ab!«
Als er betrübt, gesenkten Hauptes, schwieg,
Sah er im Traum, wie Chidr1
niederstieg,
Und sprach: »Warum nennst du ihn denn nicht mehr?
Was du ersehnst, – bereust du es so sehr?«
Er sprach: »Nie kommt die Antwort: "Ich bin hier!"
So fürchte ich, er weist die Türe mir!«
»Dein Ruf "O Gott!" ist mein Ruf "Ich bin hier!"
Dein Schmerz und Flehn ist Botschaft doch von mir,
Und all dein Streben, um mich zu erreichen,
Daß ich zu mir dich ziehe, ist's ein Zeichen!
Dein Liebesschmerz ist meine Huld für dich –
Im Ruf "O Gott!" sind hundert "Hier bin ich!"«.
Johann Wolfgang von
Goethe
WEST-ÖSTLICHER DIVAN
Moganni Nameh (Buch des Sängers), Hegire (1. Strophe):
Nord und West und Süd zersplittern,
Throne bersten, Reiche zittern:
Flüchte du, im reinen Osten
Patriarchenluft zu kosten!
Unter Lieben, Trinken, Singen
Soll dich Chisers Quell verjüngen.
1 Chidr (Chidher, Chiser, al-Chadhir)
[arab. "der Grüne"] – sagenhafte Gestalt des Islam. Chidr soll als
ewiger Wanderer im Reich der Finsternis bis zur Lebensquelle vorgedrungen
sein und sich ein bis an den Jüngsten Tag reichendes, dem Alter nicht
unterworfenes Leben erworben haben. (Brockhaus 1967)
Er kommt als Hüter des ewigen Lebensquells im Paradies auch in
den orientalischen Versionen des Alexanderromans vor, der ins Phantastische
und Märchenhafte gesteigerten Biographie Alexanders
des Großen, wie sie in Form eines Briefromans in alle Kulturen
und Sprachen Eurasiens gewandert ist.
al-Qur'ân,
Sure 18:
Der
Diener Gottes (al-Chider) prüft Moses / Alexander ("mit den zwei Widderhörnern")
al-Qur'ân
76,17 f:
wa-yusqauna fîhâ ka'asân
kâna mizâjuhâ zanjabîlân
(17) °ainân fîhâ tusammây
salsabîlân
(18)
Man soll sie tränken dort
mit einem Becher, frisch gemischt mit Ingwer:
"Sanjabîl";
ein Quell entspringt dem Ort
der selgen Zecher namens "Salsabîl".
Die
Weisen ("Magier",
die sternkundigen Zarathustrapriester)
aus dem Orient:
2:1
tou de Iêsou gennêthentos en Bêthleem tês Ioudaias
en hêmerais
Hêrôidou tou basileôs
idou magoi
apo anatolôn paregenonto eis Hierosoluma
legontes
cum ergo natus esset Iesus in Bethleem Iudaeae
in diebus Herodis regis
ecce magi
ab oriente venerunt Hierosolymam dicentes
DA Jhesus geborn war zu Bethlehem
/ im Jüdischen lande
zur zeit des königes Herodis
/
Sihe / da kamen die
Weisen vom Morgenland gen Jerusalem / vnd sprachen /
2:2
pou estin ho techtheis basileus tôn Ioudaiôn
eidomen
gar autou ton astera en
têi anatolêi
kai êlthomen
proskunêsai autôi
ubi est qui natus est rex Iudaeorum
vidimus enim stellam
eius in oriente
et venimus adorare eum
Wo ist der
newgeborne König der Juden?
Wir haben
seinen Sternen gesehen
im Morgenland /
vnd sind
komen jn an zu beten.
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