Hans Zimmermann, Görlitz : 12 KÖRBE: Quellen in zwölf Sprachen (Index) : Indien Quellen, Sanskrit / Deutsch : Bhagavadgita

Bhagavad-Gîtâ  = Mahâbhârata, Buch 6 (Bhîshmaparva),    Kap. 23-40  (= Kap. 1-18 der Bhag.-Gîtâ)	grham/ Index * Sanskrit/ Grammatik Buddha/ Ajanta/ Thankas/ Jâtakas/ Zen Chândogya-, Brhadâranyaka-Upanishad Rgveda * Vedânta * Yoga-Sûtra
Sanskrit-Text (in lat.Schrift transliteriert;    suppungierte Buchstaben als unterstrichene;    Visarga als unterstrichenes h)  Übersetzung (Leopold von Schröder 1922)	zum Inhaltsverzeichnis der 18 Kapitel der Gîtâ; Einführung: Gott,  Handlung, Meditation

 

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Zweites Kapitel:
Sânkhya-Yoga – der Yoga der klassischen Sânkhya-Philosophie
 
Sañjaya uvâca    *
SAÑJAYA SPRACH    *
1. tam tathâ krpayâvistam ashrupûrnâkulekshanam
visîdantam idam vâkyam uvâca Madhusûdanah
Als so von Mitleid übermannt und tränenüberströmten Augs
Arjuna in Betrübnis sank, sprach Krishna zu ihm dieses Wort:
Shrî-Bhagavân uvâca     *
DER ERHABENE SPRACH    *
2. kutas tvâ kashmalam idam visame samupasthitam
anâryajustam asvargyam akîrtikaram Arjuna
Woher kommt dieser Kleinmut dir im Augenblicke der Gefahr?
Unrühmlich und unwürdig ganz des edlen Manns, o Arjuna!
 
3. klaibyam mâ sma gamah Pârtha naitat tvayy upapadyate
kshudram hrdayadaurbalyam tyaktvottishtha paramtapa
Verbanne die Unmännlichkeit! Sie ziemt dir nicht, o Prithâ-Sohn!
Die Schwäche, die erbärmlich ist, gib auf! Erhebe dich, du Held!
Arjuna uvâca     *
ARJUNA SPRACH    *
4.katham Bhîshmam aham samkhye Dronam ca Madhusûdana
isubhih pratiyotsyâmi pûjârhâv Arisûdana
Wie soll ich hier in diesem Kampf den Bhîshma und den Drona auch,
Die beide ich verehren muß, mit scharfen Pfeilen greifen an?
 
5. gurûn ahatvâ hi mahânubhâvân
shreyo bhoktum bhaikshyam apîha loke
hatvârthakamâms tu gurûn ihaiva
bhuñjîya bhogân rudhirapradigdhân
Weit besser, die hochwürd'gen Lehrer schonen
Und Bettlerbrot auf dieser Erde essen!
Denn töt' ich sie, ob sie auch schätzelüstern,
Mit Blut befleckt fortan wär' meine Speise!
 
6. na caitad vidmah kataran no gariyo
yad vâ jayema yadi vâ no jayeyuh
yân eva hatvâ na jijîvisâmas
te ‘vasthitâh pramukhe Dhârtarâstrâh
Wir wissen's nicht, was mehr uns würde frommen, –
Wenn wir die Sieger – wenn wir die Besiegten?
Was soll das Leben uns, wenn wir getötet
Die Kuru-Söhne, die dort vor uns stehen?
 
7. kârpanyadosopahatasvabhâvah
prcchâmi tvâm dharmasammûdhacetâh
yac chreyah syân nishcitam brûhi tan me
shishyas te 'ham shâdhi mâm tvâm prapannam
Die jammervolle Lage bricht mein Wesen,
Die Pflicht verwirrt sich mir, – ich muß dich fragen:
Was wär' die bessere Entschließung? sag mir's!
Dein treuer Schüler bin ich, – lehre du mich!
 
8. na hi prapashyâmi mamâpanudyâd
yac chokam ucchosanam indriyânâm
avâpya bhûmâv asapatnam rddham
râjyam surânâm api câdhipatyam
Nicht seh ich, was den Gram mir je verscheuchte,
Der meine Sinne ganz ausdörren müßte, -
Erlangt' ich auch der Erde reichste Krone,
Ja bei den Göttern selbst die Oberherrschaft;
Sañjaya uvâca    *
SAÑJAYA SPRACH    *
9. evam uktvâ Hrshîkesham Gudâkeshah paramtapah
na yotsya iti Govindam uktvâ tûshnîm babhûva ha
So sprach der Ringellockige, der Held, zum ew'gen Gott gewandt;
Ich will nicht kämpfen! – also rief noch einmal er, dann war er still.
 
10. tam uvâca Hrshikeshah prahasann iva Bhârata
senayor ubhayor madhye visîdantam idam vacah
Doch lächelnd sprach zu ihm darauf, als er ihn so voll Kleinmut sah,
Inmitten beider Heeresreihn der heilige Krishna dieses Wort:
Shrî-Bhagavân uvâca     *
DER ERHABENE SPRACH    *
11. ashocyân anvashocas tvam prajñâvâdâmsh ca bhâshase
gatâsûn agatâsûmsh ca nânushocanti panditâh
Du redest gut, allein du klagst um die, die nicht beklagenswert,
Nicht Tote noch auch Lebende beklagt jemals der Weisen Schar.
 
12. na tv evâham jâtu nâsam na tvam neme janâdhipâh
na caiva na bhavishyâmah sarve vayam atah param
Nie war die Zeit, da ich nicht war, und du und diese Fürsten all,
Noch werden jemals wir nicht sein, wir alle, in zukünftger Zeit!
 
13. dehino 'smin yathâ dehe kaumâram yauvanam jarâ
tathâ dehântaraprâptir dhîras tatra na muhyati
Denn wie der Mensch in diesem Leib Kindheit, Jugend und Alter hat,
So kommt er auch zu neuem Leib, – der Weise wird da nicht verwirrt.
 
14. mâtrâsparshâs tu Kaunteya shîtosnasukhaduhkhadâh
âgamâpâyino 'nityâs tâms titikshasva Bhârata
Der Atome Berührung nur ist kalt und warm, bringt Lust und Leid,
Sie kommen, gehen, ohn' Bestand, – ertrage sie, o Bhârata!
 
15. yam hi na vyathayanty ete purusham purusharsabha
samaduhkhasukham dhîram so 'mrtatvâya kalpate
Der weise Mann, den diese nicht erregen, o du starker Held,
Der Leid und Lust gleichmütig trägt, der reift für die Unsterblichkeit.
 
16. nâsato vidyate bhâvo nâbhâvo vidyate satah
ubhayor api drshto 'ntas tv anayos tattvadarshibhih
Es gibt kein Werden aus dem Nichts, noch wird zu Nichts das Seiende!
Die Grenze beider ist erschaut von denen, die die Wahrheit schaun.
 
17. avinâshi tu tad viddhi yena sarvam idam tatam
vinâsham avyayasyâsya na kashcit kartum arhati
Doch wisse, unvergänglich ist die Macht, durch die das All gewirkt!
Des Ewigen Vernichtung kann bewirken niemand, wer's auch sei.
 
18. antavanta ime dehâ nityasyoktâh sharîrinah
anâshino 'prameyasya tasmâd yudhyasva Bhârata
Vergänglich sind die Leiber nur, – in ihnen weilt der ew'ge Geist,
Der unvergänglich, unbegrenzt – drum kämpfe nur, du Bhârata!
 
19. ya enam vetti hantâram yash cainam manyate hatam
ubhau tau na vijânîto nâyam hanti na hanyate
Wer denkt, es töte je der Geist oder werde getötet je,
Der denkt nicht recht! Er tötet nicht, noch wird jemals getötet er.
 
20. na jâyate mriyate vâ kadâcin
nâyam bhûtvâ bhavitâ vâ na bhûyah
ajo nicyaa shâshvato 'yam purâno
na hanyate hanyamâne sharîre
Niemals wird er geboren, niemals stirbt er,
Nicht ist geworden er, noch wird er werden,
Der Ungeborne, Ewige, Alte – nimmer
Wird er getötet, wenn den Leib man tötet.
 
21. vedâvinâshinam nityam ya enam ajam avyayam
katham sa purushah Pârtha kam ghâtayati hanti kam
Wer ihn als unvernichtbar kennt, als ewig und unwandelbar,
Wie kann ein solcher töten je, wie töten lassen, Prithâ-Sohn?
 
22. vâsâmsi jîrnâni yathâ vihâya
navâni grhnâti naro 'parâni
tathâ sharîrâni vihâya jîrnâny
anyâni samyâti navâni dehî
Gleichwie ein Mann die altgewordnen Kleider
Ablegt und andre, neue Kleider anlegt,
So auch ablegend seine alten Leiber
Geht ein der Geist in immer andre, neue.
 
23. nainam chindanti shastrâni nainam dahati pâvakah
na cainam kledayanty âpo na shoshayati mârutah
Es schneiden ihn die Waffen nicht, es brennet ihn das Feuer nicht,
Es nässet ihn das Wasser nicht, es dörret ihn auch nicht der Wind.
 
24. acchedyo 'yam adâhyo 'yam akledyo 'shoshya eva ca
nityah sarvagatah sthânur acalo 'yam sanâtanah
Zu schneiden nicht, zu brennen nicht, zu nässen nicht, zu dörren nicht,
Er ist beständig, überall, fest, ewig, unerschütterlich.
 
25. avyakto 'yam acintyo 'yam avikâryo 'yam ucyate
tasmâd evam viditvainam nânushocitum arhasi
Unsichtbar und unvorstellbar und unveränderlich heißt er,
Darum, sobald du ihn erkannt, darfst du nicht mehr beklagen ihn.
 
26. atha cainam nitya jâtam nityam vâ manyase mrtam
tathâpi tvam mahâbâho nainam shocitum arhasi
Und wenn für stets geboren auch, für stets gestorben du ihn hältst,
Doch darfst du, Held mit starkem Arm, um diesen trauern nimmermehr.
 
27. jâtasya hi dhruvo mrtyur dhruvam janma mrtasya ca
tasmâd aparihârye 'rthe na tvam shocitum arhasi
Denn dem Gebornen ist der Tod, dem Toten die Geburt bestimmt, –
Da unvermeidlich dies Geschick, darfst nicht darüber trauern du.
 
28. avyaktâdîni bhûtâni vyaktamadhyâni Bhârata
avyaktanidhanâny eva tatra kâ paridevanâ
Unsichtbar sind die Anfänge der Wesen und ihr Ende auch,
Die Mitte nur ist sichtbar uns – was gibt's für Grund zur Klage da?
 
29. âshcaryavat pashyati kashcid enam
âshcaryavad vadati tathaiva cânyah
ashcaryavac cainam anyah shrnoti
shrutvâpy enam veda na caiva kashcit
Der Eine schauet ihn als wie ein Wunder,
Der Andre spricht von ihm als einem Wunder,
Der Dritte hört von ihm als einem Wunder,
Doch hört er's auch, es kennet ihn doch keiner.
 
30. dehî nityam avadhyo ,yam dehe sarvasya Bhârata
tasmât sarvâni bhûtâni na tvam shocitum arhasi
Die Seele unverletzbar ist, ewig, in eines jeden Leib,
Darum die Wesen allesamt darfst du betrauern nimmermehr.
 
31. svadharmam api câvekshya na vikampitum arhasi
dharmyâd dhi yuddhâc chreyo 'nyat kshatriyasya na vidyate
Auch wenn du deine Pflicht bedenkst, geziemt sich's dir zu zittern nicht,
Denn für den Krieger gibt es ja nichts Bessres als gerechten Kampf.
 
32. yadrcchayâ copapannam svargadvâram apâvrtam
sukhinah ksatriyâh Pârtha labhante yuddham îdrsham
Als hätte sich von ungefähr des Himmels Pforte aufgetan,
So grüßen freudig, Prithâ-Sohn, die Krieger einen solchen Kampf.
 
33. atha cet tvam imam dharmyam samgrâmam na karishyasi
tatah svadharmam kîrtim ca hitvâ pâpam avâpsyasi
Wenn diesen pflichtgemäßen Kampf du aber nicht bestehen wirst,
Im Stiche lassend Pflicht und Ruhm, wird Übles nur dein Anteil sein.
 
34. akîrtim câpi bhûtâni kathayishyanti te 'vyayâm
sambhâvitasya câkîrtir maranâd atiricyate
Es werden deine Schande dann die Wesen künden immerfort,
Dem aber, der in Ehren steht, ist Schande mehr als selbst der Tod.
 
35. bhayâd ranâd uparatam mamsyante tvâm mahârathâh
yesâm ca tvam bahumato bhûtvâ yâsyasi lâghavam
Furcht vor dem Kampf hielt dich zurück, so denken dann die Helden all,
Und wo du hoch geachtet warst, da wirst du bald verachtet sein.
 
36. avâcyavâdâmsh ca bahûn vadishyanti tavâhitâh
nindantas tava sâmarthyam tato duhkhataram nu kim
Und viele böse Reden wird dann führen deiner Feinde Schar,
Beschimpfend deine Tüchtigkeit, – und was ist schmerzlicher als dies?
 
37. hato vâ prâpsyasi svargam jitvâ vâ bhokshyase mahîm
tasmâd uttishtha Kaunteya yuddhâya krtanishcayah
Im Tod gehst du zum Himmel ein! Siegst du, fällt dir die Erde zu!
Darum erheb' dich, Kuntî-Sohn, entschlossen wieder zu dem Kampf!
 
38. sukhaduhkhe same krtvâ lâbhâlâbhau jayâjayau
tato yuddhâya yujyasva naivam pâpam avâpsyasi
Gleichachtend Glück und Ungemach, Gewinn, Verlust, Sieg oder Tod,
Bereite nun zum Kampfe dich! So wird kein Übel dir zu Teil.
 
39. eshâ te ,bhihitâ sâmkhye buddhir yoge tv imâm shrnu
buddhyâ yukto yayâ Pârtha karmabandham prahâsyasi
Dies ist Weisheit durch Reflexion, nun höre die der Andacht auch!
Mit solcher Weisheit wohlversehn, streifst du der Taten Fesseln ab.
 
40. nehâbhikramanâsho 'sti pratyavâyo na vidyate
svalpam apy asya dharmasya trâyate mahato bhayât
Hier gibt es für dein Streben nie Vernichtung oder Minderung;
Ein wenig dieses frommen Brauchs bewahrt dich schon vor großer Furcht.
 
41. vyavasâyâtmikâ buddhir ekeha kurunandana
bahushâkhâ hy anantâsh ca buddhayo ,vyavasâyinâm
Entschlossenheit, o Kuru-Sproß, birgt diese Weisheit ganz allein!
Der Unentschloßnen Weisheit ist gar weitverzweigt und ohne End.
 
42. yâm imâm pushpitâm vâcam pravadanty avipashcitah
vedavâdaratâh Pârtha nânyad astîti vâdinah
Gar blumenreiche Rede führt im Mund der Unverständ'gen Schar,
Am Vedenwort erfreun sie sich und sprechen: Andres gibt es nicht!
 
43. kâmâtmânah svargaparâ janmakarmaphalapradâm
kriyâvisheshabahulâm bhogaishvaryagatim prati
Ihr Höchstes ist das Himmelsglück! Ihr Wort verheißt als Lohn der Tat
Höh're Geburt, – für Opferwerk sei Herrschaft und Genuß der Lohn.
 
44. bhogaishvaryaprasaktânâm tayâpahrtacetasâm
vyavasâyâtmikâ buddhîi samâdhau na vidhîyate
An Genuß und Herrschaft hängend, durch solche Rede sinnberaubt,
Erlangen niemals sie, vertieft, die Weisheit der Entschlossenheit.
 
45. traigunyavishayâ vedâ nistraigunyo bhavârjuna
nirdvandvo nityasattvastho niryogakshema âtmavân
Der Qualitäten Reich gehört der Veda an – davon sei frei!
Frei von der Gegensätze Band, frei von Besitz, Herr deiner selbst!
 
46. yâvân artha udapâne sarvatah samplutodake
tâvân sarveshu vedeshu brâhmanasya vijânatah
So viel ein Brunnen nützt, in den das Wasser strömt von allerwärts,
So groß ist für die Priesterschaft der Nutzen, den der Veda bringt.
 
47. karmany evâdhikâras te mâ phaleshu kadâcana
mâ karmaphalahetur bhûr mâ te sango 'stv akarmani
Bemühe nur dich um die Tat, doch niemals um Erfolg der Tat!
Nie sei Erfolg dir Grund des Tuns, – doch meid‘ auch Tatenlosigkeit!
 
48. yogasthah kuru karmâni sangam tyaktvâ dhanamjaya
siddhyasiddhyoh samo bhûtvâ samatvam yoga ucyate
In Andacht fest, tu deine Tat! Doch häng' an nichts, du Siegreicher!
Laß den Erfolg ganz gleich dir sein, – der Gleichmut ist's, der Andacht heißt.
 
49. dûrena hy avaram karma buddhiyogâd dhanamjaya
buddhau sharanam anviccha krpanâh phalahetavah
Die Tat steht ja, du Siegreicher, unter des Geistes Andacht tief!
Im Geiste such die Zuflucht du! Kläglich, wen Tatenfrucht bewegt.
 
50. buddhiyukto jahâtîha ubhe sukrtadushkrte
rasmâd yogâya yujyasva yogah karmasu kaushalam
Beides, Guttat und Übeltat, gibt der Andächt'ge völlig auf;
Drum weihe ganz der Andacht dich! Andacht bringt Heil auch bei der Tat.
 
51. karmajam buddhiyuktâ hi phalam tyaktvâ manishinah
janmabandhavinirmuktâh padam gacchanty anâmayam
Die tatgeborne Frucht gibt auf, wer andächtig und weise ist!
Von der Geburten Fessel frei gelangt er an den Ort des Heils.
 
52. yadâ te mohakalilam buddhir vyatitarishyati
tadâ gantâsi nirvedam shrotavyasya shrutasya ca
Wofern dein Geist den dichten Wald der Torheit überwinden wird,
Dann wird der Ekel fassen dich ob Allem, was der Veda lehrt.
 
53. shrutivipratipannâ te yadâ sthâsyati nishcalâ
samâdhâv acalâ buddhis tadâ yogam avâpsyasi
Wenn – abgewandt dem Vedenwort – dein Geist nur fest und unverrückt
In der Vertiefung weilen wird, dann wird die Andacht dir zuteil.
Arjuna uvâca     *
ARJUNA SPRACH    *
54. sîhitaprajñasya kâ bhâshâ samâdhishthasya Keshava
sthitadhih kim prabhâsheta kim âsîta vrajeta kim
Den weisen und vertieften Mann, was zeichnet ihn, o Krishna, aus?
Was ist's, das der Andächt'ge spricht? wie ruhet er? wie wandelt er?
Shrî-Bhagavân uvâca     *
DER ERHABENE SPRACH    *
55. prajahâti yadâ kâman sarvân Pârtha manogatân
âtmany evâtmanâ tushtaa sthitaprajñas tadocyate
Wenn des Herzens Begierden all er gänzlich aufgibt, Pritha'-Sohn,
Am Selbst und durch das Selbst vergnügt, – dann heißet er in Weisheit fest!
 
56. duhkheshv anudvignamanâh sukheshu vigatasprhah
vitarâgabhayakrodhah sthitadhir munir ucyate
In Leiden unerschrocknen Sinns, in Freuden des Verlangens bar,
Frei von Leidenschaft, Furcht und Zorn, andächtig, – der ist ein Asket!
 
57. yah sarvatrânabhishnehas tat tat prâpya shubhâshubham
nâbhinandati na dveshti tasya prajñâ pratisthitâ
Wer jeglichen Verlangens bar, ob's schön ihm oder unschön geht,
Nicht Freude fühlet noch auch Haß, – bei solchem steht die Weisheit fest.
 
58. yadâ samharate câyam kûrmo 'ngânîva sarvashah
indriyânindriyârthebhyas tasya prajñâ pratisthitâ
Wenn von sinnlichen Dingen ab er ganz die Sinne in sich zieht,
Gleichwie die Schildkröt' in sich kriecht, – dann steht bei ihm die Weisheit fest.
 
59. vishayâ vinivartante nirâhârasya dehinah
rasavarjam raso 'py asya param drshtvâ nivartate
Die Sinnendinge weichen fort von dem, der streng enthaltsam ist;
Die Neigung bleibt, doch sie auch weicht, sobald er auf das Höchste schaut.
 
60. yatato hy api Kaunteya purushasya vipashcitah
indriyâni pramâthîni haranti prasabham manah
Auch dem vernünft'gen Manne, der sich redlich müht, o Kuntî-Sohn,
Rauben die Sinne den Verstand, ihn aufregend mit Ungestüm.
 
61. tâni sarvâni samyamya yukta âsîta matparah
vâshe hi yasyendriyâni tasya prajñâ pratisthitâ
Sie alle bänd'gend sitze er in Andacht ganz mir zugewandt!
Wer Herr der eignen Sinne ist, bei dem nur steht die Weisheit fest.
 
62. dhyâyato vishayân pumsah sangas teshûpajâyate
sangât samjâyate kâmah kâmât krodho 'bhijâyate
Wer an sinnliche Dinge denkt, wird bald zu ihnen neigen sich,
Aus solchem Hange wird Begier, aus der Begier entsteht der Zorn.
 
63. krodhâd bhavati sammohah sammohât smrtivibhramah
smrtibhramshâd buddhinâsho buddhinâshât pranashyati
Aus dem Zorn die Betörung kommt, dann tritt Gedächtnisstörung ein,
Dann geht zugrund die Einsicht ihm, und endlich geht er selbst zugrund.
 
64. râgadveshaviyuktais tu vishayân indriyaish caran
âtmavashyair vidheyâtmâ prasâdam adhigacchati
Wer aber lebt in dieser Welt mit Sinnen, die ihm untertan,
Die frei von Haß und Leidenschaft, der kommt zu ruh'ger Heiterkeit.
 
65. prasâde sarvaduhkhânâm hânir asyopajâyate
prasannacetaso hy âshu buddhih paryavatishthate
Und solche Heiterkeit läßt ihn verlieren all und jeden Schmerz,
Bei heitrem Geiste wird sich ihm die Einsicht ja befest'gen bald.
 
66. nâsti buddhir ayuktasya na câyuktasya bhâvanâ
na câbbâvayatah shântir ashântasya kutah sukham
Wer nicht andächtig ist, dem geht Erkenntnis und Vertiefung ab;
Es fehlt der Seelenfriede ihm, – wie kann ein solcher glücklich sein?
 
67. indriyânâm hi caratâm yan mano 'nuvidhîyate
tad asya harati prajñâm vâyur nâvam ivâmbhasi
Sobald der Geist sich richtet nach der losen Sinne Wanderschar,
Dann reißt ihm das die Einsicht fort, gleichwie der Wind das Schiff im Meer.
 
68. tasmâd yasya mabâbâho nigrhîtâni sarvashah
indriyânîndriyârthebhyas tasya prajñâ pratishthitâ
Darum, wer seine Sinne ganz, von allem in der Sinnenwelt
Zurückhält, o Großarmiger, bei solchen steht die Einsicht fest.
 
69. yâ nishâ sarvabbûtânâm tasyâm jâgarti samyamî
yasyâm jâgrati bbûtâni sâ nishâ pashyato muneh
Wo's Nacht für alle Wesen ist, da wachet, wer sich zügeln will;
Wo alles wacht, da ist es Nacht dem Weisen, der die Wahrheit schaut.
 
70. âpûryamânam acalapratishtham
samudram âpah pravishanti yadvat
tadvat kâmâ yam pravishanti sarve
sa shântim âpnoti na kâmakâmi
Wer wie das Meer, in das die Wasser strömen,
Das sich anfüllet und doch ruhig dasteht, –
Wer so in sich die Wünsche läßt verschwinden,
Der findet Ruhe – nicht, wer ihnen nachgibt.
 
71. vihâya kâmân yah sarvân pumâmsh carati nihsprhah
nirmamo nirahamkârah sa shântim adhigacchati
Der Mann, der jeden Wunsch aufgab und nichts verlangend lebt dahin,
Von Eigennutz und Selbstsucht frei, der geht zum Seelenfrieden ein.
 
72. eshâ brâhmi sthitîh Pârtha nainâm prâpya vimuhyati
sthitvâsyâm antakâle 'pi brahmanirvânam rcchati
Dies ist der Brahman-Standpunkt, Freund! Wer ihn erreicht, wird nicht betört!
Wer auch im Tod dabei verharrt, der wird in Brahman ganz verwehn.
 
 iti shrimad Bhagavad-Gîtâsûpanishatsu    *
 brahma-vidyâyâm    *
 yoga-shâstre    *
 Shrî-Krshnârjuna-samvâde    *
 sâmkhya-yogo nâma dvitîyo 'dhyâyah    *
     *
 In der Upanishad der Bhagavadgîtâ,    *
der Wissenschaft vom Absoluten,    *
der Schrift ûber den Yoga    *
und dem Zwiegespräch zwischen Shrî-Krshna und Arjuna    *
ist dies das zweite Kapitel, genannt: Der Yoga der klassischen Sânkhya-Philosophie.    *
     *
weiter zum dritten Kapitel
zur Sanskrit-Einführung/ Grammatik
zum Inhaltsverzeichnis mit einem "Schaltpult" zu allen 18 Kapiteln der Bhagavad-Gîtâ

grham/ Index * Indienreise * Buddha (Sâmañña-Phala Sutta)/ Lalitavistara/ Ajanta/ Thankas/ Jâtakas/ Zen-Kunst Samskrt * Rgveda * Chândogya- & Kena-, Brhadâranyaka-Upanishad * Vedânta * Yogasûtra Mahâbhârata * Râmâyana * Meister Eckhart: unio mystica * ICH BIN der ICH BIN (Exodus 3) * Meditation und Mantren   Hans Zimmermann, Görlitz : 12 KÖRBE: Quellen in zwölf Sprachen (Index) : Indien Quellen, Sanskrit / Deutsch : Bhagavadgita   zurück           Seitenanfang