Hans Zimmermann, Görlitz : 12 KÖRBE: Quellen in zwölf Sprachen (Index) : Indien Quellen, Sanskrit / Deutsch : Bhagavadgita

Bhagavad-Gîtâ  = Mahâbhârata, Buch 6 (Bhîshmaparva),    Kap. 23-40  (= Kap. 1-18 der Bhag.-Gîtâ)	grham/ Index * Sanskrit/ Grammatik Buddha/ Ajanta/ Thankas/ Jâtakas/ Zen Chândogya-, Brhadâranyaka-Upanishad Rgveda * Vedânta * Yoga-Sûtra
Sanskrit-Text (in lat.Schrift transliteriert;    suppungierte Buchstaben als unterstrichene;    Visarga als unterstrichenes h)  Übersetzung (Leopold von Schröder 1922)	zum Inhaltsverzeichnis der 18 Kapitel der Gîtâ; Einführung: Gott,  Handlung, Meditation

 

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Viertes Kapitel:
Jñâna-Yoga – der Yoga der Erkenntnis
 
Shrî-Bhagavân uvâca     *
DER ERHABENE SPRACH     *
1. imâm Vivasvate yogam proktavân aham avyayam
vivasvân Manave prâha Manur Ikshvâkave 'bravit
So hab' die Andachts-Lehre ich verkündet dem Vivasvant einst,
Vivasvant hat dem Manu sie, Manu Ikshvâku mitgeteilt.
 
2. evam paramparâprâptam imam râjarsayo viduh
sa kâleneha mahatâ yogo nastah paramtapa
So ging von Mund zu Mund sie fort, die Königsweisen kannten sie, –
Doch durch die lange Zeit ging dann verloren diese Lehre hier.
 
3. sa evâyam mayâ te 'dya yogah proktah purâtanah
bhakto 'si me sakhâ ceti rahasyam hy etad uttamam
Die alte Andachts-Lehre ist's, die hab' ich jetzt verkündet dir,
Weil mein Verehrer du und Freund – ein hehr Geheimnis ist sie ja.
Arjuna uvâca     *
ARJUNA SPRACH     *
4. aparam bhavato janma param janma Vivasvatah
katham etad vijâniyâm tvam âdau proktavân iti
Du bist von späterer Geburt, Vivasvant lebte früher doch, –
Wie soll ich's denn verstehn, daß du verkündet ihm die Lehre einst?
Shrî-Bhagavân uvâca     *
DER ERHABENE SPRACH     *
5. bahûni me vyatîtâni janmâni tava cârjuna
tâny aham veda sarvâni na tvam vettha paramtapa
Gar viel Geburten hab' ich schon durchlebt – du auch, o Arjuna! -
Ich weiß von ihnen allen noch, doch du weißt nichts davon, o Held!
 
6. ajo 'pi sann avyayâtmâ bhûtânâm ishvaro 'pi san
prakrtim svâm adhishthâya sambhavâmy âtmamâyayâ
Zwar ungeboren, ewig auch und aller Wesen Herr bin ich,
Und doch entsteh' ich oftmals neu durch meines Wesens Wunderkraft.
  
7. yadâ yadâ hi dharmasya glânir bhavati Bhârata
abhyutthânam adharmasya tadâtmânam srjâmy aham
Denn immer, wenn die Frömmigkeit hinschwinden will, o Bhârata,
Ruchlosigkeit ihr Haupt erhebt, dann schaffe ich mich selber neu.
 
8. paritrânâya sâdhûnâm vinâshâya ca dushkrtâm
dharmasamsthâpanârthâya sambhavâmi yuge yuge
Zum Schutz der guten Menschen hier und zu der Bösen Untergang,
Die Frömmigkeit zu fest'gen neu, entsteh' in jedem Alter ich.
 
9. janma karma ca me divyam evam yo vetti tattvatah
tyaktvâ deham punarjanma naiti mâm eti so 'rjuna
Und wer mein Werden und mein Tun, das göttliche, in Wahrheit kennt,
Erleidet keine Neugeburt, – er geht im Tode zu mir ein.
 
10. vitarâgabhayakrodhâ manmayâ mâm upâshritâh
bahavo jñânatapasâ pûtâ madbhâvam âgatâh
Von Neigung, Furcht und Zorn befreit, mir ähnlich und auf mich gestützt,
Durch der Erkenntnis Buße rein, gingen schon viele auf in mir.
 
11. ye yathâ mâm prapadyante tâms tathaiva bhajâmy aham
mama vartmânuvartante manushyâh Pârtha sarvashah
Wie diese mir sich wenden zu, so liebe ich hinwiedrum sie;
Es wandeln meinen Bahnen nach durchaus die Menschen, Prithâ-Sohn.
 
12. kânkshantah karmanâm siddhim yajanta iha devatâh
kshipram hi mânushe loke siddhir bhavati karmajâ
Erfolg bei seinen Taten wünscht der Mensch, wenn er die Götter ehrt,
Rasch kommt ja in der Menschenwelt Erfolg, der aus der Tat entspringt.
 
13. câturvarnyam mayâ srshtam gunakarmavibhâgashah
tasya kartâram api mâm viddhy akartâram avyayam
Ich bin's, der die vier Kasten schuf, nach Art und Tun sie unterschied,
Wisse, ich bin es, der da wirkt und nicht wirkt, ich, der Ewige.
 
14. na mâm karmâni limpanti na me karmaphale sprhâ
iti mâm yo 'bhijânâti karmabhir na sa badhyate
Mich kann die Tat beflecken nicht, – die Frucht der Tat begehr' ich nicht!
Wer so mich und mein Wesen kennt, wird nicht gefesselt durch die Tat.
 
15. evam jñâtvâ krtam karma pûrvair api mumukshubhih
kuru karmaiva tasmât tvam pûrvaih pûrvataram krtam
In solcher Einsicht strebten schon die Alten der Erlösung zu,
Darum vollbringe du die Tat, wie schon die Alten sie vollbracht.
 
16. kim karma kim akarmeti kavayo 'py atra mohitâh
tat te karma pravakshyâmi yaj jñâtvâ mokshyase 'subhât
Was ist denn Tat? was ist Nichttun? – das ist's, was Weise selbst verwirrt;
Drum will die Tat ich künden dir, wodurch du kommst vom Übel frei.
 
17. karmano hy api boddhavyam boddhavyam ca vikarmanah
akarmanash ca boddhavyam gahanâ karmano gatih
Denn achten muß man auf die Tat, achten auf unerlaubtes Tun,
Muß achten auf das Nichttun auch, – der Tat Wesen ist abgrundtief.
 
18. karmany akarma yah pashyed akarmani ca karma yah
sa buddhimân manushyeshu sa yuktah krtsnakarmakrt
Wer in der Tat das Nichttun schaut und in dem Nichttun grad' die Tat,
Der ist ein einsichtsvoller Mensch, andächtig tut er jede Tat.
 
19. yasya sarve samârambhâh kâmasamkalpavarjitâh
jñânâgnidagdhakarmânam tam âhuh panditam budhâh
Wer Gier und Wunsch bei jeglichem Beginnen ganz und gar verbannt,
Wer in des Wissens Feu'r die Tat verbrannt hat, heißt ein weiser Mann.
 
20. tyaktvâ karmaphalâsangam nityatrpto nirâshrayah
karmany abhipravrtto 'pi naiva kimcit karoti sah
Wer an der Taten Frucht nicht hängt, stets zufrieden, nicht Hülfe braucht, –
Wenn er im Tun sich auch bewegt, so tut er doch in Wahrheit nichts.
 
21. nirâshîr yatacittâtmâ tyaktasarvaparigrahah
shârîram kevalam karma kurvam nâpnoti kilbisam
Nichts wünschend, zügelnd seinen Geist, aufgebend jeglichen Besitz,
Nur mit dem Körper tu'nd die Tat, – so bleibt er frei von Sündenschuld.
 
22. yadrcchâlâbhasamtushto dvandvâtîto vimatsarah
samah siddhâv asiddhau ca krtvâpi na nibadhyate
Vergnügt mit dem, was er bekommt, nicht neidisch, gegensatzentrückt,
Gleich bei Erfolg wie Mißerfolg, wird er durch keine Tat verstrickt.
 
23. gatasangasya muktasya jñânâvasthitacetasah
yajñâyâcaratah karma samagram pravilîyate
Wer frei von Hang ist und erlöst, wem in Erkenntnis ruht der Geist,
Indes er sich um's Opfer müht, dem löst das Tun sich völlig auf.
 
24. brahmârpanam brahma havir brahmâgnau brahmanâ hutam
brahmaiva tena gantavyam brahmakarmasamâdhinâ
Die Gottheit ist das Opfer selbst, die Gottheit lebt im Opferfeu'r,
Drum geht zur Gottheit ein der Mensch, der an solch göttlich Tun gedenkt.
 
25. daivam evâpare yajñam yoginah paryupâsate
brahmâgnâv apare yajñam yajñenaivopajuhvati
Die Einen führen Opfer aus, die dem und jenem Gott geweiht,
Die Andern bringen Opfer dar im Feuer der Theologie.
 
26. shrotrâdînîndriyâny anye samyamâgnishu juhvati
shabdâdîn vishayân anya indriyâgnishu juhvati
Gehör und andre Sinne bringt der Eine im Entsagungsfeu'r,
Der Andre bringt die Sinnenwelt im Feuer seiner Sinne dar.
 
27. sarvânindriyakarmâni prânakarmâni câpare
âtmasamyamayogâgnau juhvati jñânadîpite
Der Sinne und des Atems Tun bringt mancher Andre ganz und gar
Im Feu'r der Selbstbezähmung dar, das durch Erkenntnis ist entflammt.
 
28. dravyayajñâs tapoyajñâ yogayajñâs tathâpare
svâdhyâyajñânayajñâsh ca yatayah samshitavratâh
Noch Andre bringen Hab und Gut, bringen Buße und Andacht dar,
Stilles Studium und Erkenntnis als Asketen der strengsten Art.
 
29. apâne juhvati prânam prâne 'pânam tathâpare
prânâpânagatî ruddhvâ prânâyâmaparâyanâh
Im Aushauch bringen dar den Hauch, im Hauch den Aushauch Andere,
Hemmend des Hauchs und Aushauchs Weg, der Atmungshemmung ganz geweiht.
 
30. apare niyatâhârâh prânân prâneshu juhvati
sarve 'py ete yajñavido yajñakshapitakalmasâh
Andre, sich der Speis' enthaltend, bringen Leben im Leben dar.
Das Opfer kennen diese all, das Opfer macht sie sünden-frei.
 
31. yajñashistâmrtabhujo yânti brahma sanâtanam
nâyam loko'sty ayajñasya kuto 'nyah Kurusattama
Wer Opferrestes Nektar speist, der geht ins ew'ge Brah- man ein;
Doch wer nicht opfert, der erlangt nicht diese, wie denn jene Welt?
 
32. evam bahuvidhâ yajñâ vitatâ brahmano mukhe
karmajân viddhi tân sarvân evam jñâtvâ vimokshyase
So mannigfalt'ge Opfer sind in Brahmans Munde dar- gebracht,
Sie alle stammen aus der Tat, dies wisse! dann wirst du erlöst.
 
33. shreyân dravyamayâd yajñâj jñânayajñah paramtapa
sarvam karmâkhilam Pârtha jñâne parisamâpyate
Besser als Opfer allen Guts ist der Erkenntnis Opfer, Held!
Denn jede Tat, ganz lückenlos, in der Erkenntnis liegt sie drin.
 
34. tad viddhi pranipâtena pariprashnena sevayâ
upadekshyanti te jñânam jñâninas tattvadarshinah
Dies wisse, wenn du fromm dich beugst, die Lehrer fragst und sie verehrst,
Erkenntnis werden lehren dich die Weisen, die die Wahrheit schaun.
 
35. yaj jñâtvâ na punar moham evam yâsyasi Pândava
yena bhûtâny ashesena drakshyasy âtmany atho mayi
Hast du's erkannt, o Pându-Sohn, wirst du nicht wiederum betört,
Dadurch wirst alle Wesen du in dir erschaun und dann in mir.
 
36. api ced asi pâpebhyah sarvebhyah pâpakrtamah
sarvam jñânaplavenaiva vrjinam samtarishyasi
Auch wenn ein größrer Sünder du als alle andern Sünder bist,
Doch wirst mit der Erkenntnis Schiff du fahren übers Meer der Schuld.
 
37. yathaidhâmsi samiddho 'gnir bhasmasât kurute 'rjuna
jñânâgnih sarvakarmâni bhasmasât kurute tathâ
Gleichwie das Feuer, wenn es flammt, zu Asche all das Brennholz macht,
So brennt auch der Erkenntnis Feu'r zu Asche alle Taten dir.
 
38. na hi jñânena sadrsham pavitram iha vidyate
tat svayam yogasamsiddhah kâlenâtmani vindati
Kein Läutrungsmittel gibt's ja hier, das der Erkenntnis sich vergleicht;
Das findet selber in sich selbst, wer durch Andacht vollendet ist.
 
39. shraddhâvâl labhate jñânam tatparah samyatendriyah
jñânam labdhvâ parâm shântim acirenâdhigacchati
Dem Gläub'gen fällt Erkenntis zu, der nach ihr sucht, die Sinne zähmt;
Wer die Erkenntnis fand, gelangt zum höchsten Seelen-frieden bald.
 
40. ajñash câshraddadhânash ca samshayâtmâ vinashyati
nâyam loko 'sti na paro na sukham samshayâtmanah
Wer unwissend und glaubenslos dem Zweifel nachgibt, geht zugrund;
Nicht diese, noch auch jene Welt, noch Glück ist je des Zweiflers Teil.
 
41. yogasamnyastakarmânam jñânasamchinnasamshayam
âtmavantam na karmâni nibadhnanti dhanamjaya
Doch wer der Andacht weiht sein Tun, den Zweifel durch Einsicht zerstört,
Sein selber mächtig ist, fürwahr, den binden auch die Taten nicht.
 
42. tasmâd ajñânasambhûtam hrtstham jñânâsinâtmanah
chittvainam samshayam yogam âtishthottishtha Bhârata
Zerschneide mit des Wissens Schwert den Zweifel, der aus Torheit stammt,
Im Herzen! Weih der Andacht dich! Erhebe dich, o Bhârata!
 
iti    *
shrimad Bhagavad-Gîtâsûpanishatsu    *
brahma-vidyâyâm    *
yoga-shâstre    *
Shrî-Krshnârjuna-samvâde    *
jñâna-yogo nâma caturtho 'dhyâyah     *
     *
 In der Upanishad der Bhagavadgîtâ,    *
der Wissenschaft vom Absoluten,    *
der Schrift ûber den Yoga    *
und dem Zwiegespräch zwischen Shrî-Krshna und Arjuna    *
ist dies das vierte Kapitel, genannt: Der Yoga der Erkenntnis.    *
 
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zur Sanskrit-Einführung/ Grammatik
zum Inhaltsverzeichnis mit einem "Schaltpult" zu allen 18 Kapiteln der Bhagavad-Gîtâ

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