Hans Zimmermann : 12
KÖRBE: Quellen zum Weltbild der Antike und des Mittelalters :
Proklos : stoicheiôsis theologikê : propositiones
Proklos Diadochos
Stoicheiôsis
theologikê – Theologische Elementarlehre
211 propositiones (Thesen)
griechisch / deutsch
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griech. nach E.R. Dodds, Oxford 1933
/ übers. Hans Zimmermann 2006
Propositiones 40-112
40. pantôn tôn aph heteras aitias
proiontôn
hêgeitai ta par heautôn huphistamena
kai tên ousian authupostaton kektêmena.
40. Allem,
was aus anderen Ursachen hervorgeht,
geht dasjenige
vor, was durch sich selbst gegründet ist
und über
eine Wesenheit verfügt, die sich selbst Daseinsgrund sein kann.
41. pan men to en allôi
on
ap allou monon paragetai
pan de to en heautôi on authupostaton
esti.
41. Alles
nun, was sein Sein in einem anderen hat,
wird nur von diesem
anderen hervorgebracht;
alles aber, was
sein Sein in sich selbst hat, kann sich selbst Daseinsgrund sein.
42. pan to authupostaton pros heauto estin
epistreptikon.
43. pan to pros auto epistreptikon authupostaton
esti.
42. Alles,
was sich selbst Daseinsgrund sein kann, kann sich auf sich selbst zurückführen.
43. Alles, was
sich auf sich selbst zurückführen kann, kann sich selbst Daseinsgrund
sein.
44. pan to kat energeian pros heauto epistreptikon
kai kat ousian epestraptai pros heauto.
44. Alles,
was sich durch seine Verwirklichung auf sich selbst zurückführen
kann,
hat sich bereits
durch seine Wesenheit auf sich selbst zurückgeführt.
45. pan to authupostaton agenêton estin.
46. pan to authupostaton aphtharton estin.
47. pan to authupostaton ameres estin kai haploun.
45. Alles,
was sich selbst Daseinsgrund sein kann, ist unerzeugbar.
46. Alles, was
sich selbst Daseinsgrund sein kann, ist unvernichtbar.
47. Alles, was
sich selbst Daseinsgrund sein kann, ist unteilbar und einfach.
48. pan to mê aidion ê suntheton
estin ê en allôi huphestêken.
49. pan to authupostaton aidion estin.
48. Alles,
was nicht ewig ist, ist entweder zusammengesetzt oder in anderem gegründet.
49. Alles, was
sich selbst Daseinsgrund sein kann, ist ewig.
50. pan to chronou metroumenon
ê kata tên ousian ê kata tên
energeian
genesis esti tautêi hêi
mêtreitai kata chronon.
50. Alles,
was eine zeitliche Dauer durchmißt,
sei es durch seine
Wesenheit oder durch seine Verwirklichung,
stellt ein Werden
eben der Art und Weise dar, in der es seine zeitliche Dauer durchmißt.
exêiretai tôn hupo chronou
metrômenôn kata tên ousian.
51. Alles,
was sich selbst Daseinsgrund sein kann,
übersteigt
das, was eine zeitliche Dauer durchmißt, schon durch seine Wesenheit.
holon hama estin.
ist das Ganze
in einem Augenblick zugleich.
53. pantôn tôn aiôniôn
pro-huparchei ho aiôn
kai pantôn tôn kata chronon ho chronos
pro-huphestêken.
53. Allem
Ewigen voraus ist die Ewigkeit daseingebend,
und allem die
Zeit Durchlaufenden ist die Zeit voraus-gegründet.
54. pas aiôn metron esti tôn
aiôniôn
kai pas chronos tôn en chronôi
kai duo tauta metra mona estin en tois ousi tês
zôês kai tês kinêseôs.
54. Alle Ewigkeit
ist Maß des Ewigen,
und alle Zeit
ist Maß des Zeitunterworfenen;
und diese beiden
sind allein die Maße für das, was an Leben und Bewegung existiert.
55. pan to kata chronon huphestos
ê ton aei chronon estin
ê pote en merei chronou tên hupostasin
kektêmenon.
55. Alles
durch Zeit Gegründete
hat entweder eine
immerwährende Zeitdauer
oder irgendwann
in einem Teil der Zeit einen Daseinsgrund zu seiner Verfügung.
56. pan to hupo tôn deuterôn
paragomenon
kai apo tôn proterôn kai aitiôterôn
paragetai meizonôs
aph' hôn kai ta deutera parêgeto.
56. Alles
von folgenden Zweitursachen Hervorgebrachte
wird vom Früheren
und Ursächlicheren in einem größeren Maße hervorgebracht,
von denen ja auch
die ihnen folgenden Zweitursachen hervorgebracht werden.
57. pan aition kai pro tou aitiatou energei
kai met' auto pleionôn estin hupostatikon.
57. Alle Ursache
verwirklicht sich vor dem Verursachten
und begründet
das Dasein mehrerer nach ihm.
58. pan to hupo pleionôn aitiôn
paragomenon
sunthetôteron esti tou hupo elattonôn
paragomenou.
58. Alles
von mehreren Ursachen Hervorgebrachte
ist zusammengesetzter
als das von wenigeren Hervorgebrachte.
59. pan to aploun kat' ousian
ê kreitton esti tôn sunthetôn
ê cheiron.
59. Alles
durch seine Wesenheit Einfache
ist entweder stärker
als das Zusammengesetzte oder schwächer.
60. pan to pleionôn aition
kreitton esti tou pros elattona tên dunamin
lachontos
kai merê paragontos hôn thateron holôn
hupostatikon estin.
60. Alle Ursache
von Mehreren
ist stärker
als das, was noch unbestimmte Kraft zu Geringerem erlangt hat, und als
das,
was nur Teile
hervorbringt von den Ganzheiten, für die es noch einen anderen Daseinsgrund
gibt.
61. pasa dunamis ameristos men ousa meizôn
esti
merizomenê de elattô.
61. Alle noch
unbestimmte Kraft ist, solange sie ungeteilt ist, größer,
sobald sie aber
geteilt wird, geringer.
62. pan plêthos enguterô tou
Henos on
posôi men esti tôn porrôterô
elatton
têi dunamei de meizon.
62. Alle Vielheit,
die dem EINEN enger verbunden ist,
ist bezüglich
ihrer Quantität geringer als das, was ihm fernersteht,
bezüglich
ihrer noch unbestimmten Kraft aber ist sie größer.
63. pan to amethekton dittas huphistêsi
tôn metechomenôn tas taxeis
tên men en tois pote metechousi
tên de en tois aei kai sumphuôs metechousi.
63. Alles
Absolute begründet zwei Ordnungen derer, in denen sich etwas finden
läßt:
eine in denen,
die sich in einer bestimmten Zeit darin finden
und eine in denen,
die sich immerwährend und der gemeinsamen Natur entsprechend darin
finden.
64. pasa archikê monas ditton huphistêsin
arithmon
ton men autotelôn hupostaseôn
ton de ellampseôn en heterois tên
hupostasin kektêmenôn.
64. Alle ursprüngliche
Einzigkeit begründet eine zweifache Zählung:
eine Zählung
von in sich selbst vollendeten Daseinsgründen
und eine Zählung
von Ausstrahlungen, die ihren Daseinsgrund in anderen besitzen.
65. pan to hopôsoun huphestos
ê kat' aitian estin archoeidôs ê
kath' huparxin
ê kata methexin eikonikôs.
65. Alles
auf irgend eine Weise Gegründete ist ebendies
entweder durch
Ursächlichkeit, als Urgestalt; oder dadurch, daß es Dasein gibt;
oder dadurch,
daß etwas sich in ihm findet, wie ein Abbild in seinem Urbild.
66. panta to onta pros allêla
ê hola estin ê merê
ê tauta ê hetera.
66. Alles
Seiende steht im Verhältnis zu anderem
entweder als ein
Ganzes oder als ein Teil,
oder als identisch
oder als verschieden.
ê pro tôn merôn estin ê
ek tôn merôn ê en tôi merei.
67. Alle Ganzheit
besteht
entweder vor ihren
Teilen oder aus ihren Teilen oder innerhalb eines Teils.
68. pan to en tôi merei
holon
meros estin tou ek tôn merôn holou.
68. Alles
Ganze innerhalb eines Teils
ist Teil einer
aus ihren Teilen bestehenden Ganzheit.
69. pan to ek tôn merôn holon
metechei tês pro tôn merôn holotês.
69. Alles
aus seinen Teilen bestehendes Ganze
findet sich in
einer vor ihren Teilen bestehenden Ganzheit.
70. pan to holikôteron en tois archêgikois
kai pro tôn merikôn eis ta metechonta
ellampei
kai deuteron ekeinôn apoleipei to metaschon.
70. Alles
Ganzheitlichere innerhalb der ursprünglichen Prinzipien
strahlt einerseits
vor dem Teilartigen in die aus, die sich in ihm finden,
und verläßt
andererseits erst als ein Zweites, das jenen folgt, das, was sich in ihm
findet.
71. panta ta en tois archêgikois aitiois
holikôteran kai huperteran taxin echonta
en tois apotelesmasi kata tas ap' autôn
ellampseis
hupokeimena pôs ginetai tais tôn
merikôterôn metadosesi
71. Alles,
was innerhalb der ursprünglichen Ursachen
eine ganzheitlichere
und höhere Ordnung hat,
wird in seinen
Vollendungen durch die Ausstrahlungen, die von ihm ausgehen,
gleichsam
zur Substanz für die Mitteilungen des eher Teilartigen;
kai hai men apo tôn anôterôn
ellampseis
hupodechontai tas ek tôn deuterôn
proodous
ekeinai de epi toutôn edrazontai
und die von den
oberen Prinzipien ausgehenden Ausstrahlungen
nehmen das,
was aus den folgenden Zweiten hervorgeht, in sich auf,
jene aber
finden ihren Sitz in diesen;
kai houtô proêgountai methexeis
allai allôn
kai emphaseis allai ep' allais
anôthen eis to auto phoitôsin
hupokeimenon tôn olikôterôn
pro-energountôn tôn de merikôterôn
epi tais ekeinôn energeiais
tas heautôn metadoseis chôrêgountôn
und so zeigt das
eine Sich-im-andern-Finden dem anderen Sich-im-einen-Finden den Weg,
und die einen
Abbilder spiegeln sich in den anderen,
von oben
her hinein in
eben die Substanz der Ganzheitlicheren,
die sich schon
vor den Teilhafteren verwirklichen,
bis hin zu
den Verwirklichungen jener,
die deren
Mitteilungen unterstützen
im Sinne derer,
die sich darin finden.
72. panta ta en tois metechousin hupokeimenôn
echonta logon
ek teleioterôn proeisi
kai holikôterôn aitiôn.
72. Alles,
was innerhalb derer, die sich darin finden, den Sinn von "Substanzen"
hat,
geht aus Vollendeterem
hervor
und aus ganzheitlicheren
Ursachen.
73. pan men holon hama on ti esti
kai metechei tou ontos
ou pan de on holon tunchanei on.
73. Alles
Ganze ist zwar zugleich ein jeweiliges Seiendes
und findet sich
im Seienden,
aber nicht alles
Seiende kann zugleich ein jeweiliges Ganzes sein.
74. pan men eidos holon ti esti
ek gar pleionôn huphestêken ôn
ekaston sumplêroi to eidos
ou pan de holon eidos.
74. Alle ideelle
Gestalt ist zwar ein Ganzes,
sie ist nämlich
durch mehrere (Individuen) gegründet, deren jedes die ideelle Gestalt
mit-anfüllt,
aber nicht alles,
was ein Ganzes ist, ist eine ideelle Gestalt.
75. pan to kuriôs aition legomenon
exêirêtai tou apotelesmatos.
75. Alles,
was im eigentlichen Sinne "Ursache" genannt wird,
überragt
die von ihm erzielte Vollendung.
76. pan men to apo akinêtou ginomenon
aitias
ametablêton echei tên huparxin
pan de to apokinoumenês metablêtên.
76. Alles,
was aus einer unbewegten Ursache wird,
hat zwar ein unveränderliches
Dasein;
alles aus einer
bewegten Ursache Gewordene aber hat ein veränderliches Dasein.
ek tou kat' energeian ontos ho touto dunamei estin
eis to energeiai proeisi
77. Alles,
was in seiner Kraft noch unbestimmt ist,
geht aus einem
Seienden, das durch Verwirklichung bereits ist, worin
es noch zu bestimmen ist,
hervor
zu einem der Verwirklichung
nach Seienden;
to men pêi dunamei
ek tou pêi kat' energeian
das, was bezüglich
einer Beschaffenheit in seiner Kraft noch unbestimmt ist, geht hervor
aus dem, was
durch Verwirklichung bereits so beschaffen ist,
wie es selbst
der noch unbestimmten Kraft nach beschaffen sein soll;
to de pantêi dunamei on
ek tou pantêi kat' energeian
und das, was bezüglich
aller Beschaffenheit in seiner Kraft noch unbestimmt ist, geht hervor
aus dem, was
durch Verwirklichung in allem
bereits so
beschaffen ist, wie es selbst noch werden soll.
ê teleia estin ê atelês.
78. Alle noch
unbestimmte Kraft
ist entweder vollendet
oder unvollendet.
ek tês dittês ginetai dunameôs.
wird aus einer
zwiefachen noch unbestimmten Kraft.
80. pan sôma paschein kath' hauto pephuke
pan de asômaton poiein
to men adranes on kath' hauto to de apathes
80. Alles
Körperliche hat die Natur bekommen, Wirkungen passiv an sich selbst
aufzunehmen;
alles Unkörperliche
aber, wirkend tätig zu sein;
das eine zwar
als an sich selbst Untätiges; das andere aber, ohne Wirkungen passiv
aufzunehmen;
paschei de kai to asômaton
dia tên pros to sôma koinônian
hôs dunatai poiein kai ta sômata
dia tên tôn asômatôn metousian.
aber auch Unkörperliches
nimmt Wirkungen passiv auf:
nämlich
durch Gemeinschaft mit dem Körperlichen,
so wie auch
Körperliches aktiv tätig sein kann durch Gemeinsamkeit mit Unkörperlichem.
81. pan to chôristôs metechomenon
dia tinos achôristou dunameôs ên
endidôsi
tôi metechonti parestin.
81. Alles,
in dem anderes sich auf abgesonderte Art und Weise findet,
ist durch eine
unabgesonderte unbestimmte Kraft, die es ihm einpflanzt,
dem Sich-Findenden
gegenwärtig.
82. pan asômaton pros heauto epistreptikon
on
hup' allôn metechomenon
chôristôs metechetai.
82. Alles
Unkörperliche, das seiend sich auf sich selbst zurückführt,
läßt,
wenn anderes sich in ihm findet,
dieses auf eine
abgesonderte Art und Weise in sich finden.
83. pan to heautou gnôstikon
pros heauto pantêi epistreptikon
estin.
83. Alles,
was sich selbst erkennen kann,
führt sich
auf alle Weise auf sich selbst zurück.
apeirodunamon estin.
ist in seiner
noch unbestimmten Kraft unbegrenzt.
apeiron tou ginesthai dunamin echei.
85. Alles,
was ewig wird,
hat eine unbegrenzte
noch unbestimme Kraft seines Werdens.
apeiron estin oute kata to plêthos oute
kata to megethos
alla kata tên dunamin monên.
86. Alles,
was wirklich ist,
ist unbegrenzt,
aber nicht durch Vielheit und nicht durch Größe,
sondern allein
durch seine noch unbestimmte Kraft.
87. pan men to aiônion on estin
ou pan de to on aiônion.
87. Alles
Ewige ist zwar seiend,
doch nicht alles
Seiende ist ewig.
ê pro aiônos estin ê en tôi
aiôni
ê metechon aiônos.
88. Alles,
was wirklich ist,
ist entweder vor
der Ewigkeit, oder in Ewigkeit,
oder es findet
sich in der Ewigkeit.
ek peratos esti kai apeirou
89. Alles,
was wirklich ist,
besteht aus aus
Grenze und Unbegrenztem.
90. pantôn tôn ek peratos kai
apeirias hupostantôn
pro-huparchei kath' hauta to prôton peras
kai hê prôtê apeiria
90. Allem,
was in Grenze und Unbegrenztheit seinen Daseinsgrund hat,
gibt das Dasein
im Voraus durch sich selbst die erste Grenze und die erste Unbegrenztheit.
91. pasa dunamis ê peperasmenê
estin ê apeiros
all' hê men peperasmenê pasa ek tês
apeirou dunameôs huphestêken
hê de apeiros dunamis ek tês prôtês
apeirias.
91. Alle noch
unbestimmte Kraft ist entweder begrenzt oder unbegrenzt;
aber wenn sie
begrenzt ist, ist sie gänzlich auf der unbegrenzten noch unbestimmten
Kraft gegründet;
die unbegrenzte
noch unbestimmte Kraft aber ist auf der ersten Unbegrenztheit gegründet.
92. pan to plêthos tôn apeirôn
dunameôn
mias exhêptai tês prôtês
apeirias
hê ouch hôs metechomenê dunamis
estin
oude en tois dunamenois huphestêken
ou tinos ousa dunamis tou metechontos
alla pantôn aitia tôn ontôn.
92. Alle Vielheit
der unbegrenzten noch unbestimmten Kräfte
haftet nur an
einer, nämlich der ersten Unbegrenztheit,
die nicht eine
noch unbestimmte Kraft ist von der Art, daß andere sich in ihr finden,
noch in unbestimmten
Kräften gegründet ist,
sondern (unbestimmte
Kraft) durch sich selbst (ist),
indem sie nicht
die unbestimmte Kraft von irgendeinem Wesen ist, das sich in ihr findet,
sondern Ursache
aller seienden Wesen überhaupt ist.
93. pan to apeiron en tois ousin
oute tois huperkeimenois apeiron estin
oute heautôi.
93. Alles
Unbegrenzte im Feld des Seienden
ist weder für
das auf ihm Aufbauende unbegrenzt
noch für
sich selbst.
94. pasa men aeidiotês apeiria tis
estin
ou pasa de apeiria aeidiotês.
94. Alle ewige
Dauer ist zwar eine Art von Unbegrenztheit;
aber nicht alle
Unbegrenztheit ist eine ewige Dauer.
95. pasa dunamis henikôtera ousa
tês plêthunomenês apeirotera.
95. Alle noch
unbestimmte Kraft, je mehr sie geeint ist,
desto unbegrenzter
ist sie im Vergleich zur Vielheit.
96. pantos peperasmenou sômatos hê
dunamis
apeiros ousa asômatos estin.
96. Aller
begrenzten Körper unbestimmte Kraft
ist, wenn sie
unbegrenzt ist, zugleich auch unkörperlich.
97. pan to kath hekastên seiran archikon
aition
têi seirai pasêi
tês heautou metadidôsin idiotêtos
kai ho estin ekeino prôtôs touto estin
hautê kath huphesin.
97. Alles
für eine jede Folgenreihe ursprüngliche Verursachende
teilt der gesamten
Folgenreihe seinen Eigencharakter mit,
und was jenes
zuerst ist, eben das ist die Folgenreihe gleicherweise, indem es ihr überlassen
wird.
pantachou estin hama kai oudamou.
98. Alles
Verursachende, sofern es abgesondert ist,
ist zugleich überall
und nirgends.
99. pan amethekton hêi amethekton
esti tautêi ap allês aitias ouch huphistatai
all auto archê esti kai aitia tôn
metechomenôn pantôn
kai houtôs archê pasa kath hekastên
seiran agenêtos.
99. Alles
Absolute wird, sofern es absolut ist, nicht durch eine andere Ursache begründet,
sondern ist selbst
Ursprung und Ursache all dessen, was sich in ihm findet,
und so ist auch
aller Ursprung für eine jede Folgenreihe unerzeugbar.
100. pasa men seira tôn holôn
eis amethekton archên kai aitian anateinetai
panta de amethekta tês mias exechetai tôn
pantôn archês.
100. Alle
Folgenreihen von Ganzen
beziehen sich
auf einen absoluten Ursprung, auf eine absolute Ursache,
alles Absolute
aber steigt auf aus dem einen einzigen Ursprung aller.
101. pantôn tôn noun metechontôn
hêgeitai ho amethektos nous
kai tôn tês zôês hê
zôê kai tôn tou ontos to on
autôn de toutôn to men on pro tês
zôês hê de zôê pro tou nou.
101. Alle,
die sich in der Vernunft finden, führt die absolute Vernunft,
und die sich im
Leben finden, führt das Leben, und die sich im Seienden finden, das
Seiende;
von diesen dreien
ist das Seiende vor dem Leben und das Leben vor der Vernunft.
102. panta men ta hopôsoun onta ek
peratos esti kai apeirou dia to prôtôs on
panta de ta zônta heautôn kinêtika
esti dia tên zôên tên prôtên
panta de ta gnôstika gnôseôs
metechei dia ton noun ton prôton.
102. Alles
irgendwie Seiende hat Grenze und Unbegrenztes durch das zuerst Seiende;
alles Lebende
ist selbstbewegend durch das erste Leben
und alles Erkennbare
findet sich in Erkenntnis durch die erste Vernunft.
103. panta en pasin oikeiôs de en hekastôi
kai gar en tôi onti kai hê
zôê kai ho nous
kai en têi zôêi
to einai kai to noein
kai en tôi nôi
to einai kai to zên
all hopou men noerôs hopou de zôtikôs
hopou de ontôs onta panta.
103. Alles
ist in Allem, aber in hauseigener Form in einem jeden:
denn im Seienden
sind auch Leben und Vernunft,
und im Leben
sind Sein und Wissen,
und in der
Vernunft sind Sein und Leben,
so ist in einem
jeweils bestimmten Punkt alles Seiende wißbar und lebend und seiend.
104. pan to prôtôs aiônion
tên te ousian kai tên energeian aiônion
echei.
sind die Wesenheit
und die Verwirklichung ewig.
105. pan to athanaton aidion
ou pan de to aidion athanaton.
105. Alles
Unsterbliche ist ewig;
aber nicht alles
Ewige ist unsterblich.
106. pantos tou pantêi aiôniou
kata de ousian kai energeian
kai tou tên ousian echontos en chronôi
meson esti to pêi men aiônion
pêi de chronôi metroumenon.
106. Alles,
was auf alle Weise ewig ist, nämlich durch Wesenheit und Verwirklichung,
und was seine
Wesenheit in der Zeit hat,
hat etwas Mittleres
in dem, was einerseits ewig und andererseits zeitlich bemessen ist.
107. pan to pêi men aiônion
pêi de enchronon
on te estin hama kai genesis.
107. Alles,
was einerseits ewig und andererseits zeitlich ist,
ist zugleich ein
Seiendes und ein Werden.
108. pan to en hekastêi
taxei merikon dichôs
metechein dunatai tês en têi
prosechôs huperkeimenêi diakosmêsei monados
ê dia tês oikeias holotêtos
ê dia tou en ekeinêi
merikou kai sustoichou pros auto
kata tên pros holên tên seiran
analogian.
108. Alles,
was in einer jeden Ordnung Teil ist, kann sich auf zweierlei Weise
in der Einzigkeit
finden, die in der zunächst auf ihm aufbauenden Welt geordnet ist:
sei es durch
die hauseigene Ganzheit,
sei es durch
Teilhabe an jener und durch seine Konzentration in sich selbst,
durch die gleichsinnige
Folge längs der ganzen Reihe.
109. pas merikos nous metechei tês
huper noun kai prôtistês henados
dia tou te tou holou nou kai dia tês homotagous
autôi merikês henados
kai pasa merikê psuchê tou holou
metechei nou
dia te tês holês psuchês kai
tou merikou nou
kai pasa sômatos merikê phusis
dia te tês holês phuseôs kai
merikês psuchês
metechei tês holês psuchês.
109. Alle
teilhafte Vernunft findet sich in der allerersten Einsheit über der
Vernunft
durch die Gesamtvernunft
und durch die ihr strukturgleiche teilhafte Einsheit,
und alles
teilhafte Seelenleben findet sich in der Gesamtvernunft
durch das Gesamtseelenleben
und die teilhafte Vernunft,
und alles
teilhafte Eigenwesen des Körpers findet sich
durch das Gesamteigenwesen
und das teilhafte Seelenleben
im Gesamtseelenleben.
110. pantôn tôn kath hekastên
seiran diatetagmenôn
ta men prôta kai têi heautôn
monadi sunêmmena metechein dunatai
tôn en têi huperkeimenêi
seirâi prosechôs idrumenôn dia tês analogias
ta de atelestera kai pollosta apo tês
oikeias archês
ou pephuken ekeinôn apolauein.
110. All die
durch eine jede Folgereihe geordneten Strukturen können,
wenn sie als erste
zugleich mit ihrer Einzelheit zusammenhaften, sich in solchen finden,
die durch Gleichsinnigkeit
in der zunächst darauf aufbauenden Folgereihe gegründet sind,
die unvollendeteren
aber und die vom hauseigenen Ursprung am weitesten entfernten
haben nicht die
Natur bekommen, jene zu genießen.
111. pasês tês noeras seiras
hoi men eisi theioi noes hupodexamenoi theôn
methexeis
hoi de noes monon
hai men eisi noerai psuchai eis nous anêrtêmenai
oikeious
hai de psuchai monon
kai pasês tês sômatikês
phuseôs
hai men kai psuchas echousin ephestôsas
anôthen
hai de eisi phuseis monon tês tôn
psuchôn amoiroi parousias.
111. Alle
wißbaren Folgereihen
haben entweder
göttliche Vernunft, die es in sich aufgenommen hat, sich in Göttern
zu finden,
oder einfach nur
Vernunft;
und alle seelischen
Folgereihen
haben entweder
wißbares Seelenleben, das mit der hauseigenen Vernunft verknüpft
ist,
oder einfach nur
Seelenleben;
und alle Folgereihen
körperlichen Eigenwesens
haben entweder
solche Eigenwesen, die ein Seelenleben enthalten, das sie von oben her
lenkt,
oder einfach nur
solche Eigenwesen, die der Gegenwart von Seelenleben nicht teilhaftig sind.
112. pasês taxeôs ta prôtista
morphên echei tôn pro autôn.
112. Aller
Ordnung erste Teile
haben die Form
derer, die in der Folgereihe vor ihnen stehen.
Platon:
Sonnengleichnis, Linienanalogie und Höhlengleichnis (Politeia
6,506 a bis 7,519 d)
Aristoteles:
Metaphysik L (Buch
12) griech./ lat./
dt.:
Prolog
des Johannesevangeliums
Plutarch:
"Du bist!" : Über das E in Delphi
Marius
Victorinus: drei Hymnen De Trinitate
Boethius:
De institutione musica: Sphärenharmonie
als musica mundana; De institutione
arithmetica
Thomas
von Aquin:
Meister
Eckhart:
Raffaelo
Santi: Philosophenschule von Athen (mit
Erläuterungen)
Pascal:
Der
Mensch zwischen zwei Unendlichkeiten
Leibniz:
Monadologie
Immanuel
Kant: Kritik der reinen Vernunft: Raum und Zeit
intellektuelle
Anschauung – schaffende Betrachtung (Novalis, Schelling)
Ethik:
Weltreligionen – religionskundliches Wissen, Zugang zu religiösen
Fragen
ICH
BIN der ICH BIN (Exodus 3)
Al-Qur'an
(Koran), 16 Suren der ersten mekkanischen Offenbarungsperiode
Sprüche,
Lieder, Briefe und Gebete des Sufi-Meisters Husain ibn Mansur
al-Hallâj (Halladsch), des "Baumwollkämmers",
hingerichtet 922; der kühnste
Vertreter der frühen islamischen Mystik: "Ana'l-haqq"
("Ich = die Wahrheit")
Abu
Hamid al-Ghazzali (Algazel, Al-Ghasali), aus:
"Die Wiederbelebung der Wissenschaften von der Religion":
Hans Zimmermann : 12
KÖRBE: Quellen zum Thema "Schöpfung" und zum Weltbild der Antike
und des Mittelalters : Proklos : stoicheiôsis theologikê
: propositiones
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