John Meier (ed.): Balladen, T.1, Leipzig 1935
(Deutsche Literatur in Entwicklungsreihen, Reihe Das deutsche Volkslied, Bd.1) Das Lied von Tannhäuser Nach einem Flugblatt, Nürnberg 1515 Nun will ichs aber heben an von dem Danheuser zu singen und was er hat Wunders getan mit seiner Fraw Venußinnen. Danheuser was ein Ritter gut, wann er wolt Wunder schawen, er wolt in Fraw Venus Berg zu andern schönen Frawen. »Herr Danheuser, ir seid mir lieb, daran solt ir mir gedenken: ir habt mir einen Aid geschworen, ir wölt von mir nit wenken.« »Fraw Venus, das enhab ich nit, ich wil das widersprechen, wenn red't das iemand mer dan ir, Got helf mirs an im rechen.« »Herr Danheuser, wie red't ir nun, ir solt bei mir beleiben, ich will euch mein Gespilen geben zu einem steten Weibe.« »Und nem ich nun ein ander Weib, ich hab in meinem Sinne, so müst ich in der Helle Glut auch ewiklich verbrinnen.« »Ir sagt mir vil von der Helle Glut und habt es nie entpfunden: gedenkt an meinen roten Mund, der lachet zu allen Stunden.« »Was hilfet mich ewer roter Mund, er ist mir gar unmere; nun gebt mir Urlaub, Frewlein zart, durch aller Frawen Ere.« »Herr Danheuser, wölt jr Urlaub han, in wil euch keinen geben; nun beleibent, edler Danheuser, und fristet ewer Leben.« »Mein Leben das ist worden krank, ich mag nit lenger bleiben, nun gebt mir Urlaub, Frewlein zart, von ewrem stolzen Leibe.« »Herr Danheuser, nit redet also, ir tut euch nit wol besinnen, so geen wir in ein Kemerlein und spilen der edlen Minnen.« »Gebrauch ich nun ein fremdes Weib, ich hab in meinem Sinne: Fraw Venus, edle Frawe zart, ir seid ein Teufelinne.« »Herr Danheuser, was red't ir nun, daß ir mich günnet schelten; nun solt ihr lenger hierinne sein, ir müstent sein dick entgelten.« »Fraw Venus, und das wil ich nit, ich mag nit lenger bleiben; Maria, Mutter, reine Maid, nun hilf mir von den Weiben!« »Herr Danheuser, ir solt Urlaub han, mein Lob das solt ir preisen, wo ir do in dem Land umbfart; nembt Urlaub von dem Greisen.« |
Des Knaben Wunderhorn (1806 / 1808)
Alte deutsche Lieder, gesammelt von L.Achim von Arnim und Clemens Brentano DER TANNHÄUSER Venus-Berg von Kornmann, dann in Prätorii Bloksberg=Verrichtung (Leipzig 1668) S.19-25 Nun will ich aber heben an, Vom Tannhäuser wollen wir singen, Und was er wunders hat getan Mit Frau Venussinnen. Der Tannhäuser war ein Ritter gut, Er wollt groß Wunder schauen, Da zog er in Frau Venus Berg Zu andern schönen Frauen. «Herr Tannhäuser, Ihr seid mir lieb, Daran sollt Ihr gedenken, Ihr habt mir einen Eid geschworen, Ihr wollt nicht von mir wanken.» «Frau Venus, ich hab es nicht getan, Ich will dem widersprechen; Denn niemand spricht das mehr als Ihr, Gott helf mir zu den Rechten.» «Herr Tannhauser, wie saget Ihr mir! Ihr sollet bei uns bleiben, Ich geb Euch meiner Gespielen ein Zu einem ehelichen Weibe.» «Nehme ich dann ein ander Weib, Als ich hab in meinem Sinne, So muß ich in der Höllenglut Da ewiglich verbrennen.» «Du sagst mir viel von der Höllenglut, Du hast es doch nicht befunden; Gedenk an meinen roten Mund, Der lacht zu allen Stunden.» «Was hilft mich Euer roter Mund, Er ist mir gar unmehre, Nun gib mir Urlaub, Frau Venus zart, Durch aller Frauen Ehre.» «Herr Tannhäuser, wollt Ihr Urlaub han, Ich will Euch keinen geben, Nun bleibet, edler Tannhäuser zart, Und frischet Euer Leben.» «Mein Leben ist schon worden krank, Ich kann nicht länger bleiben, Gebt mir Urlaub, Fraue Zart, Von Eurem stolzen Leibe.» «Herr Tannhäuser, nicht sprecht also, Ihr seid nicht wohl bei Sinnen; Nun laßt uns in die Kammer gehn Und spielen der heimlichen Minnen.» «Eure Minne ist mir worden leid, Ich hab in meinem Sinne, O Venus, edle Jungfrau zart, Ihr seid eine Teufelinne.» «Tannhäuser, ach, wie sprecht Ihr so, Bestehet Ihr mich zu schelten? Sollt Ihr noch länger bei uns sein, Des Worts müßt Ihr entgelten. Tannhäuser, wollt Ihr Urlaub han, Nehmt Urlaub von den Greisen, Und wo Ihr in dem Land umbfahrn, Mein Lob, das sollt Ihr preisen.» |
Do schied er wider aus dem Berg
in Jamer und in Rewen: »Ich wil gen Rom wol in die Stat auf eines Babstes Trawen. Nun far ich frölich auf die Ban, Got müß sein immer walten, zu einem Babst, der heist Urban, ob er mich möcht behalten.» »Ach Babst, lieber Herre mein, ich klag euch meine Sunde, die ich mein Tag begangen hab, als ich euchs wil verkünden. Ich bin gewesen auch ein Jar
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Der Tannhäuser zog wieder aus dem Berg
In Jammer und in Reuen: «Ich will gen Rom in die fromme Stadt, All auf den Papst vertrauen. Nun fahr ich fröhlich auf die Bahn,
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»Nun solt ich leben nur ein Jar, ein Jar auf diser Erden, so wölt ich Beicht und Buß entpfahen und Gottes Trost erwerben.« Do zog er wider aus der Stat in Jammer und in Leiden: »Maria, Mutter, reine Maid, muß ich nun von dir scheiden?« Er zog do wider in den Berg und ewiklich on Ende: »Ich wil zu Venus, meiner Frawen zart, wo mich Got wil hin senden.« »Seid Got wilkumen, Danheuser, ich hab ewer lang entporen, seid wilkumen, mein lieber Herr, zu einem Bulen auserkoren.« Das weret bis an den dritten Tag, der Stab hub an zu grünen, der Babst schicket aus in alle Land, wo der Danheuser wer hin kumen. Do was er wider in den Berg und het sein Lieb erkoren, des must der vierte Babst Urban auch ewiklich sein verloren. |
Darnach wohl auf den dritten Tag Der Stecken hub an zu grünen, Da sandt man Boten in alle Land, Wohin der Tannhäuser kommen. Da war er wieder in den Berg, Darinnen sollt er nun bleiben So lang bis an den Jüngsten Tag, Wo ihn Gott will hinweisen. Das soll nimmer kein Priester tun, Dem Menschen Mißtrost geben, Will er denn Buß und Reu empfahn, Die Sünde sei ihm vergeben. |