2. Nun merke: Die ganze göttliche Kraft des Vaters spricht aus, aus allen Qualitäten das Wort, das ist, den Sohn Gottes. Nun gehet derselbe Schall oder dasselbe Wort, das der Vater spricht, aus des Vaters Salniter oder Kräften und aus des Vaters Marcurius, Schall oder Ton. Nun das spricht der Vater aus in ihm selber, und daselbe Wort ist ja der Glanz aus allen seinen Kräften. Und wenn es ausgesprochen ist, so steckt es nicht mehr in des Vaters Kräften, sondern es schaltet und tönet in dem ganzen Vater wider in alle Kräfte.
3. Nun hat dasselbe Wort, das der Vater ausspricht, eine solche Schärfe, daß der Ton des Worts augenblicklich geschwind durch die ganze Tiefe des Vaters gehet; und dieselbe Schärfe ist der Hl. Geist. Denn das Wort, das ausgesprochen ist, das bleibet als ein Glanz oder herrlich Mandat vor dem Könige; der Schall aber, der durch das Wort ausgehet, der verrichtet des Vaters Mandat, das er durch das Wort hat ausgesprochen. Und das ist die Geburt der Hl. Dreifaltigkeit.
4. Nun siehe, also ist auch ein Engel und Mensch: Die Kraft im ganzen Leibe, die hat alle Qualitäten, wie in Gott dem Vater ist.
5. Nun gleichwie in Gott, dem Vater, alle Kräfte aufsteigen von Ewigkeit zu Ewigkeit, also steigen auch alle Kräfte im Engel und Menschen auf in Kopf; denn höher können sie nicht steigen, denn er ist nur eine Kreatur, die einen Anfang und Ende hat. Und im Kopfe ist der göttliche Ratstuhl und bedeutet Gott, den Vater, und die fünf Sinne oder Qualitäten sind die Ratgeber; die haben ihre Einflüsse aus dem ganzen Leibe aus allen Kräften.
6. Nun halten die fünf Sinne immer Rat in Kraft des ganzen Leibes. Und wenn der Rat beschlossen ist, so spricht es der zusammengefügte Richter aus in sein Centrum oder in die Mitte des Leibes als ein Wort in das Herze; denn das ist aller Kräfte Quellbrunn, von dem es auch sein Aufsteigen nimmt.
7. Nun da stehet es nun in dem Herzen als eine zusammengefaßte aus allen Kräften selbständige Person, und ist ein Wort, und das bedeutet Gott, den Sohn. Nun gehet es aus dem Herzen ins Maul auf die Zunge, die ist die Schärfe, und schärfet es, daß es schaltet, und unterscheidet es nach den fünf Sinnen.
8. Aus welcher Qualität das Wort seinen Ursprung nimmt, in derselben Qualität wird es auf der Zunge von sich gestoßen und gehet die Kraft des Unterschiedes von der Zunge aus, und das bedeutet den Hl. Geist.
9. Denn gleichwie der Hl. Geist vom Vater und Sohne ausgehet und unterscheidet
und schärfet alles und richtet das aus, daß der Vater durchs
Wort spricht, also auch die Zunge schärfet und unterscheidet dasjenige,
was die fünf Sinne im Haupte durch das Herze auf die Zunge bringen.
Und der Geist fähret von der Zunge aus durch den Marcurius oder Schall
an den Ort, wie es im Rat der fünf Sinne beschlossen ist, und richtet
dasjenige aus.
11. Denn im Himmel hat es keine solche Luft, sondern die Qualitäten sind ganz sanft und freudenreich gleich einem lieblichen Sausen, und der Hl. Geist ist unter allen Qualitäten in dem Salitter und Marcurius. Und dieses muß sich ein Engel auch gebrauchen, sonst kann er keine bewegliche Kreatur sein; denn er muß auch von den himmlischen Früchten essen durch das Maul.
12. Du mußt dieses aber nicht irdisch verstehen; denn ein Engel hat keine Därme, dazu auch weder Fleisch noch Bein, sondern er ist von der göttlichen Kraft zusammengerüget, auf Form und Art gleich einem Menschen, auch mit allen Gliedern wie ein Mensch, aber die Geburtsglieder und auch keinen Ausgang von unten hat er nicht, er bedarf es auch nicht.
13. Denn der Mensch hat seine Geburtsglieder dazu auch seinen Ausgang erst in dem kläglichen Falle bekommen. Ein Engel treibet nichts von sich als die göttliche Kraft, die er mit dem Maule fasset, damit er sein Herz anzündet, und das Herz zündet alle Glieder an. Dasselbe treibet er durch das Maul wieder von sich, wenn er redet und Gott lobet.
14. Die himmlische Früchte aber, die er isset, die sind nicht irdisch. Und ob sie gleich in Form und Gestalt sind wie die irdischen, so sind sie doch nur göttliche Kraft und haben also einen lieblichen Schmack und Ruch, daß ich das mit nichts in der Welt vergleichen kann; denn sie schmecken und riechen nach der Hl. Dreifaltigkeit.
15. Nicht sollst du denken, als wenns nur etwa ein Vorbild wäre wie ein Schatten; nein, der Geist zeiget hell und klar, daß in der himmlischen Pomp, in dem himmlischen Salniter und Marcurius wachsen göttliche Bäume, Stauden, Blumen und vielerlei, was in dieser Welt ein Vorbild ist. Gleich wie die Engel sind, also auch die Gewächse und die Früchte, alles aus göttlicher Kraft.
16. Nicht mußt du mir dies Gewächse des Himmels dieser Welt gar vergleichen; denn in dieser Welt hats zwei Qualitäten, eine böse und eine gute, und wächset viel durch Kraft der bösen Qualität; dasselbe wächst im Himmel nicht. Denn der Himmel hat nur eine Gestalt; es wächst nichts, das nicht gut ist, allein Herr Luzifer hat diese Welt also zugerichtet. Darum schämete sich Heva, als sie hatte von dem gessen, was durch die böse Qualität war zugerichtet worden. Gleichfalls schämete sie sich ihrer Mutter Geburtsglieder, die sie ihr durch diesen Apfelbiß hatte zugerichtet.
17. Nun eine solche Substanz hats nicht um die englische und himmlische Frucht. Es hat wohl gewiß und wahrhaftig allerlei Früchte im Himmel, und nicht nur Vorbilde, und die Engel nehmen die mit ihren Händen und essen die, wie wir Menschen, aber sie dürfen keine Zähne dazu, sie haben auch keine; denn die Frucht ist von göttlicher Kraft.
18. Nun dieses alles, was sich ein Engel gebrauchen, was ihm ist, zu Erbauung seines Lebens, das ist nicht sein körperlich Eigentum, das er für Naturrecht hat, sondern der himmlische Vater gibts ihnen alles aus Liebe. Ihr Corpus ist zwar ihr Eigentum, denn Gott hats ihnen zum Eigentum gegeben, und was einem nun für eigen oder zum Eigentum gegeben ist, das ist aus Naturrecht sein, und handelt der nicht recht dran, der es ihm ohne Beding wieder nimmt. Also tut Gott auch nicht. Darum ist ein Engel eine ewige, unvergängliche Kreatur, die in alle Ewigkeit bestehet.
19. Nun aber, was wäre ihm denn der Corpus nütze? Wenn ihn
Gott nicht speisete, so hätte er keine Beweglichkeit und läge
da wie ein tot Holz. Darum sind die Engel Gott gehorsam und demütigen
sich vor dem gewaltigen Gott, loben, ehren, rühmen und preisen denselben
in seinen großen Wundertaten und singen stets von Gottes Heiligkeit,
daß er sie speiset.
21. Merke: Wenn der holdselige, freudenreiche Glanz und Licht mit der süßen Kraft aus dem Sohne Gottes in dem ganzen Vater leuchtet in alle Kräfte, so werden alle Kräfte mit dem holdseligen Lichte und süßen Kraft entzündet, triumphierend und freudenreich.
22. Also auch wenn das holdselige und freudenreiche Licht des Sohnes Gottes die lieben Engelchen anleuchtet, und schimmert ihnen in ihr Herz hinein, da zünden sich alle Kräfte in ihrem Leibe an, und gehet ein solch freudenreich Liebefeuer auf, daß sie für großen Freuden loben, singen und klingen, und das ich, noch keine Kreatur, aussprechen kann.
23. Mit diesem Gesang will ich den Leser in jenes Leben zitieret haben, da wird ers selber erfahren; ich kanns nicht schreiben.
24. Willst du es aber in diesem Leben erfahren, so laß ab von deiner Heuchelei, Finanzen und Betrug, auch von deiner Spötterei und wende dein Herz mit ganzem Ernst zu Gott und tue Buße für deine Sünde in rechtem ernsten Vorsatz, heilig zu leben, und bitte Gott um seinen Hl. Geist und ringe mit ihm, wie der Hl. Erzvater Jakob hatte die ganze Nacht mit ihm gerungen bis die Morgenröte hatte angebrochen und auch nicht ehe lassen, bis er ihn gesegnet hatte (Gen 32,26). Also tue du ihm auch; der Hl. Geist wird wohl eine Gestalt in dir bekommen.
25. Wirst du aber in deinem Ernst nicht nachlassen, so wird dieses Feuer plötzlich über dich kommen und dich anblicken. Dann wirst du wohl erfahren, was ich hie geschrieben habe und wirst meinem Buche wohl Glauben geben. Du wirst auch gar ein ander Mensch werden und wirst dran denken, weil du lebest. Deine Lust wird mehr im Himmel sein als auf Erden. Denn die heilige Seele wandelt im Himmel; und ob sie gleich auf Erden in dem Leibe wandelt, so ist sie doch allezeit bei ihrem Erlöser Jesu Christo und isset mit ihm zu Gaste; – das merke!
18.
Von der Schöpfung Himmels und der Erden
19.
Von dem erschaffenen Himmel und der Gestalt der Erden
20.
Von dem andern Tage der Schöpfung
21.
Von dem dritten Tage
22.
Von der Geburt der Sternen und Schöpfung des vierten Tages
23.
Von der Tiefe über der Erden
24.
Von der Zusammenkorporierung der Sternen
25.
Von der Sternen Geburt – die ganze Astrologia
26.
Von dem Planeten Saturn
Beschluß
des (unvollendeten) Werkes