2. Nun merke: Gleichwie ein Engel in seinem körperlichen Leibe ist beschaffen mit allen Gliedern, also ist auch ein ganz Königreich beschaffen; das ist zusammen wie ein Engel.
3. Wenn man alle Umstände recht betrachtet, so findet sichs, daß das ganze Regiment in seinem Revier in einem Königreiche ist beschaffen wie ein Corpus eines Engels oder wie die Hl. Dreifaltigkeit.
4. Hie merke die Tiefe: In Gott dem Vater ist alle Kraft, und er ist aller Kräfte Quellbrunn in seiner Tiefe. In ihm ist Licht und Finsternis, Luft und Wasser, Hitze und Kälte, Hart und Weich, Dick und Dünne, Schall und Ton, Süß und Sauer, Bitter und Herbe und das ich nicht erzählen kann. Allein an meinem Leibe nehme ichs ab, denn der ist anfänglich von Adam her aus allen Kräften und nach dem Bilde Gottes gemacht.
5. Du mußt aber allhie nicht denken, daß die Kräfte in Gott dem Vater auf eine solche Weise sind oder in solcher verderbten Art qualiSHAN SZI ieren wie in einem Menschen, welcher Herr Luzifer hat also zugerichtet, sondern es ist alles fein lieblich und wonnereich, ganz sanfte.
6. Erstlich ist das Licht gleich, wie ichs natürlich möchte vergleichen, dem Lichte der Sonnen; aber nicht also unerträglich, wie das Licht der Sonnen in unsern verderbten Augen unerträglich ist, sondern ganz lieblich und wonnesam, ein Anblick der Liebe.
7. Die Finsternis aber ist im Centro des Lichts verborgen, das ist, wenn eine Kreatur aus der Kraft des Lichts gemacht würde und wollte in demselben Lichte höher und sehrer wallen als Gott selber, so verlischet in ihm dasselbe Licht und hat anstatt des Lichts die Finsternis. Da erfähret eine Kreatur, daß im Centro eine Finsternis verborgen ist.
8. Gleich als wenn man eine Wachskerze anzündet, so leuchtet sie. Wenn man sie aber auslöschet, so ist der Stock oder die Kerze eine Finsternis. Also leuchtet das Licht aus allen Kräften des Vaters. Wenn aber die Kräfte verderbet würden, so erlösche das Licht und blieben die Kräfte eine Finsternis, wie beim Luzifer zu sehen ist.
9. Die Luft ist auch nicht auf eine solche Art in Gott, sondern es ist ein lieblich stilles Sausen oder Wallen. Das ist der Ausgang oder Wallen der Kräfte, ist der Ursprung der Luft, in welcher der Hl. Geist aufsteiget.
10. Das Wasser ist auch nicht auf eine solche Art in Gott, son dern es ist der Quell in den Kräften, nicht auf elementische Art wie in dieser Welt. So ichs um etwas vergleichen soll, so muß ichs mit dem Saft in einem Apfel vergleichen, aber ganz lichte, gleich dem Himmel, der Geist aller Kräfte. Herr Luzifer hats also verderbet, daß es in dieser Welt also wütet und tobet, laufet und rennet und daß es also finster und dicke ist und dazu, so es nicht läufet, so wirds stinkicht, davon ich, wenn ich von der Schöpfung schreiben werde, ausführlich handeln will.
11. Die Hitze ist in Gott ein liebliches, sanftes Wärmen, ein Ausgang des Lichts, die sich aus dem Licht empöret, darinnen der Quell der Liebe aufsteiget.
12. Die Kälte ist auch nicht auf solche Art in Gott, sondern es ist das Kühlen der Hitze, eine Sänftigung des Geistes, ein Aufsteigen oder Wallen des Geistes.
13. Hie merke die Tiefe: Gott spricht in Mose, als er den Kindern Israel das Gesetze gab: Ich bin ein zorniger, eifriger Gott über die, so mich hassen; – hernach nennet er sich auch einen barmherzigen Gott über die, so ihn fürchten, Ex 20,5 f – Deut 5,9 f.
14. Nun ist die Frage, was denn der Zorn Gottes im Himmel sei, ob sich denn Gott in sich selber erzürne oder wie Gott erzürnet werde?
15. Siehe, in diesem ist sonderlich auf siebenerlei Qualitäten oder Umstände zu merken: Erstlich ist in der göttlichen Kraft im Verborgenen die herbe Qualität, das ist eine Qualität des Kerns oder verborgenen Wesens, eine Schärfe, Zusammenziehung oder Durchdringung in dem Salitter, ganz scharf und herbe, die gebäret die Härtigkeit und auch die Kälte, und so sie entzündet wird, gebäret sie die Schärfe gleich dem Salze.
16. Das ist eine Species oder Zorn-Quell in dem göttlichen Salitter. So dieser Quell angezündet wird, welches geschehen kann durch große Bewegung oder Erhebung oder Regung, so qualiSHAN SZI ieret darinnen die herbe große Kälte, die ganz scharf, gleich dem Salz, auch ganz hart zusammenziehend gleich den Steinen.
17. Sie ist aber in der himmlischen Pomp nicht also erheblich, denn sie erhebet sich nicht selber und zündet sich nicht selber an. Allein König Luzifer hat diese Qualität in seinem Reiche durch seine Erhebung und Hoffart angezündet, davon diese Qualität noch brennet bis an Jüngsten Tag.
18. Davon nun in der Schöpfung dieser Welt die Sternen und Elementa, sowohl alle Kreaturen zittern und brennen, daraus denn worden ist das Haus des Todes und der Höllen und dem Reiche Luzifers und allen gottlosen Menschen eine ewige Schandwohnung.
19. Diese Qualität gebäret in der himmlischen Pomp die Schärfe des Geistes, daraus und dadurch formieret wird das kreatürliche Wesen, daß ein himmlisches Corpus kann gebildet werden, sowohl allerlei Farben, Formen und Gewächse. Denn es ist die Zusammenziehung oder Bildung eines Dinges. Darum ist sie die erste Qualität und ein Anfang der englischen Kreaturen und aller Bildnisse, die da sind im Himmel und in dieser Welt und alles, was genannt mag werden.
20. So sie aber durch Erhebung angezündet wird, welches allein
die Kreaturen in ihrem Reiche, die aus dem göttlichen Salitter geschaffen
sind, können tun, so ist es eine brennende Quellader des Zorns Gottes.
Denn es ist der sieben Geister Gottes einer, in welches Kraft das göttliche
Wesen stehet in der ganzen göttlichen Kraft und himmlischen Pomp.
So es nun angezündet wird, so ist es ein grimmiger Zornquell und ein
Anfang der Höllen und auch ein Marter und Wehe des höllischen
Feuers und auch eine Qualität der Finsternis, denn die göttliche
Liebe und auch das göttliche Licht verlischt darinnen.
22. Dessen hast du ein Gleichnis an einem Apfel; der ist änfänglich herbe. Wenn ihn aber die süße Qualität zwinget und überwindet, so ist er ganz sanft und lieblich zu essen. Also ist es auch in der göttlichen Kraft. Denn wenn man von des Vaters Barmherzigkeit redet, so redet man von seiner Kraft, von seinen Quellgeistern, die in dem Salitter sind, daraus sein liebreich Herze oder Sohn geboren wird.
23. Hie merke: Die herbe Qualität ist das Herze oder der Kern in der göttlichen Kraft, die Zusammenziehung oder Bildung oder Form oder Trocknung, denn es ist die Schärfe und Kälte, wie man denn siehet, daß die herbe Kälte das Wasser trocknet und zu scharfem Eise machet. Und die süße Qualität ist die Linderung oder Wärmung, davon die herbe und kalte Qualität dünne und linde wird, daraus das Wasser seinen Ursprung nimmt.
24. Also ist und heißt die herbe Qualität Herz, und die süße Barm oder Warm oder Linderung oder Sänftigung. Und sind zwei Qualitäten, daraus das Herze oder der Sohn Gottes geboren wird. Denn die herbe Qualität ist in ihrem Stock oder Kern, wenn sie in ihrer eignen Kraft qualiSHAN SZI ieret, eine Finsternis, und die süße ist in ihrer eignen Kraft ein quellend und wärmend aufsteigendes Licht, ein Quell der Sanftmut und des Wohltuns.
25. Dieweil sie aber in der göttlichen Kraft in Gott dem Vater
aller beide ineinander qualiSHAN SZI ieren, als wäre es nur eine Kraft,
so ist es ein sanftes, liebliches, barmherziges QualiSHAN SZI ieren. Und sind
diese zwei Qualitäten zwei Geister Gottes unter den sieben Quellgeistern
in der göttlichen Kraft, wie du dessen ein Bild kannst sehen in der
Offenbarung Johannis 1,12 f. Der sieht sieben güldene Leuchter vor
dem Sohne Gottes, welches bedeuten die sieben Geister Gottes, die da in
großer Klarheit leuchten vor dem Sohne Gottes, aus welchen der Sohn
Gottes von Ewigkeit zu Ewigkeit immer geboren wird, und ist das Herze der
sieben Geister Gottes, welche ich allhie ordentlich nacheinander beschreiben
will. Du mußt deinen Sinn allhie im Geist erheben, willst du es verstehen
oder begreifen. In deinem eigen Sinne wirst du ein herber blinder Stock
sein.
27. Hie merke: Die herbe Qualität ist der Kern oder Stock oder Sauer oder Zusammenziehung, und die süße ist die leichte Linderung oder Sänftigung; und die bittere ist die Durchdringung oder Triumphierung, die da in der herben und süßen aufsteiget und triumphieret. Das ist der Freudenquell oder die Ursache der lachenden, aufhebenden Freuden, davon ein Ding für Freuden zittert und jubilieret, davon die himmlische Freude entstehet. Dazu ist sie die Bildung allerlei roter Farben in ihrer eigen Qualität. In der süßen bildet sie allerlei weiße und blaue, in der herben und sauren allerlei grüne und dunkele und vermengte Farben mit mancherlei Gestalt und Gerüche.
28. Die bittere Qualität ist der erste Geist, davon das Leben rege wird, davon die Beweglichkeit Ursprung nimmt, und heißt Cor oder Herz, denn es ist der zitternde, kirrende, erhebliche durchdringende Geist, das Triumphieren oder Freude, ein erheblicher Quell des Lachens. In der süßen Qualität wird die bittere gesänftiget, daß sie ganz liebreich und freudenreich wird. So sie aber zu sehr erhebet, beweget oder angezündet wird, so zündet sie die süße und herbe Qualität an und ist als eine reißende, stechende und brennende Gift, gleich als wenn ein Mensch eine reißende Pestilenzbeule hat, davon er ach und wehe schreiet.
29. Diese Qualität ist in der göttlichen Kraft, wenn sie angezündet wird, der Geist des eiferigen und bitteren Zorns Gottes, der unerlöschlich ist, wie bei den Legionen Luzifers zu sehen ist. Noch mehr: Diese Qualität, wenn sie angezündet wird, so ist sie das bitter-höllische Feuer, die da verlöscht das Licht, die aus der süßen Qualität macht einen Gestank, in der herben eine Schärfe und Reißen, eine Härte und Kälte, in der sauren rühricht und brüchicht, ein Gestank, ein Elend, ein Trauerhaus, ein Haus der Finsternis, des Todes und der Höllen, ein Ende der Freuden, welcher darinnen nicht mehr kann gedacht werden, denn es kann durch nichts gestillet werden und kann durch nichts wieder erleuchtet werden, sondern der finstere, herbe, stinkende, saure, rührichte, bittere, grimmige Quell steiget auf in alle Ewigkeit.
30. Nun merke: In diesen drei Species oder Qualitäten steht das körperliche oder das kreatürliche Wesen aller Kreaturen im Himmel und in dieser Welt, es sei gleich ein Engel oder Mensch oder Vieh oder Vogel oder Gewächse auf himmlische oder irdische Form, Qualität und Art, wohl alle Farben und Formen. In Summa: Alles was sich bildet, das stehet in dieser drei Hauptqualitäten Kraft und Gewalt und wird durch sie gebildet und auch aus ihrer eigenen Kraft formieret.
31. Erstlich ist die herbe Qualität und die saure ein Corpus oder Quell, das zeucht die süße Kraft zusammen, und die Kälte in der herben macht es trocken. Denn die süße Qualität ist des Wassers Herze, denn sie ist dünne und lichte und vergleicht sich dem Himmel. Und die bittere Qualität macht es schließlich, daß sich die Kräfte in Glieder formieren, und macht in dem Corpus die Beweglichkeit.
32. Und wenn dann die süße Qualität getrocknet ist,
so ists ein Corpus, der vollkommen ist, aber ohne Vernunft. Und die bittere
Qualität dringet im Corpus in der herben, sauren und süßen
durch und bildet allerlei Farben, nach welcher Qualität der Corpus
am sehrsten geneiget ist oder welche Qualität am stärksten im
Corpus ist, nach derselben bildet die bittere Qualität den Corpus
mit seiner Farbe, und nach derselben Qualität hat die Kreatur seinen
größten Trieb und Neiglichkeit und Wallen oder Willen.
34. Es ist aber sonderlich auf zwei Dinge in allen Qualitäten zu sehen. So man ein Corpus ansiehet, so siehet man erstlich den Stock oder Kern aller Qualitäten, der aus allen Qualitäten gebildet ist; denn zu dem Corpus ist Herbe, Sauer, Süße, Bitter und Hitze. Diese Qualitäten sind zusammen vertrocknet und machen den Corpus oder Stock.
35. Die große Geheimnis des Geistes: – Nun diese Qualitäten sind in dem Corpus vermischt, als wären sie alle nur eine Qualität, und quillet doch jede Qualität in seiner eigenen Kraft und gehet aus. Eine jede Qualität geht aus sich selber in die andern und reget die andern, das ist, sie inSHAN SZI ieret die andern. Davon bekommen die anderen Qualitäten diesen Willen, das ist, sie approbieren dieser Qualität Schärfe und Geist, was in ihr ist, und vermischen sich immer.
36. Nun zeucht die herbe Qualität mit der sauren immer die andern Qualitäten zusammen, und fasset und hält den Corpus und vertrocknet ihn, denn sie vertrocknet alle anderen Kräfte und hält sie alle durch ihre InSHAN SZI ierung. Und die süße sänftiget und befeuchtet die andern alle und temperieret, sich mit den anderen allen. Davon werden sie fein lieblich und sanfte.
37. Und die bittere macht die andern alle rege und beweglich, und scheidet in Glieder, daß jedes Glied in der Temperierung aller Kräfte Brunnquell krieget, davon die Beweglichkeit entstehet.
38. Und die Hitze zündet alle Qualitäten an. Daraus empöret sich das Licht in allen Qualitäten, daß eine die andere siehet, denn wenn die Hitze in der süßen Feuchtigkeit wirket, so gebäret sie das Licht in allen Qualitäten, daß eine die andere siehet.
39. Daraus entstehen die Sinnen und Gedanken, daß eine Qualität die andere, die auch in ihr und mit ihr selber temperiert ist, siehet und mit ihrer Schärfe approbieret, daß es ein Wille wird, der in dem Corpus aufsteiget in den ersten Quellbrunn in die herbe Qualität.
40. Da dringet die bittere Qualität in der Hitze durch die herbe, und die süße in dem Wasser läßt sie sänftig durch. Da fähret die bittere in der Hitze durch das süße Wasser aus dem Corpus und macht ihm zwo offene Pforten. Das sind die Augen, die erste Sinnlichkeit.
41. Dessen hast du ein Exempel und Vorbild: Siehe an diese Welt, sonderlich die Erde, die ist aller Qualitäten Art, und bilden sich darinnen allerlei Figuren. Erstlich ist darinnen die herbe
Qualität. Die zeucht den Salitter zusammen und befestiget die Erde, daß sie ein Corpus ist und nicht zerbricht, und bildet darinnen allerlei Corpus nach jeder Qualität Art als allerlei Steine und Erze und allerlei Wurzeln nach jeder Qualität Art.
42. Nun, wenn dasselbe gebildet ist, so liegts da als eine körperliche quellende Beweglichkeit, denn es quellet durch und in der bittern Qualität in sich selbst, als in seinem eigenen gebildeten Corpus. Es hat aber noch kein Leben zur Wachsung oder Ausbreitung ohne die Hitze, die ist der Naturgeist.
43. Wenn der Sonnen Hitze den Erdboden anleuchtet, so quellen und wachsen in der Erden alle Bindungen von Erz und Kräutern, Wurzeln, Würmer und alles, was drinnen ist.
44. Dies verstehe recht: Der Sonnen Hitze zündet in der Erden die süße Qualität des Wassers an in allen gebildeten Figuren. Nun wird durch die Hitze in dem süßen Wasser das Licht, das erleuchtet die herbe, saure und bittere Qualität, daß sie in dem Lichte sehen. Und in dem Sehen steiget eine in die andere und approbieret die andere, das ist: sie kostet in dem Sehen der andern Schärfe; daraus kommt der Geschmack.
45. Und wenn die süße Qualität der bittern Qualität Geschmack kostet, so flennt sie sich und giebet das Weichen wie ein Mensch, wenn er bitter oder herbe Gallen kostet; so breitet er im Maul beide Gaumen aus und flennt sich und erweitert die Gaumen weiter als sie ihm gewachsen sind. Also tut die süße Qualität gegen der bittern.
46. Und wenn sich die süße Qualität also ausdehnet und weidet vor der bittern, so dringt die herbe immer hinnach und wollte auch gern von der süßen kosten, und macht den Corpus hinter und in ihr immer trocken. Denn die süße Qualität ist des Wassers Mutter und ist ganz sanfte.
47. Wenn nun die herbe und bittere Qualität von der Hitze ihr Licht bekommen, so sehen sie die süße Qualität und kosten ihr Süßes Wasser. Dann eilen sie dem süßen Wasser immer nach und trinken das in sich, denn sie sind ganz harte, rauh und durstig, und die Hitze vertrocknet sie vollends Und die süße Qualität fleucheog immer vor der bittern und herben und dehnet ihren Gaumen iminer weiter aus, und die bittere und herbe eilen immer der süßen nach und laben sich von der süßen und vertrocknen den Corpus. Also ist das wahrhaftige Gewächse in der Natur, es sei gleich einem Menschen, Tiere, Holze, Kraut oder Steine.
48. Nun merke das Ende der Natur in dieser Welt! Wenn nun die süße Qualität also vor der bittern, sauren und herben fleucht, so eilen ihr die herbe und bittere also heftig nach als an ihrem besten Schatz, und die süße dringet so heftig von ihnen und bemühet sich so heftig, daß sie durch die herbe Qualität dringet und zerreißt den Corpus und weicht außer dem Corpus aus und über die Erden, und eilet auch so harte, bis ein langer Halm wächst.
49. Dann dringet die Hitze über der Erden auf den Halm, so wird die bittere Qualität alsdann von der Hitze angezündet und krieget einen Stoß von der Hitze, daß sie erschrickt, und die herbe Qualität vertrocknet es. Da streiten die herbe, süße und bittere und Hitze miteinander, und die herbe macht in ihrer Kälte ihre Trockenheit immerdar, so weicht dann die süße auf die Seite, und die andern eilen ihr nach.
50. Wenn sie aber siehet, daß sie soll gefangen sein, daß die bittere also hart auf sie dringet und die Hitze von außen auch auf sie dringet, so macht sie die bittere inbrünstig und entzündet sie. Da tut sie einen Sprung durch die herbe Qualität und steiget wieder über sich. So wird alsdann ein harter Knoten hinter ihr an dem Orte, wo der Streit war, und der Knoten kriegt ein Löchel.
51. Wenn aber die süße Qualität durch den Knoten springet, so hat sie die bittere also hart inSHAN SZI ieret, daß sie gar zitternd ist. Und alsbald sie über den Knoten kommt, dehnet sie sich geschwind auf allen Seiten aus, in willens, der bittern zu entfliehen. Und in solchem Ausdehnen bleibet ihr Leib in der Mitten hohl, und in dem zitternden Sprung durch den Knoten krieget sie noch mehr Halmen oder Laub und ist nun fröhlich, daß sie dem Kriege entlaufen ist.
52. Und wenn nun die Hitze von außen also auf den Halm dringet, so werden die Qualitäten in dem Halme angezündet und dringen durch den Halm und werden in dem auswendigen Lichte von der Sonnen inSHAN SZI ieret, und gebären die Farbe in dem Halm nach ihrer Qualität Art.
53. Weil aber das süße Wasser in dem Halme ist, so behält der Halm seine grüne, lichte Farbe nach der süßen Qualität Art.
54. Solch Wesen treiben die Qualitäten mit der Hitze immer in dem Halme, und wächst der Halm immer für sich und wird immer ein Sturm nach dem andern gehalten, davon der Halm immer mehr Knoten krieget und seine Äste immer weiter ausbreitet. Indessen vertrocknet die Hitze von außen immer das süße Wasser im Halm, und wird der Halm immer dünner; je höher er wächst je dünner wird er, bis er nicht mehr entrinnen kann.
55. Alsdann gibt sich die süße Qualität gefangen, so herrschst dann die bittere, saure, süße und herbe zugleich untereinander. Und die süße dehnet sich noch etwas aus, aber sie kann nicht mehr entrinnen, denn sie ist gefangen.
56. Alsdann wächst aus allen Qualitäten, die in dem Corpus sind, eine Kolbe oder Kopf und wird ein neuer Leib in der Kolben oder Kopf, und wird figurieret gleichwie erstlich die Wurzel in der Erden, alleine daß es nun eine andere, subtilere Form krieget.
57. Alsdann dringet die süße Qualität sanft von sich, und wachsen kleine subtile Blättlein in dem Kopfe, die sind aller Qualitäten Art. Denn das süße Wasser ist nun wie ein schwanger Weib, das den Samen empfangen hat; und sie dringet immer von sich, bis sie den Kopf zersprenget.
58. Alsdann dringet sie auch in den Blättlein herfür, als ein Weib, das gebäret. Aber die Blättlein oder Blüten haben nicht mehr ihre Farbe und Gestalt, sondern der andern Qualitäten alle; denn die süße Qualität muß nun der andern Qualitäten Kinder gebären. Und wenn dann die süße Mutter die schönen grünen, blauen, weißen, roten und gelben Blümlein oder Kinder geboren hat, so wird sie gar müde und kann dieselben Kinder nicht lange ernähren, und mag sie auch nicht lange haben, dieweil es nur ihre Stiefkinder sind, die gar zarte sind.
59. Und wenn dann die Hitze von außen auf die zarten Kinder dringet, so werden alle Qualitäten in den Kindern angezündet, denn der Geist des Lebens qualiSHAN SZI ieret in ihnen. Dieweil sie denn nun zu ohnmächtig sind zu diesem starken Geist und können sich nicht erheben, so lassen sie ihre edle Kraft von sich gehen, und das reucht also lieblich, daß einem das Herze lacht. Sie aber müssen verwelken und abfallen, weil sie zu zart sind zu diesem Geiste.
60. Denn der Geist zeucht aus dem Kopf in die Blüte; und der Kopf wird formieret nach aller Qualitäten Art. Die herbe Qualität zeucht zusammen den Leib des Kopfes und die süße sänftiget ihn und dehnet ihn aus, und die bittere scheidet die Materia in Gliedern, und die Hitze ist der lebendige Geist darinnen.
61. Nun arbeiten alle Qualitäten darinnen und gebären ihre Frucht oder Kinder. Und ein jedes Kind ist nach aller Qualitäten Art und Eigenschaft qualiSHAN SZI ieret. Solches treiben sie also lange, bis die Materia gar vertrocket, bis die süße Qualität oder das süße Wasser vertrocknet. Alsdann fällt die Frucht aus und vertrocknet auch der Halm und fällt um.
62. Und das ist der Natur Ende in dieser Welt. In diesem sind noch gar hohe Dinge zu schreiben. Das wirst du bei der Schöpfung dieser Welt finden. Dieses ist nur zu einem Gleichnis allhie eingeführet worden und aufs kürzeste beschrieben.
63. Nun die andere Gestalt der Qualitäten oder der göttlichen Kräfte oder der sieben Geister Gottes ist sonderlich bei der Hitze zu merken: Erstlich ist der Grund oder das körperliche Wesen, wiewohl sie in der Gottheit und auch in den Kreaturen keinen sonderlichen Corpus hat, sondern es sind alle Qualitäten untereinander wie eine, jedoch vermerket man jeder Qualität Wirkung insonderheit.
64. Nun in dem Corpus oder Quellgrund ist die Hitze, die das Feuer gebäret. Das ist eine Gestalt und die kann man erforschen. Und aus der Hitze gehet das Licht durch alle Geister oder Qualitäten, und das Licht ist der lebendige Geist. Den kann man nicht erforschen. Seinen Willen aber kann man erforschen, was er will oder wie er ist, denn er fähet in der süßen Qualität, und das Licht gehet in der süßen Qualität auf in dem süßen Wasser, und in den andern Qualitäten nicht.
65. Dessen hast du ein Exempel: Du kannst alle Ding in dieser Welt anzünden, daß es leuchtet und brennet, da die süße Qualität das Oberregiment innehat, und da die andern Qualitäten das Regiment innehaben, kannst du nicht anzünden. Und ob du gleich die Hitze drein bringest, so kannst du doch nicht den Geist drein bringen, daß es leuchtet. Darum sind alle Qualitäten der süßen oder des süßen Wassers Kinder, dieweil der Geist allein im Wasser aufgehet.
66. Bist du nun ein vernünftiger Mensch, in dem Geist und Verstand ist, so siehe dich um in der Welt, du wirst es also finden: Ein Holz kannst du anzünden, daß es leuchtet, denn das Wasser ist Primus darinnen, desgleichen allerlei Kraut über der Erden, da das süße Wasser Primus ist. Einen Stein kannst du nicht anzünden, denn die herbe Qualität ist Primus drinnen. Die Erde kannst du auch nicht anzünden, es werden denn zuvorhin die andern Qualitäten und rausgesotten, welches an dem Pulver zu sehen ist, welches doch nur ein Blitz oder ein Geist des Schreckens ist, da sich der Teufel in dem Zorne Gottes drinnen fürbildet, welches ich an einem andern Orte ausführlich beschreiben und auch beweisen will.
67. Nun wirst du sagen: Man kann ja das Wasser nicht anzünden, daß es leuchtet? – Ja, lieber Mensch, hie steckt die Geheimnis. Das Holz, das du anzündest, ist auch nicht das Feuer, sondern ein finsterer Stock, allein das Feuer und Licht nimmt seinen Ursprung davon. Du mußt aber verstehen von der süßen Qualität des Wassers und nicht vom Stocke, das ist von der Fettigkeit, das ist der Geist drinnen.
68. Nun ist in dem elementischen Wasser auf Erden die Süßigkeit nicht Primus oder Oberregent, sondern die herbe, bittere und saure Qualität, sonst wäre das Wasser nicht tödlich, sondern es wäre wie das Wasser ist, da der Himmel aus geschaffen ist. Das will ich dir beweisen, daß in dem elementischen Wasser auf Erden die herbe, saure und bittere Qualität Primus ist.
69. Nimm Korn, Weizen, Gersten, Haber oder was du willst, da die süße Qualität Primus innen ist, und weiche das in elementisch Wasser und brenne es hernach, so wird die süße Qualität den andern das Regiment nehmen. Und zünde dasselbe Wasser hernach an, so wirst du auch den Geist sehen, der von der Fettigkeit des Korns in dem Wasser blieben ist, der das Wasser überwunden hat. Solches siehst du auch im Fleische. Das Fleisch brennet und leuchtet nicht, allein das Fett brennet und leuchtet.
70. Nun möchtest du fragen: Wie kommt das oder wie hats eine Gestalt? Siehe, in dem Fleisch ist die herbe, saure und bittere Qualität Primus und in dem Fetten die Süßigkeit. Darum ist eine fette Kreatur immer fröhlicher als eine magere, dieweil der süße Geist sehrer in ihm quallet als im magern. Denn das Licht der Natur, welches der Geist des Lebens ist, scheinet sehrer in ihm als in dem magern, denn in demselben Lichte in der süßen Qualität steht das Triumphieren oder die Freude, denn die herben und bitteren Qualitäten triumphieren darinnen, denn sie freuen sich, daß sie von der süßen und lichten Qualität gelabet, gespeiset, getränket und erleuchtet werden. Denn in der herben ist kein Leben, sondern der herbe, kalte, harte Tod; und in der bittern ist kein Licht, sondern die finster, bittere und wütende Pein, das Haus des zitternden und grimmigen furchtsamen Elendes.
71. Darum wenn sie bei der süßen und lichten Qualität zu Gaste sind, so werden sie inSHAN SZI ieret und lieblich, dazu ganz freudenreich, und triumphieren in einer Kreatur. Darum ist keine magere Kreatut fröhlich, es sei denn Sache, daß die Hitze in ihr Primus ist, das ist, ob sie gleich mager ist und wenig Fettes hat, so ist es dennoch trefflicher Süßigkeit. Dagegen hat manche Kreatur vie Fettes und ist doch ganz melancholisch, das ist die Ursache, daß sein Fettes nach dem elementischen Wasser geneiget ist, da die herbe und bittere Qualität etwas stark ist.
72. Bist du nun ein vernünftiger Mensch, so siehe: Der Geist, der sich aus der Hitze empöret, der nimmt in der süßen Qualität seinen Ausgang, Aufsteigen und Leuchten. Darum ist die süße Qualität sein freundlicher Wille und herrschet in der Sanftmut, und die Sanftmut ist sein eigen Haus. Und das ist der Kern der Gottheit. Und darum heißt er Gott, daß er ist süße, sänftig, freundlich und gütig, und darum heißt er barmherzig, daß seine süße Qualität in der herben, sauren und bittern aufsteiget und sie labet, erquicket, befeuchtet und erleuchtet, daß sie nicht ein finster Tal bleiben.
73. Darum verstehe nur deine Muttersprache recht, du hast so tiefen Grund darinnen als in der hebräischen oder lateinischen, ob sich gleich die Gelehrten darinnen erheben wie eine stolze Braut. Es kümrnert nichts, ihre Kunst ist jetzt auf der Bodenneige. Der Geist zeiget, daß noch vorm Ende mancher Laie wird mehr wissen und verstehen als jetzt die klügesten Doctores wissen, denn die Tür des Himmels tut sich auf; wer sich nur selber nicht verblenden wird, der wird sie wohl sehen. Der Bräutigam krönet seine Braut. Amen.
74. Siehe das Wort Barm ist nur auf deiner Lippen, und wenn du sprichst Barm, so machst du das Maul zu und karrest hinten nach. Das ist die herbe Qualität. Die umschleußt das Wort, das ist: sie figurieret zusammen das Wort, daß es hart wird oder schallet, und die bittere Qualität zerscheidet es.
75. Das ist, wenn du sprichst Bar, so kirret der letzte Buchstab R und murret als ein zitternder Odem. Und das tut die bittere Qualität, die ist zitternd. Nun ist aber das Wort Barm ein tot, unverständig Wort, das niemand verstehet, das bedeut, daß die zwei Qualitäten Herbe und Bitter ein hart, dunkel, kalt und bitter Wesen sind, die kein Licht in sich haben. Darum kann man ihre Kraft außerhalb des Lichtes nicht verstehen.
76. Wenn man aber spricht Barmherz so druckt man die andere Silbe Herz aus der Tiefe des Leibes aus dem Herzen, denn der rechte Geist spricht das Wort Herz aus, der sich aus der Hitze des Herzens empöret, in welchem das Licht ausgehet und quallet.
77. Nun siehe, wenn du sprichst Barm, so figurieren die zwei Qualitäten Herbe und Bitter das Wort Barm gar langsam zusammen; denn es ist eine lange ohnmächtige Silbe von wegen der Qualitäten Schwachheit. Wenn du aber sprichst Herz, so fähret der Geist in dem Wort Herz geschwind wie ein Blitz heraus und gibt des Worts Unterscheid und Verstand. Wenn du aber sprichst Ig, so fängest du den Geist mitten in den andern zwei Qualitäten, daß er muß drin bleiben und das Wort formieren.
78. Also ist die göttliche Kraft; die herbe und bittere Qualität sind der Salitter der göttlichen Allmacht. Die süße Qualität ist der Kern der Barmherzigkeit, nach welcher das ganze Wesen mit allen Kräften Gott heißt. Die Hitze ist der Kern des Geistes aus welcher das Licht fähret und zündet sich in der Mitten in der süßen Qualität an und wird von der herben und bittern gefangen als inmitten. Darinnen wird der Sohn Gottes geboren. Das ist das rechte Herze Gottes.
79. Und des Lichts Flammen oder Blitz, das augenblicklich in allen Kräften leuchtet, gleichwie die Sonne in der ganzen Welt, das ist der Hl. Geist, der gehet aus der Klarheit des Sohnes Gottes und ist der Blitz und die Schärfe, denn der Sohn wird mitten in den andern Qualitäten geboren und ist mit den andern Qualitäten gefangen.
80. Verstehe dies hohe Ding recht: Wenn der Vater das Wort spricht, das ist: seinen Sohn gebäret, welches dann immer und ewig geschieht, so nimmt dasselbe Wort erstlich in der herben Qualität seinen Ursprung. Da fasset sichs, und in der süßen nimmts seinen Quell. Und in der bittern schärfet sichs und beweget sich, und in der Hitze steigets auf und zündet den mittlern süßen Quell an.
81. Nun brennets zugleich in allen Qualitäten von dem angezündeten Feuer, und das Feuer brennet aus den Qualitäten, denn alle Qualitäten brennen. Und dasselbe Feuer ist ein Feuer nicht viel Feuer.
82. Und dasselbe Feuer ist der wahrhaftige Sohn Gottes, der von Ewigkeit zu Ewigkeit immer also geboren wird. Das wollte ich an Himmel und Erden, Sternen und Elementen und an allen Kreaturen, an Steinen, an Laub und Gras, ja an dem Teufel selber beweisen und nicht mit toten, schlechten, unverständigen Argumenten, sondern mit eitel lebendigen und unüberwindlichen, ja mit unwiderruflichen und unwiderleglichen festen Argumenten, auch über und wider aller Menschen Vernunft und endlich wider aller Teufel und Höllen Porten, so es allhie nicht zuviel und weiten Raumes nehmen wollte.
83. Allein es wird in dem ganzen Buche in allen Artikel und Stücken gehandelt werden, und wird es freilich bei der Schöpfung der Kreaturen, sowohl bei der Schöpfung Himmels und Erden und aller Dinge finden, welches sich denn besser schickt und dem Leser begreiflicher ist.
84. Nun merke: Aus demselben Feuer gehet der Blitz oder das Licht aus und wallet in allen Kräften und hat aller Kräfte Quellbrunn und Schärfe in sich. Dieweil es durch den Sohn aus allen Kräften des Vaters geboren ist, so macht es nun hinwiederum alle Kräfte in dem Vater lebendig und beweglich. Und durch denselben Geist sind alle heiligen Engel formieret und aus des Vaters Kräften gebildet worden. Und derselbe Geist erhält und trägt alles, formieret alles, alle Gewächse und Farben und Kreaturen im Himmel und in dieser Welt und über aller Himmel Himmel, denn die Geburt der Hl. Dreifaltigkeit ist überall also und nicht anders und wird auch in Ewigkeit nicht anders werden.
85. Wenn aber das Feuer in einer Kreatur angezündet wird, das ist: wenn sich eine Kreatur zu sehr erhebet, wie Luzifer und seine Legionen taten, so verlischt das Licht und gehet auf der grimmige und hitzige Quell, der Quell des höllischen Feuers, das ist: es gehet auf der Geist des Feuers in der grimmen Qualität.
86. Hiemit merke die Umstände, wie das geschieht oder geschehen kann: Ein Engel ist aus allen Kräften zusammenfigurieret, wie ich nach der Länge beschrieben habe. Nun wenn er sich erhebet, so erhebet er sich erstlich in der herben Qualität. Die rafft er zusammen wie ein Weib, das gebären will, und druckt sich. Davon wird die herbe Qualität also hart und scharf, daß sie das süße Wasser nicht mehr zwingen kann und kann nicht mehr sänftig in der Kreatur aufsteigen, sondern es wird von der herben Qualität gefangen und vertrocknet und in eine harte, scharfe, grimmige Kälte verwandelt. Denn es wird zu derb von der herben Zusammenziehung und verlieret seinen lichten Glanz und seine Fettigkeit, darinnen der lichte Geist aufgehet, der der Geist des heiligen, englischen und göttlichen Lebens ist, welcher wird durch die herbe Qualität also hart zusammengezogen und gedruckt, davon er vertrocknet als ein süßes, dürres Holz.
87. Und wenn dann die bittere Qualität in der vertrockneten süßen Qualität aufsteiget, so kann sie die süße nicht sänftigen und mit süßem lichten Wasser tränken, dieweil sie vertrocknet ist. Da wütet und tobet die bittere Qualität und suchet Ruhe oder Speise und findet ihr nicht, und wallet in dem Corpus als eine verschmachtete Gift.
88. Wenn denn nun die Hitze die süße Qualität anzündet und will ihre Hitze in dem süßen Wasser sänftigen, davon sie aufsteiget und in dem ganzen Corpus leuchtet; da findet sie nichts als einen harten, dürren und süßen Quell, da kein Saft innen ist, der gar vertrocknet ist von der Herbigkeit.
89. Alsdann zündet sie den süßen Quell an, in willens sich zu laben. Aber da ist kein Saft mehr, sondern der süße Quell brennet und glühet nun wie ein harter, verdorreter Stein und kann sein Licht nicht mehr anzünden. Und der ganze Corpus bleibet nun ein finster Tal, da nichts innen ist als in der herben Qualität eine grimmige, harte Kälte, in der süßen ein hart glühend Feuer, darinnen die grimmige Hitze aufsteiget in alle Ewigkeit, und in der bittern ein Wüten, Toben, Stechen und Brennen.
90. Und da hast du die wahrhaftige Beschreibung eines verstoßenen Engels oder Teufels und auch die Ursache, und ist nicht nur ein Gleichnis geschrieben, sondern im Geiste durch die Kraft, aus dem alles worden ist. Mensch, hierinne besinne dich hinter sich und vorsich. Es ist nichts vergebens.
91. Diese große Geschichte, wie sie ergangen ist, wirst du beim
Fall des Teufels nach der Länge finden.
93. Nun merke, was da sei der Quellbrunn der holdseligen und freundlichen Liebe Gottes; merke hie eigentlich, denn es ist der Kern.
94. Wenn die Hitze in der süßen Qualität aufgehet und zündet den süßen Quell an, so brennet dasselbe Feuer in der süßen Qualität. Dieweil denn nun die süße Qualität ein dünn, lieblich, süßes Quellwasser ist, so sänftiget sie die Hitze und löschet das Feuer, so bleibet alsdann in dem süßen Quellbrunnen des süßen Wassers nur das freudenreiche Licht. Und die Hitze ist nur ein sanftes Wärmen, gleichwie in einem Menschen der sanguinischer Complexion ist, da ist die Hitze auch nur ein freundlich Wärmen, so er sich nur recht mäßig hält.
95. Dasselbe freundliche Liebe-Licht-Feuer gehet in der süßen Qualität auf in die bittere und herbe Qualität und zündet die bittere und herbe Qualität an und speiset und tränket sie mit ihrem süßen Liebe-Saft, und erquicket sie und erleuchtet sie und macht sie lebendig und freundlich.
96. Und wenn dann die süße, lichte Liebe-Kraft zu ihnen kommt, daß sie davon kosten und ihr Leben kriegen, ach da ist ein freundlich Benevenieren und Triumphieren, ein freundlich Willkommen und große Liebe, gar ein freundlich und holdselig Küssen und Wohlschmecken.
97. Da küsset der Bräutigam seine Braut: O Holdseligkeit und große Liebe, wie süße bist du, wie freundlich bist du, wie lieblich ist doch dein Geschmack, wie sanft reuchst du doch! Ach, edles Licht und Klarheit, wer kann deine Schönheit ermessen, wie zierlich ist deine Liebe, wie schön sind deine Farben! Ach und ewiglich, wer kann das aussprechen oder was schreibe ich doch, der ich doch nur starmmele wie ein Kind, das da lernt reden.
98. Wem soll ichs doch vergleichen? Sollt ichs der Liebe dieser Welt vergleichen, so ist es nur ein finster Tal. Ach und groß, ich kann dich mit nichts vergleichen als nur mit der Auferstehung von den Toten. Da wird das Liebe-Feuer wieder aufgehen in uns und den Menschen freundlich umfangen und unsere herbe, bittere und kalte, finstere und tote Qualität wieder anzünden und uns freundlich umfangen.
99. O edler Gast, warum bist du von uns gewichen? O Grimrnigkeit und Herbigkeit, du bist Ursache! O grimmigen Teufel, was hast du doch getan, der du dich und alle deine schönen Engel in die Finsternis versenket hast! Ach und immer ach! War doch die. holdselige schöne Liebe auch in dir, o du hochmütiger Teufel! Warum ließest du dir nicht genügen? Warest du doch ein Cherub und war im Himmel nichts schöner als du, was suchtest du doch? Wolltest du der ganze Gott sein? Wußtest du doch wohl, daß du eine Kreatur warest und hast nicht die Wurfschaufel in deiner Hand.
100. Was klage ich dich doch, du stinkender Bock! O du verfluchter stinkender Teufel, wie hast du uns verderbet! Was willst du dich doch ausreden oder was wirfst du mir für? Du sagest, wenn dein Fall nicht wäre geschehen, so wäre der Mensch nie erdacht worden. O du Lügenteufel, ob das gleich wahr ist, so wäre der Salitter, daraus der Mensch gemacht ist, der auch von Ewigkeit ist, so wohl als der, daraus du gemacht bist in ewiger Freude und Klarheit gestanden, und wäre gleichwohl in Gott aufgestiegen und hätte in den sieben Geistern Gottes die holdselige Liebe gekostet und der himmlischen Freuden genossen.
101. O du Lügenteufel, warte noch ein wenig. Der Geist wird dir deine Schande aufdecken. Verzeuch noch eine kleine Weile, so wirst du ausgepranget haben. Warte, der Bogen ist schon gerichtet. Trifft dich der Pfeil, wo wirst du hinfallen? Der Locus ist schon bereitet. Er soll nur noch angezündet werden. Trage nur tapfer Holz zu, daß du nicht erfrierest, du wirst wohl schwitzen. Meinest du, du wolltest das Licht wieder kriegen. Ja, »nobis infernum«. Reuch deine süße Liebe. Rat, Fritz, wie heißet sie? Gehenna, das wird dich ewig lieben.
102. Ach wehe, du armer verblendeter Mensch, warum lässest du dir den Teufel dein Leib und Seele so finster und blind machen? O zeitlich Gut und Wollust dieses Lebens, du blinde Hure, warum buhlest du mit dem Teufel?
103. O Sicherheit, der Teufel wartet deiner! O Hochmut, du bist höllisch Feuer! O Schönheit, du bist ein finster Tal! O Gewalt, du bist ein Wüten und Reißen des höllischen Feuers! O eigene Rache, du bist der grimmige Zorn Gottes!
104. O Mensch, warum will dir die Welt zu enge werden? Du willst sie allein haben, und hättest du sie, so hättest du noch nicht Raum. Auch das ist des Teufels Hochmut, der aus dem Himmel in die Hölle fiel. Ach Mensch, o Mensch, warum tanzest du doch mit dem Teufel, der dein Feind ist? Hast du nicht Sorge, er wird dich in die Hölle stoßen? Wie gehest du so sicher? Hast du doch nur ein schmales Steglein, darauf du tanzest, unter dem Stege ist die Hölle. Siehst du nicht, wie hoch und gefährlich du gehest? Du tanzest zwischen Himmel und Hölle!
105. O du blinder Mensch, wie spottet der Teufel deiner! Ach, warum betrübst du den Himmel? Meinest du, du wirst nicht genug haben in dieser Welt? O blinder Mensch, ist doch Himmel und Erde dein, dazu Gott selber. Was bringest du in diese Welt oder was nimmst du mit? Ein Engelskleid bringest du in diese Welt und machest in deinem bösen Leben eine Teufelslarve daraus.
106. O du armer Mensch, kehre um! Der himmlische Vater hat beide Arme ausgestreckt und ruft dir. Komm nur, er will dich in seine Liebe fassen, bist du doch sein Kind! Er hat dich lieb. So er dich feindete, so müßte er mit ihm selbst uneins sein. O nein, das ist nicht; in Gott ist nichts als barmherzige, freundliche Liebe und Klarheit.
107. O ihr Hüter Israels, warum schlafet ihr? Wacht auf vom Schlaf der Hurerei und schmücket eure Lampen! Der Bräutigam kommt, lasset eure Posaunen schallen! O ihr Geizhälse und Trunkenbolde, wie buhlet ihr mit dem Geizteufel! So spricht der Herr: Wollt ihr mein Volk nicht weiden, das ich euch vertrauet habe? Sieh, ich habe euch auf Mosis Stuhl gesetzt und euch meine Herde vertrauet, aber ihr meinet nur die Wolle und nicht meine Schäflein. Damit bauet ihr eure Palasthäuser. Aber ich will euch auf den Stuhl der Pestilenz setzen und mein Hirte soll meine Schäflein ewig weiden.
108. Ach, du schöne Welt, wie klaget dich der Himmel, wie betrübest du die Elementa! Ach Bosheit, wann willst du aufhören? Wache auf, wache auf und gebäre, du trauriges Weib! Dein Bräutigam kommt und fordert von dir die Frucht. Warum schläfest du? Siehe, er klopfet an!
109. O holdselige Liebe und klares Licht, bleib doch bei uns, denn es will Abend werden! Ach, Wahrheit, o Gerechtigkeit und rechtes Gerichte, wo bist du hinkommen? Wundert sich doch der Geist, als wenn er die Welt zuvorhin nie gesehen hätte. Ach, was schreibe ich doch die Bosheit der Welt, der ich es tun muß, und die Welt gibt mir dafür des Teufels Dank? Ach! Amen.
18.
Von der Schöpfung Himmels und der Erden
19.
Von dem erschaffenen Himmel und der Gestalt der Erden
20.
Von dem andern Tage der Schöpfung
21.
Von dem dritten Tage
22.
Von der Geburt der Sternen und Schöpfung des vierten Tages
23.
Von der Tiefe über der Erden
24.
Von der Zusammenkorporierung der Sternen
25.
Von der Sternen Geburt – die ganze Astrologia
26.
Von dem Planeten Saturn
Beschluß
des (unvollendeten) Werkes