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(Vom See her vernimmt
man plötzlich
Geschrei und das Rufen der Ritter und Knappen.) (Gurnemanz und die vier Knappen fahren auf und wenden sich erschrocken um.) KNAPPEN UND RITTER
Auf! – Wer ist der Frevler? vom See daher: die Knappen und Ritter folgen ihm nach auf die Szene.) GURNEMANZ
matt zu Boden; der zweite Ritter zieht ihm den Pfeil aus der Brust.) ERSTER RITTER
als überm See kreiste der Schwan: da flog ein Pfeil - (Parsifal hereinführend - auf Parsifals Bogen weisend)
Dies der Bogen! (den Pfeil aufweisend)
Und bangt' es dich nicht vor der Tat?
Du konntest morden, hier im heil'gen Walde, des' stiller Frieden dich umfing? Des Haines Tiere nahten dir nicht zahm, grüßten dich freundlich und fromm? Aus den Zweigen, was sangen die Vöglein dir? Was tat dir der treue Schwan? Sein Weibchen zu suchen flog der auf, mit ihm zu kreisen über dem See, den so er herrlich weihte zum Bad. Dem stauntest du nicht? Dich lockt' es nur zu wild kindischem Bogengeschoß? - Er war uns hold: was ist er nun dir? Hier – schau' her! – hier trafst du ihn: da starrt noch das Blut, matt hängen die Flügel; das Schneegefieder dunkel befleckt, - gebrochen das Aug', siehst du den Blick? Ergriffenheit zugehört; jetzt zerbricht er seinen Bogen und schleudert die Pfeile von sich.) Wirst deiner Sündentat du inne? -
Erkennst du deine große Schuld? Wie konntest du sie begeh'n?
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Selten zitiert
Wagner sich selbst, aber hier ist es der Fall: das gleiche Moll-Dur-Wechselmotiv
wie im Lohengrin zum Schwan des Gralsritters. Dort war es der verwandelte
Graf von Telramund, ein Kind, verzaubert von Ortrud. Hier könnten
die Adligen der Gralsrunde symbolisiert sein, die Berufenen vielleicht
- Gegenbild: "Such dir Gänser die Gans" am Ende
dieses ersten Parsifal-Aktes (natürlich in Anspielung auf diese "Untat"
beim erstem Auftauchen des naiven Draufgängers).
Wie eine Deutung darauf verfallen konnte, die Gralsritter im Parsifal für Mitglieder einer esoterisch-edlen Bruderschaft zu halten, ist völlig schleierhaft: Von Anfang an offenbart ihr deutlich exemplifiziertes Verhalten einen dürftigen moralischen Stand; sie können kaum bei Gurnemanz in die Lehre gegangen sein. Die Musik unterstreicht die Betonung "DER war's! DER schoß! - Strafe den Frevler": All diese Chorknaben sind ein einziger nackter Zeigefinger. Gurnemanz bildet dazu den pädagogischen Kontrast, erkundigt sich beim angeblichen Täter selbst, fragt, statt vor-zu-urteilen, stellt Zusammenhänge her, sensibilisiert mit seinen Hinweisen auf den Wald, seine heiligen Tiere und deren sanftes Verhalten den Draufgänger und führt sinnfällig-überzeugend eine Verhaltensänderung bei diesem neuen Schüler herbei. Besonders deutlich wird diese Überzeugungsarbeit im Vergleich mit dem Tempelpriester des anderen großen Initiations-Bühnenmusikwerks, der "Zauberflöte", die doch so märchenhaft-lustig daherkommt im Verhältnis zum schweren Schreiten und fast rhythmuslos-langsamen Fluß der Parsifal-Klangprozession. Sarastros Umgang mit seinem Mohren, die brutale Bestrafung, und die unsäglichen Drohungen von der Allgemeingültigkeit des "Wen solche Lehren nicht erfreun, verdienet nicht, ein Mensch zu sein", belegen Lücken in der Humanität jenes angeblich freimaurerisch-aufgeklärten Werks; nun – auch hier, im Bühnenweihfestspiel, zeigen sich solche Lücken, Risse und Abgründe, aber sie gehören zum Problem, zum Sündenfall der Gralsgemeinschaft und ihrer Erstarrung, die sich noch zu Beginn des dritten Aufzugs vollenden wird, bevor der Schrein für immer geöffnet und der Gral für immer aus diesem okkulten Kreis herausgehoben wird. Die Belehrung will die Natur bewußt machen, das Schwanenpaar im Paarungsritual, das der Junge, vorpubertär verständnislos, so wenig wahrnahm wie er später die "Absichten" der Blumenmädchen verstehen wird. Die Fragen des Lehrers dienen nun nicht nur der anamnetischen Belehrung des Wilderers und seiner Reue, sondern sie lassen ihn ahnen, daß er ein "reiner Tor" sein könnte, ein Mensch eben der Art, wie das Gral-Orakel ihn gewissermaßen noch einmal geradezu "pünktlich zu seinem Erscheinen" gefordert und versprochen hat. Die Rolle der Natur ist Wagners romantisches "Sondergut"; allenfalls der lyrische Anfang des Epos bei Chrétien, (vergleichbar auch dem österlichen Jubel der Natur, der Tiere, der Vögel beim Aufbruch des Christian Rosencreutz aus seiner Klause) steht dem nahe. Aber die Natur dort ist nicht die Gralsumgebung, sondern das Paradies des Kindes, des Heranwachsenden, der von seiner Mutter Herzeloyde mit aller Kraft von der Welt und ihrem zivilisatorischen Treiben ferngehalten wird, um ihn nicht verlieren zu müssen wie den Gatten Gahmuret, den heldenhaften Vater des Jungen (Wolfram: 111 ff; vgl. Kundrys maieutische "Muttergrüße" im zweiten Aufzug). - Chrétien: "Ce fu au tans qu'arbre foillissent, que glai et bois et pre verdissent, et cil oisel en lor latin cantent doucement au matin et tote riens de joie aflamme, que li fix a la veve fame de la gaste forest soutaine se leva, et ne li fu paine que il sa sele ne meist sor son chacheor et preist trois gavelos, et tout issi fors del manoir sa mere issi ..." - und zu den kindischen Schießübungen des Jungen in der Einöde Soltane heißt es bei Wolfram (118): bogen und bölzelîn die sneit er mit sîn selbes hant, und schôz vil vogele die er vant. swenne aber er den vogel erschôz, des schal von sange ê was sô grôz, sô weinde er unde roufte sich, an sîn hâr kêrt er gerich. "Natur" ist bei Wagner nun die gemeinsame Achse der beiden Welten, gewissermaßen der Berg zwischen ihnen (Montsalvat) mit seinem Nord- und Südabhang. Untergründig-dionysisch Kundry in ihrer Gespaltenheit und Doppelfunktion, apollinisch über Tage die geheiligte Tierwelt im Gralsgebiet einerseits und die zwar verführerische, aber in sich selbst lieblich-verspielte Blumenwelt des Zauberschlosses. Der "Unschuldstag" der Natur wirkt schon vor der "Erlösung des Erlösers" bzw. der Heilung des Amfortas. Unschuldig wird sie schuldig zunächst hier, mit der Schwanentötung des unkultivierten Naturburschen, später in der List Klingsors. Eigenartig die Heiligkeit der Tierwelt gegenüber einer gierig rankenden Blumenwelt; dieser Rollentausch wird im zweiten Aufzug noch deutlicher. |
GURNEMANZ
doch weiß ich ihrer keinen mehr.
erfand bisher ich Kundry nur. - versammelt haben.)
Versäumt den König im Bade nicht! - Helft! ehrerbietig auf eine Bahre von frischen Zweigen und entfernen sich mit ihm dann nach dem See zu. Schließlich bleiben Gurnemanz, Parsifal und – abseits – Kundry allein zurück.) |
Parsifal als
reiner Tor, der nicht einmal seinen Namen kennt, da die Mutter ihn von
aller Welt abgeschirmt hat: in der ersten Begegnung mit Sigune (140):
ê si den knappen rîten lieze, si vrâgte in ê wie er hieze, und jach er trüege den gotes vlîz. "er trüge den Fleiß Gottes" – gemeint ist seine ansehnliche Gestalt – und er antwortet mit französischen "Anreden": "bon vîz, scher fîz, bêâ fîz, alsus hât mich genennet der mich dâ heime erkennet." Namenlosigkeit und zugleich Vielnamigkeit auch bei Kundry, jedenfalls da, wo Klingsor sie beschwört; dort aber eher Zeichen einer (allzu wach-bewußten, erfahrungsschweren) Inkarnationen-Kette, hier dagegen Merkmal kindlicher Unreife: der Junge ist noch nicht "namhaft" inkarniert. Kundry wird ihre Namen nicht los, sie lasten wie ein Fluch auf ihr; Parsifal "weiß ihrer keinen mehr". Gurnemanz' Beurteilung der Kundry als "dumm" belegt noch einmal die beschränkte Reichweite im Bewußtsein der Gralsritterschaft oder sogar im Erkenntnisvermögen ihrer Lehrer. Die Gespaltenheit der Szene (Gral auf der Nordseite, Klingsor auf der Südseite des gleichen Berges), und damit die Bewußtseinsgliederung, die oben beschrieben wurde (und für die das von Nietzsche in "Die Geburt der Tragödie" zum Ausgangspunkt genommene "Verklärungs"-Bild Raffaels die deutlichste Darstellung sein mag), wird konsequent an allen Stellen des Parsifal bis zum "Kuß" in der Mitte des Werkes durchgehalten. Zugleich wird eine Art Verwandtschaft zwischen den beiden "Toren" geknüpft bzw. geahnt; sie bleiben nun als Schüler bei dem weiter "untersuchenden" Lehrer zurück. |
GURNEMANZ
was ich dich frage: jetzt meld', was du weißt; denn etwas mußt du doch wissen.
Herzeleide sie heißt: im Wald und auf wilder Aue waren wir heim.
die wilden Adler wegzuscheuchen.
und hochgeboren: warum nicht ließ deine Mutter bessere Waffen dich lehren? (welche während der Erzählung des Gurnemanz von Amfortas' Schicksal oft in wütender Unruhe heftig sich umgewendet hatte, nun aber, immer in der Waldecke gelagert, den Blick scharf auf Parsifal gerichtet hat, ruft jetzt, da Parsifal schweigt, mit rauher Stimme daher)
als im Kampf erschlagen Gamuret; vor gleichem frühen Heldentod den Sohn zu wahren, waffenfremd in Öden erzog sie ihn zum Toren - die Törin! PARSIFAL
auf schönen Tieren sitzend, kamen glänzende Männer: ihnen wollt' ich gleichen: sie lachten und jagten davon. Nun lief ich nach, doch konnt' ich sie nicht erreichen. Durch Wildnisse kam ich, bergauf, talab; oft ward es Nacht, dann wieder Tag: mein Bogen mußte mir frommen gegen Wild und große Männer ... |
Durch das maieutische
Fragen von Gurnemanz kommt die Vorgeschichte Parsifals in Erinnerung: eine
zweite Exposition, die das nachholt, womit die Epen jeweils anfangen: Chrétien
s.o.; Wolfram erst nach dem Gahmuret-Roman
(bzw. mit dessen Ende Abschnitt 110 bis zur Ritterbegnung, den Belehrungen
durch die Mutter und dem Aufbruch des "Walisen" 120-128); reflektiert in
der ersten Sigune-Begegnung (s.o.).
Das Wechselspiel zwischen Kundry und Parsifal wird zusehends dichter, lebhafter – mit den Kindheitsberichten geradezu selbst kindhaft, spontan; Kundrys Verführungskräfte erscheinen im ersten Ansatz trotz des spöttischen Beiklangs so ungefährlich wie der Raubtierinstinkt im Gerangel und Einanderjagen kleiner Katzen. Aber schon spannt sich der Bogen zur "anamnetischen Verführung" (durch Kindheitserinnerungen) im zweiten Aufzug, eine verborgene Schläue in der zunehmenden Verliebtheit der Kundry, den Jungen bei seiner Mutterliebe "abzuholen". Die verhängnisvoll-einseitigen Belehrungen durch die Mutter, mit denen im Epos die "Torheit" des Walisen geradezu gefestigt wird, sind bei Wagner weggekürzt. Und vor allem die großen Aventiuren: die Tötung des roten Ritters îther; die Artusrunde, die Befreiung Kondwiramurs – ganz zu schweigen von der Hochzeit mit ihr, die in Wagners erotisch durchglühtes Enthaltsamkeitsdrama nicht paßt. |
KUNDRY
(hat sich erhoben und ist zu den Männern getreten; eifrig)
den freislichen Knaben lernten sie fürchten. (verwundert)
GURNEMANZ (wieder ernst)
und die um dich sich nun härmt und grämt. |
Kundrys Verliebtheit
beginnt mit Bewunderung (ein kindliches Unschuldsmoment inmitten ihrer
spöttischen Sprödigkeit: eine Raffinesse ihrer "Natur", die ihr
im zweiten Aufzug den "kindheitlichen" Ansatzpunkt ihres Verführungsversuchs
ermöglicht). Zugleich – jener Begeisterung völlig entgegengesetzt
- die höchst vieldeutigen kurzen Einwürfe der Botin, – ein Rollenwechsel,
der die Gesprächspartner provokativ überwältigt und überfordert.
Unterscheidung von böse und gut ist Kriterium für den Verlust der paradiesischen Unschuld: Wer von der "Frucht des Baumes" gegessen hat, dem "gehen die Augen auf" in der Erkenntnis des Bösen und Guten. Entsprechend, aber eher polar als parallel, Kundrys "Ich helfe nie" s.o.; und (ähnlicher) "Nie tu ich Gutes" (unten): Kundry im Bewußtsein ihrer Schuld, in Sehnsucht nach dem seligen Urzustand jenseits aller Unterscheidung von Gut und Böse. Und Ablehnung aller "guten" Zurechnungen (tief ethische Bescheidenheit) auch hier bei Gurnemanz, - alles natürlich aufgrund der Bibelstelle "Was nennst du mich gut? Niemand ist gut als Gott allein" (Matth 19,17; Luk 18,19). |
KUNDRY
PARSIFAL
Wer sagt's?
dich Toren hieß sie mich grüßen. und faßt sie bei der Kehle.) |
Meldung des
Todes der Mutter – bei Chrétien innerhalb der Sigune-Begegnung;
bei Wolfram erst in der Beichte bei Trevrizent (476), noch vor dem Bekenntnis
Parzivâls, den König nicht nach seinem Leiden gefragt zu haben;
in der entsprechenden Szene bei Chrétien erfährt Perceval vom
Einsiedler, daß seine Schuld am Tod der Mutter Ursache dafür
gewesen sei, daß ihm die erlösende Frage nicht in den Sinn gekommen
sei.
Durch ihr ruppiges Verhalten und die Art der "Botschaft" hat Kundry hier einige Züge mit Chrétiens und Wolframs "Cundrie la surziere" gemeinsam. |
GURNEMANZ
(hält ihn zurück)
steht Parsifal lange wie erstarrt.)
denn nie lügt Kundry, doch sah sie viel. (gerät in heftiges Zittern)
als sie Parsifals Zustand gewahrte, nach einem Waldquell geeilt, bringt jetzt Wasser in einem Horne, besprengt damit zunächst Parsifal und reicht ihm dann zu trinken.) GURNEMANZ
das Böse bannt, wer's mit Gutem vergilt. (düster) (Sie wendet sich traurig ab.)
um Parsifal bemüht, schleppt Kundry sich, von beiden unbemerkt, einem Waldgebüsche zu.)
Schlafen! – Oh, daß mich keiner wecke!
Grausen faßt mich! dann läßt sie die Arme matt sinken.)
Schlafen – schlafen -: ich muß. und bleibt von jetzt an unbemerkt.) |
Gurnemanz erscheint
an der "Oberfläche" gleichsam begütigend-vermittelnd, ohne genaues
Bewußtsein der tatsächlichen Mittlerfunktion Kundrys. Dennoch
ist seine Beschreibung durch den absoluten Anspruch ("denn nie lügt
Kundry") geradezu magisch: ein Gegenstück zu Mephistos "allwissend
bin ich nicht, doch viel ist mir bewußt".
Hier, mit der "Labung" aus dem Waldquell, schon eine symbolistische Entsprechung zu den Garten- und Brunnenszenen des dritten Aufzugs. Je wacher Parsifal gewissermaßen mit dem Sonnenlauf nun zu Mittag wird, desto schlafbesessener Kundry - genauso durch den geradezu räumlich symmetrisierten Zeitpunkt bestimmt, wie die Gralsritterschaft; zu Beginn des zweiten Aufzugs wird ihre Trance als "Todesschlaf" und "Krampf" bezeichnet – von Klingsor, der als Magier oder Hypnotiseur diesen Zustand beherrscht. Gebüsch, Pflanzenwelt, Klingsors Reich, dann auch die Verwandlung aus dem Innern der Szene heraus - die Orte der Handlung sind komplementäre Bewußtseinszustände, nicht eigentlich "Bergabhänge" oder steinerne Burgen. Dem entspricht auch ihr Aufsteigen und Versinken, ihre räumlich-zeitliche "Krümmung" und das Siebenmeilenstiefel-Schreiten Parsifals unter dem Schutz und Schirm des initiierenden Lehrers. |
(Vom See her gewahrt
man Bewegung,
und endlich den im Hintergrunde sich heim wendenden Zug der Ritter und Knappen mit der Sänfte.) GURNEMANZ
hoch steht die Sonne: nun laß zum frommen Mahle mich dich geleiten; denn, – bist du rein, wird nun der Gral dich tränken und speisen. der Bühne bereits begonnen.) (Er hat Parsifals Arm sich sanft um den Nacken gelegt und dessen Leib mit seinem eigenen Arme umschlungen; so geleitet er ihn bei sehr allmählichem Schreiten.) PARSIFAL
doch bist du selbst zu ihm erkoren, bleibt dir die Kunde unverloren. - Und sieh! - Mich dünkt, daß ich dich recht erkannt: kein Weg führt zu ihm durch das Land, und niemand könnte ihn beschreiten, den er nicht selber möcht' geleiten.
doch wähn' ich mich schon weit. zu schreiten scheinen, hat sich die Szene bereits immer merklicher verwandelt; es verschwindet so der Wald, und in Felswänden öffnet sich ein Torweg, welcher die beiden jetzt einschließt. - Durch aufsteigende gemauerte Gänge führend, hat die Szene sich vollständig verwandelt: Gurnemanz und Parsifal treten jetzt in den mächtigen Saal der Gralsburg ein.)
bist du ein Tor und rein, welch Wissen dir auch mag beschieden sein. - |
Parsifals Frage ist berühmt durch ihr maskulines (nicht neutrales) Fragewort "Wer?", das eine Person suggeriert – und durch die Antwort, die Gurnemanz ihm gibt, wie vorher schon durch die gnadenhafte Gastgeberschaft, die Gurnemanz dort angekündigt hat (vgl. die Speisenfülle des "Tischlein-deck-dich" bei Chrétien und Wolfram), wird dieser personale Charakter in der Tat bestätigt. Die Unzugänglichkeit des Grals rührt daher, daß er im begnadeten Sucher – ihn "geleitend" - bereits gegenwärtig ist, so daß jede Suche vom Ziel wegführen muß (vgl. Parzivals "unabsichtliches" Hineingeraten ins Gralsgebiet im Epos). So geschieht die Verwandlung ganz dicht am "Schreitenden", als ob sich seine Gehbewegung selbst den Raum schüfe, den sie durchmessen will, oder sie entfaltet sich aus dem Ich selbst heraus: denn das Selbstverhältnis des Bewußtseins erstreckt sich in der Zeit, erlebt sich zeitlich und läßt Zeit mit Bewußtsein kongruieren. Was von Wagner hier als Verwandlung zur Gralsburg geschildert und vollzogen wird, ist die Verräumlichung der Zeit, ist die Musik selbst: Ähnliches findet sich am Ende von Tristan und Isolde, in Isoldes "Liebestod", der Isoldes sich selbst beschreibende Verwandlung in Musik darstellt. Die damit völlig innermusikalische Wandlung des Geschehens schichtet die wesentlichen thematischen Melodien des Werks übereinander, die im Gipfel ihrer übereinandergetürmten Klänge, mit dem Schmerzensmotiv des Amfortas, vom Grals- bzw. Abendmahls-Motiv in eine Pause, in ewige Ferne, in die allesseiende Stille entführt werden, aus der sich das Schreiten dann jeweils wieder erneuert und durch die ins Weite geschleuderten Intervallverbreiterungen in wachsenden Schritten und dann in den endlosen Spiralen der gewaltigen Modulationstreppen den "Raum" der harmonischen Sphäre "ausmißt". |
(Säulenhalle mit
Kuppelgewölbe,
den Speiseraum überdeckend. Auf beiden Seiten des Hintergrundes
DIE GRALSRITTER
gerüstet Tag für Tag, schnelleren Schrittes die Szene nach hinten zu.)
es heut uns letzen mag, durchschreitet den Saal.)
ihm wird das Mahl erneut: der Labung darf er nah'n, die hehrste Gab' empfah'n. an den Speisetafeln auf. - Hier wird von Knappen und dienenden Brüdern, durch die entgegengesetzte Türe, Amfortas auf einer Sänfte hereingetragen; vor ihm schreiten die vier Knappen, welche den verhängten Schrein des Grales tragen. Dieser Zug begibt sich nach der Mitte des Hintergrundes, wo ein erhöhtes Ruhebett aufgerichtet steht, auf welches Amfortas von der Sänfte herab niedergelassen wird; hiervor steht ein länglicher Steintisch, auf welchen die Knaben den verhängten Grals-Schrein hinstellen.) STIMMEN DER JÜNGLINGE
mit tausend Schmerzen wie einst sein Blut geflossen, dem Erlösungs-Helden sei nun mit freudigem Herzen mein Blut vergossen. Der Leib, den er zur Sühn' uns bot, er lebt in uns durch seinen Tod. |
Ein derart messeähnliches Ritual ist bei Chrétien oder Wolfram nicht zu finden, obwohl gerade Chrétien besonders in der Trevrizent-Episode die ganze Laien-Religiosität des ritterlichen Einsiedlers innocentisch-katholisch besetzt. Der Gral ist bei Wagner also nichts anderes als die alte Kommunion des christlichen Ritus: Hineinverwandlung des Gestorbenen und Auferstandenen durch die Nahrungssubstanzen, die sein Fleisch und Blut symbolisieren, in den Essenden und Trinkenden, so daß er an Tod und Auferstehung des "Lebensbrotes" Anteil bekommt. Gerade dadurch, daß sie ein "Zitieren" der Messe und ihrer Einsetzungsworte vermeiden, dringen Chrétien und Wolfram allerdings tiefer in die Deutung des Wandlungsgeschehens ein, erkennen es als Jungbrunnen, Schöpfung und Wiederschöpfung, sehen es als Geheimniskern der leiblichen Generation und Regeneration. Bei Robert de Boron entspringt dem Gral "nur" eine Art meditativer Stärkung und eine Scheidung der Gemeinschaft in reine Begnadete und unreine Ausgestoßene. Bei Chrétien klingt – ohne textlich gebundenes Ritual, ohne Messe – die Gestalt des Grals als Abendmahls-Kelch immerhin an, wird übrigens auch (in einem unauffälligen Verseinschub zwischen den beiden Partien, die die Gralskönigin schildern) durch die Patene, d.h. die flache (bei Chrétien silberne, in der Messe aber vergoldete) Brotschale, ergänzt, die gleichfalls in jeder Messe zusammen mit dem Kelch, ihm aufliegend, hereingetragen und auf den Altar gestellt wird. Bei Robert de Boron (Vers 880 ff) symbolisiert die Patene die Grabplatte, der durchsichtig kristalline (!) Kelch trägt und zeigt das Blut Christi unmittelbar, das Corporale umhüllt ihn wie das Grabtuch, der Altar ist Ektypos des Felsengrabs. Wenn die Regie dem Drama folgt, müßten in dem Moment, wo der Gral abgestellt wird und der einstimmige Gesang der Tempelritter mit dem großen Amen besiegelt worden ist, wo die Harmonik in drei kühnen Modulationsschritten in den Gegenpol des Tritonus und die Klangfarbe sich vom Pathosgebirge der Blechbläser ins entfernte, entrückte Lied himmlischer Schmerzen verschiebt, in die Sphäre der hingebungsvollen Selbstaufopferung, in diesem Wandlungsmoment - müßten die Ritter sich niederwerfen, in ganzer Länge auf den Boden legen und ihren Kopf verhüllen. |
KNABEN
(aus der äußersten Höhe der Kuppel)
die Taube schwebt, des Heilands holder Bote. Der für euch fließt, des Weins genießt und nehmt vom Lebensbrote! und ein allgemeiner Stillstand eingetreten war, vernimmt man, vom tiefsten Hintergrunde her, aus einer gewölbten Nische hinter dem Ruhebette des Amfortas, die Stimme des alten Titurel, wie aus einem Grabe heraufdringend.) TITUREL
und leben?
vom Retter ungeleitet? (im Ausbruche qualvoller Verzweiflung sich halb aufrichtend)
Mein Vater, oh! noch einmal verrichte du das Amt! Lebe, leb' und laß mich sterben!
durch des Heilands Huld; zu schwach doch bin ich, ihm zu dienen: du büß' im Dienste deine Schuld! - Enthüllet den Gral! |
Die drei Chorgruppen
gliedern den ritualistischen Text trinitarisch, dies wird besonders deutlich
mit der "Erlöser"-Strophe der Jünglingsstimmen und der "Tauben"-Strophe
der Knaben. Betonung der Trinität im Zusammenhang mit dem Gral ist
die Grundidee bei Robert de Boron.
Herabsteigen der Taube bei Wolfram Karfreitags; allerdings ist diese Besonderung dort von der Gralsburgszene nicht zu trennen, da diese eben in den letzten Frosttagen der Passionszeit stattfindet und die Passion Christi mit der "Saturn"-verstärkten Passion des Gralskönigs zur Deckung bringt. So aber nur in Trevrizents nachträglicher Darstellung: die vom Himmel herabsteigende Taube (vgl. Lohengrin) wird innerhalb der Gralsburgszene selbst nicht erwähnt. Ruhepunkt, Unterbrechung oder vorläufiger Stillstand des Rituals. Daß der Gralskönig selbst die Konsekration priesterlich vollziehen muß, ist Wagners dramatische Verdichtung; allerdings wird dadurch die weibliche Trägerschaft des Grals verhindert: Die Geschlechter sind aufgespalten wie die Gralswelt einerseits und Klingsors Zaubergarten andererseits und diesen beiden "Bergabhängen" zugeordnet – der "Meister" der "paradis artificiels" wäre ein fremdes maskulines Element, hätte er sich nicht entmannt. Doch fehlt eine entweiblichte (?) Frau auf der Gralsburg-Seite. Gegenstück des Eunuchen, der zum Ersatz seines Generationsorgans den heiligen Speer in der Hand hält, ist der durch eben diesen Speer verwundete Amfortas mit seiner offenen Wunde, mit seinen "menses", pleonastisch: mit dem Gralskelch. Titurel, oben von Amfortas als begnadeter Gründer des Tempels und erster Empfänger des Grals eingeführt, erscheint hier als der alte Vatergott, der sich seinen Sohn zum Opfer bringen läßt, um den Menschen die Erkenntnis des Guten und Bösen verzeihen zu können - eine "Gnadenstuhl"-Trinität, besiegelt durch die darüber herabschwebende Taube, durch die drei Chorgruppen soeben in einer dreistufigen Inhaltsangabe dargeboten. Der greise Weise, aber weniger vatergöttlich, erlebt auch in den Epen "hintergründig" die Präsentation des Grals. Bei Robert de Boron ist Begründer des Gralskults Josef von Arimathia, zusammen mit seinem Schwager Hebron bzw. Bron, dem "reichen Fischer". Brons Enkel soll in einer irdischen Widerspiegelung der Trinität die dritte Person der Gralshüterschaft darstellen. |
AMFORTAS
(gegen die Knaben sich erhebend)
Daß keiner, keiner diese Qual ermißt, die mir der Anblick weckt, der euch entzückt! - Was ist die Wunde, ihrer Schmerzen Wut, gegen die Not, die Höllenpein, zu diesem Amt – verdammt zu sein! - Wehvolles Erbe, dem ich verfallen, ich, einz'ger Sünder unter allen, des höchsten Heiligtums zu pflegen, auf Reine herabzuflehen seinen Segen! Oh, Strafe, Strafe ohnegleichen des – ach! – gekränkten Gnadenreichen! - Nach Ihm, nach Seinem Weihegruße muß sehnlich mich's verlangen; aus tiefster Seele Heilesbuße zu Ihm muß ich gelangen. - Die Stunde naht: - ein Lichtstrahl senkt sich auf das heilige Werk; die Hülle fällt:
erglüht mit leuchtender Gewalt; - durchzückt von seligsten Genusses Schmerz, des heiligsten Blutes Quell fühl ich sich gießen in mein Herz: des eig'nen sündigen Blutes Gewell' in wahnsinniger Flucht muß mir zurück dann fließen, in die Welt der Sündensucht mit wilder Scheu sich ergießen: - von neuem sprengt es das Tor, daraus es nun strömt hervor, hier durch die Wunde, der Seinen gleich, geschlagen von desselben Speeres Streich, der dort dem Erlöser die Wunde stach, aus der mit blut'gen Tränen der Göttliche weint' ob der Menschheit Schmach in Mitleids heiligem Sehnen, - und aus der nun mir, an heiligster Stelle, dem Pfleger göttlichster Güter, des Erlösungsbalsams Hüter, das heiße Sündenblut entquillt, - ewig erneut aus des Sehnens Quelle, das, ach! keine Büßung je mir stillt! Erbarmen! Erbarmen! Du Allerbarmer, ach! Erbarmen! Nimm mir mein Erbe, schließe die Wunde, daß heilig ich sterbe, rein Dir gesunde! |
Die indirekte Schmerzensschilderung
ist in der Gralsgeschichte und zuletzt bei Wolfram erschütternder,
unmittelbar körperlich, konkretisiert den Sündenfall Adams und
seine durch alle Menschen fortgepflanzte Todesfolge im "Einen Menschen"
(Paulus, Pros Rômaious 5,12) an Einem Menschen, verdichtet das Erlösungsdrama
des gefallenen Menschen in der Figur des Fischerkönigs und seiner
Verwundung, tragisch gesteigert durch das Scheitern aller Hilfmittel und
vor allem durch die erschreckenden Gegenschmerzen der erneut in die Wunde
gebohrten Lanze.
Bei Wagner wird die Situation in die persönliche Erlebnis-Schilderung des Amfortas gehoben, bezogen auf die Erinnerung und die seelischen Vorgänge: die seelischen Schmerzen des "Sündenbluts" quälen den Priesterkönig; die Wunde, kaum noch als Genitalverletzung erkennbar, in einer Art von Verdrängung und Ersatzleistung auf die "geöffnete Seite" des Gekreuzigten verlagert, wird nochmals psychisch verdrängt und "ersetzt": durch eine seelische Verletzung, einen – ach! – Herzensschmerz. Der Symbolismus des fin de siècle droht die strenge Symbolik der mittelalterlichen und biblischen Typologie zu verflachen, zu entleiblichen – hier: zu reduzieren auf musikalische Spannungen, harmonische Chromatik, polyphone melodische Ariadnefäden hinein in das selbstverstrickte Klanglabyrinth des Amfortasschmerzes, durchaus bis ans Sackgassenende – die Rückung von c-Moll/gis auf die e-Grundlage mitten im Mollmotiv der Substanzenverwandlung ("Nehmet hin mein Blut") – und wieder hinaus in den Selbstgenuß des allesseienden tonikalen Schlußdreiklangs. Kann Musik (und ein völlig in Musik eingegliedertes, darin aufgelöstes und auf den Selbstgenuß gebrachtes Drama) einen Menschen initiieren, wecken, zur Erkenntnis bringen? Die "Sündenlust" dieser Arie verführt den "berufenen" (!) Hörer dazu, sein Mitfühlen, Mitdenken, Mitvollziehen dieses wundervollen harmonikalen Flechtwerks schon für "Mitleid" mit dem nimmer zuende sterbenden Schwan Amfortas zu halten. Perfide Ironie des "Meisters", des Klanggarten-Zauberers. Das erwünschte Verlöschen, das von Amfortas ersehnte Ende des endlos sich fortsetzenden Sterbeprozesses, der doch durch den immer wiederholten Geburtsprozeß aus dem Jungbrunnen des Grals, durch das eigene kultische Amt des königlichen Priesters also, genährt wird, erscheint eher als buddhistisch denn als christlich: hier noch der spezifische Wagnersche Schopenhauerianismus, wie bereits im (thematisch zu diesem Werk komplementären) Tristan und dann auch im Verlodern, Verlöschen, Verwehen des Runenspeerhalters Wotan am Ende der Götterdämmerung: Nirvana. |
(Er sinkt wie bewußtlos
zurück.)
KNABEN UND JÜNGLINGE
der reine Tor: harre sein', den ich erkor.»
harre getrost; des Amtes walte heut'!
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Neuer Ruhepunkt
in der Gralsburghandlung, die ewige Antwort "von oben" auf das in Amfortas
individualisierte Problem; Wiederaufnahme des Grals-Kultus.
Aber die Amfortasklage ist (hinsichtlich der Stellung zwischen trinitarischen Chorstrophen und Gralsenthüllungs-Ritual) mehr als bloß eine Unterbrechung der Verlesung des "Meßbuchs": Wie der Sohn die Gottheit personhaft und mit der Menschwerdung individualisiert und die Adamsche und Kainsche Erbsündenfolge, Leiden und Tod, austrägt, so wird auch die Sohnesgeneration der Gralshüterdreiheit (gemäß Robert de Boron) personhaft, individuell, leidvoll einsam wie der menschgewordene Sohn. |
(Amfortas erhebt sich
langsam und mühevoll)
(Die Knaben nehmen die Decke
(Während Amfortas andachtsvoll
STIMMEN
KNABEN
nehmet hin meinen Leib, auf daß ihr mein gedenkt.» von oben auf die Kristallschale herab; diese erglüht sodann in leuchtender Purpurfarbe, alles sanft bestrahlend.) - (Amfortas, mit verklärter Miene,
TITUREL
Wie hell grüßt uns heute der Herr! welcher nun, während die tiefe Dämmerung wieder entweicht, immer mehr erblaßt: hierauf schließen die Knaben das Gefäß wieder in den Schrein und bedecken diesen, wie zuvor. - Hier tritt die frühere Tageshelle wieder ein. Die vier Knaben verteilen während des Folgenden aus den zwei Krügen und Körben Wein und Brot.) (Die vier Knaben,
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Wenn die erste
Hälfte des ersten Aufzugs schon eine ganze Tageshälfte füllt,
könnte mit Beginn des Abendmahls in der Mitte der zweiten Tageshälfte
durchaus der Abend erreicht worden sein. Aber "zum Raum wird hier die Zeit"
- insofern sind alle Tageszeiten unter der Gehirnschalen-Wölbung des
Tempels zugleich angesprochen, nämlich als Bewußtseinszustände
und deren Verwandlung ineinander.
Zum Vergleich die klassischen "Einsetzungsworte" im katholischen Messekanon (NT-Stellen s.u.): Qui pridie quam pateretur accepit panem Er nahm am Abend vor Seinem Leiden Brot in sanctas ac venerabiles manus suas in Seine heiligen und ehrwürdigen Hände, et elevatis oculis in caelum ad te Deum, erhob die Augen gen Himmel zu Dir, Gott, Patrem suum omnipotentem, tibi gratias agens, Seinem allmächtigen Vater, sagte Dank, bene+dixit, fregit, segnete + es, brach es deditque discipulis suis, und gab es Seinen Jüngern dicens: mit den Worten: Accipite, et manducate ex hoc omnes Nehmet hin und esset alle davon: Hoc est enim corpus meum. Das ist Mein Leib. Simili modo postquam coenatum est accipiens In gleicher Weise nahm Er nach dem Mahle et hunc praeclarum Calicem auch diesen wunderbaren Kelch in sanctas ac venerabiles manus suas: in Seine heiligen und ehrwürdigen Hände, item tibi gratias agens, bene+dixit, dankte Dir abermals, segnete + ihn deditque discipulis suis, und gab ihn Seinen Jüngern dicens: mit den Worten: Accipite, et bibite ex eo omnes. Nehmet hin und trinket alle daraus. Hic est enim Calix Sanguinis mei, Das ist der Kelch Meines Blutes, novi et aeterni testamenti, des neuen und ewigen Bundes, mysterium fidei, Geheimnis des Glaubens, qui pro vobis et pro multis effundetur das für euch und für viele vergossen wird in remissionem peccatorum. zur Vergebung der Sünden. Haec quotienscumque feceritis, Tuet dies, so oft ihr es tut, in mei memoriam facietis. zu Meinem Gedächtnis. Entsprechend 1.Kor 11,23-25 (wohl die älteste Belegstelle); Mt 26,26-28; Mk 14,22-24; Lk 22,19-20. Das Johannesevangelium hat in seinem gesamten 6.Kapitel eine tiefgreifende Erörterung, anknüpfend an die Speisung der 5000 (aus der Wagner das "Broteverteilen" nimmt), z.B 6,35 = 6,48: "Ich bin das Brot des Lebens"; 6,50 ff: "Dies ist das Brot, das vom Himmel kommt, auf daß, wer davon isset, nicht sterbe. Ich bin das lebendige Brot, vom Himmel gekommen. Wer von diesem Brot essen wird, der wird leben in Ewigkeit. Und das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch, welches ich geben werde für das Leben der Welt ... Wer mein Fleisch isset und trinket mein Blut, der hat das ewige Leben, und ich werde ihn am jüngsten Tage auferwecken. Denn mein Fleisch ist die rechte Speise, und mein Blut ist der rechte Trank. Wer mein Fleisch isset und trinket mein Blut, der bleibt in mir und ich in ihm." Zur gesamtnatürlichen, eschatologischen, kosmischen Deutung des Abendmahls vergleiche insbesondere die "Hymne" (Geistliche Lieder, VII) von Novalis. |
Parsifal bleibt aber
starr und stumm,
wie gänzlich entrückt, zur Seite stehen.) KNABEN (aus der Höhe)
wandelt' einst der Herr des Grales durch des Mitleids Liebesmacht in das Blut, das er vergoß, in den Leib, den dar erbracht'. (aus der mittleren Höhe der Kuppel)
wandelt heut' zu eurer Labe sel'ger Tröstung Liebesgeist in den Wein, der euch nun floß, in das Brot, das heut' ihr speist. (erste Hälfte)
wandelt es kühn in Leibes Kraft und Stärke; treu bis zum Tode, fest jedem Müh'n, zu wirken des Heilands Werke. (zweite Hälfte)
wandelt ihn neu zu Lebens feurigem Blute, froh im Verein, brudergetreu zu kämpfen mit seligem Mute.
Selig in Liebe! (mittlere Höhe der Kuppel)
(volle Höhe der Kuppel)
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Beide Wandlungsrichtungen, vermittelt über die Einsetzungs-Identifizierung von Brot = Leib und Wein = Blut, werden nun wie in einer nachträglichen Interpretation erläutert und bewußt vergegenwärtigt. In den Epen entspringt dem Gral ein üppiges Speisungswunder (ein "Tischlein-deck-dich", vgl. das Sich-Voneinander-Ernähren des "seligen Paares" in der Hymne von Novalis), das allerdings traurig bedrückt von der Ritterschaft entgegengenommen wird, da allen der Schmerz des Hausherrn bewußt ist, über den sie den Fremden aber nicht unterrichten dürfen: Er soll die Mitleidsfrage völlig spontan-freiwillig stellen. Bei Robert de Boron geht eine seelische Stärkung von der Gegenwart des Grals aus, kein so drastisches Speisungswunder wie die gepfefferten Hirschkeulen bei Chrétien und Wolfram. Da bei Robert die Betonung ganz auf dem blutgefüllten Kelch liegt und die Patene zwar als Ektypos des Grabdeckels den Kelch oben abdeckt, aber nicht als eucharistischer Brotteller gilt (wie z.B. in der Messe), findet ein Verteilen von Wein und Brot als den grundlegenden Chiffren der sich darschreibenden Lebensschrift nicht statt. Die Gegenwart des Kelchs wirkt in Roberts Gralserzählung auf die Gemeinschaft vielmehr so, daß einerseits die Würdigen von den Unwürdigen geschieden werden und letztere ungnädig ausgeschlossen werden, und andererseits die in den Anblick des Kristallgefäßes Versenkten "so viel Wonne haben wie ein Fisch, den ein Mann in seiner Hand hält und der aus der Hand wieder entschlüpfen und ins tiefe Wasser eintauchen kann" (Vers 2650 ff): offensichtlich eine Art von tiefer Seligkeit, die den Tiefschlaf oder gar den Tod mit hingebungsvollem Bewußtsein zu durchdringen vermag. |
(Die Ritter haben sich
erhoben
und schreiten von beiden Seiten auf sich zu, um während des Folgenden sich feierlich zu umarmen. Während des Mahles, an welchem
er
- Verminderte Tageshelle tritt ein.
-
Die letzten Ritter und Knappen haben
hier
GURNEMANZ
Weißt du, was du sah'st? und schüttelt dann ein wenig sein Haupt.) (Gurnemanz sehr ärgerlich)
Doch rät dir Gurnemanz: laß du hier künftig die Schwäne in Ruh' und suche dir, Gänser, die Gans! hinter ihm die Türe stark zu. Während er dann den Rittern folgt, schließt auf dem letzten Takte mit der Fermate sich der Vorhang.) |
Daß es
wieder hell wird, spricht gegen die Hypothese, mit dem Abendmahl sei der
Abend erreicht; oder nun müßte mit den Siebenmeilenstiefeln
der Verwandlung von Zeit in Raum bereits der Morgen erreicht sein – aber
die Allzeitsimultan-Hypothese ist hier besser.
Der "Hinauswurf" geschieht in den beiden Epen erst am nächsten Morgen; die (zweite) Begegnung mit Sigune, der Schwellenhüterin des Gralsgebiets, die in dieser Begegnung in Gestalt einer Pietá erscheint, schließt sich unmittelbar an und erlaubt eine erste Deutung der "abendlichen" und "nächtlichen" Ereignisse Parzivals und das erste Gewahrwerden seiner Frageversäumnis-Schuld. |
EINE ALTSTIMME
(aus der Höhe)
der reine Tor.» (aus der höchsten Höhe) UND JÜNGLINGE (mittlere Höhe)
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