151. Wolfram
M 67, K 746 d1 Von Dürengen herre, in tugende zil vor allen fürsten habent dich die besten ûzerkorn. einen krieg ich dankes halten wil, den lâz et âne zorn. Ich hân die sterne überlesen gar an den stremen, die zuo den mânen dur gescheiden gân: des wil ich aller pfaffen meister wesen, die kunst in herzen hân. Zephirus unde Aquilôn, ir heben und ir lân, Borêas und Auster [beide] kunnenz niht bewar ich wizze ir aller ende sân; sunne und des mânen umbesweif zel ich bî rasten dar. swer iuch des baz dan ich bescheiden kan mit sanges kür, den selben man ziuh ich vor allen meistern iemer für. |
151. Wolfram
Thüringens Landgraf tugendreich, Vor allen Fürsten haben dich die Besten auserkorn. Einen Krieg muhwillig heb ich gleich, Den hör sonder Zorn. Ich überlas der Sterne Zahl An allen Strömen, die zum Mond Bescheid zu holen gehn: Die Pfaffen meistr ich so wohl allzumal, Die sich auf Kunst verstehn. Wann Zephirus und Aquilo erhebt und legt sein Spiel, Auch Boreas und Auster haltens nicht geheim vor mir: Ich weiß ihr aller End und Ziel, Der Sonne Umkreiß und des Monds zähl ich nach Meilen schier. Wer beßer euch hiervon bescheiden kann, Als mein Gesang Denselben Mann Preis ich vor allen Meistern lebenslang. |
152. Wolfram
M 68, K 747 b (Wolfram) Ein strâm von Occidente gât, allen sînen orden tuot mîn singen schiere bekant, der dâ zwelif houbet sterne hât, die fürsten sint genant; Und ein künic den gezimt -- liug ich iu eines hâres breit, ich bin der witze ein kint -- der sîn bescheiden von dem mânen nimt; der zeichen niuniu sint. Umbe diu wunder Brandan muoste pîne vil ervarn, der edel vürste hôh geborn ûz menschelîcher art: vier engel er mit hornen vant; der eine lêret in und wîste in ûf die rehten vart. Klinsôr, wiltuz mit sange wider streben, des mich bevilt, dir wirt gegeben, daz ich swîge swâdu sprechen wilt. |
152. Wolfram
Es geht ein Strom von Occident, All sein Wesen macht euch gleich meinSingen hier bekannt. Hauptsterne zwölfe man darin erkennt, Die Fürsten sind genannt. Ein König ihnen wohlgeziemt; Lüg ich so breit nur wie ein Haar, nennt mich an Witz ein Kind; Der die Befehle von dem Monde nimmt. Der Zeichen neune sind. Um diese Wunder wurde Noth Brandanen viel bekannt, Dem edeln Fürsten hochgeboren aus der Menschen Art. Vier Engel er mit Hörnern fand; Der eine sprach mit ihm und wies ihn auf die rechte Fahrt. Klingsor, willst du mit Sange widerstreben, Daß du mich stillst Dir wird gegeben, Daß ich schweige wo du sprechen willst. |
153. Wolfram
M 69, K 746 d2 (Wolfram) Klinsôr, ist dir iht bekant, wie man die zwelf sternen nennt und den si houbtent an? die werdent dir vil schiere von mir genant, und wie der mâne kan Erzeigen künfteclîche tât, des himel rîches fröideund der helle herzen sêr. ein strâm dort her von Ôriente gât, an dem wir michels mêr Der houbet sterne vinden und ir ingesinde schar, die alle gelîche buochstaben zuo dem mânen tragen; und einer rede ich mich enbar: Got die kœre niune hât gemachet, daz ichz sagen, wie er dar inne mit sînen engeln var. der schal ist mîn, nu lâ daz sîn; Klinsôr, du bist gegen mir verstumbet gar. |
153. Wolfram
Klingsor, ist dir nicht bekannt, Wie man die zwölf Sterne nennt und der ihr König heißt? Sie werden dir alsbald von mir genannt, Und wie der Mond sich fleißt Zu zeigen künftger Dinge Lauf, Des Himmelreiches Freude wie der Hölle Herzbeschwer. Ein Strom zieht dort von Orient herauf, An dem wir noch viel mehr Hauptsterne mögen finden, mit des Ingesindes Schar, Die alle gleichen Buchstaben zu dem Monde tragen. Noch mach ich ferner offenbar, Der Chöre neune hat erschaffen Gott: ich will dir sagen, Wie er darin mit seinen Engeln thut. Der Ruhm ist mein; Nun laß das sein: Klingsor, wie ist vor mir verstummt dein Muth. |
154. Klingsôr
M 70, K 747 a (Klingsor) Du gihest mîner stumben art und wie dîn kunst mit schalle in adelares wîse var. swer grunt suochet, dâ nie grunt enwart, der kumt von witzen gar, Und sinnet umb den niunden kôr, waz sî dar obe, und ob er der gedanke niht verbirt, gelubet mir, daz er vil lîhte ein tôr in sîme hirne wirt. Soltz aber ieman wizzen von der menschelîchen hant, sô wil ich wider krieges dich in kurzen zîten wer: von Constinôpel Basiant muoz gegen dir in kreize stân, bringe ich den meister her. zwen und sibenzec stræme an den himeln sint mit sternen breit. du wirst ein kint swenne er die hôhen kunst dir ûz geleit. |
154. Klingsor
Du sprichts von meiner stummen Art, Und wie dem edeln Aar im Flug dein hohes Wißen gleicht. Wer Grund da sucht, wo niemals Grund noch ward, Der kommt von Sinnen leicht, Und grübelt um den neunten Chor, Was ob dem sei, und wenn er die Gedanken nicht verliert, So glaube mir, daß er gar leicht ein Thor In seinem Hirne wird. Mags aber Jemand wißen, der da lebt im irdschen Land, So will ich Gegenkrieg dir bald gewähren nach Begehr. Von Konstenopel Basiant Muß gegen dich im Kreise stehn, bring ich den Meister her. Zwei und siebzig Ström am Himmel sind Mit Sternen viel. Du wirst ein Kind, Legt er dir aus der hohen Künste Ziel. |
156. Wolfram
M 72, K 747 c1 Wær das ein eit, ich hieze in mein. wer gap dir Zabulônes buoch? sage vürwert, wîser man, daz Virgilius ûf dem agetstein mit grôzer nôt gewan? Und wie daz buoch getihtet wart von einem meister, der doch lange bette an ein kalp; er was ein jude von der muoter art, ein heiden vaterhalp, Und was der êrste der sich Astromîe ie underwant; daz ich die wârheit weiz, dar umbe dult ich dinen zorn. eins nahtes er an sternen vant, daz bî zwelif hundert jâren wurde ein kint geborn, daz alle juden gar von êren stiez. daz was im leit. erz niht enliez: wie schier het erz der muoter sîn geseit! |
156. Wolfram
Wär das ein Eid, ich heiß ihn Mein. Wer gab dir Zabulonis Buch? sprich ferner, weiser Mann, Das Virgilius auf dem Agetstein Mit großer Noth gewann; Und wie das Buch gedichtet ward Von einem Meister, der doch lang' anbetete ein Kalb; Er war ein Jude von der Mutter Art, Ein Heide vaterhalb, Und war der Erste, der sich je der Sternkunst unterwand; Weil ich die Wahrheit weiß, darum erduld ich deinen Zorn. Eines Nachts er an den Sternen fand, Nach zwölfhundert Jahren würd ein Kind zur Welt geborn, Das alle Juden von den Ehren stieß. Das war ihnm leid. Er unterließ Es nicht, der Mutter klagt er den Bescheid. |
157. Wolfram
M 73, K 747 b2 Diu frouwe wart in schricken rôt; si sprach: Trût sun, du hâst von mir der hôhsten juden art und bist genatûrt als der alidrôt, der sîniu kint bewart. Der vogel wirt niht sanges lût, de wîl Auster und Borêas sich hebent unde blænt; von im getriutet niemer wirt sîn brût, swenne die winde wænt; Als aber die zwêne ir überschalles werdent în getân -- ir natûr ist zer bœsten art, daz reht mir volge gît -- als Aquilôn wirt ûz verlân, und mit dein Zephirus, daz reine, sueze wirt diu zît, die vogel tragen ûf ir kuchel dan mit fröide leben: kint, junger man, der orden hât dîn muoter dir gegeben. |
157. Wolfram
Die Mutter ward in Schrecken roth; Da sprach sie: Sohn, du hast von mir der höchsten Juden Art, Uns zeigst nur Sitte, wie der Galidrot Seine lieben Kinder wahrt Des Vogels Singen wird nicht laut, Wenn Boreas und Austerwind sich heben noch und blähn: Von ihm gekost wird nimmer seine Braut, Wenn diese Winde wehn. Wenn aber diesen zweien wird der Uebermuth gelegt, Die böser Art sind von Natur, das ist wohl offenbar, Nun Aquilo die Schwingen regt Und mit ihm Zephyrus, daß rein das Wetter wird und klar; Die Vögel ziehen auf die Küchlein dann Zu freudgem Leben. Kind, junger Mann, Die Art hat deine Mutter dir gegeben. |
158. Wolfram
M 74, K 747 d 748 a1 Diu frouwe dô den heiden wîs des übergienc; er sprach: ich wilz erwenden sunder wân, ez wellen dan die göte ir hôhen prîs an mir verderben lân. Mîn sin der wirfetz her und dar; erst gar ein wunderlîcher Got, der die gedanke hât. in Astromîe trûwe ichz wol ervar wiez umb daz wunder stât. Apollo unde Termigant die vindens niender hap; nu suochet mînes sinnes anker nâch des grundes zil, der erden sprâche und stimme gap, der tæte ez wol, wan im deheiner wunder ist ze vil. muoter, ich wil nâch der juden kür tihten ein buoch: kumet ez in für, ez wirt in guot für disen argen fluoch. |
158. Wolfram
Als von der Frau der Heide weis So war belehrt, er sprach: Ich wills verhindern, wenn ich mag, Die Götter legten dann den hohen Preis An mir nicht an den Tag Mein Sinnen wirft es her und hin; Es ist ein wunderbarer Gott, der uns Gedanken spinnt. Astronomie belehrt mir wohl den Sinn, Was dieß für Wunder sind. Apoll und Termigant die zwei ergründeten es nie; Doch meines Sinnes Anker sucht nun nach des Grundes Ziel. Der Erden Sprach und Stimme lieh, Vermöcht es wohl, da Ihm allein kein Wunder ist zu viel. Mutter, nun will ich zu der Juden Nutz Dichten ein Buch: Es bringt ihm Schutz, Liest es mein Volk, vor diesem argen Fluch. |
159. Wolfram
M 75, K 748 a2 Er greif in Astromîen kür, nach starken zouberlisten stuont al sînes herzen wân; nigromancîe nam der meister vür, dâ schreib er wunder van. Nu hœrent wie er sich underwant des buoches dâ Virgilius ûz nam sîn meisterschaft: eins dezedemôns hût er umbe bant, diu gît dem hirne kraft; Und saf von lignum alôê für der argen lüfte vâr het er in eime golde dur den edeln süezen smac: daz machet im diu ougen klâr; zwelif wochen und ein jâr er diser herte pflac. nu ist daz buoch bereit gar sunder wanc: der künste wielt einen geist er twanc, daz er imz ûf dem agetsteine behielt. |
159. Wolfram
Astronomie ergriff er jetzt, Sein hoffend Herz nahm starke Zauberkünste sich zum Ziel. Nigromanzie erlernt' er noch zuletzt Und schrieb der Wunder viel. Nun hört wie er sich unterwand Des Buchs, daraus Virgilius gewann die Meisterschaft: Des Ezidemons Haut er um sich wand, Das giebt dem Hirne Kraft; Und Saft von Lignum Aloe vor arger Luft Gefahr Hat er im Goldgefäß, der süßen Düfte halb allein: So wurden ihm die Augen klar; Ein Jahr lang und der Wochen zwölf bestand er solche Pein. Als er das Buch gedichtet sonder Wank, Der Meister gut, Einen Geist er zwang, Daß ers ihm auf dem Agtstein nahm in Hut. |
160. Klingsôr
M 76, K 748 b1 (Klingsor) Des meres wâc dar umbe vlôz; dur aller Juden êre gab er von dem lîbe en zol, der meister dâ ein bilde ûz êre gôz: der schrift ez hüeten sol. Bin ichz Klingsôr ûz Ungerlant, sô hœret frömdiu mære, kan iuch wunders niht bevil. einen klüpfel truog ez in der hant, der stuont ze swæren zil. Der meister schoub im einen brief inz houbet dâ zer nase; den klüpfel warf ez ûf ze hant als ich bescheiden kan. ez vrriet ein fiege in eime glase, daz ez virgilius der meister [sît] . . gewan. wie möhte ein fliege in eime glase wesen? wer twanc si des? swerz hât gelesen, der wez wol, ez tet Aristôtiles. |
160. Klingsor
Des Meeres Flut es rings umfloß; Um aller Juden Ehre gab er von dem Leben Zoll. Ein ehern Bild darauf der Meister goß, Der Schrift es hüten soll. Bin ichs, Klingsor aus Ungarland, So höret fremde Mären, dünkt euch Wunders nicht zu viel. Einen Klüpfel trug es in der Hand, Schwer dräuend seinem Ziel. Der Meister schob sich einen Brief ins Haupt dort bei der Nase; Den Klüpfel warf es auf sogleich, wie ich vermelden kann. Es verrieths ein' Flieg' in einem Glase, Daß es Virgilius der Meister nach der Hand gewann. Wie wäre wohl die Flieg in einem Glas? Wer zwang sie des? Nun, wer es las, Der weiß wohl, es war Aristoteles. |
161. Wolfram
M 77 Er hât iuch niht bescheiden gar, wie diu fliege wart gevangen in daz selbe glas: Klestônis der muosten füeren dar, der sîn geverte was. Nu wart der meister des enein, daz er Klestônem neren wolde vor der helle pîn: in einen rubîn twang ern, derst ein stein: daz selbe vingerlîn. Ich sagete iu wunders mêre wan der lieder wurde ze vil, von Klestônes künste und umb daz selbe vingerlîn. schâchzabel half ez sider spil dem edelen künec Dirol, der truog ez an der hende sîn. ez galt driu künicrîche und zwelf lant. dur grôzen zorn da engegen benant was ie sîn houbt und het erz spil verlorn. |
161. Wolfram
Verschwiegen blieb noch der Verlauf, Wie die Fliege ward gefangen in das Glas so klar: Den Weisen brachte Kleistrones darauf, Der sein Geselle war. Mit sich selber kam er überein, Ihn zu schützen vor der Hölle Qual, er war ihm hold. In den Rubin da zwang er ihn, den Stein An seines Ringleins Gold. Viel Wunder sagt ich, würden nicht der Lieder allzuviel, Noch von Klestronis Künsten in dem kleinen Ringelein. Es half dann beim Schachzabelspiel Dem edeln König Tirol, der es trug am Finger sein. Es galt ein Königreich und manches Land. Aus großem Zorn Stellt er zu Pfand Sein Haupt dagegen, hätt ers Spiel verlorn. |
162. Klingsôr
M 78 Ich hân durch mîne Kristenheit der edeln meide sun verlobt, deich niemer lüge gezer: zwêne geiste der werlte tâten leit, die wonten ûf dem mer. Ich ibn ein heiden her gewesen, alsô was Aristôtiles, der dise beide bant; in Babilône hân ichz dicke gelesen wie si der meister vant. Nu gedenket sumelîcher, wurd ers underscheiden niet: 'wie möhte ein fliege deheinen rât gegeben dur ein glas?' ez was ein geist, derz buoch verriet, Aristôtiles der twangen, daz er drinne was. der bœse geist truog allem leben haz als er noch tuot: waz half in daz? doch zeigte er an dem bilde schalkes muot. |
162. Klingsor
Ich hab um meine Christlichkeit Dem Sohn der edeln Magd gelobt, ich löge nimmermehr. Zwei Geister schufen all der Welt groß Leid; Die wohnten auf dem Meer. Ich bin ein Heide lang gewesen, So war auch Aristoteles, der diese beiden band; Zu Babylon hab ich es oft gelesen, Wie sie der Meister fand. Nun gedächte Mancher, wenn ich jetzt ihn nicht beschied: Wie möchte eine Fliege Rath wohl geben durch ein Glas? Ein Geist wars, der das Buch verrieth; Aristoteles bezwang ihn, daß er drinne saß. Der böse Geist trug allem Leben Haß, Wie noch er thut. Was half ihm das? Doch an dem Bilde zeigt' er Schalkesmuth. |
163. Klingsôr
M 79, K 748 b2 Aristôtiles was kunt diu mære von dem agestein: sus het erz an geleit: des gwan er beide wurf und ouch den punt vor aller pfaffheit. Ze Rôme ein rîch geslehte hiez, daz wa in armuot komen durch ir edelen milten muot. Got getriuwen lîp noch nie verliez, ern machet ende guot. Die selben underschieden sumelîche sîniu wort: vil schiffe stüenden umbe den stein, seit in der wîse man, dar inne manic tûsent hort von golde læge, derz mit listen möhte bringen dan. des swuoren tiure helde an dise vart vil manegen eit: Virgilius wart gebeten dar; der truoc vermezzenheit. |
163. Klingsor
Dem Aristoteles war viel Gemeldet von dem Agtstein: dieß hatt er sich vorgesetzt, Wodurch er Wurf zumal gewann und Spiel Vor aller Pfaffheit jetzt: Ein reich Geschlecht war, wie es hieß, Zu Rom verarmt allein durch seinen edeln milden Muth. Getreuen Mann Gott nimmer noch verließ, Er schuf sein Ende gut. Zu Herzen nahm ein Theil sich gern des weisen Mannes Wort: "Viel Schiffe liegen bei dem Stein gestrandet, wie ihr wißt, Darin ein unerschöpfter Hort Von Golde rastet, möchte mans gewinnen nur mit List." Da schwuren theure Helden zu der Fahrt Sich manchen Eid. Vergilius ward Dazu erfleht; der trug Vermeßenheit. |
164. Wolfram
M 80, K 748 c Nu kôs daz ellenthafte her Fabiân zeim houbet man, der was ein grâve wert. der gwan in einen kiel dô ûf dem mer reht als ir herze gert. Ein jâr er wol gespîset wart, vîentlîch an ze sehenne und in krefticlîcher wer: si fuorten alle harnasch an die vart und pflâgen einer zer. Fünfhundert helme grâhten si und liehter schilte glîz. si verwâgen sich des tanzes mit den kinden ûf dem plân. juncfrouwen edeln hende wîz machen in niemer schapel als si wîlent hânt getân; si pflâgen ener kost, der si verdrôz wiez in ergie: vier ohsen grôz si fuorten, daz doch leider niht vervie. |
164. Wolfram
Nun las der kühnen Helden Heer Zum Hauptmann Fabian sich aus, das war ein werther Graf: Einen Kiel gewann der auf dem Meer, Den besten, den man traf. Gespeiset ward er auf ein Jahr; Sie waren feindlich anzuschaun in ihrer Waffen Wehr: Sie führten alle Harnisch bei der Fahrt, Und hatten gleiche Zehr. Fünfhundert Helme brachten sie und lichten Schildesrand. Hier galt es nicht zu tanzen mit den Schönen auf dem Plan; Der edeln Jungfraun weiße Hand Flicht ihnen nun nicht Kränze mehr, wie sie wohl sonst gethan. Sie vertrauten einer Kost, wie nach dem Looß Es auch ergieg: Vier Ochsen groß Sie führten, was doch leider nicht verfieng. |
165. Wolfram
M 81, K 750 b Nu sihet man sorgehaften gast, der doch in sînem herzen hete heldes ellen halt, dô sie gesâhen manegen hôhen mast als einen dürren walt. Virgilius hât uns gar ervar des steines kruft und dennoch mêr er sinneclîchen wac, des hœhe erwindet dâ der adelar niht fürbaz fliegen mac. Ir ander ungemüete ich in künde sunder mein: vier keten, die mit flîze zuo den ohsen wârn geworht, die selben nimt in nu der stein: si fuoren zuo zir angesiht hin übers kieles bort und kleibten sich hin an des velses want in hôher luft, daz menschen hant niht mohte gereichen zuo der selben kruft. |
165. Wolfram
Nun sieht man sorgen manchen Gast, Der doch im Herzen Heldenmuth sonst barg und Zuversicht, Als sie ersahen manchen hohen Mast Wie dürren Wald so dicht. Virgilius ward wohl gewahr Des jähen Steins, und noch viel mehr erwog der weise Mann, Des Höhe schwindet, wo der edle Aar Nicht weiter fliegen kann. Was ihnen sonst noch Schrecken schuf, soll unverschwiegen sein: Vier starke Eisenketten, die die Ochsen trugen dort, Mit ihnen raubte sie der Stein: Vor ihren Augen fuhren sie über des Kieles Bord Und klebten sich an des Magnetbergs Rand In hoher Luft, Wo Menschenhand Nicht reichen mochte zu der Felsenkluft. |
166. Klingsôr
M 82, K 749 a 750 d Nu werdent si in selben gram, si enhelfent liehte wâfen och dekein vermezzenheit. der agetstein in dô die anker nam: sus suohs in klagendez leit. Der kiel der gie in snellem zil; daz was nâch einem mitten tage gegen der vesper zîl. syrênen hôrte man dô singen vil, der stimme slâfen gît. Die selben sorge in sîme herzen nieman ringe wac. der kost was in zerrunnen, daz si pflâgen kranker zer; krokodillen wer dâ slâfes pflac den nâmen si in ûz dem kiel und truogen in inz mer. die grîfen nâmen ouch ir spîse war al dâ si flugen von sneller par dort her von Palakers, dâ si ir jungen zugen. |
166. Klingsor
Nun werden sie sich selber gram: Ihnen frommen lichte Waffen nicht, noch auch Vermeßenheit. Der Agtstein nun auch ihre Anker nahm: So wuchs ihr kläglich Leid. Schnell wie im Fluge fuhr der Kiel; An einem Mittag wars, es nahte schon die Vesperzeit. Syrenen stimmen hörte man da viel; Ihr Singen Schlaf verleiht. Geringe Sorge schuf das nicht: sie nagt' am Herzen tief. Dazu zerrann die speise ganz; sie reichte längst nicht mehr. Krokodille, wer da lag und schlief, Den raubten sie aus ihrem Kiel und trugen ihn ins Meer. Auch Greifen hatten ihrer Kost gewahrt, Die dorthen flgen Nach schneller Art Von Palakers, wo sie die Jungen zogen. |
167. Klingsôr
M 83, K 749 b2 Vil edeler fürste in dürengen lant, heiz dîn landes herren mit ir wilden mæren dagen. dînr ellen sî mîn triuwe des dîn pfant, ich wil die wârheit sagen. Ich enruoch, wer dichs berihtet baz, des Wolferam in sîme herzen hât vil lîhte muot; des ist iemer offen unser haz, daz er mir strâfen tuot. Palakers lît von goukelsahs zwelf tûsent raste gar, dâ nu die grîfen wonent an und sint mit hûse drabe: kein vogel brâht ie veder dar; ez ist ein wunderlîchez dinc, wâ von ez grfen habe. Palakers houbtet hin gegen Endiân; der hât getwerc gar sunder wân: von golde wirkent si diu spæhen werc. |
167. Klingsor
Thüringens Landgraf auserkannt, Heiß schweigen mit den wilden Mären deines Landes Herrn. Meine Treue stehe deiner Macht zu Pfand, Die Wahrheit meld ich gern. Bericht giebt Nieand dir so gut, Wie sich in seinem Herzen ohl hier Wolfram brüstet still. Ich trag ihm immer Haß in meinem Muth, Daß er mich schelten will. Palakers liegt vom Kaukasus zwölf tausend Meilen gar, Wo doch die Greifen sind zu Haus wie männiglich vernahm: Nie trug ein Vogel Federn dar; Es ist ein wunderliches Ding wie es an Greifen kam. Indien gehört Palakers an; Da wohnt Gezwerg Gar sonder Wahn Von Golde wirken sie viel kunstreich Werk. |
168. Klingsôr
M 84 Sinnels heizet ein getwerc, Palakers ist sîn eigen, und lît bî dem leber mer. künic istez über den selben berc; getwerge ein michel her Pfliget er; sô hât der bruoder sîn gebirge in tiutschen landen und ouch in der Walhen lant. der selbe künec der heizet Lâurin; imst tugende vil bekant. Sinnels het in sîme lande kleiner fröiden zer: die würme giengen im an den berc, des gwan er sorgen pîn; korkodillen nâmen im sîn her: des sant er boten manegen zuo dem künic Lâurîn. daz getwerc im dâ zwei grîfen eier gwan, die ein strûz besaz; hœrt ob ichz kan: lât iuch der mære berihten fürebaz. |
168. Klingsor
Sinnel heißt man einen Zwerg; Palakers ist sein Eigenthum dort bei dem Lebermeer, Wo ihm als König unten indem Berg Von Zwergen großes Heer Gehorcht; auch hat der Bruder sein Gebrig in deutschen Landen hier und in der Welschen Land. Denselben König heißen sie Laurein; Viel Zucht ist ihmn bekannt. Sinnels fand in seinem Lande wenig Freuden mehr: Ihm giengen Drachen an den Berg: das schuf hm Sorg und Pein; Krododille raubten ihm sein Heer, Drum sandt er manchen Boten zu dem Könige Laurein. Zwei Greifeneier ihm der Zwerg gewann, Die ein Strauß besaß; Hört, ob ichs kann: Laßt euch die Märe melden noch fürbaß. |
169. K.
K 749 c1 Man prichet Palakers grîfen hât, diu crôn zuo Babilônie, ob ich die wârheit sage. der agetstein zwelf rasten dannen stât: dar fliegents alle tage. Die würme die gegen dem wâg ûf strebent, die werdet von den grîfen ûf der heide schier verzert. dâ von die twerge wünniclîchen lebent, des hânt si sich erwert. Fischen und jagens pfligt künec Sinnels und sîn kint. die grîfen kundens vor den hôhen tolden nit genemen, dâ mit diu schif bedecket sint. sus lebent si vor dem berge als ir êren wol mac zemen. des bejagent si cristen lîchen prîs als si dâ bat der fürste wîs von Berne, der ûz hôhen êren nie getrat. |
169. Klingsor
So hat Palakers Greifen doch, Die Krone Babyloniens, wenn ich die Wahrheit sage. Sie fliegen, nur zwölf Meilen weit ists noch, Zum Agtstein alle Tage. Die Drachen, die das Land umgeben, Die werden von dem Greifen auf der Heide jetzt verzehrt: In Frieden mögen wohl die Zwerge leben, Nun sie sich so gewehrt. Der König Sinnels fischt und jagt mit seinem Ingesind: Die Greifen nehmen es ihm nicht, so hoch ist das Gezelt, Womit bedeckt die Schiffe sind; Sie leben herrlich vor dem Berg wie ihnen wohl gefällt. So verdienen sie bei Christen Ruhm und Preis, Wie sie auch bat Der König weis Von Bern, der nie aus hohen Ehren trat. |