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Personen:
Wolfram von Eschenbach (Bariton) Walter von der Vogelweide (Tenor) Biterolf (Baß) Heinrich der Schreiber (Tenor) Reinmar von Zweter (Baß) Elisabeth, Nichte des Landgrafen (Sopran) Venus (Sopran) Ein junger Hirt (Sopran) Vier Edelknaben (Sopran und Alt) Thüringische Grafen und Edelleute Edelfrauen Altere und jüngere Pilger Die drei Grazien. Jünglinge. Sirenen. Najaden. Nymphen. Amoretten. Bacchantinnen. Satyre und Faune. Thüringer Wartburg Im Anfang des 13. Jahrhunderts Uraufführung am 19.Oktober 1845 in Dresden Spieldauer: vier Stunden |
(Dresdener Fassung)
Sirenen (im Hintergrunde, am See gelagert):
(Die Tanzenden halten in der leidenschaftlichen Gruppe plötzlich an und lauschen dem Gesange.)
wo in den Armen glühender [brünstiger] Liebe selig Erwarmen still eure Triebe! (Von neuem belebt sich der Tanz und gelangt zu dem äußersten Grade wilden Ungestümes. Mit dem Momente der trunkensten bacchantischen Wut tritt eine schnell um sich greifende Erschlaffung ein. Die liebenden Paare scheiden sich alImählich vom Tanze aus und lagern sich wie in angenehmer Ermattung auf den Vorsprüngen der Grotte; der Zug der Bacchantinnen verschwindet nach dem Hintergrunde zu, vor welchem sich ein immer dichter werdender Duft ausbreitet. Auch im Vordergrunde senkt sich allmählich ein dichterer Duft herab und verhüllt die Gruppen der Schlafenden wie in rosige Wolken, so daß endlich der sichtbare Teil der frei gelassenen Bühne sich nur noch auf einen kleinen Raum beschrünkt, in welchem Venus und Tannhäuser in ihrer früheren Stellung allein zurückbleiben.)
Naht euch dem Lande! |
(Pariser Fassung)
naht euch den, Lande, wo in den Armen glühender Liebe selig Erwarmen still eure Triebe! (Der dichte Duft im Hintergrunde zerteilt sich; ein Nebelbild zeigt die Entführung der Europa, welche auf dem Rücken des mit Blumen geschmückten weißen Stieres, von Tritonen und Nereiden geleitet, durch das blaue Meer dahinfährt. Der rosige Duft schließt sich wieder, das Bild verschwindet, und die Grazien deuten nun durch einen anmutigen Tanz den geheimnisvollen Inhalt des Bildes, als ein Werk der Liebe, an. Von neuem teilt sich der Duft. Man erblickt in sanfter Mondesdämmerung Leda, am Waldteiche ausgestreckt; der Schwan schwimmt auf sie zu und birgt schmeichelnd seinen Hals an ihrem Busen. Allmählich verbleicht auch dieses Bild. Der Duft verzieht sich endlich ganz und zeigt die ganze Grotte einsam und still. Die Grazien neigen sich lächelnd vor Venus und entfernen sich langsam nach der Seitengrotte. Tiefste Ruhe. Unveränderte Gruppe der Venus und Tannhäusers.) |
Venus. Tannhäuser. Tannhäuser zuckt mit dem Haupte empor, als fahre er aus einem Traume auf. – Venus zieht ihn schmeichelnd zurück. – Tannhäuser führt die Hand über die Augen, als ob er ein Traumbild festzuhalten suche. Venus:
Tannhäuser [schnell]:
[Langsamer und leise.]
Venus:
[Sag mir, was dich mühet?] Tannhäuser:
was meinem Ohr so lange fremd! als hörte ich der Glocken frohes Geläute! – Oh, sag! Wie lange hört' ich's doch nicht mehr? Venus:
Tannhäuser:
ich kann sie nicht ermessen. Tage, Monde – gibt's für mich nicht mehr, denn nicht mehr sehe ich die Sonne, nicht mehr des Himmels freundliche Gestirne; den Halm seh ich nicht mehr, der frisch ergrünend den neuen Sommer bringt; die Nachtigall hör ich nicht mehr, die mir den Lenz verkünde. Hör ich sie nie, seh ich sie niemals mehr? Venus [sich im Lager aufrichtend]:
Bist du so bald der holden Wunder müde, die meine Liebe dir bereitet? – Oder wie? Reut es dich so sehr, ein Gott zu sein? Hast du so bald vergessen, wie du einst gelitten, während jetzt du dich erfreust? – Mein Sänger, auf! Ergreife deine Harfe! Die Liebe HAN , die so herrlich du besingst, daß du der Liebe Göttin selber dir gewannst! Die Liebe HAN , da ihr höchster Preis dir ward! Tannhäuser (zu einem plötzlichen Entschlusse ermannt, nimmt die Harfe und stellt sich feierlich vor Venus hin):
die deine Macht mir Glücklichem erschuf! Die Wonnen süß, die deiner Huld entsprießen, erheb' mein Lied in lautem Jubelruf! Nach Freude, ach! nach herrlichem Genießen verlangt' mein Herz, es dürstete mein Sinn: da, was nur Göttern einstens du erwiesen, gab deine Gunst mir Sterblichem dahin. – Doch sterblich, ach! bin ich geblieben, und übergroß ist mir dein Lieben. Wenn stets ein Gott genießen kann, bin ich dem Wechsel untertan; nicht Lust allein liegt mir am Herzen, aus Freuden sehn ich mich nach Schmerzen. Aus deinem Reiche muß ich fliehn – O Königin, Göttin! Laß mich ziehn! Venus (noch auf ihrem Lager):
Welch trübem Ton verfällt dein Lied? Wohin floh die Begeistrung dir, die Wonnesang dir nur gebot? Was ist's? Worin war meine Liebe lässig? Geliebter, wessen klagest du mich an? |
Nach einem Flugblatt, Nürnberg 1515 Nun will ichs aber heben an von dem Danheuser zu singen und was er hat Wunders getan mit seiner Fraw Venußinnen. Danheuser was ein Ritter gut, wann er wolt Wunder schawen, er wolt in Fraw Venus Berg zu andern schönen Frawen. »Herr Danheuser, ir seid mir lieb, daran solt ir mir gedenken: ir habt mir einen Aid geschworen, ir wölt von mir nit wenken.« »Fraw Venus, das enhab ich nit, ich wil das widersprechen, wenn red't das iemand mer dan ir, Got helf mirs an im rechen.« »Herr Danheuser, wie red't ir nun, ir solt bei mir beleiben, ich will euch mein Gespilen geben zu einem steten Weibe.« »Und nem ich nun ein ander Weib, ich hab in meinem Sinne, so müst ich in der Helle Glut auch ewiklich verbrinnen.« »Ir sagt mir vil von der Helle Glut und habt es nie entpfunden: gedenkt an meinen roten Mund, der lachet zu allen Stunden.« »Was
hilfet mich ewer roter Mund,
in Jamer und in Rewen: »Ich wil gen Rom wol in die Stat auf eines Babstes Trawen. |
Beglückt für immer, wer bei dir geweilt! Ewig beneidet, wer mit warmen Trieben in deinen Armen Götterglut geteilt! Entzückend sind die Wunder deines Reiches, den Zauber aller Wonnen atm' ich hier; kein Land der weiten Erde bietet gleiches, was sie besitzt, scheint leicht entbehrlich dir. Doch ich aus diesen ros'gen Düften verlange nach des Waldes Lüften, nach unsres Himmels klarem Blau, nach unsrem frischen Grün der Au, nach unsrer Vöglein liebem Sange, nach unsrer Glocken trautem Klange. Aus deinem Reiche muß ich flichn – O Königin, Göttin! Laß mich ziehn! Venus (leidenschaftlich [von ihrem Lager] aufspringend):
Du wagest meine Liebe zu verhöhnen? Du preisest sie und willst sie dennoch fliehn? Zum Überdruß ist mir mein Reiz gediehn? Tannhäuser:
Dein übergroßer Reiz ist's, den ich [meide] fliehe! Venus:
Ich laß dich nicht! Du darfst nicht von mir ziehen! Ach! Tannhäuser:
als jetzt, da ich für ewig dich muß fliehn! (Venus hat mit hefliger Gebarde ihr Gesicht, von ihren Händen bedeckt, abgewandt. Nach einem Schweigen wendet sie es lächelnd und mit verführerischem Ausdrucke Tannhäuser wieder zu.) Venus (mit leiser Stimme beginnend):
von ros'gen Düften mild durchwallt! Entzücken böt' selbst einem Gotte der süßsten Freuden Aufenthalt. Besänftigt auf dem weichsten Pfühle flieh' deine Glieder jeder Schmerz, dein brennend Haupt umwehe Kühle, wonnige Glut durchschwelle dein Herz. Aus holder Ferne mahnen süße Klänge, daß dich, mein Arm in trauter Näh' umschlänge: von meinen Lippen schlürfst du Göttertrank, aus meinen Augen strahlt dir Liebesdank: ein Freudenfest soll unsrem Bund entstehen, der Liebe Feier laß uns froh begehen! Nicht sollst du ihr ein scheues Opfer weihn, – nein! – mit der Liebe Göttin schwelge im Verein. Sirenen (aus weiter Ferne, unsichtbar):
naht euch dem Lande! |
Nun far ich frölich auf die Ban, Got müß sein immer walten, zu einem Babst, der heist Urban, ob er mich möcht behalten.» »Ach Babst, lieber Herre mein, ich klag euch meine Sünde, die ich mein Tag begangen hab, als ich euchs wil verkünden. Ich
bin gewesen auch ein Jar
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Venus (Tannhäuser sanft nach sich ziehend):
Tannhäuser (auf das äußerste hingerissen, greift mit trunkener Gebärde in die Harfe):
Gesungen laut sei nur dein Preis von mir! Dein süßer Reiz ist Quelle alles Schönen, und jedes holde Wunder stammt von dir. Die Glut, die du mir in das Herz gegossen, als Flamme lodre hell sie dir allein! Ja, gegen alle Welt will unverdrossen fortan ich nun dein kühner Streiter sein. [Er laßt die Harfe entsinken.]
bei dir kann ich nur Sklave werden; nach Freiheit doch verlangt es mich, [verlange ich,] nach Freiheit, Freiheit dürste ich; [dürstet's mich;] zu Kampf und Streite will ich stehn, sei's auch um [auf] Tod und Untergehn: Drum muß aus deinem Reich ich flichn – O Königin, Göttin! Laß mich ziehn! Venus (im heftigsten Zorne):
Verräter, sich, nicht halt ich dich! Flieh! Ich geb dich frei – Zieh hin! Was du verlangst, das sei dein Los! Hin zu den kalten Menschen flieh, vor deren blödem, trübem Wahn der Freude Götter wir entflohn tief in der Erde wärmenden Schoß. Zieh hin, Betörter! Suche dein Heil, suche dein Heil – und find es nie! |
Die du bekämpft, die du besiegt, die du verhöhnt mit jubelndem Stolz, flehe sie an, die du verlacht, wo du verachtest, jammre um Huld! Deiner Schande Schmach blüht dir dann auf; gebannt, verflucht, folgt dir der Hohn: zerknirscht, zertreten seh ich dich nahn, bedeckt mit Staub das entehrte Haupt. – "O fändest du sie wieder, die einst dir gelacht! Ach, öffneten sich wieder die Tore ihrer Pracht!" Da liegt er vor der Schwelle, wo einst ihm Freude floß: um Mitleid, nicht um Liebe, fleht bettelnd der Genoß! Zurück der Bettler! Sklave, weich! Nur Helden öffnet sich mein Reich! Tannhäuser: Der Jammer sei dir kühn erspart, daß du entehrt mich nahen sähst. Für ewig scheid ich: lebe wohl! Der Göttin kehr ich nie zurück. |
(Dresdener Fassung) Venus:
demütig seh ich dich mir nahn, zerknirscht, zertreten suchst du mich auf, flehst um die Zauber meiner Macht! Tannhäuser:
Nie kehr ich je zu dir zurück! Venus:
(Verzweiflungsvoll.)
von mir das ganze menschliche Geschlecht! Nach meinen Wundern dann vergeblich suchet! Die Welt sei öde, und ihr Held ein Knecht! Kehr wieder, kehre mir zurück! Tannhäuser:
Venus:
Tannhäuser:
Venus:
Tannhäuser:
Venus:
Kehr wieder, schließt sich dir das Heil! Tannhäuser:
(Venus sinkt mit einem Schrei zusammen und verschwindet. Mit Blitzesschnelle verwandelt sich die Bühne.) |
Venus:
Ha! Kehrtest du mir nie zurück! – Was sagt' ich? – Was sagt' er? – Wie es denken? Wie es fassen? Mein Trauter ewig mich verlassen? – Wie hätt' ich das verschuldet, die Göttin aller Hulden? Wie ihr die Wonne rauben, dem Freunde zu vergeben? Wie lächelnd unter Tränen ich sehnsuchtsvoll dir lauschte, den stolzen Sang zu hören, der rings so lang verstummt. Oh, könntest je du wähnen, daß ungerührt ich bliebe, dräng' deiner Seele Seufzen in Klagen zu mir her? Daß ich in deinen Armen mir letzte Tröstung fand, laß des mich nicht entgelten, verschmäh nicht meinen Trost! – Ach, kehrtest du nicht wieder, dann träfe Fluch die Welt; für ewig läg' sie öde, aus der die Göttin schwand! Kehr wieder! Kehr mir wieder! Trau meiner Liebeshuld! Tannhäuser: Wer, Göttin, dir entflieht, flieht ewig jeder Huld. Venus: Nicht wehre stolz dem Sehnen, wenn neu dich's zu mir zieht. Tannhäuser: Mein Sehnen drängt zum Kampfe; nicht such ich Wonn und Lust. Oh, Göttin, woll' es fassen, mich drängt es hin zum Tod! Venus: Wenn selbst der Tod dich meidet, ein Grab dir selbst verwehrt? Tannhäuser: Den Tod, das Grab im Herzen, durch Buße find ich Ruh'. Venus: Nie ist dir Ruh' beschieden, nie findest du das Heil! Kehr wieder, suchst du Frieden! Kehr wieder, suchst du Heil! Tannhäuser: Göttin der Wonne, nicht in dir – Mein Fried', mein Heil ruht in Maria! (Furchtbarer Schlag. Venus verschwindet.) |
Tannhäuser [der seine Stellung nicht verlassen] steht plötzlich in einem schönen Tale, über ihm blauer Himmel. Rechts im Hintergrunde die Wartburg, links in größerer Ferne der Hörselberg. – Rechter Hand führt auf der halben Höhe des Tales ein Bergweg nach dem Vordergrunde zu, wo er dann seitwärts abbiegt; in demselben Vordergrund ist ein Muttergottesbild, zu welchem ein niedriger Bergvorsprung hinaufführt. – Von der Höhe links vernimmt man das Geläute von Herdeglocken; auf einem hohen Vorsprunge sitzt ein junger Hirt mit der Schalmei und singt. Hirt:
zu ziehn durch Fluren und Auen; gar süßen Klang vernahm da mein Ohr, mein Auge begehrte zu schauen. Da träumt' ich manchen holden Traum, und als mein Aug' erschlossen kaum, da strahlte warm die Sonnen, der Mai, der Mai war kommen. Nun spiel ich lustig die Schalmei, der Mai ist da, der liebe Mai! (Er spielt auf der Schalmei. Man hört den Gesang der älteren Pilger, welche, von der Richtung der Wartburg herkommend, den Bergweg rechts entlang ziehen.) Gesang der älteren Pilger:
der du des Pilgers [Sünders] Hoffnung bist! Gelobt sei, Jungfrau süß und rein, der Wallfahrt wolle günstig sein! Ach, schwer drückt mich der Sünden Last, kann länger sie nicht mehr ertragen; drum will ich auch nicht Ruh noch Rast und wähle gern mir Müh und Plagen. Am hohen Fest der Gnad und Huld [Gnadenhuld] in Demut sühn ich meine Schuld; gesegnet, wer im Glauben treu: er wird erlöst durch Buß und Reu. (Der Hirt, der fortwährend auf der Schalmei gespielt hat, hält ein, als der Zug der Pilger auf der Höhe ihm gegenüber ankommt.) Hirt (den Hut schwenkend und den Pilgern laut zurufend):
Betet für meine arme Seele! Tannhäuser (tief ergriffen auf die Knie sinkend):
Groß [Hehr] sind die Wunder deiner Gnade. (Der Zug der Pilger [biegt von hier an auf dem Bergwege bei dem Muttergottesbilde links ab und] entfernt sich immer weiter von der Bühne, so daß der Gesang allmählich verhallt. [Der Hirt entfernt sich ebenfalls mit der Schalmei reehts von der Höhe; man hört die Herdeglocken immer entfernter.]) Pilgergesang:
der du des Pilgers Hoffnung bist! Gelobt sei, Jungfrau süß und rein, der Wallfahrt wolle günstig sein! Tannhäuser (als der Gesang der Pilger sich hier etwas verliert, singt, auf den Knien, wie in brünstiges Gebet versunken, weiter):
kann länger sie nicht mehr ertragen; drum will ich auch nicht Ruh noch Rast und wähle gern mir Müh und Plagen. (Tranen ersticken seine Stimme; man hört in weiter Ferne den Pilgergesang fortsetzen bis zum letzten Verhallen, wahrend sich aus dem tiefsten Hintergrunde, wie von Eisenach herkommend, das Geläute von Kirchglocken vernehmen laßt. Als auch dieses schweigt, hört man von links immer naherkommende Homrufe.) Pilgergesang (sehr entfernt):
in Demut sühn ich meine Schuld; gesegnet, wer im Glauben treu! |