Rudolf
Steiner : Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten : Die
Einweihung
DIE EINWEIHUNG
Die Einweihung ist die höchste der Stufen
einer Geheimschulung, über welche in einer Schrift noch Andeutungen
gegeben werden können, die allgemein verständlich sind. Über
alles, was darüber liegt, sind Mitteilungen schwer verständlich.
Aber auch dazu findet jeder den Weg, der durch die Vorbereitung, Erleuchtung
und Einweihung bis zu den niederen Geheimnissen vorgedrungen ist.
Das Wissen und Können, das einem Menschen durch
die Einweihung zuteil wird, könnte er ohne eine solche erst in einer
sehr fernen Zukunft – nach vielen Verkörperungen – auf einem ganz
anderen Wege und auch in einer ganz anderen Form erwerben. Wer heute eingeweiht
wird, erfährt etwas, was er sonst viel später, unter ganz anderen
Verhältnissen, erfahren würde.
Ein Mensch kann von den Geheimnissen des Daseins
nur so viel wirklich erfahren, als dem Grade seiner Reife entspricht. Nur
deshalb gibt es Hindernisse zu den höheren Stufen des Wissens und
Könnens. Der Mensch soll ein Schießgewehr nicht früher
gebrauchen, als bis er genügende Erfahrung hat, um durch den Gebrauch
nicht Unheil anzurichten. – Würde heute jemand ohne weiteres eingeweiht,
so würde ihm die Erfahrung fehlen, die er durch die Verkörperungen
in der Zukunft noch machen wird, bis ihm die entsprechenden Geheimnisse
im regelmäßigen Verlauf seiner Entwickelung zuteil werden. Deshalb
müssen an der Pforte der Einweihung diese Erfahrungen durch etwas
anderes ersetzt sein. In einem Ersatz für künftige Erfahrungen
bestehen daher die ersten Unterweisungen des Einweihungskandidaten. Es
sind das die sogenannten «Proben», die er durchzumachen hat
und die sich als regelmäßige Folge des Seelenlebens ergeben,
wenn Übungen, wie die in den vorhergehenden Kapiteln geschilderten,
richtig fortgesetzt werden.
Von diesen «Proben» wird ja auch in
Büchern oft gesprochen. Aber es ist nur natürlich, daß
von ihrer Natur durch solche Besprechungen in der Regel ganz falsche Vorstellungen
hervorgerufen werden müssen. Denn wer nicht durch die Vorbereitung
und Erleuchtung hindurchgegangen ist, hat ja nichts von diesen Proben jemals
erfahren. Ein solcher kann sie auch nicht sachgemäß beschreiben.
Dem Einzuweihenden müssen sich gewisse Dinge
und Tatsachen ergeben, die den höheren Welten angehören. Er kann
sie aber nur sehen und hören, wenn er die geistigen Wahrnehmungen
wie Figuren, Farben, Töne und so weiter empfinden kann, von denen
bei Besprechung der «Vorbereitung» und «Erleuchtung»
berichtet worden ist.
Die erste «Probe» besteht darinnen,
daß er eine wahrere Anschauung erlangt von den leiblichen
Eigenschaften der leblosen Körper, dann der Pflanzen, der Tiere und
des Menschen, als sie der Durchschnittsmensch besitzt. Damit ist aber nicht
das gemeint, was man heute wissenschaftliche Erkenntnis nennt. Denn nicht
um Wissenschaft, sondern um Anschauung handelt es sich. – In der
Regel ist der Vorgang so, daß der Einzuweihende erkennen lernt, wie
sich die Naturdinge und Lebewesen für das geistige Ohr und geistige
Auge kundgeben. In einer gewissen Weise stehen diese Dinge dann unverhüllt
– nackt – vor dem Beschauer. Dem sinnlichen Auge und dem sinnlichen Ohre
verbergen sich die Eigenschaften, die man da hört und sieht. Sie sind
für dieses sinnliche Anschauen wie mit einem Schleier verhüllt.
Daß dieser Schleier für den Einzuweihenden wegfällt, beruht
auf einem Vorgang, den man als «geistigen Verbrennungsprozeß»
bezeichnet. Deshalb wird diese erste Probe die «Feuerprobe»
genannt.
Für manche Menschen ist das gewöhnliche
Leben selbst schon ein mehr oder weniger unbewußter Einweihungsprozeß
durch die Feuerprobe. Es sind das diejenigen, welche durch reiche Erfahrungen
von solcher Art durchgehen, daß ihr Selbstvertrauen, ihr Mut und
ihre Standhaftigkeit in gesunder Weise groß werden und daß
sie Leid, Enttäuschung, Mißlingen von Unternehmungen mit Seelengröße
und namentlich mit Ruhe und in ungebrochener Kraft ertragen lernen. Wer
Erfahrungen in dieser Art durchgemacht hat, der ist oft schon, ohne daß
er es deutlich weiß, ein Eingeweihter; und es bedarf dann nur eines
wenigen, um ihm geistige Ohren und Augen zu öffnen, so daß er
ein Hellsehender wird. Denn das ist festzuhalten: es handelt sich bei einer
wahren «Feuerprobe» nicht darum, daß die Neugierde des
Kandidaten befriedigt werde. Gewiß, er lernt außergewöhnliche
Tatsachen kennen, von denen andere Menschen keine Ahnung haben. Aber dieses
Kennenlernen ist nicht das Ziel, sondern nur das Mittel zum Ziel. Das Ziel
aber ist, daß sich der Kandidat durch die Erkenntnis der höheren
Welten größeres und wahreres Selbstvertrauen, höheren Mut
und eine ganz andere Seelengröße und Ausdauer erwerbe, als sie
in der Regel innerhalb der niederen Welt erlangt werden können.
Nach der «Feuerprobe» kann jeder Kandidat
noch umkehren. Er wird gestärkt in physischer und seelischer Beziehung
dann sein Leben fortsetzen und wohl erst in einer nächsten Verkörperung
die Einweihung fortsetzen. In seiner gegenwärtigen aber wird er ein
brauchbareres Glied der menschlichen Gesellschaft sein, als er vorher war.
In welcher Lage er sich auch befinden mag: seine Festigkeit, seine Umsicht,
sein günstiger Einfluß auf seine Mitmenschen, seine Entschlossenheit
werden zugenommen haben.
Will der Kandidat nach vollbrachter Feuerprobe
die Geheimschulung fortsetzen, so muß ihm nunmehr ein bestimmtes
Schriftsystem enthüllt werden, wie solche in der Geheimschulung üblich
sind. In diesen Schriftsystemen offenbaren sich die eigentlichen Geheimlehren.
Denn dasjenige, was in den Dingen wirklich «verborgen» (okkult)
ist, kann weder mit den Worten der gewöhnlichen Sprache unmittelbar
ausgesprochen, noch kann es mit den gewöhnlichen Schriftsystemen aufgezeichnet
werden. Diejenigen, welche von den Eingeweihten gelernt haben, übersetzen
die Lehren der Geheimwissenschaft in die gewöhnliche Sprache,
so gut das geht. Die okkulte Schrift offenbart sich der Seele, wenn diese
die geistige Wahrnehmung erlangt hat. Denn diese Schrift steht in der geistigen
Welt immer geschrieben. Man lernt sie nicht so, wie man eine künstliche
Schrift lesen lernt. Man wächst vielmehr in sachgemäßer
Weise der hellsichtigen Erkenntnis entgegen, und während dieses Wachsens
entwickelt sich wie eine seelische Fähigkeit die Kraft, welche die
vorhandenen Geschehnisse und Wesenheiten der geistigen Welt wie die Charaktere
einer Schrift zu entziffern sich gedrängt fühlt. Es könnte
sein, daß diese Kraft und mit ihr das Erleben der entsprechenden
«Probe» mit der fortschreitenden Seelenentwickelung wie von
selbst erwachen. Doch sicherer gelangt man zum Ziele, wenn man die Anweisungen
der erfahrenen Geheimforscher befolgt, die Gewandtheit haben im Entziffern
der okkulten Schrift.
Die Zeichen der Geheimschrift sind nicht willkürlich
ersonnen, sondern sie entsprechen den Kräften, welche in der Welt
wirksam sind. Man lernt durch diese Zeichen die Sprache der Dinge. Dem
Kandidaten zeigt sich alsbald, daß die Zeichen, die er kennenlemt,
den Figuren, Farben, Tönen und so weiter entsprechen, die er während
der Vorbereitung und Erleuchtung wahrzunehmen gelernt hat. Es zeigt sich
ihm, daß alles Vorhergehende nur wie ein Buchstabieren war. Jetzt
erst fängt er an, in der höheren Welt zu lesen. In einem großen
Zusammenhang erscheint ihm alles, was vorher nur vereinzelte Figur, Ton,
Farbe war. Jetzt erst gewinnt er die rechte Sicherheit im Beobachten der
höheren Welten. Vorher konnte er nie mit Bestimmtheit wissen, ob die
Dinge, die er gesehen hat, auch richtig gesehen waren. Und jetzt erst kann
eine geregelte Verständigung zwischen dem Kandidaten und dem Eingeweihten
auf den Gebieten des höheren Wissens stattfinden. Denn wie auch das
Zusammenleben eines Eingeweihten mit einem anderen Menschen im gewöhnlichen
Leben gestaltet sein mag: von dem höheren Wissen in unmittelbarer
Gestalt kann der Eingeweihte nur in der erwähnten Zeichensprache
etwas mitteilen.
Durch diese Sprache wird der Geheimschüler
auch bekannt mit gewissen Verhaltungsmaßregeln für das Leben.
Er lernt gewisse Pflichten kennen, von denen er vorher nichts gewußt
hat. Und wenn er diese Verhaltungsmaßregeln kennengelernt hat, so
kann er Dinge vollbringen, die eine Bedeutung haben, wie sie niemals die
Taten eines Uneingeweihten haben können. Er handelt von den höheren
Welten aus. Die Anweisungen zu solchen Handlungen können nur in der
angedeuteten Schrift verstanden werden.
Es muß aber betont werden, daß es Menschen
gibt, die solche Handlungen unbewußt auszuführen vermögen,
trotzdem sie nicht eine Geheimschulung durchgemacht haben. Solche «Helfer
der Welt und Menschheit» schreiten segnend und wohltuend durchs Leben.
Ihnen sind durch Gründe, die hier nicht zu erörtern sind, Gaben
verliehen worden, die übernatürlich erscheinen. Was sie von dem
Geheimschüler unterscheidet, ist lediglich das, daß dieser mit
Bewußtsein, mit voller Einsicht in den ganzen Zusammenhang
handelt. Er erringt eben durch Schulung, was jenen von höheren Mächten
zum Heile der Welt beschert worden ist. Die Gottbegnadeten kann man aufrichtig
verehren; aber deswegen darf man die Arbeit der Schulung nicht für
überflüssig halten.
Hat der Geheimschüler die erwähnte Zeichenschrift
gelernt, dann beginnt für ihn eine weitere «Probe». Durch
diese muß sich erweisen, ob er sich frei und sicher in der höheren
Welt bewegen kann. Im gewöhnlichen Leben wird der Mensch durch Antriebe
von außen zu seinen Handlungen bewogen. Er arbeitet dieses oder jenes,
weil ihm die Verhältnisse diese oder jene Pflichten auferlegen. –
Es braucht wohl kaum erwähnt zu werden, daß der Geheimschüler
keine seiner Pflichten im gewöhnlichen Leben versäumen darf,
weil er in höheren Welten lebt. Keine Pflicht in einer
höheren Welt kann jemanden zwingen, eine einzige seiner Pflichten
in der gewöhnlichen außer acht zu lassen. Der Familienvater
bleibt ebenso guter Familienvater, die Mutter ebenso gute Mutter, der Beamte
wird von nichts abgehalten, ebensowenig der Soldat oder ein anderer, wenn
sie Geheimschüler werden. Im Gegenteil: alle die Eigenschaften, die
den Menschen im Leben tüchtig machen, steigern sich bei dem Geheimschüler
in einem Maße, von dem sich der Uneingeweihte keinen Begriff machen
kann. Und wenn das dem Uneingeweihten auch oft – nicht immer, sogar selten
– nicht so erscheint, dann rührt das nur davon her, daß er den
Eingeweihten nicht immer richtig zu beurteilen vermag. Was letzterer tut,
ist manchmal dem anderen nicht sogleich durchsichtig. Aber auch das ist,
wie gesagt, nur in besonderen Fällen zu bemerken.
Für den auf der genannten Stufe der Einweihung
Angelangten gibt es nun Pflichten, zu denen kein äußerer
Anstoß vorhanden ist. Er wird in diesen Dingen nicht durch äußere
Verhältnisse, sondern nur durch jene Maßregeln veranlaßt,
welche ihm in der «verborgenen» Sprache offenbar werden. Nun
muß er durch die zweite «Probe» zeigen, daß er,
geführt von einer solchen Maßregel, ebenso sicher und fest handelt,
wie etwa ein Beamter seine ihm obliegenden Pflichten vollführt. –
Zu diesem Zwecke wird durch die Geheimschulung der Kandidat sich vor eine
bestimmte Aufgabe gestellt fühlen. Dieser soll eine Handlung ausführen
infolge von Wahrnehmungen, die er macht auf Grund dessen, was er auf der
Vorbereitungs- und Erleuchtungsstufe gelernt hat. Und was er auszuführen
hat, das muß er erkennen durch die gekennzeichnete Schrift, die er
sich angeeignet hat. Erkennt er seine Pflicht und handelt er richtig, dann
hat er die Probe bestanden. Man erkennt den Erfolg an der Veränderung,
die sich mit den als Figuren, Farben und Tönen empfundenen Wahrnehmungen
der Geistesohren und –augen durch die Handlung vollzieht. In den Fortschritten
der Geheimschulung wird ganz genau angegeben, wie diese Figuren und so
weiter nach der Handlung aussehen, empfunden werden. Und der Kandidat muß
wissen, wie er eine solche Veränderung hervorzubringen vermag. – Man
nennt diese Probe die «Wasserprobe», weil bei der Tätigkeit
in diesen höheren Gebieten dem Menschen die Stütze durch die
äußeren Verhältnisse so fehlt, wie beim Bewegen im Wasser,
dessen Grund man nicht erreicht, die Stütze fehlt. – Der Vorgang muß
so oft wiederholt werden, bis der Kandidat völlige Sicherheit hat.
Auch bei dieser Probe handelt es sich um das Erwerben
einer Eigenschaft; und durch die Erfahrungen in der höheren Welt bildet
der Mensch diese Eigenschaft in kurzer Zeit in einem solch hohen Grade
aus, daß er im gewöhnlichen Verlaufe der Entwickelung wohl durch
viele Verkörperungen hindurchgehen müßte, um ihn zu erreichen.
Worauf es nämlich ankommt, ist das Folgende. Der Kandidat darf, um
die angegebene Veränderung auf dem höheren Gebiet des Daseins
hervorzubringen, lediglich dem folgen, was sich ihm auf Grund seiner höheren
Wahrnehmung und als Folge seines Lesens der verborgenen Schrift ergibt.
Würde er während seiner Handlung irgend etwas von seinen Wünschen,
Meinungen und so weiter einmischen, folgte er nur einen Augenblick nicht
den Gesetzen, die er als richtig erkannt hat, sondern seiner Willkür:
dann würde etwas ganz anderes geschehen, als geschehen soll. In diesem
Falle verlöre der Kandidat sofort die Richtung auf sein Ziel der Handlung,
und Verwirrung träte ein. – Daher hat der Mensch durch diese Probe
in reichlichstem Maße Gelegenheit, seine Selbstbeherrschung auszubilden.
Und darauf kommt es an. Wieder kann daher diese Probe von denen leichter
bestanden werden, die vor der Einweihung durch ein Leben gegangen sind,
das ihnen die Erwerbung der Selbstbeherrschung gebracht hat. Wer sich die
Fähigkeit erworben hat, hohen Grundsätzen und Idealen mit Hintansetzung
der persönlichen Laune und Willkür zu folgen, wer versteht, die
Pflicht auch immer da zu erfüllen, wo die Neigungen und Sympathien
gar zu gerne von dieser Pflicht ablenken wollen, der ist unbewußt
schon mitten im gewöhnlichen Leben ein Eingeweihter. Und nur ein
Geringes wird notwendig sein, damit er die geschilderte Probe bestehe.
Ja, es muß sogar gesagt werden, daß ein gewisser schon im Leben
unbewußt erlangter Grad von Einweihung in der Regel durchaus notwendig
sein wird, um die zweite Probe zu bestehen. Denn wie es vielen Menschen,
die in der Jugend nicht richtig schreiben gelernt haben, schwer wird, dies
nachzuholen, wenn sie einmal die volle Lebensreife erlangt haben, so wird
es auch schwer, den notwendigen Grad von Selbstbeherrschung beim
Einblicke in die höheren Welten auszubilden, wenn man nicht schon
vorher darinnen einen gewissen Grad im alltäglichen Leben sich angeeignet
hat. Die Dinge der physischen Welt ändern sich nicht, was wir auch
wünschen, begehren, was immer wir auch für Neigungen haben. In
den höheren Welten aber sind unsere Wünsche, Begierden und Neigungen
von Wirkung für die Dinge. Wollen wir da auf die Dinge in entsprechender
Weise wirken, so müssen wir uns ganz in unserer Gewalt haben, müssen
lediglich den richtigen Maßregeln folgen und keinerlei Willkür
unterworfen sein.
Eine Eigenschaft des Menschen, die auf dieser Stufe
der Einweihung ganz besonders in Betracht kommt, ist eine unbedingt gesunde
und sichere Urteilskraft. Auf die Heranbildung einer solchen muß
schon auf allen früheren Stufen gesehen werden; und auf dieser muß
es sich erweisen, ob der Kandidat sie so handhabt, daß er für
den wahren Erkenntnispfad geeignet ist. Er kann nur dann weiterkommen,
wenn er Illusion, wesenlose Phantasiegebilde, Aberglauben und alle Art
von Blendwerk von der wahren Wirklichkeit unterscheiden kann. Und auf den
höheren Stufen des Daseins ist das zunächst schwieriger als auf
den niederen. Da muß jedes Vorurteil, jede liebgewordene Meinung
schwinden in bezug auf die Dinge, auf die es ankommt; und einzig und allein
die Wahrheit muß Richtschnur sein. Vollkommene Bereitschaft
muß vorhanden sein, einen Gedanken, eine Ansicht, eine Neigung sofort
aufzugeben, wenn das logische Denken solches fordert. Gewißheit in
höheren Welten ist nur zu erlangen, wenn man nie die eigene Meinung
schont.
Menschen mit einer Denkungsart, die zur Phantastik,
zum Aberglauben neigt, können auf dem Geheimpfade keinen Fortschritt
machen. Ein kostbares Gut soll ja der Geheimjünger erringen. Alle
Zweifel an den höheren Welten werden von ihm genommen. Diese
enthüllen sich in ihren Gesetzen vor seinen Blicken. Aber er kann
dieses Gut nicht erringen, solange er sich von Blendwerken und Illusionen
täuschen läßt. Schlimm wäre es für ihn, wenn
seine Phantasie, seine Vorurteile mit seinem Verstande durchgingen. Träumer
und Phantasten sind für den Geheimpfad ebenso ungeeignet wie abergläubische
Personen. Das alles kann nicht genug betont werden. Denn in Träumerei,
Phantastik und Aberglauben lauern die schlimmsten Feinde auf dem Wege zu
Erkenntnissen in höheren Welten. Es braucht aber auch niemand zu glauben,
daß dem Geheimjünger die Poesie des Lebens, die Begeisterungsfähigkeit
verlorengehe, weil über dem Tore, das zur zweiten Probe der Einweihung
führt, die Worte stehen: «Alle Vorurteile müssen von dir
fallen», und weil er an der Eingangspforte zur ersten Probe bereits
lesen muß: «Ohne gesunden Menschenverstand sind alle deine
Schritte vergebens.»
Ist der Kandidat in dieser Art weit genug vorgeschritten,
so wartet die dritte «Probe» auf ihn. Bei dieser wird ihm kein
Ziel fühlbar. Es ist alles in seine eigene Hand gelegt. Er befindet
sich in einer Lage, wo ihn nichts zum Handeln veranlaßt. Er muß
ganz allein aus sich seinen Weg finden. Dinge oder Personen, die ihn zu
etwas bewegen, sind nicht da. Nichts und niemand kann ihm jetzt die Kraft
geben, die er braucht, als nur er selbst. Fände er diese Kraft nicht
in sich selbst, so stände er sehr bald wieder da, wo er vorher gestanden
hat. Doch muß man sagen, daß nur wenige von denen, welche die
vorigen Proben bestanden haben, hier diese Kraft nicht finden werden. Man
bleibt entweder schon vorher zurück, oder man besteht auch hier. Alles,
was nötig ist, das besteht darinnen, rasch mit sich selbst zurecht
zu kommen. Denn man muß hier sein «höheres Selbst»
im wahrsten Sinne des Wortes finden. Man muß sich rasch entschließen,
auf die Eingebung des Geistes in allen Dingen zu hören. Zeit zu irgendwelchen
Bedenken, Zweifeln und so weiter hat man hier nicht mehr. Jede Minute Zögerung
würde nur beweisen, daß man noch nicht reif ist. Was abhält,
auf den Geist zu hören, muß kühn überwunden werden.
Es kommt darauf an, Geistesgegenwart in dieser Lage zu beweisen.
Und das ist auch die Eigenschaft, auf deren vollkommene Ausbildung es auf
dieser Entwickelungsstufe abgesehen ist. Alle Verlockungen zum Handeln,
ja selbst zum Denken, an die ein Mensch vorher gewöhnt war, hören
auf. Um nicht untätig zu bleiben, darf der Mensch sich selbst nicht
verlieren. Denn nur in sich selbst kann er den einzigen festen Punkt
finden, an den er sich zu halten vermag. Niemand, der dies hier liest,
ohne weiter mit den Sachen vertraut zu sein, sollte eine Antipathie empfinden
gegen dieses Zurückgewiesensein auf sich selbst. Denn es bedeutet
für den Menschen die schönste Glückseligkeit, wenn er die
geschilderte Probe besteht.
Und nicht weniger als in den anderen Fällen
ist auch für diesen Punkt das gewöhnliche Leben für viele
Menschen schon eine Geheimschule. Personen, die es dahin gebracht haben,
daß sie, vor plötzlich an sie herantretende Lebensaufgaben gestellt,
ohne Zögern, ohne viel Bedenken eines raschen Entschlusses fähig
sind, ihnen ist das Leben eine solche Schulung. Die geeigneten Lagen sind
diejenigen, wo ein erfolgreiches Handeln sofort unmöglich wird, wenn
der Mensch nicht rasch eingreift. Wer rasch bei der Hand ist, zuzugreifen,
wenn ein Unglück in Sicht ist, während durch einige Augenblicke
Zögerung das Unglück bereits geschehen wäre, und wer eine
solche rasche Entschlußfähigkeit zu einer bleibenden Eigenschaft
bei sich gemacht hat, der hat unbewußt die Reife für die dritte
«Probe» erworben. Denn auf die Heranbildung der unbedingten
Geistesgegenwart kommt es bei ihr an. Man nennt sie in den Geheimschulen
die «Luftprobe», weil der Kandidat bei ihr sich weder auf den
festen Boden der äußeren Veranlassungen stützen kann noch
auf dasjenige, was sich aus den Farben, Formen und so weiter ergibt, die
er durch Vorbereitung und Erleuchtung kennengelernt hat, sondern ausschließlich
auf sich selbst.
Hat der Geheimjünger diese Probe bestanden,
dann darf er den «Tempel der höheren Erkenntnisse» betreten.
– Was darüber weiter zu sagen ist, kann nur die allerspärlichste
Andeutung sein. – Was jetzt zu leisten ist, wird oft so ausgedrückt,
daß man sagt: der Geheimjünger habe einen «Eid»
zu leisten, nichts von den Geheimlehren zu «verraten». Doch
sind die Ausdrücke «Eid» und «verraten» keineswegs
sachgemäß und sogar zunächst irreführend. Es handelt
sich um keinen «Eid» im gewöhnlichen Sinne des Wortes.
Man macht vielmehr auf dieser Stufe der Entwickelung eine Erfahrung.
Man lernt, wie man die Geheimlehre anwendet, wie man sie in den Dienst
der Menschheit stellt. Man fängt an, die Welt erst recht zu verstehen.
Nicht auf das «Verschweigen» der höheren Wahrheiten kommt
es da an, sondern vielmehr auf die rechte Art, den entsprechenden Takt,
sie zu vertreten. Worüber man «schweigen» lernt, das ist
etwas ganz anderes. Man eignet sich diese herrliche Eigenschaft nämlich
in bezug auf vieles an, worüber man vorher geredet hat, namentlich
auf die Art, wie man geredet hat. Ein schlechter Eingeweihter wäre
der, welcher nicht die erfahrenen Geheimnisse in den Dienst der Welt stellte,
so gut und soweit dies nur möglich ist. Es gibt kein anderes Hindernis
für die Mitteilung auf diesem Gebiete als allein das Nichtverstehen
von seiten dessen, der empfangen soll. Zum beliebigen Reden darüber
eignen sich allerdings die höheren Geheimnisse nicht. Aber es ist
niemandem etwas «verboten» zu sagen, der die beschriebene Stufe
der Entwickelung erlangt hat. Kein anderer Mensch und kein Wesen legt ihm
einen dahingehenden «Eid» auf. Alles ist in seine eigene Verantwortlichkeit
gestellt. Was er lernt, ist, in jeder Lage ganz durch sich selbst zu finden,
was er zu tun hat. Und der «Eid» bedeutet nichts, als daß
der Mensch reif geworden ist, eine solche Verantwortung tragen zu können.
Ist der Kandidat reif geworden zu dem Beschriebenen,
dann erhält er dasjenige, was man sinnbildlich als den «Vergessenheitstrunk»
bezeichnet. Er wird nämlich in das Geheimnis eingeweiht, wie man wirken
kann, ohne sich durch das niedere Gedächtnis fortwährend stören
zu lassen. Das ist für den Eingeweihten notwendig. Denn er muß
stets das volle Vertrauen in die unmittelbare Gegenwart haben. Er muß
die Schleier der Erinnerung zerstören können, die sich in jedem
Augenblick des Lebens um den Menschen ausbreiten. Wenn ich etwas, was mir
heute begegnet, nach dem beurteile, was ich gestern erfahren habe, so bin
ich vielfachen Irrtümern unterworfen. Natürlich ist damit nicht
gemeint, daß man seine im Leben gewonnene Erfahrung verleugne. Man
soll sich sie immer gegenwärtig halten, so gut man kann. Aber man
muß als Eingeweihter die Fähigkeit haben, jedes neue Erlebnis
aus sich selbst zu beurteilen, es ungetrübt durch alle Vergangenheit
auf sich wirken zu lassen. Ich muß in jedem Augenblicke darauf gefaßt
sein, daß mir ein jegliches Ding oder Wesen eine ganz neue Offenbarung
bringen kann. Beurteile ich das Neue nach dem Alten, so bin ich dem Irrtum
unterworfen. Gerade dadurch wird mir die Erinnerung an alte Erfahrungen
am nützlichsten, daß sie mich befähigt, Neues zu sehen.
Hätte ich eine bestimmte Erfahrung nicht, so würde ich die
Eigenschaft eines Dinges oder eines Wesens, die mir entgegentreten, vielleicht
gar nicht sehen. Aber eben zum Sehen des Neuen, nicht zur
Beurteilung des Neuen nach dem Alten soll die Erfahrung dienen. In dieser
Beziehung erlangt der Eingeweihte ganz bestimmte Fähigkeiten. Dadurch
enthüllen sich ihm viele Dinge, die dem Uneingeweihten verborgen bleiben.
Der zweite «Trank», der dem Eingeweihten
verabreicht wird, ist der «Gedächtnistrank». Durch ihn
erlangt er die Fähigkeit, höhere Geheimnisse stets im Geiste
gegenwärtig zu haben. Dazu würde das gewöhnliche Gedächtnis
nicht ausreichen. Man muß ganz eins werden mit den höheren Wahrheiten.
Man muß sie nicht nur wissen, sondern ganz selbstverständlich
in lebendigem Tun handhaben, wie man als gewöhnlicher Mensch ißt
und trinkt. Übung, Gewöhnung, Neigung müssen sie werden.
Man muß gar nicht über sie in gewöhnlichem Sinne nachzudenken
brauchen; sie müssen sich durch den Menschen selbst darstellen, durch
ihn fließen wie die Lebensfunktionen seines Organismus. So macht
er sich in geistigem Sinne immer mehr zu dem, wozu ihn im physischen die
Natur gemacht hat.
PRAKTISCHE GESICHTSPUNKTE
Wenn der Mensch seine Ausbildung in bezug auf Gefühle;
Gedanken und Stimmungen so durchmacht, wie dies in den Kapiteln über
Vorbereitung, Erleuchtung und Einweihung beschrieben worden ist, so bewirkt
er in seiner Seele und in seinem Geist eine ähnliche Gliederung, wie
sie die Natur in seinem physischen Leibe bewirkt hat. Vor dieser Ausbildung
sind Seele und Geist ungegliederte Massen. Der Hellseher nimmt sie wahr
als ineinandergreifende, spiralige Nebelwirbel, die vorzugsweise wie rötliche
und rötlichbraune oder auch rötlichgelbe Farben matt glimmend
empfunden werden; nach der Ausbildung beginnen sie wie die gelblichgrünen,
grünlichblauen Farben geistig zu erglänzen und zeigen einen regelmäßigen
Bau. Der Mensch gelangt zu solcher Regelmäßigkeit und damit
zu höheren Erkenntnissen, wenn er in seine Gefühle, Gedanken
und Stimmungen solche Ordnung bringt, wie sie die Natur in seine körperlichen
Verrichtungen gebracht hat, so daß er sehen, hören, verdauen,
atmen, sprechen und so weiter kann. – Mit der Seele atmen und sehen und
so weiter, mit dem Geiste hören und sprechen und so weiter lernt der
Geheimschüler allmählich.
Es sollen hier nur noch einige praktische Gesichtspunkte
genauer ausgeführt werden, die zur höheren Seelen- und Geisteserziehung
gehören. Es sind solche, die im Grunde jeder, ohne auf andere Regeln
Rücksicht zu nehmen, befolgen kann und durch die er in der Geheimwissenschaft
eine Strecke weit gelangt.
Eine besondere Ausbildung muß man in der Geduld
anstreben. Jede Regung der Ungeduld wirkt lähmend, ja ertötend
auf die im Menschen schlummernden höheren Fähigkeiten. Man soll
nicht verlangen, daß sich von heute auf morgen unermeßliche
Einblicke in die höheren Welten eröffnen. Denn dann kommen sie
in der Regel ganz gewiß nicht; Zufriedenheit mit dem Geringsten,
das man erreicht, Ruhe und Gelassenheit sollen sich der Seele immer mehr
bemächtigen. – Es ist ja begreiflich, daß der Lernende ungeduldig
die Ergebnisse erwartet. Dennoch erlangt er nichts, solange er diese Ungeduld
nicht bemeistert. Es nützt auch nichts, wenn man diese Ungeduld nur
in gewöhnlichem Sinne des Wortes bekämpft. Dann wird sie nur
um so stärker. Man täuscht sich dann über sie hinweg, und
in den Tiefen der Seele sitzt sie nur um so stärker. Nur wenn man
sich einem ganz bestimmten Gedanken immer wieder hingibt, ihn ganz sich
zu eigen macht, erreicht man etwas. Dieser Gedanke ist: «Ich muß
zwar alles tun zu meiner Seelen- und Geistesausbildung; aber ich werde
ganz ruhig warten, bis ich von höheren Mächten für
würdig befunden werde zu bestimmter Erleuchtung.» Wird dieser
Gedanke im Menschen so mächtig, daß er zur Charakteranlage sich
gestaltet, dann ist man auf dem rechten Wege. Schon im Äußerlichen
prägt sich dann diese Charakteranlage aus. Der Blick des Auges wird
ruhig, die Bewegungen sicher, die Entschlüsse bestimmt, und alles,
was man Nervosität nennt, weicht allmählich von dem Menschen.
Scheinbar unbedeutende, kleine Regeln kommen dabei in Betracht. Zum Beispiel
es fügt uns jemand eine Beleidigung zu. Vor unserer Geheimerziehung
wenden wir unser Gefühl gegen den Beleidiger. Ärger wallt in
unserem Inneren auf. In dem Geheimschü1er aber steigt sofort bei einer
solchen Gelegenheit der Gedanke auf: «Eine solche Beleidigung ändert
nichts an meinem Werte»; und er tut dann, was gegen die Beleidigung
zu unternehmen ist, mit Ruhe und Gelassenheit, nicht aus dem Ärger
heraus. Es kommt natürlich nicht darauf an, etwa jede Beleidigung
einfach hinzunehmen, sondern darauf, daß man so ruhig und sicher
in der Ahndung einer Beleidigung der eigenen Person gegenüber ist,
wie man wäre, wenn die Beleidigung einem anderen zugefügt worden
wäre, bei dem man das Recht hat, sie zu ahnden. – Immer muß
berücksichtigt werden, daß sich die Geheimschulung nicht in
groben äußeren Vorgängen, sondern in feinen, stillen Umwandlungen
des Gefühls- und Gedankenlebens vollzieht.
Geduld wirkt anziehend auf die Schätze
des höheren Wissens. Ungeduld wirkt auf sie abstoßend. In Hast
und Unruhe kann nichts auf den höheren Gebieten des Daseins erlangt
werden. Vor allen Dingen müssen Verlangen und Begierde schweigen.
Das sind Eigenschaften der Seele, vor denen sich alles höhere Wissen
scheu zurückzieht. So wertvoll auch alle höhere Erkenntnis ist:
man darf sie nicht verlangen, wenn sie zu uns kommen soll. Wer sie haben
will um seiner selbst willen, der erlangt sie nie. – Und das erfordert
vor allem, daß man in tiefster Seele wahr gegen sich selbst
sei. Man darf sich in nichts über sich selbst täuschen. Man muß
seinen eigenen Fehlern, Schwächen und Untauglichkeiten mit innerer
Wahrhaftigkeit ins Antlitz schauen. – In dem Augenblicke, wo du irgendeine
deiner Schwächen vor dir selbst entschuldigst, hast du dir einen Stein
hingelegt auf den Weg, der dich aufwärts führen soll. Solche
Steine kannst du nur durch Selbstaufklärung über dich beseitigen.
Es gibt nur einen Weg, seine Fehler und Schwächen abzulegen,
und der ist: sie richtig zu erkennen. Alles schlummert in der Menschenseele
und kann erweckt werden. Auch seinen Verstand und seine Vernunft kann der
Mensch verbessern, wenn er sich in Ruhe und Gelassenheit darüber aufklärt,
warum er in dieser Beziehung schwach ist. Solche Selbsterkenntnis ist natürlich
schwierig, denn die Versuchung zur Täuschung über sich selbst
ist eine unermeßlich große. Wer sich an Wahrheit gegen sich
selbst gewöhnt, öffnet sich die Pforten zu höherer Einsicht.
Schwinden muß beim Geheimschüler eine
jegliche Neugierde. Er muß sich so viel wie möglich das Fragen
abgewöhnen über Dinge, die er nur zur Befriedigung seines persönlichen
Wissensdranges wissen will. Nur das soll er fragen, was ihm zur Vervollkommnung
seiner Wesenheit im Dienste der Entwickelung dienen kann. Dabei soll in
ihm aber die Freude, die Hingabe an das Wissen in keiner Weise gelähmt
werden. Auf alles, was zu solchem Ziele dient, soll er andächtig hinhorchen
und jede Gelegenheit zu solcher Andacht aufsuchen.
Insbesondere ist zur Geheimausbildung eine Erziehung
des Wunschlebens notwendig. Man soll nicht etwa wunschlos werden. Denn
alles, was wir erreichen sollen, sollen wir ja auch wünschen. Und
ein Wunsch wird immer in Erfüllung gehen, wenn hinter ihm eine ganz
besondere Kraft steht. Diese Kraft kommt aus der richtigen Erkenntnis.
«In keiner Art zu wünschen, bevor man das Richtige auf einem
Gebiete erkannt hat», das ist eine der goldenen Regeln für den
Geheimschüler. Der Weise lernt zuerst die Gesetze der Welt kennen,
dann werden seine Wünsche zu Kräften, welche sich verwirklichen.
– Ein Beispiel, das deutlich wirkt, soll hier angeführt werden. Gewiß
wünschen viele, aus eigener Anschauung über ihr Leben vor ihrer
Geburt etwas zu erfahren. Solcher Wunsch ist ganz zwecklos und ergebnislos,
solange der Betreffende sich nicht die Erkenntnis der Gesetze durch
geisteswissenschaftliches Studium angeeignet hat – und zwar in ihrem feinsten,
intimsten Charakter – von dem Wesen des Ewigen. Hat er sich aber diese
Erkenntnis wirklich erworben, und will er dann weiterkommen, so
wird er es durch seinen veredelten, geläuterten Wunsch.
Es nützt auch nichts, zu sagen: Ja, ich will
ja gerade mein vorhergehendes Leben übersehen und zu dem Zwecke eben
lernen. Man muß vielmehr imstande sein, diesen Wunsch ganz fallenzulassen,
ganz von sich auszuschalten, und zunächst ganz ohne diese Absicht
lernen. Man muß die Freude, die Hingebung an dem Gelernten entwickeln
ohne die genannte Absicht. Denn nur dadurch lernt man zugleich den entsprechenden
Wunsch so zu haben, daß er seine Erfüllung nach sich zieht.
Wenn ich zornig bin oder mich ärgere,
so richte ich einen Wall in der Seelenwelt um mich auf, und die Kräfte
können nicht an mich herantreten, welche meine seelischen Augen entwickeln
sollen. Ärgert mich zum Beispiel ein Mensch, so schickt er einen seelischen
Strom in die Seelenwelt. Ich kann diesen Strom so lange nicht sehen, als
ich noch fähig bin, mich zu ärgern. Mein Ärger verdeckt
ihn mir. Nun darf ich auch nicht glauben, daß ich sofort eine seelische
(astralische) Erscheinung haben werde, wenn ich mich nicht mehr ärgere.
Denn dazu ist notwendig, daß sich erst in mir ein seelisches Auge
entwickele. Aber die Anlage zu einem solchen Auge liegt in jedem Menschen.
Es bleibt unwirksam, solange der Mensch fähig ist, sich zu ärgern.
Aber es ist auch noch nicht sogleich da, wenn man ein wenig das Ärgern
bekämpft hat. Man muß vielmehr fortfahren in dieser Bekämpfung
des Ärgers und in Geduld immer wieder fortfahren; dann wird man eines
Tages bemerken, daß sich dieses seelische Auge entwickelt hat. Allerdings
ist nicht der Ärger das einzige, was man zu solchem Ziele zu bekämpfen
hat. Viele werden ungeduldig oder zweifelnd, weil sie jahrelang einige
Eigenschaften der Seele bekämpft haben und das Hellsehen doch nicht
eintritt. Sie haben dann eben einige Eigenschaften ausgebildet und andere
um so mehr überwuchern lassen. Die Gabe des Hellsehens tritt erst
dann ein, wenn alle Eigenschaften unterdrückt sind, welche die entsprechenden
schlummernden Fähigkeiten nicht herauskommen lassen. Allerdings stellen
sich Anfänge des Schauens (oder Hörens) schon früher ein;
aber das sind zarte Pflänzchen, die leicht allem möglichen Irrtum
unterworfen sind und die auch leicht absterben, wenn sie nicht sorgfältig
weiter gehegt und gepflegt werden.
Zu den Eigenschaften, die zum Beispiel ebenso bekämpft
werden müssen wie Zorn und Ärger, gehören Furchtsamkeit,
Aberglaube und Vorurteilssucht, Eitelkeit und Ehrgeiz, Neugierde und unnötige
Mitteilungssucht, das Unterschiedmachen in bezug auf Menschen nach äußerlichen
Rang-, Geschlechts-, Stammeskennzeichen und so weiter. In unserer Zeit
wird man recht schwer begreifen, daß die Bekämpfung solcher
Eigenschaften etwas zu tun habe mit der Erhöhung der Erkenntnisfähigkeit.
Aber jeder Geheimwissenschafter weiß, daß von solchen Dingen
viel mehr abhängt als von der Erweiterung der Intelligenz und von
dem Anstellen künstlicher Übungen. Insbesondere kann leicht ein
Mißverständnis darüber entstehen, wenn manche glauben,
daß man sich tollkühn machen solle, weil man furchtlos sein
soll, daß man sich vor den Unterschieden der Menschen verschließen
soll, weil man die Standes-, Rassen- und so weiter Vorurteile bekämpfen
soll. Man lernt vielmehr erst richtig erkennen, wenn man nicht mehr in
Vorurteilen befangen ist. Schon in gewöhnlichem Sinne ist es richtig,
daß mich die Furcht vor einer Erscheinung hindert, sie klar zu beurteilen,
daß mich ein Rassenvorurteil hindert, in eines Menschen Seele zu
blicken. Diesen gewöhnlichen Sinn muß der Geheimschüler
in großer Feinheit und Schärfe bei sich zur Entwickelung bringen.
Einen Stein in den Weg der Geheimerziehung wirft
dem Menschen auch alles, was er sagt, ohne daß er es gründlich
in seinen Gedanken geläutert hat. Und dabei muß etwas in Betracht
kommen, was hier nur durch ein Beispiel erläutert werden kann. Wenn
mir jemand zum Beispiel etwas sagt und ich habe darauf zu erwidern, so
muß ich bemüht sein, des anderen Meinung, Gefühl, ja Vorurteil
mehr zu beachten, als was ich im Augenblicke selbst zu der in Rede stehenden
Sache zu sagen habe. Hiermit ist eine feine Taktausbildung angedeutet,
welcher sich der Geheimschüler sorgfältig zu widmen hat. Er muß
sich ein Urteil darüber aneignen, wie weit es für den anderen
eine Bedeutung hat, wenn er der seinigen die eigene Meinung entgegenhält.
Nicht zurückhalten soll man deshalb mit seiner Meinung. Davon kann
nicht im entferntesten die Rede sein. Aber man soll so genau als nur irgend
möglich auf den anderen hinhören und aus dem, was man gehört
hat, die Gestalt seiner eigenen Erwiderung formen. Immer wieder steigt
in einem solchen Falle in dem Geheimschüler ein Gedanke auf;
und er ist auf dem rechten Wege, wenn dieser Gedanke in ihm so lebt, daß
er Charakteranlage geworden ist. Dies ist der Gedanke: «Nicht darauf
kommt es an, daß ich etwas anderes meine als der andere, sondern
darauf, daß der andere das Richtige aus Eigenem finden wird, wenn
ich etwas dazu beitrage.» Durch solche und ähnliche Gedanken
überströmt den Charakter und die Handlungsweise des Geheimschülers
das Gepräge der Milde, die ein Hauptmittel aller Geheimschulung
ist. Härte verscheucht um dich herum die Seelengebilde, die
dein seelisches Auge erwecken sollen; Milde schafft dir die Hindernisse
hinweg und öffnet deine Organe.
Und mit der Milde wird sich alsbald ein anderer
Zug in der Seele ausbilden: das ruhige Achten auf alle Feinheiten
des seelischen Lebens in der Umgebung bei völliger Schweigsamkeit
der eigenen Seelenregungen. Und hat es ein Mensch zu diesem gebracht,
dann wirken die Seelenregungen seiner Umgebung auf ihn so ein, daß
die eigene Seele wächst und wachsend sich gliedert, wie die Pflanze
gedeiht im Sonnenlichte. Milde und Schweigsamkeit in wahrer Geduld öffnen
die Seele der Seelenwelt, den Geist dem Geisterlande. – «Verharre
in Ruhe und Abgeschlossenheit, schließe die Sinne für das, was
sie dir vor deiner Geheimschulung überliefert haben, bringe alle Gedanken
zum Stillstand, die nach deinen vorherigen Gewohnheiten in dir auf- und
abwogten, werde ganz still und schweigsam in deinem Innern und warte in
Geduld, dann fangen höhere Welten an, deine Seelenaugen und Geistesohren
auszubilden. Du darfst nicht erwarten, daß du sogleich siehst und
hörst in der Seelen-und Geisterwelt. Denn was du tust, trägt
nur bei, deine höheren Sinne auszubilden. Seelisch sehen und geistig
hören aber wirst du erst, wenn du diese Sinne haben wirst. Hast du
eine Weile so in Ruhe und Abgeschlossenheit verharrt, so gehe an deine
gewohnten Tagesgeschäfte, indem du dir vorher noch tief den Gedanken
eingeprägt: es wird mir einmal werden, was mir werden soll, wenn ich
dazu reif bin. Und unterlasse es streng, etwas von den höheren Gewalten
durch deine Willkür an dich zu ziehen.» Das sind Anweisungen,
die jeder Geheimschüler von seinem Lehrer im Beginne des Weges erhält.
Beobachtet er sie, dann vervollkommnet er sich. Beobachtet er sie nicht,
dann ist alles Arbeiten vergebens. Aber sie sind nur für den schwierig,
der nicht Geduld und Standhaftigkeit hat. Es gibt keine anderen Hindernisse,
als diejenigen sind, die sich ein jeder selbst in den Weg wirft
und die auch jeder vermeiden kann, wenn er wirklich will. Das muß
immer wieder betont werden, weil sich viele eine ganz falsche Vorstellung
bilden über die Schwierigkeiten des Geheimpfades. Es ist in gewissem
Sinne leichter, die ersten Stufen dieses Pfades zu überschreiten,
als ohne Geheimschulung mit den alleralltäglichsten Schwierigkeiten
des Lebens fertig zu werden. – Außerdem durften hier nur solche Dinge
mitgeteilt werden, die von keinerlei Art von Gefahren begleitet sind für
die körperliche und seelische Gesundheit. Es gibt ja auch andere Wege,
die schneller zum Ziele führen; aber mit diesen hat, was hier gemeint
ist, nichts zu tun, weil sie gewisse Wirkungen auf den Menschen haben können,
die ein erfahrener Geheimkundiger nicht anstrebt. Da einiges von solchen
Wegen doch immer wieder in die Öffentlichkeit dringt, so muß
ausdrücklich davor gewarnt werden, sie zu betreten. Aus Gründen,
die nur der Eingeweihte verstehen kann, können diese Wege nie
in ihrer wahren Gestalt öffentlich bekanntgegeben werden. Und die
Bruchstücke, die dort und da erscheinen, können zu nichts Gedeihlichem,
wohl aber zur Untergrabung von Gesundheit, Glück und Seelenfrieden
führen. Wer sich nicht ganz dunklen Mächten anvertrauen will,
von deren wahrem Wesen und Ursprung er nichts wissen kann, der vermeide
es, sich auf solche Dinge einzulassen.
Es kann noch einiges gesagt werden über die
Umgebung, in welcher die Übungen der Geheimschulung vorgenommen werden
sollen. Denn darauf kommt einiges an. Doch liegt die Sache fast für
jeden Menschen anders. Wer in einer Umgebung übt, die nur von selbstsüchtigen
Interessen, zum Beispiel von dem modernen Kampfe ums Dasein, erfüllt
ist, der muß sich bewußt sein, daß diese Interessen nicht
ohne Einfluß bleiben auf die Ausbildung seiner seelischen Organe.
Zwar sind die inneren Gesetze dieser Organe so stark, daß dieser
Einfluß nicht ein allzu schädlicher werden kann. So wenig eine
Lilie durch eine noch so unangemessene Umgebung zu einer Distel werden
kann, so wenig kann sich das seelische Auge zu etwas anderem bilden, als
wozu es bestimmt ist, auch wenn die selbstsüchtigen Interessen der
modernen Städte darauf einwirken. Aber gut ist es unter allen Umständen,
wenn der Geheimschüler ab und zu den stillen Frieden und die innere
Würde und Anmut der Natur zu seiner Umgebung macht. Besonders günstig
liegt die Sache bei dem, der seine Geheimschulung ganz in der grünen
Pflanzenwelt oder zwischen sonnigen Bergen und dem lieben Weben der Einfalt
vornehmen kann. Das treibt die inneren Organe in einer Harmonie heraus,
die niemals in der modernen Stadt entstehen kann. Etwas besser als der
bloße Stadtmensch ist auch schon derjenige gestellt, welcher wenigstens
während seiner Kindheit Tannenluft atmen, Schneegipfel schauen und
das stille Treiben der Waldtiere und Insekten beobachten durfte. Keiner
derjenigen aber, denen es aufgegeben ist, in der Stadt zu leben, darf es
unterlassen, seinen in Bildung begriffenen Seelen- und Geistesorganen als
Nahrung die inspirierten Lehren der Geistesforschung zuzuführen. Wessen
Auge nicht jeden Frühling die Wälder Tag für Tag in ihrem
Grün verfolgen kann, der sollte dafür seinem Herzen die erhabenen
Lehren der Bhagavad-Gita, des
Johannes-Evangeliums, des Thomas
von Kempen und die Darstellungen der geisteswissenschaftlichen Ergebnisse
zuführen. Viele Wege gibt es zum Gipfel der Einsicht; aber eine richtige
Wahl ist unerläßlich. – Der Geheimkundige weiß gar manches
über solche Wege zu sagen, was dem Uneingeweihten absonderlich erscheint.
Es kann zum Beispiel jemand sehr weit auf dem Geheimpfade sein. Er kann
sozusagen unmittelbar vor dem Öffnen der seelischen Augen und geistigen
Ohren stehen; und dann hat er das Glück, eine Fahrt über das
ruhige oder vielleicht auch das wildbewegte Meer zu machen, und eine Binde
löst sich von seinen Seelenaugen: plötzlich wird er sehend. –
Ein anderer ist ebenfalls so weit, daß diese Binde sich nur zu lösen
braucht; es geschieht durch einen starken Schicksalsschlag. Auf einen anderen
Menschen hätte dieser Schlag wohl den Einfluß gehabt, daß
er seine Kraft lähmte, seine Energie untergrübe; für den
Geheimschüler wird er zum Anlaß der Erleuchtung. – Ein dritter
harrt in Geduld aus; Jahre hindurch hat er so geharrt, ohne eine merkliche
Frucht. Plötzlich in seinem ruhigen Sitzen in der stillen Kammer wird
es geistig Licht um ihn, die Wände verschwinden, werden seelisch durchsichtig,
und eine neue Welt breitet sich vor seinem sehend gewordenen Auge aus oder
erklingt seinem hörend gewordenen Geistesohre.
DIE BEDINGUNGEN
ZUR GEHEIMSCHULUNG
Die Bedingungen zum Antritt der Geheimschulung sind
nicht solche, die von irgend jemand durch Willkür festgesetzt werden.
Sie ergeben sich aus dem Wesen des Geheimwissens. Wie ein Mensch nicht
Maler werden kann, der keinen Pinsel in die Hand nehmen Will, so kann niemand
eine Geheimschulung empfangen, der nicht erfüllen will, was die Geheimlehrer
als notwendige Forderung angeben. Im Grunde kann der Geheimlehrer nichts
geben als Ratschläge. Und in diesem Sinne ist auch alles aufzunehmen,
was er sagt. Er hat die vorbereitenden Wege zum Erkennen der höheren
Welten durchgemacht. Er weiß aus Erfahrung, was notwendig ist. Es
hängt ganz von dem freien Willen des einzelnen ab, ob er die
gleichen Wege wandeln will oder nicht. Wenn jemand verlangen wollte, daß
ihm ein Lehrer eine Geheimschulung zukommen ließe, ohne die Bedingungen
erfüllen zu wollen, so gliche eine solche Forderung eben durchaus
der: lehre mich malen, aber befreie mich davon, einen Pinsel zu berühren.
– Der Geheimlehrer kann auch niemals etwas bieten, wenn ihm nicht der freie
Wille des Aufnehmenden entgegenkommt. Aber es muß betont werden,
daß der allgemeine Wunsch nach höherem Wissen nicht genügt.
Diesen Wunsch werden natürlich viele haben. Wer nur diesen
Wunsch hat, ohne auf die besonderen Bedingungen der Geheimschulung
eingehen zu wollen, von dem kann zunächst nichts erreicht werden.
Das sollen diejenigen bedenken, die sich darüber beklagen, daß
die Geheimschulung ihnen nicht leicht wird. Wer die strengen Bedingungen
nicht erfüllen kann oder will, der muß eben vorläufig
auf Geheimschulung verzichten. Zwar sind die Bedingungen streng,
aber nicht hart, da ihre Erfüllung nicht nur eine freie
Tat sein soll, sondern sogar sein muß.
Wer das nicht bedenkt, für den können
die Forderungen der Geheimschulung leicht als Seelen- oder Gewissenszwang
erscheinen. Denn die Schulung beruht ja auf einer Ausbildung des inneren
Lebens; der Geheimlehrer muß also Ratschläge erteilen, die
sich auf dieses innere Leben beziehen. Aber nichts kann als Zwang aufgefaßt
werden, was als Ausfluß eines freien Entschlusses gefordert wird.
– Wenn jemand von dem Lehrer forderte: teile mir deine Geheimnisse mit,
aber lasse mich bei meinen gewohnten Empfindungen, Gefühlen und Vorstellungen,
so verlangt er eben etwas ganz Unmögliches. Er will dann nichts weiter
als die Neugierde, den Wissenstrieb befriedigen. Bei einer solchen Gesinnung
kann aber Geheimwissen nie erlangt werden.
Es sollen nun der Reihe nach die Bedingungen für
den Geheimschüler entwickelt werden. Es muß betont werden, daß
bei keiner dieser Bedingungen eine vollständige Erfüllung
verlangt wird, sondern lediglich das Streben nach einer solchen
Erfüllung. Ganz erfüllen kann die Bedingungen niemand;
aber sich auf den Weg zu ihrer Erfüllung begeben kann jeder. Nur auf
den Willen, auf die Gesinnung, sich auf diesen Weg zu begeben, kommt es
an.
Die erste Bedingung ist: man richte sein Augenmerk
darauf, die körperliche und geistige Gesundheit zu fördern.
Wie gesund ein Mensch ist, das hängt zunächst natürlich
nicht von ihm ab. Danach trachten, sich nach dieser Richtung zu fördern,
das kann ein jeder. Nur aus einem gesunden Menschen kann gesunde Erkenntnis
kommen. Die Geheimschulung weist einen nicht gesunden Menschen nicht zurück;
aber sie muß verlangen, daß der Schüler den Willen habe,
gesund zu leben. – Darinnen muß der Mensch die möglichste Selbständigkeit
erlangen. Die guten Ratschläge anderer, die – zumeist ungefragt –
jedem zukommen, sind in der Regel ganz überflüssig. Ein jeder
muß sich bestreben, selbst auf sich zu achten. – Vielmehr wird es
sich in physischer Beziehung darum handeln, schädliche Einflüsse
abzuhalten, als um anderes. Um unsere Pflichten zu erfüllen, müssen
wir uns ja oft Dinge auferlegen, die unserer Gesundheit nicht förderlich
sind. Der Mensch muß verstehen, im rechten Falle die Pflicht höher
zu stellen als die Sorge um die Gesundheit. Aber was kann nicht alles unterlassen
werden bei einigem guten Willen! Die Pflicht muß in vielen Fällen
höher stehen als die Gesundheit, ja oft höher als das Leben;
der Genuß darf es bei dem Geheimschüler nie. Bei ihm
kann der Genuß nur ein Mittel für Gesundheit und Leben
sein. Und es ist in dieser Richtung durchaus notwendig, daß man ganz
ehrlich und wahrhaftig gegen sich selbst sei. Nichts nützt es, ein
asketisches Leben zu führen, wenn dieses aus ähnlichen Beweggründen
entspringt wie andere Genüsse. Es kann jemand an dem Asketismus ein
Wohlgefallen haben wie ein anderer am Weintrinken. Er kann aber nicht hoffen,
daß ihm dieser Asketismus etwas zu höherer Erkenntnis nütze.
– Viele schieben alles, was sie scheinbar hindert, sich nach dieser Richtung
zu fördern, auf ihre Lebenslage. Sie sagen: «Bei meinen Lebensverhältnissen
kann ich mich nicht entwickeln.» Es mag für viele in anderer
Beziehung wünschenswert sein, ihre Lebenslage zu ändern; zum
Zwecke der Geheimschulung braucht dies kein Mensch zu tun. Zu diesem Ziele
braucht man nur gerade in der Lage, in der man ist, so viel für seine
leibliche und seelische Gesundheit zu tun, als möglich ist. Eine jegliche
Arbeit kann dem Ganzen der Menschheit dienen; und es ist viel größer
von der Menschenseele, sich klarzumachen, wie notwendig eine kleinliche,
vielleicht häßliche Arbeit für dieses Ganze ist, als zu
glauben: «Diese Arbeit ist für mich zu schlecht, ich bin zu
anderem berufen.» – Besonders wichtig für den Geheimschüler
ist das Streben nach völliger geistiger Gesundheit. Ungesundes Gemüts-
und Denkleben bringt auf alle Fälle von den Wegen zu höheren
Erkenntnissen ab. Klares, ruhiges Denken, sicheres Empfinden und Fühlen
sind hier die Grundlage. Nichts soll ja dem Geheimschüler ferner liegen
als die Neigung zum Phantastischen, zum aufgeregten Wesen, zur Nervosität,
zur Exaltation, zum Fanatismus. Einen gesunden Blick für alle Verhältnisse
des Lebens soll er sich aneignen; sicher soll er sich im Leben zurechtfinden;
ruhig soll er die Dinge zu sich sprechen und auf sich wirken lassen. Er
soll sich bemühen, überall, wo es nötig ist, dem Leben gerecht
zu werden. Alles Überspannte, Einseitige soll in seinem Urteilen und
Empfinden vermieden werden. Würde diese Bedingung nicht erfüllt,
so käme der Geheimschüler statt in höhere Welten in diejenige
seiner eigenen Einbildungskraft; statt der Wahrheit machten sich Lieblingsmeinungen
bei ihm geltend. Besser ist es für den Geheimschüler, «nüchtern»
zu sein als exaltiert und phantastisch.
Die zweite Bedingung ist, sich als ein Glied
des ganzen Lebens zu fühlen. In der Erfüllung dieser Bedingung
ist viel eingeschlossen. Aber ein jeder kann sie nur auf seine eigene Art
erfüllen. Bin ich Erzieher und mein Zögling entspricht nicht
dem, was ich wünsche, so soll ich mein Gefühl zunächst nicht
gegen den Zögling richten, sondern gegen mich selbst. Ich soll mich
so weit als eins mit meinem Zögling fühlen, daß ich mich
frage: «Ist das, was beim Zögling nicht genügt, nicht die
Folge meiner eigenen Tat?» Statt mein Gefühl gegen ihn zu richten,
werde ich dann vielmehr darüber nachdenken, wie ich mich selbst verhalten
soll, damit in Zukunft der Zögling meinen Forderungen besser entsprechen
könne. Aus solcher Gesinnungsart heraus ändert sich allmählich
die ganze Denkungsart des Menschen. Das gilt für das Kleinste wie
für das Größte. Ich sehe aus solcher Gesinnung heraus zum
Beispiel einen Verbrecher anders an als ohne dieselbe. Ich halte zurück
mit meinem Urteile und sage mir: «Ich bin nur ein Mensch wie dieser.
Die Erziehung, die durch die Verhältnisse mir geworden ist, hat mich
vielleicht allein vor seinem Schicksale bewahrt.» Ich komme
dann wohl auch zu dem Gedanken, daß dieser Menschenbruder ein anderer
geworden wäre, wenn die Lehrer, die ihre Mühe auf mich verwendet
haben, sie hätten ihm angedeihen lassen. Ich werde bedenken, daß
mir etwas zuteil geworden ist, was ihm entzogen war, daß ich mein
Gutes gerade dem Umstand verdanke, daß es ihm entzogen worden ist.
Und dann wird mir die Vorstellung auch nicht mehr ferne liegen, daß
ich nur ein Glied in der ganzen Menschheit bin und mitverantwortlich
für alles, was geschieht. Es soll hier nicht gesagt werden, daß
ein solcher Gedanke sich sofort in äußere agitatorische Taten
umsetzen soll. Aber still in der Seele soll er gepflegt werden. Dann wird
er sich ganz allmählich in dem äußeren Verhalten eines
Menschen ausprägen. Und in solchen Dingen kann doch jeder nur bei
sich selbst zu reformieren anfangen. Nichts fruchtet es, im Sinne solcher
Gedanken allgemeine Forderungen an die Menschheit zu stellen. Wie die Menschen
sein sollen: darüber ist leicht ein Urteil gebildet; der Geheimschüler
aber arbeitet in der Tiefe, nicht an der Oberfläche. Es wäre
daher ganz unrichtig, wenn man die hier angedeutete Forderung der Geheimlehrer
mit irgendeiner äußerlichen, etwa gar einer politischen Forderung
in Verbindung brächte, mit der die Geistesschulung nichts zu tun haben
kann. Politische Agitatoren «wissen» in der Regel, was von
anderen Menschen zu «fordern» ist; von Forderungen an sich
selbst ist bei ihnen weniger die Rede.
Und damit hängt die dritte Bedingung für
die Geheimschulung unmittelbar zusammen. Der Zögling muß sich
zu der Anschauung emporringen können, daß seine Gedanken und
Gefühle ebenso Bedeutung für die Welt haben wie seine Handlungen.
Es muß erkannt werden, daß es ebenso verderblich ist, wenn
ich meinen Mitmenschen hasse, wie wenn ich ihn schlage. Dann komme ich
auch zu der Erkenntnis, daß ich nicht nur für mich etwas tue,
wenn ich mich selbst vervollkommene, sondern auch für die Welt. Aus
meinen reinen Gefühlen und Gedanken zieht die Welt ebensolchen Nutzen
wie aus meinem Wohlverhalten. Solange ich nicht glauben kann an diese Weltbedeutung
meines Innern, so lange tauge ich nicht zum Geheimschüler. Erst dann
bin ich von dem rechten Glauben an die Bedeutung meines Inneren, meiner
Seele erfüllt, wenn ich an diesem Seelischen in der Art arbeite, als
wenn es zum mindesten ebenso wirklich wäre wie alles Äußere.
Ich muß zugeben, daß mein Gefühl ebenso eine Wirkung hat
wie eine Verrichtung meiner Hand.
Damit ist eigentlich schon die vierte Bedingung
ausgesprochen: die Aneignung der Ansicht, daß des Menschen eigentliche
Wesenheit nicht im Äußerlichen, sondern im Inneren liegt. Wer
sich nur als ein Produkt der Außenwelt ansieht, als ein Ergebnis
der physischen Welt, kann es in der Geheimschulung zu nichts bringen. Sich
als seelisch-geistiges Wesen fühlen ist eine Grundlage für solche
Schulung. Wer zu solchem Gefühle vordringt, der ist dann geeignet
zu unterscheiden zwischen innerer Verpflichtung und dem äußeren
Erfolge. Er lernt erkennen, daß das eine nicht unmittelbar an dem
anderen gemessen werden kann. Der Geheimschüler muß die rechte
Mitte finden zwischen dem, was die äußeren Bedingungen vorschreiben,
und dem, was er als das Richtige für sein Verhalten erkennt. Er soll
nicht seiner Umgebung etwas aufdrängen, wofür diese kein Verständnis
haben kann; aber er soll auch ganz frei sein von der Sucht, nur das zu
tun, was von dieser Umgebung anerkannt werden kann. Die Anerkennung für
seine Wahrheiten muß er einzig und allein in der Stimme seiner ehrlichen,
nach Erkenntnis ringenden Seele suchen. Aber lernen soll er von
seiner Umgebung, soviel er nur irgend kann, um herauszufinden, was ihr
frommt und nützlich ist. So wird er in sich selbst das entwickeln,
was man in der Geheimwissenschaft die «geistige Waage» nennt.
Auf einer ihrer Waageschalen liegt ein «offenes Herz» für
die Bedürfnisse der Außenwelt, auf der anderen «innere
Festigkeit und unerschütterliche Ausdauer».
Und damit ist auf die fünfte Bedingung gedeutet:
die Standhaftigkeit in der Befolgung eines einmal gefaßten Entschlusses.
Nichts darf den Geheimschüler dazu bringen, von einem gefaßten
Entschluß abzukommen, als lediglich die Einsicht, daß er im
Irrtume befangen ist. Jeder Entschluß ist eine Kraft, und wenn diese
Kraft auch nicht einen unmittelbaren Erfolg da hat, wohin sie zunächst
gewandt ist, sie wirkt in ihrer Weise. Der Erfolg ist nur entscheidend,
wenn man eine Handlung aus Begierde vollbringt. Aber alle Handlungen, die
aus Begierde vollbracht werden, sind wertlos gegenüber der höheren
Welt. Hier entscheidet allein die Liebe zu einer Handlung. In dieser
Liebe soll sich ausleben alles, was den Geheimschüler zu einer
Handlung treibt. Dann wird er auch nicht erlahmen, einen Entschluß
immer wieder in Tat umzusetzen, wie oft er ihm auch mißlungen sein
mag. Und so kommt er dazu, nicht erst die äußeren Wirkungen
seiner Taten abzuwarten, sondern sich an den Handlungen selbst zu befriedigen.
Er wird lernen, seine Taten, ja sein ganzes Wesen der Welt zu opfern, wie
auch immer diese sein Opfer aufnehmen mag. Zu solchem Opferdienst muß
sich bereit erklären, wer Geheimschüler werden will.
Eine sechste Bedingung ist die Entwickelung des
Gefühles der Dankbarkeit gegenüber allem, was dem Menschen
zukommt. Man muß wissen, daß das eigene Dasein ein Geschenk
des ganzen Weltalls ist. Was ist alles notwendig, damit jeder von uns sein
Dasein empfangen und fristen kann! Was verdanken wir der Natur und anderen
Menschen! Zu solchen Gedanken müssen diejenigen geneigt sein, die
Geheimschulung wollen. Wer sich ihnen nicht hingeben kann, der vermag nicht
in sich jene Alliebe zu entwickeln, die notwendig ist, um zu höherer
Erkenntnis zu kommen. Etwas, das ich nicht liebe, kann sich mir nicht offenbaren.
Und eine jede Offenbarung muß mich mit Dank erfüllen, denn ich
werde durch sie reicher.
Alle die genannten Bedingungen müssen sich
in einer siebenten vereinigen: das Leben unablässig in dem Sinne aufzufassen,
wie es die Bedingungen fordern. Dadurch schafft sich der Zögling die
Möglichkeit, seinem Leben ein einheitliches Gepräge zu geben.
Seine einzelnen Lebensäußerungen werden miteinander im Einklang,
nicht im Widerspruche stehen. Er wird zu der Ruhe vorbereitet sein, zu
welcher er kommen muß während der ersten Schritte in der Geheimschulung.
Hat jemand den ernsten und ehrlichen Willen, die
angegebenen Bedingungen zu erfüllen, dann mag er sich zur Geistesschulung
entschließen. Er wird sich dann bereitfinden, die angeführten
Ratschläge zu befolgen. Es mag gar manchem vieles an diesen Ratschlägen
wie etwas Äußerliches erscheinen. Ein solcher wird vielleicht
sagen, er hätte erwartet, daß die Schulung in weniger strengen
Formen verlaufen sollte. Aber alles Innere muß sich in einem
Äußeren ausleben. Und ebensowenig, wie ein Bild schon da ist,
wenn es bloß im Kopf des Malers existiert, ebensowenig kann eine
Geheimschulung ohne äußeren Ausdruck sein. Nur diejenigen achten
die strengen Formen gering, welche nicht wissen, daß im Äußeren
das Innere zum Ausdruck kommen muß. Es ist wahr, daß es auf
den Geist einer Sache ankommt und nicht auf die Form. Aber so wie
die Form ohne den Geist nichtig ist, so wäre der Geist tatenlos, wenn
er sich nicht eine Form erschüfe.
Die gestellten Bedingungen sind geeignet, den Geheimschüler
stark genug zu machen, um auch die weiteren Forderungen zu erfüllen,
welche die Geistesschulung an ihn stellen muß. Fehlen ihm diese Bedingungen,
dann wird er vor jeder neuen Anforderung mit Bedenken stehen. Er wird ohne
sie das Vertrauen nicht zu den Menschen haben können, das für
ihn notwendig ist. Und auf Vertrauen und wahre Menschenliebe muß
alles Wahrheitsstreben gebaut sein. Es muß darauf gebaut sein,
obgleich es nicht daraus entspringen, sondern nur aus der eigenen
Seelenkraft quellen kann. Und die Menschenliebe muß sich allmählich
erweitern zur Liebe zu allen Wesen, ja zu allem Dasein. Wer die genannten
Bedingungen nicht erfüllt, wird auch nicht die volle Liebe zu allem
Aufbauen, zu allem Schaffen haben, und die Neigung, alle Zerstörung,
alles Vernichten als solche zu unterlassen. Der Geheimschüler muß
so werden, daß er nie etwas vernichtet um des Vernichtens willen,
nicht in Handlungen, aber auch nicht in Worten, Gefühlen und Gedanken.
Für ihn soll es Freude am Entstehen, am Werden geben; und nur dann
darf er die Hand bieten zu einer Vernichtung, wenn er auch imstande ist,
aus und durch die Vernichtung neues Leben zu fördern. Damit ist nicht
gemeint, daß der Geheimschüler zusehen darf, wie das Schlechte
überwuchert; aber er soll sogar am Schlechten diejenigen Seiten suchen,
durch die er es in ein Gutes wandeln kann. Er wird sich immer klarer darüber,
daß die richtigste Bekämpfung des Schlechten und Unvollkommenen
das Schaffen des Guten und Vollkommenen ist. Der Geheimschüler weiß,
daß aus dem Nichts nicht etwas geschaffen werden kann, daß
aber das Unvollkommene in ein Vollkommenes umgewandelt werden kann. Wer
in sich die Neigung zum Schaffen entwickelt, der findet auch bald die Fähigkeit,
sich dem Schlechten gegenüber richtig zu verhalten.
Wer in eine Geheimschulung sich einläßt,
muß sich klarmachen, daß durch sie gebaut und nicht zerstört
werden soll. Er soll daher den Willen zur ehrlichen, hingebungsvollen Arbeit,
nicht zur Kritik und zum Zerstören mitbringen. Er soll der Andacht
fähig sein, denn man soll lernen, was man noch nicht weiß.
Man soll andächtig zu dem blicken, was sich erschließt. Arbeit
und Andacht: das sind Grundgefühle, die von dem Geheimschüler
gefordert werden müssen. Mancher wird erfahren müssen, daß
er in der Schulung nicht vorwärtskommt, trotzdem er, nach seiner Ansicht,
rastlos tätig ist. Es kommt davon her, daß er die Arbeit und
Andacht nicht im rechten Sinne erfaßt hat. Diejenige Arbeit wird
den geringsten Erfolg haben, die um dieses Erfolges willen unternommen
wird, und dasjenige Lernen wird am wenigsten vorwärtsbringen, das
ohne Andacht verläuft. Die Liebe zur Arbeit, nicht zum Erfolg,
bringt allein vorwärts. Und wenn der Lernende gesundes Denken und
sicheres Urteilen sucht, so braucht er sich nicht durch Zweifel und Mißtrauen
die Andacht zu verkümmern.
Man braucht nicht zu sklavischer Abhängigkeit
im Urteilen zu kommen, wenn man einer Mitteilung, die man empfängt,
nicht zuerst die eigene Meinung, sondern eine ruhige Andacht und Hingabe
entgegenbringt. Diejenigen, welche in der Erkenntnis einiges erlangt haben,
wissen, daß sie nicht dem eigensinnigen persönlichen Urteile,
sondern dem ruhigen Hinhorchen und Verarbeiten alles verdanken. Man soll
stets im Auge behalten, daß man das nicht mehr zu lernen braucht,
was man schon beurteilen kann. Will man also nur urteilen, so kann
man überhaupt nicht mehr lernen. In der Geheimschulung kommt es aber
auf das Lernen an. Man soll da ganz und gar den Willen haben, ein Lernender
zu sein. Kann man etwas nicht verstehen, dann urteile man lieber gar nicht,
als daß man verurteile. Man lasse sich dann das Verständnis
für eine spätere Zeit. – Je höher man die Stufen der Erkenntnis
hinansteigt, desto mehr hat man dieses ruhige, andächtige Hinhorchen
nötig. Alles Erkennen der Wahrheit, alles Leben und Handeln in der
Welt des Geistes wird auf höheren Gebieten subtil, zart im Vergleich
mit den Verrichtungen des gewöhnlichen Verstandes und des Lebens in
der physischen Welt. Je mehr sich die Kreise des Menschen erweitern, desto
feiner werden die Verrichtungen, die er vorzunehmen hat. Weil dies so ist,
deshalb kommen die Menschen in bezug auf höhere Gebiete zu so verschiedenen
«Ansichten» und «Standpunkten». Allein, es gibt
auch über höhere Wahrheiten in Wirklichkeit nur eine Meinung.
Man kann zu dieser einen Meinung kommen, wenn man sich durch Arbeit
und Andacht dazu erhoben hat, die Wahrheit wirklich zu schauen. Nur derjenige
kann zu einer Ansicht kommen, die von der einen wahren abweicht, der, nicht
genügend vorbereitet, nach seinen Lieblingsvorstellungen, seinen gewohnten
Gedanken und so weiter urteilt. Wie es nur eine Ansicht über einen
mathematischen Lehrsatz gibt, so auch über die Dinge der höheren
Welten. Aber man muß sich erst vorbereiten, um zu einer solchen «Ansicht»
kommen zu können. Wenn man das bedenken wollte, so würden für
niemand die Bedingungen der Geheimlehrer etwas Überraschendes haben.
Es ist durchaus richtig, daß die Wahrheit und das höhere Leben
in jeder Menschenseele wohnen und daß sie ein jeder selbst finden
kann und muß. Aber sie liegen tief und können nur nach Hinwegräumung
von Hindernissen aus ihren tiefen Schächten heraufgeholt werden. Wie
man das vollbringt, darüber kann nur raten, wer Erfahrung in der Geheimwissenschaft
hat. Solchen Rat gibt die Geisteswissenschaft. Sie drängt niemand
eine Wahrheit auf, sie verkündet kein Dogma; sie zeigt aber einen
Weg. Zwar könnte jeder – vielleicht aber erst nach vielen Verkörperungen
– diesen Weg auch allein finden; doch ist es eine Verkürzung des Weges,
was in der Geheimschulung erreicht wird. Der Mensch gelangt dadurch früher
zu einem Punkte, auf dem er mitwirken kann in den Welten, wo das Menschenheil
und die Menschenentwickelung durch geistige Arbeit gefördert werden.
Damit sind die Dinge angedeutet, welche zunächst
über die Erlangung höherer Welterfahrung mitgeteilt werden sollen.
Im nächsten Kapitel sollen diese Ausführungen dadurch fortgesetzt
werden, daß gezeigt wird, was in den höheren Gliedern der Menschennatur
(im Seelenorganismus oder Astralleib und im Geiste oder Gedankenleib) vorgeht
während dieser Entwickelung. Dadurch werden diese Mitteilungen in
eine neue Beleuchtung gerückt, und es wird in einem tieferen Sinne
in sie eingedrungen werden können.
Rudolf
Steiner:
Wie erlangt man
Erkenntnisse der höheren Welten?
Vorrede 1909 : Vorrede
1914 : Nachwort 1918
Bedingungen : Innere
Ruhe
Die Stufen
der Einweihung
Die Vorbereitung : Die
Erleuchtung : Kontrolle
der Gedanken und Gefühle
Die Einweihung
Praktische Gesichtspunkte
Die Bedingungen zur
Geheimschulung
Über
einige Wirkungen der Einweihung
Veränderungen
im Traumleben des Geheimschülers
Die
Erlangung der Kontinuität des Bewußtseins
Die
Spaltung der Persönlichkeit während der Geistesschulung
Der Hüter der Schwelle
Leben und Tod : Der große
Hüter der Schwelle
*
* *
*
* *
*
Schriftauslegung
der Lebensschrift-Chiffre:Novalis, Die Lehrlinge zu Sais
-
- – kannst du die Schrift, die Ornamente finden / die Salomon versiegelt
mit Verstand – – –
Abu
Hamid al-Ghazzali: das
große Gleichnis vom Schreibrohr der Lebens-Chiffernschrift
°
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Theol. prima pars qu.2: IST Gott? Fünf
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der Schriften und Lebenslauf Rudolf Steiners
Rudolf Steiner : Wie erlangt man Erkenntnisse
der höheren Welten? : Die Einweihung