FEIRE FIZ : 12 KÖRBE: Quellen zum Thema "Schöpfung" und zum Weltbild der Antike und des Mittelalters : Wartburgkrieg : Fürstenlob
 
Der Wartburgkrieg
("Der Sängerkrieg auf der Wartburg")
wohl zwischen 1240 und 1260 (anonym) in Thüringen
 
mittelhochdeutsch, ed. und übers. von Karl Simrock 1858
Teil I: die Strophen 1 bis 24 (in Simrocks Zählung)
 
Abhandlung des Herausgebers (Karl Simrock 1858): Handschriften und Anordnung der Strophen
 
Teil I: Fürstenlob * Teil II: Rätselspiel * Der Gral als Stein aus der Krone der Gerechtigkeit * Zabulons Buch
 
Teil I: Fürstenlob
Strophenform: Thüringer Herrenton
 
Große Heidelberger Liederhandschrift (Manessische) 219v
 
Klingesôr von Ungerlant
 
1. Von Oftertingen 
M 1,  J 1,  W 1,  K 742 a  
 
Daz êrste singen hie nu tuot  
Heinrich von Ofterdingen in des edeln fürsten dôn  
von Dürengen lant; der teilte uns ie sîn guot  
und wir im Gotes lôn  
  
Der meister gât in kreizes zil  
gegen allen singern, die nu leben, er ûfgeworfen hât,  
benennet er si wênic oder vil,  
alsam ein kempfe er stât  
  
Nu hœrent wie er kampfes kan gegen allen meistern pflegen:  
des fürsten tugent ûz Ôsterrîch wil er ûf wâge legen,  
ob si im die nu wider wegen  
mit drîer fürsten milte, sô sis beste vinden megen:  
  
Unt hânt die alle nu sô hôhen prîs  
an tugende leben,  
in diebes wîs  
wil er sich des gevangen hiute geben. 
1. Heinrich von Ofterdingen  
  
  
Das erste Singen hier nun thut  
Heinrich von Ofterdingen in des edeln Fürsten Ton  
Von Thüringen: der theilt uns stäts sein Gut  
Und wir ihm Gottes Lohn  
  
Der Meister steht bereits im Kreiß  
Und sucht zum Kampf heraus die Sänger fern und nah;  
Obgleich er nicht die Namen alle weiß,  
Ein Kämpe steht er da.  
  
Nun höret wie er kann des Kampfs mit allen Meistern pflegen:  
Des Fürsten Preis aus Oestreich will er auf die Wage legen,  
Ob man ihm die weiß aufzuwägen  
Mit dreier Fürsten Milde: stellt die Besten ihm engegen!  
  
Und haben dann die drei so hohen Preis  
Durch reines Leben,  
In Diebesweis  
Will er sich heute hier gefangen geben.  
 
 Jenaer Liederhandschrift 123v Jenaer Liederhandschrift 124r
 
2. Her Walther 
M 2,  J2,  W 2,  K 742 b  
 
Nun hebe ichz hie mit schirme slegen, 
Walther von der Vogelweide sô bin ich genant. 
unbilde wil an mir den zorn erwegen, 
daz Ôsterrîch daz lant 
 
Und ich ze hazze sîn gedigen, 
dar zuo die werden dienestman; ir gunst ich niemer hol. 
des edelen fürsten sî von mir verzigen 
ich unbilde dol. 
 
Morgen lâz ich schouwen, wer nu sî der edel degen 
dem alle fürsten müezen geben dur sîne tugende wîch: 
ich wil in gein Frankrîche wegen: 
der künic hât mê prîses dan der edel ûz Ôsterrîch. 
 
swer  hie empfâhet sigelôsen teil, 
daz ist mîn ger, 
wide unde seil 
schaffe unser eim der hâher morgen her. 
2. Walther von der Vogelweide  
  
  
Nun heb ich's hier mit Fechterschlägen  
Walther von der Vogelweide, so bin ich genannt.  
Unbilde will zum Zorne mich bewegen  
Mit Dem aus Osterland:  
  
Zum Haße bin ich ihm erweckt;  
Auf seiner werthen Fürsten Gunst thu ich zumal Verzicht.  
Ihr Feind zu werden hab ich mich erkeckt:  
Unbilde duld ich nicht.  
  
Morgen laß ich schauen, wer denn sei der edle Degen, 
Der über alle Fürsten miolde heißt und tugendreich.  
Ich will ihn gegen Frankreich wägen:  
Der König hat mehr Preises als der Held aus Oesterreich.  
  
Wem nun im Kampf der Unsieg wird zu Theil,  
Hört mein Begehr,  
Daß Strang und Seil  
Ihm schaffen soll ein Henker morgen her.  
 
3. Der Schrîber 
M 3,  J 3,  W 3,  K 742 c1 
 
Her Walther, lât in tâlanc vrî: 
ich tugenthafter schrîber trit im zuo mit kampfes gir. 
wie möhte ein fürste werder sîn dan drî? 
nu sagent, meister, mir 
 
Mit sange sîne besten tugent, 
wie er nâch gotes hulden werbe und doch zer werlde var: 
der Dürenge herre ist milte uz kindes jugent: 
ob im ein adelar 
 
Zuo aller zîten ist mit hôhen flügen her gewesen; 
dar zuo hât er gegen vînden wol des edeln lewen muot. 
Alexanders buoch hân ich gelesen: 
dem werden künec er wol gelîch an sînem orden tuot. 
 
sîn hant den armen und den rîchen vröut; 
sîn lewen muot 
ist unbedröut; 
er lachet swenne er tugentlîchen tuot. 
3. Der tugendhafte Schreiber  
  
  
Herr Walther, laßt ihn heute frei:  
Ich tugendhafter Schreiber tret ihm zu mit Kampfesgier.  
Wie nöcht Ein Fürst wohl werther sein als drei?  
Nun saget, Walther, mir  
  
Mit Singen alle seine Tugend,  
Wie er nach Gottes Hulden strebt und doch der Welt behagt, 
Thüringens Fürst ist mild seit Kindesjugend;  
Ob ihm ein Adler jagt,  
  
Der ist noch jederzeit bedacht auf hohen Flug gewesen;  
Auch hat er vor den Feinden wohl des edeln Löwen Muth.  
Alexanders Buch hab ich gelesen:  
Das ist der König, dem er gleich in milder Gabe thut.  
  
Seine Hand den Armen und den Reichen freut:  
Sein Löwenmuth  
Ist unbedreut;  
Er freut sich, wenn er spenden mag sein Gut.  
 
4. Von Oftertingen 
M 4,  J 4,  W 4,  K 742 c2 
 
Wâ nu griezwarten? kampf ist komen! 
ich bin des kempfe ûz Ôsterrîch und kann die widerslege. 
zwêne meister hânt sich angenomen, 
daz nieman gegen in mege. 
 
Mit sange sôst ir vrâge scharf, 
swie doch ir eteslîchem volgen süeze sprüche mite. 
Reinmâr von Zweter, sît ich dîu bedarf, 
hœr zuo nâch triuwen site; 
 
Von Eschenbach der wîse sol der ander kieser wesen: 
sô sint wir beidenthalben wol gewaltes von in vrî. 
daz rechte helfe mir genesen: 
wan ez sich nie von im geschiet, der hât der namen dri. 
 
Her fürste, heizt sie kiesen ûf ir eit: 
wer tôdes gert, 
mir ist niht leit, 
wirt er mit voller wâge al hie gewert. 
4. Ofterdingen  
  
  
Wo nun Grießwärtel? Kampf ist kommen!  
Der Kämpe Oestreichs steh ich hier und kann die Widerschläge.  
Zwei Meister rühmen sich so gar vollkommen,  
Daß sie Niemand zwingen möge.  
  
Im Angriff ist ihr Singen scharf,  
Wiewohl sie süße Sprüche drein zu weben wißen auch.  
Reinmar von Zweter, da ich dein bedarf,  
Herbei nach treuem Brauch!  
  
Von Eschenbach der weise soll der andre Kieser sein:  
So bleiben wir wohl vor Gewalt auf beiden Seiten frei.  
Nun helfe mir das Recht gedeihn:  
Von dem es sich noch niemals schied, der hat der Namen drei.  
  
Herr Fürst, nun heißt sie kiesen au den Eid!  
Wer Tod begehrt  
Mir ist nicht leid  
Wird er mit voller Wage des gewährt.   
 
5. Von Oftertingen 
M 5,  J 5,  W 5,  K 742 d2 
 
Ir herren, hœrent mich ein teil: 
des fürsten tugent ûz Ôsterrîche die wil ich iu zeln. 
swenne er wol getuot, sô wirt er geil, 
Got kunde in selbe weln, 
 
Wand er dekeine wünne verbirt 
und doch nâch Gotes hulde vaste an dirre werlte strebet. 
ein krône im dort in himelrîche wirt; 
nâch priesters lêre er lebet. 
 
Wîp sint sînes herzen spil, den gît er senften gruoz: 
er êret alle megede dur die magt, diu Got gebar. 
den klagenden tuot er kumbers buoz: 
swaz wîser man erdenken kann, die tugent hât er gar. 
 
Er helt ouch gegen den vînden wol sîn zil; 
erst niht ein kint. 
swerz merken wil, 
gein im sint alle fürsten gar ein wint. 
5. Ofterdingen  
  
  
Ihr Herren, wollt ihr hören mich,  
So will ich von des Oesterrichers Tugend euch erzählen:  
Vermag er wohlzuthun, so freut er sich.  
Gott selber möcht ihn wählen.  
  
Weltliche Freuden flieht er nicht,  
Da doch nach Gottes Huld sein Sinn auf Erden ringt und strebt.  
Im Himmelreich man ihm die Krone flicht;  
Nach Priesterlehr er lebt.  
  
Die Fraun sind seines Herzens Spiel, er grüßt sie jederzeit.  
Er ehrt die Frauen alle um die Magd, die Gott gbar.  
Verdrängten büßt er gern ihr Leid;  
Was weiser Sinn erdenken mag, die Tugend hat er gar.  
  
Er hält auch vor den Feinden wohl sein Ziel;  
Er ist kein Kind.  
Wer's merken will,  
Vor ihm sind alle Fürsten nur ein Wind.   
 
6. Der Schrîber 
M 6,  J 6,  W 6,  K 743 a 
 
Sîben fürsten sint des wert, 
daz in ein rœmisch künic ist ze welenne benant: 
die enkiesent niht wan des der edel gert, 
Herman von Dürengen lant. 
 
Ist danne der künec ze kurz, ze lanc, 
daz er dem rîche und al der werlt niht schaffet fröiden vil, 
ein Dürenge herre nimt imz sunder danc 
und setzet swen er wil. 
 
Daz sâhent ir an keiser Otten dâ von Brûneswîc, 
den schiet er von dem rîche und tete in maneger êren vrî. 
Heinrich von Ofterdingen swîc 
und miz ouch gein einander niht daz ungemezzen sî. 
 
Swelch leitehund unrehte vart wil jagen, 
des sît gemant, 
bî mînen tagen 
ein strâfe im wart von sînes meisters nam. 
6. Der Schreiber  
  
  
Sieben Fürsten sind des werth,  
Den römischen König zu erwählen liegt in ihrer Hand:  
Die kiesen, Wen der Thüringer begehrt,  
Hermann ist er genannt.  
  
Ist der König ihm zu kurz, zu lang,  
Daß er dem Reich und all der Welt nicht schafft der Freuden viel,  
So nimmts ihm Hermann wieder frei und frank,  
Und ordnet Wen er will.  
  
An Kaiser Otto saht ihr das, genannt von Braunesweig:  
Den scied er von dem Reiche, daß er alle Ehren misst.  
Heinrich von Ofterdingen, schweig  
Und vergleiche miteinander nicht, was unvergleichbar ist.  
  
Ein Leithund, wenn er falsche Fährte spürt,  
Das ist bekannt,  
Und irre führt,  
So straft mit Recht ihn seines Meisters Hand.   
 
7. Von Oftertingen 
M 7,  J 7,  W 7,  K 743 b1 
 
Her Schrîber, ir noch iuwer hant, 
ir mugt mîn meister niht gesîn als iuwer munt verjach. 
Reinmar von Zweter sî dar zuo benant 
und der von Eschenbach, 
 
Her Walter, den ich gester (gêren) sach 
swaz meister ist in tiutschen landen hie und andeswâ. 
ein krâ zuo einem edelen valken sprach 
her gugguc, sît ir dâ? 
 
Derselben krâ der hânt ir wol an mir getân gelîch, 
her Schrîber, dô ir von dme leitehunde kundent sagen. 
ich bin iu doch zuo künste rîch, 
des müezent ir in welfes wîs an widerverte jagen. 
 
Mîn tihten ist von meister künsten sleht, 
ich wil iuch wern, 
Ruoprecht mîn kneht 
muoz iuwer hâr gelîch den tôren schern. 
7. Ofterdingen  
  
  
Herr Schreiber, ihr noch eure Hand,  
Sie mögen nicht mein Meister heißen euern Worten nach.  
Reinmar von Zweter sei dazu benannt  
Und der von Eschenbach,  
  
Herr Walther, der in Ehren war,  
Wieviel man guter Meister je in deutschen Landen sah.  
Zum Edelfalken sprach die Krähe gar:  
Herr Kuckuck, seid ihr da?  
  
Ihr thatet sicherlich an mir der frechen Krähe gleich,  
Herr Schreiber, da ihr euch vermaßt, vom Leithund mir zu sagen.  
Ich bin an Kunst euch doch zu reich,  
Drum müßt ihr wie ein junger Hund zurück die Fährte jagen.  
  
Mein Dichten ist der Meisterkunst gerecht;  
Ihr mögt's nicht wehren,  
Ruprecht mein Knecht  
Soll euer Haar nach Thorenweise scheren.   
 
8. Schrîber 
M 8,  J 8,  W 8,  K 743 b2 
 
Nu wirt gesungen âne vride 
sint iuwer kneht mîn reidez hâr sol tôren glîche scher. 
her Walther, koment balde mit der wide, 
den hâher bringent her: 
 
So erzeige ich waz mîn kunst vermac: 
daz müezen an mir schowen beide vrowen unde man: 
swenne ich gesinge disen ganzen tac, 
alrêrst so heb ich an, 
 
Und wirt mir niemer kunt von Ôsterrich des fürsten gruoz. 
nu hœrt wie unser singen ist mit worten ûz geleit. 
von Îsenache Stempfel muoz 
ob unser beider houbet stân mit sîme swerte breit: 
 
Er rihte ab unser eime in roubes site; 
swems valles jehen, 
swer für den bite, 
dem müezen tûsent herzeleit geschehen. 
8. Der Schreiber  
  
  
Nun werde friedlos unser Sang,  
Da euer Knecht mein krauses Haar soll scheren Thoren gleich.  
Herr Walther, kommt als Richter mit dem Strang,  
Den Henker bringt mit euch.  
  
So zeig ich was ich Kunst vermag:  
Das sollen an mir schauen bald als Zeugen Weib und Mann.  
Hab ich gesungen diesen ganzen Tag,  
So heb ich erst recht an,  
  
Und ernt ich auch von Oesterreich des werthen Fürsten Groll.  
Nun hört, ie unser singen hier mit Worten ist bewehrt.  
Stempfel von Eisenach, der soll  
Ob unser beider Haupte stehn mit seinem breiten Schwert.  
  
Wie einen Räuber soll er richten den,  
Der unterliegt;  
Die für ihn flehn,  
All Herzeleid sei denen zugefügt.   
 
9. Oftertingen 
M 9,  J 9,  W 9,  K 743 c1 
 
Jâ von dem fuoze unz ûf den gebel 
lobt nu diu werlt gemeine den edelen helt ûz Ôsterrîch: 
gein im sint alle fürsten gar ein nebel, 
er ist dem sunnen glîch. 
 
Welt ir iu lâzen tuon bekannt 
wes pfliget der milte ûz Ôsterrîch? des wir sîn êre breit: 
swelhem edelen man er gît gewant, 
des wîp wirt ouch gekleit. 
 
Der frowen sendet erz zuo hûs von sîner milten hant, 
daz si mit êren sprechen mac 'diz gap der fürste rîch' 
her Schrîber, suochent elliu lant, 
wâ vint ir fürsten drî, die sînen tugenden sîn gelîch? 
 
Mîn meisterkunst gît in den vierden ouch 
iu rehte kür: 
ir tumber gouch, 
nu bringet hôher lop mit sange für. 
9. Ofterdingen  
  
  
Vom Fuße bis zur Scheitel hin  
Lobt nun die Welt zumal den werthen Herrn von Oesterreich.  
Alle Fürsten sind ein Rebel gegen ihn:  
Er ist der Sonne gleich.  
  
Die Milde mach ich euch bekannt,  
Die der von Oestreich pflegt; davon ist seine Ehre breit.  
Welchem edeln Mann er giebt Gewand,  
Seinem Weib wird auch ein Kleid.  
  
Der Frauen schickt er es ins Haus mit seiner milden Hand,  
Daß sie mit Ehren sprechen mag: dieß gab der Edle mir.  
Herr Schreiber, sucht in allem Land,  
Wo findet ihr an dreien Fürsten solcher Tugend Zier?  
  
Meine Meisterschaft giebt euch den vierten auch  
Noch willig frei:  
Ihr dummer Gauch,  
Nun bringet höher Lob mit Singen bei!   
 
10. Schrîber 
M 10,  J 10,  W 10,  K 743 d1 
 
Sîn milte ist hôhen êren glîch 
als der von Ofterdinge sprichet umbe der frowen wât: 
die tugent der vil edel ûz Ôsterrîch 
von der Rürenge herren hât. 
 
Der fürste ûz Dürengen hât erstrebet, 
daz aller prîs bî im behûset ist von kindes jugent. 
swaz künege in al der kristenheite lebet, 
die hant von im ir tugent. 
 
Er leschet manege schande sam der priester sünde tuot, 
swenne der den sünder in der rehten riuwe siht; 
zu zim sô fliuzet êren fluot; 
den gernden tuot er kumbers buoz als mir die menge giht. 
 
Ir reinen frowen ûz der Dürengen lant, 
der mich hiez gouch, 
ez wurde genant 
von mir sîn muoter – durch iuch lâze ichz ouch. 
10. Der Schreiber  
  
  
Seine Mild ist hohen Ehren gleich  
Wie der von Ofterdingen meldet von der Fraun Gewand:  
Die Tugend lieh dem Herrn von Oesterreich  
Der aus Thüringerland.  
  
Der Landgraf hat den Ruhm erstrebt  
Daß aller Preis bei ihm zu Hause war von Kindesjugend:  
Was in der Christenheit der Könge lebt,  
Die danken ihm die Tugend.  
  
Es tilgt uns manche Schande wie der Priester sühnend thut,  
Wenn er nur dn Sünder in der rechten Reue schaut.  
Drum fießt ihm zu der Ehre Flut;  
Bedrängten büßt er gern ihr Leid: die Menge zeugt mir laut.  
  
Ihr reinen Fraun aus Thüringen, nun seht,  
Der mich hieß Gauch,  
Nicht ungeschmäht  
Blieb seine Mutter, wehrtet Ihr's nicht auch.   
 
11. Oftertingen 
M 11,  J 11,  K 743 d2 
 
Der Dürenger herre ist ûz der jugent 
erwahsen sô, daz im sîn landes fürsten geben wîch: 
er gwinnet niemer doch sô hôhe tugent 
als der ûz Ôsterrîch. 
 
Al mîne vinger wellent swer, 
daz sîn vil reinez herze niht gedanke mac getrage 
wan wie er dort die sêle müge ner 
unt hie der werlte behage. 
 
Wan siht in Ôsterrîche zuo dem edelen fürsten var 
vil manegen senden gernden man, den tuot er er kumbers vrî; 
alsam diu bîe zuo dem kar 
mit fröiden vallent, ob ir rehte wîsel drinne sî. 
 
Sone müeze Stempfel niemer mê gespar 
dem leben mîn, 
ein adelar 
ist er, swenne ander vürsten valken sîn. 
11. Ofterdingen  
  
  
Der Landgraf ist von Kindesjugend  
So milde, seiner Landesfürsten Keiner thuts ihm gleich;  
Jedoch gewinnt er nie so hohe Tugend,  
Als der von Oesterreich.  
  
All meine Finger schwüren wohl,  
Daß er in seinem reinen Herzen höhern Wunsch nicht trage  
Als wie er dort die Seele bergen soll  
Und hier der Welt behage  
  
Man sieht in Oestreich zu dem tugendreichen Fürsten fliehn  
So manchen freudenlosen Mann, den er von Kummer heilt,  
Gleichwie die Bienen freudig ziehn  
Zu ihrem Korbe, wenn ihr rechter Weisel drin verweilt.  
  
Nicht schone meiner Stempfel, wenn euch dieß  
Mein Herz ersinnt;  
Ein Adler hieß  
Er wohl, wenn andre Fürsten Falken sind.   
 
12. Her Biterolf 
M 12,  J 12,  K 744 b1 
 
Ich Biterolf muoz iezunt dar, 
der zorn wil lenger swîgen niht: her Schrîber, dagent mir! 
ich sihe ein âs vor mir der hiute bar 
und kom in rappen gîr. 
 
Ein kater dûhte sich sô zart; 
daz er die sunnen frîjen wolde, sô si früeje ûf gienc, 
und nam doch sît nâch sîner rehten art 
ein tier, daz miuse vienc. 
 
Ein tumber stiez der pfannen stil inz venster an dem tor; 
diu schuofe mohte niht himite, nu merkent wiez geschach: 
daz breite ist allez noch hie vor. 
Walther, Reinmâr, ir aller meister, der von Eschenbach, 
 
mîn kunst lât ouch wol schouwen waz ich kann 
an disem tage 
dich, tumber man, 
Heinrich von Ofterdingen, œder krage! 
12. Biterolf  
  
  
Ich Biterolf muß nun herbei,  
Nicht länger schweigen mag mein Zorn. Herr Schreiber, weichet mir.  
Ich seh ein Aas vor mir, der Haut schon frei, 
Und nah in Rabengier.  
  
Ein Kater däuchte sich so zart,  
Daß er die Sonne freien wollte, da sie früh aufgieng,  
Und nahm doch bald nach angestammter Art  
Ein Thier, das Mäuse fieng.  
  
Ein Dummer stieß der Pfanne Stiel ins Fenster bei dem Thor:  
Was ward daraus? Die Schaufel selber konnte doch nicht nach;  
Das Breite ist noch jetzt davor.  
Walther, Reinmar, ihr aller Meister, der von Eschenbach.  
  
Meine Kunst läßt auch wohl schauen was ich kann  
An diesem Tage  
Dich, dummer Mann,  
Heinrich von Ofterdingen, öder Krage!  
 
13. Von Oftertingen 
M 13. 18,  J 17,  K 744 b2 
 
Hœr Biterolf, wes ich dich man, 
diz bîspel dîne tumpheit dur dîn dröuwen niht verbirt: 
swâ miuse loufent eine katzen an, 
ob diu erbizzen wirt. 
 
Dâ muoz der miuse sîn gar vil. 
ir tumben singer tuot den kleinen tierlein wôl gelîch; 
sô stên ich allez in der katzen zil 
und bîze al umbe mich. 
 
Jâ hete ich zuo der Dürenge herren selbe wol die pfliht, 
daz künec noch vürste ûf erden niht sô werdeclîche lebt, 
wær der ûz Ôsterrîche niht. 
des tugent in den lüften (hôch) ob al der werlde swebt: 
 
Swie man des lîp hie ûf der erden siht, 
in Ôsterrîch, 
diu werlt mir giht, 
sîn tugent stîge eim adelar gelîch. 
13. Ofterdingen  
  
  
Biterolf, wiß ohne Wahn,  
Deine Thorheit schont dieß Beispiel nicht, da mich dein Zorn nicht irrt.  
Greifen Mäuse einen Kater an:  
Eh der zerbißen wird,  
  
So muß gar viel der Mäuse sein.  
Ihr dummen Sänger gleicht dem Zorn des kleinen Thiergeschlechts;  
Ich selber trete für den Kater ein  
Und beiße links und rechts  
  
Ich hätte wohl Thüringens Herrn zu rühmen selbst die Pflicht,  
Daß würdiger kein König und kein Kaiser selber lebt,  
Wär der von Oesterreich nur nicht,  
Des Tugend in den Lüften hoch ob allen Fürsten schwebt.  
  
Ob leiblich man auf Erden schaut den Herrn  
Von Oesterreich,  
Doch weiß man fern,  
Des Aaren Flug sei seine Milde gleich.  
 
14. Biterolf 
M 14,  J 13,  K 744 a1 
 
Stempfel, trit uns nâher bî! 
sô müez ich nu erstochen werden in eins diebes zil, 
vinde ich niht einen grâven wandels frî, 
als ichz bescheiden wil. 
 
Wer was ze megenze, dô geschach, 
daz man dem Fuolder fürsten wolde krenken hôhez reht? 
der Dürenge herre den stuol von Kölne brach 
und machte krumbe sleht. 
 
Dâ was vil manic werder degen, die hâten grôzen zorn; 
dâ wurden tûsent swert gerucket an der selben stat. 
von Hennenberc der hôch geborn 
in eines lewen muot er für der Dürengen herren trat. 
 
von stahel ein beggelhûbe wart gezoget 
des tages genuoc: 
den edelen voget 
man tôten glîch dâ für den keiser truoc. 
14. Biterolf  
  
  
Tritt näher, Stempfel, mit dem Schwert,  
Und müß ich nun erstochen werden wie man Diebe sticht,  
Find ich nicht einen Grafen preisenswerth;  
Ich nenn ihn, es ist Pflicht.  
  
Wer war zu Mainz an jenem Tag,  
Da man dem Fulder Fürsten wollte kränken hohes Recht?  
Der Thüringer den Stuhl zu Köln zerbrach  
Und machte Krumm gerecht.  
  
Da sah man werther Degen viel in großem Zorn entbrannt,  
Wohl tausend Schwerter rasch gezückt zu mannhaft kühner That.  
Von Henneberg der Held erkannt,  
In eines Löwen Muth er vor Thüringens Herren trat.  
  
Wohl ward der Stahl der Bickelhaube roth  
Des Tags genug,  
Bis man für todt  
Den edeln Vogt hin vor den Kaiser trug.  
 
15. Her Biterolf 
M 15,  J 14 
 
Mac êre bî manheite sî, 
scham und triuwe, milte, zuht, dâ barmunge inne stât, 
von Dürenge landes herre, stênt mir bî, 
daz er diz allez hât. 
 
Dâ gâben gnuoge fürsten wîch: 
dô trat er für der Dürenger herren in eins drachen kür: 
daz sach der edel helt ûz Ôsterrîch. 
her Heinrich, bring et für, 
 
Wâ hât der milte ûz Ôsterrîch sô hôhen prîs getân 
alsô der Hennenberger trete vor dem von Dürengen lant? 
man sach in für den edelen stân, 
ez wære dem Berner gnuoc gewesen, dô in her Egge vant. 
 
der fürste ûz Dürengen sprach: er hât den muot, 
dâz drizec lant 
und alle ir guot 
ze sînem ellen wæren wol besant. 
15. Biterolf  
  
  
Daß Ehr ihm bei der Mannheit sei,  
Scham, Zucht und Treue, Milde, der Erbarmung gerne naht,  
Thüringens Landesherr, Ihr steht mir bei,  
Daß er das Alles bat.  
  
Ihm wichen viel der Fürsten gleich,  
Als vor dem Thüringer er stand in eines Drachen Zier.  
Das sah der edle Held von Oesterreich.  
Heinrich, nun sag uns hier  
  
Wo hat der Held aus Oesterreich so Preisliches gethan,  
Als dort der Henneberger that an dem von Thüringland?  
Er griff den edeln Fürsten an,  
Dem Berner war's genug gewesen, als ihn Ecke fand.  
  
Da sprach der Landgraf selbst: Er hat den Muth,  
Ein Kaiserland  
Und all sein Gut,  
Das wär zu seiner Kühnheit wohlbewandt.  
 
16. Von Oftertingen 
M 16,  J 15,  K 744 a2 
 
Ich wil der Dürenge herren geben 
ze helfe den von Brandenburc, den Hennenberger dort: 
kann der von Ôsterrîch niht schôner leben, 
sô tuo mich Stempfel mort. 
 
Got im noch ougen zwei bescher 
in sînem nac, und hende zwô, daz wær des herzen leben: 
swenne er sich mit den zwein gein vînden wer, 
daz zwô den varnden geben. 
 
Dô man der Unger künec in hazze gegen den fürsten sach, 
den schilt er zuo dem arme warf mit ellenthafter hant, 
zuo sîme kamerære er sprach: 
'nu schaffe daz der gernden diet erlœset sîn diu pfant!' 
 
Si müezent herren tugende sich verstân, 
die singens pflegent. 
al sunder wân, 
si tôren, die drî fürsten gegen im wegent! 
16. Ofterdingen  
  
  
Thüringens Herren will ich geben  
Zu Hülfe den von Brandenburg, den Hennenberger dort:  
Kann der von Oesterreich nicht schöner leben,  
So thu mir Stempfel Mord.  
  
Zwei Augen mög ihm Gott bescheren  
In den Nacken, und zwei Hände noch, das wär des Herzens Leben:  
Muß er mit zwein sich vor den Feinden wehren,  
Daß zwei Bedürftgen geben.  
  
Als man den Ungerkönig mit dem Fürsten kämpfen sah,  
Den Schild er zu dem Arme warf mit tugendreicher Hand.  
Zu seinem Kämmrer sprach er da:  
"Nun sorge, daß den Gehrenden werd ausgelöst ihr Pfand."  
  
Auf Herrentugend sollten sich verstehn,  
die Singens pflegen.  
Wie schlecht bestehn  
Nun, die drei Fürsten setzen ihm entgegen!   
 
17. Her Reimâr 
M 17,  J 16  
 
Ein fürstin und ir frowen sint 
uns beiden al ze nâhe bî, daz wirt von mir geklaget: 
vor zorne muoz ich zabeln als ein kint, 
dem man daz ei versaget. 
 
Dîns schalles ist nu gar ze vil, 
Heinrich von Ofterdingen: Reinmâr wil dîn vîent wesen; 
wan swer sich selben dankes tœten wil, 
wer hulfe dem genesen? 
 
Jane mac der edel ûz Ôsterrîch der tugende niht getragen 
alsô der Dürenger here nu vor allen fürsten hât. 
swer überladet sînen wagen 
der brichet in. Dîn singen ûz eins tôren munde gât. 
 
Swenne alle fürsten hæten engel namen, 
al sunder spot 
und âne schamen, 
sô wær der Dürenger herre wol ir Got. 
17. Her Reinmar  
  
  
Die Fürstin und die Frauen sind  
Uns beiden allzunahe hier, das wird von mir beklagt.  
Vor Zorn ja möcht ich zappeln wie ein Kind,  
Dem man das Ei versagt.  
  
Deines Pralens wird hier allzuviel,  
Heinrich von Ofterdingen! Reinmar will dein Feind nun sein,  
Denn wer sich selbst zu Grunde richten will,  
Wer hülfe Dem gedeihn?  
  
Wohl mag der Oesterreicher nicht so hohe Tugend tragen  
Als nun vor allen Fürsten thut Thüringens Landgraf kund.  
Wer überladen will den Wagen,  
Zerbricht ihn leicht: dein Singen geht aus eines Thoren Mund.  
  
Gäb man nun allen Fürsten Engelnamen,  
All sonder Spott,  
Sprecht Alle Amen,  
So wäre wohl der Thüringer ihr Gott.   
 
18. Von Eschelbach 
M 19,  J 18,  K 744 d 
 
Heinrich von Ofterdingen sage, 
weistu, wie Got den tiufel durch sîn übermüete bant? 
sol ich dich binden, dast mîns herzen klage, 
in mînes herren lant? 
 
In priesters wîs muoz ich dich ban, 
von Eschenbach ich Wolferam, ob du beheftet sîs. 
Mich müezen hazzen vrouwen unde man, 
lieze ichdir sanges prîs. 
 
Der Dürenge herre wolde ich sîn für maneger künege leben. 
Got gab in allen fürsten, daz sie bilde bî im nehmen, 
die hie mich wirde kunnen streben, 
daz sich gein Gotes hulde und zuo der werlde kann gezemen. 
 
Heinrich von Ofterdingen, tuo den segen, 
lâ dir sîn gâch: 
vil bagels regen 
zoget dir mit donres blicken von mir nâch. 
18. Wolfram von Eschenbach  
  
  
Heinrich von Ofterdingen sprich,  
Weist du wie Gott den Teufelseiner Hoffahrt willen band?  
Muß ich dich binden, so verdrießt es mich,  
In meines Herren Land.  
  
Von Eschenbach ich Wolferam  
Als Priester dich Beseßnen bann ich wohl aus diesem Kreiß:  
Mir wären drum die Frauen alle gram,  
Ließ' ich dir hier den Preis.  
  
Ich lebe mir des Thüringers vor mancher Könge Leben:  
Den Fürsten allen hat ihn Gott zum Vorbild hingestellt,  
Die hier nach Würden wollen leben  
Wie sich um Gottes Huld geziemt und um den Ruhm der Welt.  
  
Heinrich von Ofterdingen, segne dich  
Und flieh alsbald,  
Eh grimmiglich  
Von mir dir Blitz und Hagelsturm erschallt.   
 
19. Von Oftertingen 
M 20,  J 19,  K 745 a 
 
Her Terramêr, sît willekomen! 
jô dringet mich diu heidenschaft mit maneger krîe dôn: 
noch hiute wirt ein sturm von mir vernomen, 
daz der von Naribon 
 
Gewalteclîcher nie gehielt, 
dô er der heiden vil verschiet, als im diu menge jach; 
ûf Alischanz er gnuoc der helme spielt, 
und lanzen vil zerbrach. 
 
Ein frosch ûz süezem touwe sprang in eine heize gluot; 
unkunde fürte müejent manegen, der si suochen wil. 
dem frosche ir wol gelîche tuot; 
ir woldent suochen furt an mir, des ist in gar ze vil. 
 
(Walther,) Reinmâr, der Schrîber, Biterolf 
hânt gense wân, 
sô si den wolf 
erkennent und welnt ûz den zinnen gân. 
19. Ofterdingen  
  
  
Herr Terramer, seid uns willkommen!  
Nun drängt mich gar die Heidenschaft mit lauten Kriegrufs Ton.  
Doch wird noch heut ein Sturm von mir vernommen,  
Daß nie der von Narbon  
  
Gewaltger focht das Kriegespiel  
Als er viel Heiden niederschlug, wie ihm gestand ihr Heer.  
Auf Alischanz zerhieb er Helme viel,  
Zerbrach er manchen Sper.  
  
Ein Frosch aus süßem Thaue sprang in eine heiße Glut;  
Daß er unkunder Furt vertraut, hat Mancher schon beklagt.  
Wenn ihr dem Frosch nun ähnlich thut,  
Und suchen wollt die Furt an mir, das ist zuviel gewagt.  
  
Ihr Walther, Reinmar, Schreier, Biterolf  
Gleicht Gänsen traun!  
Wenn sie den Wolf  
Erkennen und sich wagen vor den Zaun.   
 
20. Her Walther von der Vogelweide 
M 21,  J 20 
 
Ich Walther kume in sanges klage. 
Heinrich von Ofterdingen sage, wie hâstuz gedâht, 
daz ich dir dînen übermuot vertrage, 
der mich in zorn hât brâht? 
 
Mîn zunge was ein teil ze snel, 
daz ich mich des von Ôsterrîche hâte gar verzigen. 
daz si verswellen müeze und ouch diu kel! 
wil zorn an mir gesigen. 
 
Mir ist geschehen als Adâme, der den apfel slant 
vons tiubels râte unde was niht muotes sinewel. 
daz wort ich niemer mê verwant; 
möht ichz ergrîfen, sam daz obz, ich bræche ez ûz der kel. 
 
Vil hôch gelopter edler fürste wert 
von Ôsterrîch, 
mîn krîe gert, 
verkius nach Gotes orden wider mich. 
20. Walther  
  
  
Ich Walther muß mein Singen klagen,  
Heinrich von Ofterdingen sprich, wie hast du dir gedacht,  
Ich würde dir den Uebermuth vertragen,  
Der mich in Zorn gebracht?  
  
Zu vorschnell meine Zunge war,  
Als von dem Oesterreicher sie verzichtend Abschied nahm.  
Daß sie verschwelle samt der Kehle gar,  
Weil Zorn mich übernahm.  
  
Adamen that ich gleich damit, als er den Apfel schlang  
Auf des Versuchers Rath und That die Treue Gott nicht kund.  
Das Wort bereu ich nun schon lang:  
Möcht ichs ergreifen wie das Obst, ich bräch es aus dem Schlund.  
  
Viel hochgelobter edler Herzog werth  
Von Osterland,  
Mein Ruf begehrt:  
Verzeih, daß ich mich je von dir gewandt.  
 
21. Her Walther 
M 22,  J 21 
 
Ein künec und zwêne fürsten rîch 
sint ûz genomen, sô prüeve ich al die welt zuo sternen glast: 
die besten sint dem morgensternen glîch, 
swenne er ie früeje ûf brast. 
 
Ichn mag es langer niht verdagen, 
der zweier fürsten einer wol der sunnen glîche hât, 
diu die trüeben wolken kann verjagen 
als si gar lûter stât. 
 
Heinrich von Ofterdingen, sage, wer mac der edel sîn, 
des tugent vor allen fürsten kann der sunne gelîche wesen? 
 
(Von Ofterdingen)  
 
Von Ôsterrîch der herre mîn: 
von sîner milte wirt noch vil gesungen und gelesen. 
 
Nu hôrt ob ich in rehte mezzen kann: 
al swâ er gât, 
löwe unde man, 
der zweier herze und barmunge er hât. 
21. Walther  
  
  
Einen König und zwei Fürsten reich  
Nur nehm ich aus, die andern stell ich zu der Sterne Licht.  
Die besten sind dem Morgensterne gleich,  
Der durch die Dämmrung bricht.  
  
Nicht länger laß ichs ungesagt:  
Der zweien Fürsten Einer mag wohl gleich der Sonne sein,  
Wenn sie die trüben Wolken all verjagt  
Und stralt in vollem Schein.  
  
Heinrich von Ofterdingen sprich, wer mag der Edle sein  
Des Tugend über alle Fürsten gleich der Sonne ragt? 
 
(Ofterdingen)  
 
Von Oesterreich der Herre mein:  
Von seiner Milde wird noch viel gesungen und gesagt.  
  
Nun hört ob ich ihn richtig meßen kann:  
Wo er nur sei  
Ist Leu und Mann,  
Denn beider Herz und Großmuth wohnt ihm bei.   
 
22. Her Walther von der Vogelweide 
M 23,  J 22,  K 745 c 
 
Ich gihe der tac hât prîses mê 
dan sunne, mâne, sternenglast als ichz bescheiden wil. 
des müezen hôhe pfaffen mir gestê 
mit weiser leigen vil. 
 
Mag ich geziuge niht entwesen, 
sô suoche ich werde meister wîse hie und anderswâ, 
ich meine, die die biblien hânt gelesen, 
der lande crônica. 
 
Ir edelen Dürenge, Hessen, Franken, Swâbe, lânt iu sagen, 
wer mac der fürste sîn, der al der werlte ist übergelîch? 
der Dürengen herre kann uns tagen, 
sô gêt im nâch ein sunnen schîn der edel ûz Ôsterrîch. 
 
Der tac die werlt, wild unde zam erfreut, 
dast wol bekant. 
mit fröide streut 
er uns sîn guot, Herman ûz Dürengen lant. 
22. Walther  
  
  
Der Tag muß doch preiswürdger sein  
Als Sonne, Mond und Sternenglanz wie ich vermeinen will:  
Das gestehen gern mir hohe Pfaffen ein  
Und weiser Laien viel.  
  
Wenn ich noch Zeuge schuldig bin,  
So weiß ich weise Meister aufzufinden fern und nah,  
Die in der Schrift belesen sind und in  
Der Lande Chronica.  
  
Edle Thüringer, Hessen, Franken, Schwaben, laßt euch fragen,  
Wer mag der Fürst wohl sein, der all der Welt ist übergleich?  
Thüringens Landgraf mag uns tagen;  
So steht ihm nach ein Sonnenschein der Held von Oesterreich.  
  
Der Tag der Welt mit Wild und Zahm erfreut,  
Das ist bekannt:  
Mit Freuden streut  
Uns all sein Gut Hermann von Thüringland.  
 
23. Von Oftertingen 
M 24,  J 23 
 
Heinrich von Ofterdingen klaget, 
daz man im lege in Dürengen ungelîche würfel für. 
Walther mit valsched prîs an im bejaget: 
dast niht nâch triuwen kür. 
 
Ê der von Ôsterrîche gê 
dekeinem fürsten nâch, swie er zer sunnen sî benant, 
ich beite dîn und wærest über sê, 
Klinsôr ûz Ungerlant. 
 
Ich muoz an dich beruofen unde kann dich ûz erweln, 
dîn meisterschaft vor allen singern nu ist ûz erkorn. 
ob du des mers griez soldes zeln 
und alle sternen sunder nennen, ich bin unverlorn. 
 
ich wil in suochen, daz ist nu mîn ger, 
in Ungerlant: 
Klinsôr muoz her, 
dem ist diu tugent in Ôsterrîch erkant. 
23. Ofterdingen  
  
  
Heinrich von Ofterdingen klagt,  
Ungleiche Würfel hier zu Land hat man ihm vorgelegt;  
Walther hat falschen Preis an mir erjagt,  
Nicht wie die Treue pflegt.  
  
Der Sonne glich er ihn; doch eh  
Einem Fürsten weichen soll des Oesterreichers milde Hand,  
Ich suche dich und wärst du über See,  
Klingsor aus Ungerland.  
  
Auf dich berufen muß ich mich und will dich auserwählen,  
Deine Meisterschaft ist nun vor allen Singern auserkoren;  
Ob du den Meersand solltest zählen  
Und alle Sterne nennen, Heinrich ist noch unverloren.  
  
Ich will ihn suchen, das ist mein Begehr,  
In Ungerland:  
Klingsor muß her,  
Dem ist die Tugend Oesterreichs bekannt.   
 
24. Von Eschelbach 
M 25,  J 24 
 
Vier meister wolden sînen tôt: 
vil ofte Stempfel wart genant, er solt bereite wesen. 
diu fürstin sprach. Sweme ich mîn hant ie bôt, 
der lât in wol genesen. 
 
Her Wolferam von Eschenbach, 
Walther, Reginmâr, her Schrîber, lâzet iu gesagen: 
wart ich für kumber ie iur eines dach, 
sô solt ir zorn verdagen. 
 
Die kieser sprachen: Frouwe, an uns geschiht al iuwer ger. 
jâ was uns ie zuo aller zît der sin an iuch gewant. 
lât in den Klinsôr bringen her; 
ez wirt vil lîhte lanc ê er in bringe ûz Ungerlant. 
 
Si sprach: Sô lât in varn darnâch er stât 
in disem zil. 
vür Megenze gât 
die wîle des klâren Rînes harte vil. 
24. Erzählung  
  
  
Vier Meister wollten seinen Tod,  
Sie riefen Stempfeln oft herbei, sein Ende sollt es sein.  
Die Fürstin sprach: "Wem je die Hand ich bot,  
Der läßt ihn wohl gedeihn.  
  
Herr Wolferam von Eschenbach,  
Walther, Reginmar, Herr Schreiber, laßt euch alle sagen,  
Ward ich vor Gläubgern je euch Schirm und Dach,  
Sollt ihr dem Zorn entsagen.  
  
Die Kieser sprachen: "Frau, wir thun gern immer eur Begehr.  
Uns war ja dienstlich alle Zeit der Sinn euch zugewandt.  
Laßt ihn den Klingsor bringen her;  
Es wird vielleicht noch lang, eh er ihn bringt aus Ungerland.  
  
Sie sprach: So fahr er ledig denn und frei  
Wohin er will.  
An Mainz vorbei  
Geht unterdes des klaren Rheines viel.  
 
 
Abhandlung des Herausgebers (Karl Simrock 1858): Handschriften und Anordnung der Strophen
 
Teil I: Fürstenlob * Teil II: Rätselspiel * Der Gral als Stein aus der Krone der Gerechtigkeit * Zabulons Buch
 
Dieser Knoten bindet folgende Stränge:
 
Der Gral als Stein aus der Krone der Gerechtigkeit * Der "köstliche Stein" (Jesaja 28,16 & Psalm 118,22) im 1.Petrusbrief
Wagner: Tannhäuser und der Sängerkrieg auf Wartburg, 1., 2. und 3. Aufzug * Tannhäuser-Lied * Wagner: Tristan
Novalis: Hymne * Chrêtiens und Wolframs Parzival * Wagner: Parsifal * Wolfram und Klingsôr im Wartburgkrieg:
Goethe: Das Märchen von Schlange und Lilie * Novalis: Klingsohrs Märchen im "Heinrich von Ofterdingen"
Elischa Beth: "...noch einen Tannhäuser schuldig" bzw. "Zwiebelgold" (Roman) * vgl. 7.Rundbrief 2005
zu Flegetanis: "Zabulons Buch" im "Wartburgkrieg" / Parzival: Flegetanis , "ein Heide vaterhalb"
"Der Zimmermann", apokryphe Kindheitsevangelien; AT: der "Maurer" Hiram und der Tempelbau
Die Berufe Jesu: Zimmermann, Arzt, Lehrer, König, der Dichter, der Gärtner, der Priester
Schriftauslegung der Lebensschriftchiffre: Novalis: Die Lehrlinge zu Sais: Der Stein
Astralis * al-Ghazzali: Das Gleichnis vom Schreibrohr : die Chiffernschrift
Die Lebens-Chiffernschrift nach der Feuerprobe bei Rudolf Steiner:
"Wie erlangt man  Erkenntnisse der höheren Welten?"
Islam: Koran * Moschee in Cordoba * Alhambra in Granada
Franz von Assisi: Fioretti (Blütenlegenden); Sonnengesang
Märchen von dem Machandelboom (Wacholderbaum)
J.V. Andreae: Chymische Hochzeit Chr. Rosencreutz
Fama Fraternitatis   +   Confessio Fraternitatis
Jakob Böhme: Die Morgenröte im Aufgang
Ovid: Metamorphoses XV : der Phoenix
William Blake: The book of Urizen
Philipp Otto Runge: Der Morgen
Luzifers Sturz (Jes 14,12-15)
Richard Wagner: Parsifal
Wolfram & Chrêtien:
Parzival  und
der  Gral
* * * * *
*  *
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FEIRE FIZ : 12 KÖRBE: Quellen zum Thema "Schöpfung" und zum Weltbild der Antike und des Mittelalters : Wartburgkrieg : Fürstenlob