Adam und Eva; der barmherzige Samariter

Hans Zimmermann, Görlitz : 12 KÖRBE: Quellen zum Weltbild des Mittelalters : Glasfenster in Chartres : Adam und Eva, barmherziger Samariter Adam und Eva; der barmherzige Samariter (~1210) Glasfenster in der Kathedrale Notre Dame in Chartres

oberes Drittel: Sündenfall, Vertreibung aus dem Paradies, Kains Brudermord an Abel, Pantokrator

Parabel vom schwerletzten Mann aus Jericho und dem barmherzigen Samariter

Dieses von den Schumachern (die sich in den Teilfeldern am unteren Fensterrand dargestellt haben) gestiftete Fenster ist in drei große Felder gegliedert; die beiden oberen beinhalten die Geschichte von Adam und Eva, die Paradieserzählung aus Genesis 2 und 3 also (mit Sündenfall und Vertreibung), das untere Bild enthält die Parabel vom überfallenen Mann aus Jericho und dem barmherzigen Samariter (Lukas 10,30 ff).

Wie auch sonst beim "Lesen" der Fenster verfolgen wir die "Erzählung" der Bilder von unten nach oben:

Im unteren Halbkreis des untersten Vierer-Kleeblatts erzählt Jesus zwei Hörern die Parabel: Links der Aufbruch des Mannes aus Jericho, Mitte und rechts der Überfall, oben der schwer verletzte Überfallene zwischen den beiden gleichgültigen Passanten, dem Priester und dem Leviten in der Parabel. Die drei Teilfelder oberhalb dieses Kleeblatts setzen die Geschichte fort: Ein Samariter (also einer, der nicht zu den "rechtgläubigen" Juden gezählt wird), der gleichfalls vorbeikommt, verbindet die Wunden des Verletzten (links) und transportiert ihn (Mitte) mit seinem Maultier zu einem Hospital (rechts).

Diese Parabel springt noch auf das mittlere vierblättrige Kleeblatt über: unten noch das fürsorgliche Gespräch des Samariters mit dem Patienten. Ansonsten hat dieses Mittelfeld die Menschenschöpfung zum Thema: links die Erschaffung Adams, der in der Mitte des Kleeblatts in den Garten Eden versetzt ist, rechts die Erschaffung der Ischah aus der Seite des in Trance gefallenen Adam; oben die Hinweise auf den Baum in der Mitte des Gartens, von dem das Menschenpaar nicht essen dürfe; die Schlange windet sich bereits um den Baum.

In den Teilfeldern darüber links sitzen zunächst noch beide unter dem Baum, im roten Mittelteil genießen sie die Frucht, im rechten werden die beiden, die sich ihrer Nacktheit zu schämen beginnen, vom Schöpfer entdeckt.

Das obere Kleeblatt, das den gotischen Bogen des Lanzettfensters füllt, erzählt unten die Vertreibung aus dem Paradies, bringt links die volkstümliche Version von deren Ur-Arbeit "Als Adam grub und Eva spann" und rechts den Mord des Kain an seinem Bruder Abel. Der von Engeln verehrte Pantokrator krönt die Darstellung.