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Auf dem kleinen Bergvorsprunge rechts, vor dem Marienbilde, liegt Elisabeth in brünstigem Gebete dahingestreckt. – Wolfram kommt links von der waldigen Höhe herab. Auf halber Höhe hält er an, als er Elisabeth gewahrt. Wolfram:
wie ich so oft sie treffe, wenn ich einsam aus wald'ger Höh' mich in das Tal verirre. – Den Tod, den er ihr gab, im Herzen, dahingestreckt in brünst'gen Schmerzen, fleht für sein Heil sie Tag und Nacht: o heil'ger Liebe ew'ge Macht! – Von Rom zurück erwartet sie die Pilger. Schon fällt das Laub, die Heimkehr steht bevor. Kehrt er mit den Begnadigten zurück? Dies ist ihr Fragen, dies ihr Flehen – ihr Heil'gen, laßt erfüllt es sehen! Bleibt auch die Wunde ungeheilt, oh, würd' ihr Lindrung nur erteilt! |
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Gesang der älteren Pilger (mit welchem diese anfangs aus der Ferne sich nähern, dann von dem Vordergrunde rechts her die Bühne erreichen und das Tal entlang der Wartburg zuziehen, bis sie hinter dem Bergvorsprunge im Hintergrunde verschwinden):
und grüßen froh deine lieblichen Auen; nun laß ich ruhn den Wanderstab, weil Gott getreu ich gepilgert hab. Durch Sühn und Buß hab ich versöhnt den Herren, dem mein Herze frönt, der meine Reu' mit Segen krönt, den Herren, dem mein Lied ertönt. Der Gnade Heil ist dem Büßer beschieden, er geht einst ein in der Seligen Frieden! Vor Höll und Tod ist ihm nicht bang, drum preis ich Gott mein Leben lang. Halleluja [in Ewigkeit]! Halleluja in Ewigkeit! Elisabeth (erhebt sich, dem Gesange lauschend):
Ihr Heil'gen, zeigt mir jetzt mein Amt, daß ich mit Würde es erfülle! Wolfram (während der Gesang sich langsam nähert):
die der empfangnen Gnade Heil verkündet. O Himmel, stärke jetzt ihr Herz für die Entscheidung ihres Lebens! (Elisabeth hat von ihrem erhöhten Standpunkte herab mit größter Aufregung unter dem Zuge der Pilger nach Tannhäuser geforscht. Der Gesang verhallt allmählich; die Sonne geht unter.) Elisabeth (in schmerzlicher, aber ruhiger Fassung):
Pilger:
und grüßen froh deine lieblichen Auen; (verhallend) nun laß ich ruhn den Wanderstab ... |
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Zu dir, Gepriesne, rufe ich! Laß mich in Staub vor dir vergehen, oh, nimm von dieser Erde mich! Mach, daß ich rein und engelgleich eingehe in dein selig Reich! Wenn je, in tör'gem Wahn befangen, mein Herz iich abgewandt von dir, wenn je ein sündiges Verlangen, ein weltlich Sehnen keimt in mir, so rang ich unter tausend Schmerzen, daß ich es tot in meinem Herzen! Doch, konnt' ich jeden Fehl nicht büßen, so nimm dich gnädig meiner an, daß ich mit demutsvollem Grüßen als würd'ge Magd dir nahen kann: um deiner Gnaden reichste Huld nur anzuflehn für seine Schuld! (Sie verbleibt eine Zeitlang mit verklärtem Gesichte gen Himmel gewendet; als sie sich dann langsam erhebt, erblickt sie Wolfram, welcher sich genähert und sie mit inniger Rührung beöbachtet hat. – Als er sie anreden zu wollen scheint, macht sie ihm eine Gebärde, daß er nicht sprechen möge.) Wolfram:
Elisabeth (drückt ihm abermals durch Gebärde aus, sie danke ihm und seiner treuen Liebe aus vollem Herzen; ihr Weg führe sie aber gen Himmel, wo sie ein hohes Amt zu verrichten habe; er solle sie daher ungeleitet gehen lassen, ihr auch nicht folgen. Sie geht langsam auf dem Bergwege, auf welchem sie noch lange in der Entfernung gesehen wird, der Wartburg zu). |
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Wolfram (ist zurückgeblieben; er hat Elisabeth lange nachgesehen, setzt sich links am Fuße des Talhügels nieder, ergreift die Harfe und beginnt nach einem Vorspiele):
umhüllt das Tal mit schwärzlichem Gewande; der Seele, die nach jenen Höhn verlangt, vor ihrem Flug durch Nacht und Grausen bangt. Da scheinest du, o lieblichster der Sterne, dein sanftes Licht entsendest du der Ferne; die nächt'ge Dämmrung teilt dein lieber Strahl, und freundlich zeigst den Weg du aus dem Tal. O du, mein holder Abendstern, wohl grüßt' ich immer dich so gern: vom Herzen, das sie nie verriet, grüße sie, wenn sie vorbei dir zieht, wenn sie entschwebt dem Tal der Erden, ein sel'ger Engel dort zu werden! (Er verbleibt mit gen Himmel gerichteten Augen, auf der Harfe fortspielend.] |
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Es ist Nacht geworden. Tannhäuser tritt auf. Er trägt zerrissene Pilgerkleidung, sein Antlitz ist bleich und entstellt; er wankt matten Schrittes an seinem Stabe. Tannbäuser (mit matter Stimme]:
Der kam wohl nicht von ihr. – Wolfram:
Tannhäuser:
Kenn ich doch dich recht gut; – Wolfram bist du, (höhnisch) der wohlgeübte Sänger. Wolfram (heftig auffahrend):
Was bringt dich her in diese Nähe? Sprich! Wagst du es, unentsündigt noch [wohl] den Fuß nach dieser Gegend herzulenken? Tannhäuser:
Nicht such ich dich noch deiner Sippschaft einen. Doch such ich wen, der mir den Weg wohl zeige, den Weg, den einst so wunderleicht ich fand – Wolfram:
Tannhäuser (mit unheimlicher Lüstemheit):
Wolfram:
Treibt es dich dahin? Tannhäuser:
Wolfram:
Wo warst du? Sag, zogst du denn nicht nach Rom? Tannhäuser (wütend):
Wolfram:
Tannhäuser:
Wolfram:
Sag, ich beschwöre dich! Tannhäuser (nach einer Pause, wie sich besinnend, mit schmerzlichem Ingrimm).
Wolfram:
Mich faßt ein tiefes Mitleid für dich an. Tannhäuser (nachdem er Wolfram lange mit gerührter Verwunderung betrachtet hat):
Wolfram:
Doch sprich! Du pilgertest nach Rom? Tannhäuser:
Hör an! Du, Wolfram, du sollst es erfahren. (Er läßt sich erschöpft am Fuße des vorderen Bergvorsprunges nieder. Wolfram will sich an seiner Seite niedersetzen.)
ist verflucht. – Hör an, Wolfram, hör an! (Wolfram bleibt in geringer Entfernung vor Tannhäuser stehen.) |
Aus: Des Knaben Wunderhorn (1806 / 1808) Alte deutsche Lieder, gesammelt von L.Achim von Arnim und Clemens Brentano DER TANNHÄUSER Venus-Berg von Kornmann, dann in Prätorii Bloksberg=Verrichtung (Leipzig 1668) S.19-25 Nun will ich aber heben an, Vom Tannhäuser wollen wir singen, Und was er wunders hat getan Mit Frau Venussinnen. Der Tannhäuser war ein Ritter gut, Er wollt groß Wunder schauen, Da zog er in Frau Venus Berg Zu andern schönen Frauen. «Herr Tannhäuser, Ihr seid mir lieb, Daran sollt Ihr gedenken, Ihr habt mir einen Eid geschworen, Ihr wollt nicht von mir wanken.» «Frau Venus, ich hab es nicht getan, Ich will dem widersprechen; Denn niemand spricht das mehr als Ihr, Gott helf mir zu den Rechten.» «Herr Tannhauser, wie saget Ihr mir! Ihr sollet bei uns bleiben, Ich geb Euch meiner Gespielen ein Zu einem ehelichen Weibe.» «Nehme ich dann ein ander Weib, Als ich hab in meinem Sinne, So muß ich in der Höllenglut Da ewiglich verbrennen.» |
sie je gefühlt, sucht' ich den Weg nach Rom. Ein Engel hatte, ach! der Sünde Stolz
das Heil erflehn, das mir verneint, um ihm die Träne zu versüßen, die er mir Sünder einst geweint! – Wie neben mir der schwerstbedrückte Pilger die Straße wallt', erschien mir allzu leicht: – betrat sein Fuß den weichen Grund der Wiesen, der nackten Sohle sucht' ich Dorn und Stein; ließ Labung er am Quell den Mund genießen, sog ich der Sonne heißes Glühen ein; wenn fromm zum Himmel er Gebete schickte, vergoß mein Blut ich zu des Höchsten Preis; als im Hospiz der Müde sich
Verschloßnen Augs, ihr Wunder nicht zu schauen, durchzog ich blind Italiens holde Auen. Ich tat's – denn in Zerknirschung wollt' ich büßen, um meines Engels Tränen zu versüßen! – – Nach Rom gelangt' ich so zur heil'gen Stelle, lag betend auf des Heiligtumes Schwelle. Der Tag brach an: – da läuteten die Glocken, hernieder tönten himmlische Gesänge; da jauchzt' es auf in brünstigem Frohlocken, denn Gnad und Heil verhießen sie der Menge. Da sah ich ihn, durch den sich Gott verkündigt, vor ihm all Volk im Staub sich niederließ; und Tausenden er Gnade gab, entsündigt er Tausende sich froh erheben ließ. – Da naht' auch ich; das Haupt gebeugt zur Erde, klagt' ich mich an mit jammernder Gebärde der bösen Lust, die meine Sinn' empfanden, des Sehnens, das kein Büßen noch gekühlt; und um Erlösung aus den heißen Banden rief ich ihn an, von wildem Schmerz durchwühlt. Und er, den so ich bat, hub an: "Hast du so böse Lust geteilt, dich an der Hölle Glut entflammt, hast du im Venusberg geweilt: so bist nun ewig du verdammt! Wie dieser Stab in meiner Hand nie mehr sich schmückt mit frischem Grün, kann aus der Hölle heißem Brand Erlösung nimmer dir erblühn! – Da sank ich in Vernichtung dumpf darnieder, die Sinne schwanden mir. – Als ich erwacht', auf ödem Platze lagerte die Nacht, von fern her tönten frohe Gnadenlieder. Da ekelte mich der holde Sang – von der Verheißung lügnerischem Klang, der eiseskalt mir durch die Seele schnitt, trieb Grauen mich hinweg mit wildem Schritt. Dahin zog's mich, wo ich der Wonn und Lust so viel genoß an ihre[r] warme[n] Brust! –
in deiner Zauber holde Nacht; zu deinem Hof steig ich darnieder, wo nun dein Reiz mir ewig lacht! |
«Du
sagst mir viel von der Höllenglut,
Du hast es doch nicht befunden; Gedenk an meinen roten Mund, Der lacht zu allen Stunden.» «Was hilft mich Euer roter Mund, Er ist mir gar unmehre, Nun gib mir Urlaub, Frau Venus zart, Durch aller Frauen Ehre.» «Herr Tannhäuser, wollt Ihr Urlaub han, Ich will Euch keinen geben, Nun bleibet, edler Tannhäuser zart, Und frischet Euer Leben.» «Mein Leben ist schon worden krank, Ich kann nicht länger bleiben, Gebt mir Urlaub, Fraue Zart, Von Eurem stolzen Leibe.» «Herr Tannhäuser, nicht sprecht also, Ihr seid nicht wohl bei Sinnen; Nun laßt uns in die Kammer gehn Und spielen der heimlichen Minnen.» «Eure Minne ist mir worden leid, Ich hab in meinem Sinne, O Venus, edle Jungfrau zart, Ihr seid eine Teufelinne.» «Tannhäuser, ach, wie sprecht Ihr so, Bestehet Ihr mich zu schelten? Sollt Ihr noch länger bei uns sein, Des Worts müßt Ihr entgelten. Tannhäuser, wollt Ihr Urlaub han, Nehmt Urlaub von den Greisen, Und wo Ihr in dem Land umbfahrn, Mein Lob, das sollt Ihr preisen.» Der Tannhäuser zog wieder aus dem Berg In Jammer und in Reuen: «Ich will gen Rom in die fromme Stadt, All auf den Papst vertrauen. Nun
fahr ich fröhlich auf die Bahn,
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Tannhäuser:
wie leicht fand ich doch einstens dich! Du hörst, daß mir die Menschen fluchen – nun, süße Göttin, leite mich! Wolfram [in hefligem Grausen]:
(Leichte Nebel hüllen allmählich die Szene ein.) Tannhäuser:
Wolfram:
Tannhäuser:
Hörst du nicht die jubelnden Klänge? Wolfram:
Tannhäuser [immer aufgeregter, je näher der Zauber kommt]:
Herbei, herbei zu Wonn und Lust! (Eine rosige Dämmerung beginnt die Nebel zu durchleuchten; durch sie gewahrt man wirre Bewegungen tanzender Nymphen.) Wolfram:
Die Hölle naht mit [in] wildem Lauf. Tannhäuser:
gewahr ich diesen Dämmerschein; dies ist das Zauberreich der Minne, [außer sich] im Venusberg drangen wir ein! |