GLIEDERUNG
A. Einleitung:
1. Kenntnis des Phaidros von einer Liebesrede des Lysias und Wunsch
des Sokrates, sie zu hören
(1. Kap., 227 a 1 — 228 a 4).
2. a) Überwindung der Ziererei des Phaidros
(2. Kap., 228 a 5 — 228 c 9);
b) Entdeckung der Rede und Gang am Ilissos
(3. Kap., 228 d 1 — 229 c 5).
3. a) Verhältnis des S. zu den Mythologemen und Grund davon
(4. Kap., 229 c 6 — 230 b 1);
b) Die Landschaft und Sokrates
(5. Kap., 230 b 2 — 230 e 5).
B. Hauptteil:
I.
Die Reden über Nachteil und Nutzen der Liebe.
1. Die Rede des Lysias vom Vorzug des Nichtverliebten:
a) Unbeständigkeit und Unvernunft der Verliebten
(6. Kap., 230 e 6 — 231 e 2);
b) Aus dem Umgang mit Verliebten entstehende Nachteile
(7. Kap., 231 e 3 — 233 a 4);
c) Vorteile des Umgangs mit Nichtverliebten
(8. Kap., 233 a 4 — 234 b 5);
d) Schlußempfehlung — Wirkung der Rede auf S.
(9. Kap., 234 b 6 — 234 e 4).
2. a) Urteil des S. über die Rede
(10. Kap., 234 e 5 — 235 c 1);
b) Erfülltheit des S. mit besseren Argumenten zum
selben Thema
(11. Kap., 235 c 2 — 236 a 6);
c) S. von Phaidros zum Reden gezwungen
(12. Kap., 236 a 7 — 237 a 6).
3. Von Phaidros erzwungene Rede des Sokrates über den Vorzug des
Nichtverliebten:
a) Einführung und Bestimmung des Anfangs der
Rede
(13. Kap., 237 a 7 — 237 d 3);
b) Definition der Liebe als Begierde und ihre beiden
Arten
(14. Kap., 237 d 3 — 238 d 8);
c) Schädlichkeit des Liebenden für die Seele
des Geliebten
(15. Kap., 238 d 8 — 239 c 2);
d) Schädlichkeit des Umgangs mit Liebenden für
Körper und Besitz
(16. Kap., 239 c 3 — 240 a 8);
e) Die zur Verderblichkeit hinzukommende Unerfreulichkeit
des Liebhabers
(17. Kap., 240 a 9 — 240 e 7);
f) Treulosigkeit des Liebhabers
(18. Kap., 240 e 8 — 241 d 3).
4. a) S., entschlossen fortzugehen, wird aufgehalten durch Phaidros
(19. Kap., 241 d 4 — 242 b 7);
b) Notwendigkeit einer Reinigung für die beiden
Reden
(20. Kap., 242 b 8 — 243 b 9);
c) Schamlosigkeit jener Reden und Ansatz zu einer neuen
(21. Kap., 243 c 1 — 243 e 8).
hier nun:
5.
Die 2. Rede des Sokrates:
Über das Wesen der Liebe als eines heilsamen göttlichen
Wahnsinns
a. α) Drei
Arten göttlichen Wahnsinns als Urheber größter Güter
(22. Kap., 243 e 9 — 245 a 8),
β) Ziel
der folgenden Darlegung
(23. Kap., 245 b 1 — 245 c 4);
b. α) Die
Unsterblichkeit der Seele
(24. Kap., 245 c 5 — 246 a 3),
β) Gleichnishafte
Bestimmung des Wesens der Seele als eines Gespanns
(25. Kap., 246 a 3 — 246 d 5),
γ) das
Göttliche als die Nahrung des Seelengefieders.
δ) Der
überhimmlische Ort und die Lebensweise der Götter
(27. Kap., 247 c 3 — 247 e 6);
c. α) Verhältnis
der anderen Seelen zum Wahren. Das Gesetz der Adrasteia
(28. Kap., 248 a 1 — 248 e 5),
β) Für
die Wiederverkörperung geltende Bestimmungen.
d. α) Die
vierte Art des Wahnsinns:
β) Wirkung
der Schönheit auf den, der in ihr Wesen eingeweiht ist
(31. Kap., 250 c 7 — 251 b 7),
γ) Der
Zustand der Liebenden und seine Ursache
(32. Kap., 251 c 1 — 252 c 2),
δ) Verschiedenartigkeit
der Liebenden nach dem Gott, dem sie folgen
(33. Kap., 252 c 3 — 253 c 6);
e. α) Beschaffenheit
der beiden Seelenrosse
(34. Kap., 553 c 7 — 253 e 5),
β) Die
Bändigung des ungezügelten Rosses
(35. Kap., 253 e 5—255 a 1);
f. α) Die
Gewinnung der Gegenliebe des Lieblings
(36. Kap., 255 a 1 — 256 a 6),
β) Leben
und Lohn der Liebenden
(37. Kap., 256 a 7 — 256 e 2);
γ) Schluß
der Rede und Gebet an Eros
(38. Kap. 256 e 3 — 257 b 6).
II. Untersuchung der Art und Weise des guten Redens.
1. a) Ist
das Schreiben von Reden schimpflich und wird es mißachtet?
(39. Kap., 257 b 7 — 258 c 10);
b) Thema
des folgenden Gesprächs: die Art und Weise des guten Redens
(40. Kap., 258 d 1 — 259 b 2);
c) Der
Mythos von den Zikaden
(41. Kap., 259 b 3 — 259 d 9).
http://www.perseus.tufts.edu/hopper/text?doc=Perseus%3Atext%3A1999.01.0173%3Atext%3DPhaedrus%3Asection%3D243e
http://www.perseus.tufts.edu/hopper/text?doc=Plat.+Phaedrus+245&fromdoc=Perseus%3Atext%3A1999.01.0173
[22. Drei Arten
göttlichen Wahnsinns als Urheber größter Güter]
Sôkratês
houtôsi toinun, ô pai kale, ennoêson,
hôs ho men [244a] proteros ên logos
Phaidrou tou Puthokleous, murrinousiou andros:
hon de mellô legein, Stêsichorou
tou Euphêmou, Himeraiou.
SOKRATES:
So wisse denn, schöner Knabe, daß die vorige Rede
von dem Myrrhinusier Phaidros herrührte, dem Sohne des Pythokles;
die ich aber jetzt sprechen will, ist von dem Stesichoros aus Himera,
dem Sohne des Euphemos.
lekteos de hode,
hoti ouk est‘ etumos logos hos an parontos
erastou
tôi mê erônti mallon phêi
dein charizesthai,
dihoti dê ho men mainetai, ho de sôphronei.
So aber muß sie gesprochen werden:
Unwahr ist jene Rede, welche behauptet, daß, wenn ein Liebhaber
da sei,
man vielmehr dem Nichtliebenden willfahren müsse,
weil nämlich jener wahnsinnig sei, dieser aber bei Sinnen.
ei men gar ên haploun to manian kakon
einai,
kalôs an elegeto:
nun de ta megista tôn agathôn
hêmin gignetai dia manias,
theia mentoi dosei didomenês.
Denn wenn freilich ohne Einschränkung gälte, daß der
Wahnsinn ein Übel ist,
dann wäre dieses wohlgesprochen:
nun aber entstehen uns die größten Güter aus einem
Wahnsinn,
der jedoch durch göttliche Gunst verliehen wird.
hê te gar dê en Delphois prothêtis
hai t‘ en [244b] Dôdônêi hiereiai maneisai men
polla dê kai kala idiai te kai dêmosiai
tên Hellada êrgasanto,
sôphronousai de brachea ê ouden:
Denn die Prophetin zu Delphi und die Priesterinnen zu Dodone haben
im Wahnsinn
vieles Gute in privaten und öffentlichen Angelegenheiten unserer
Hellas zugewendet,
bei Verstande aber Kümmerliches oder garnichts.
kai ean dê legômen Sibullan te
kai allous, hosoi mantikêi chrômenoi entheôi
polla dê pollois prolegontes eis to
mellon ôrthôsan,
mêkunoimen an dêla panti legontes.
Wollten wir auch noch die Sibylla anführen, und was für andere
sonst noch durch begeistertes Wahrsagen
vielen vieles für die Zukunft vorhersagend geholfen,
so würden wir langweilen mit Erzählung allgemein bekannter
Dinge.
tode mên axion epimarturasthai,
hoti kai tôn palaiôn hoi ta onomata
tithemenoi
ouk aischron hêgounto oude oneidos manian:
[244c] ou gar an têi kallistêi
technêi, hêi to mellon krinetai,
auto touto tounoma emplekontes manikên
ekalesan.
Dies aber ist wert, es anzuführen,
daß auch unter den Alten die, welche die Namen festgesetzt,
den Wahnsinn nicht für etwas Schändliches oder für einen
Schimpf hielten,
weil sie sonst nicht der edelsten Kunst, durch welche die Zukunft beurteilt
wird,
eben diesen Namen einflechtend die Wahnsagekunst genannt hätten;
all hôs kalou ontos, hotan theiai moirai
gignêtai,
houtô nomisantes ethento,
sondern dafür haltend, er sei etwas Schönes, wenn er durch
göttliche Schickung entsteht,
in dieser Meinung haben sie den Namen eingeführt.
hoi de nun apeirokalôs to tau epemballontes
mantikên ekalesan.
Und die Neueren erst haben dann ungeschickterweise das R hineingesetzt
statt des N
und sie Wahrsagekunst geheißen.
epei kai tên ge tôn emphronôn,
zêtêsin tou mellontos dia te ornithôn poioumenon
kai tôn allôn sêmeiôn,
hat‘ ek dianoias porizomenôn anthrôpinêi
oiêsei noun te kai historian,
oionoistikên epônomasan,
[244d] hên nun oiônistikên
tôi ô semnunontes hoi neoi kalousin:
Ebenso haben sie jene andere, von Besonnenen vermittels der Vögel
und anderer Zeichen angestellte Erforschung der Zukunft,
da diese mit Bewußtsein menschlichem Dafürhalten Einsicht
und Wissenschaft verschaffen,
das Wißsagen genannt,
welches jetzt die Neueren, mit dem breiten Doppellaut prunkend, in
Weissagen verwandelt haben.
hosôi dê oun teleôteron
kai entimoteron mantikê oiônistikês,
to te onoma tou onomatos ergon t’ ergou,
tosôi kallion marturousin hoi palaioi
manian sôphrosunês tên ek theou
tês par’ anthrôpôn gignomenês.
Soviel heiliger und ehrenvoller nun jenes Wahrsagen ist als dieses
Weissagen,
dem Namen nach und der Sache nach,
um soviel vortrefflicher ist auch nach dem Zeugnis der Alten ein göttlicher
Wahnsinn
als eine bloß menschliche Verständigkeit.
alla mên nosôn ge kai ponôn
tôn megistôn,
ha dê palaiôn ek mênimatôn
pothen en tisi tôn genôn
hê mania engenomenê kai prophêteusasa,
hois edei [244e] apallagên hêureto,
kataphugousa pros theôn euchas te kai
latreias,
hothen dê katharmôn te kai teletôn
tuchousa
exantê epoiêse ton heautês
echonta pros te ton paronta kai ton epeita chronon, lusin
tôi orthôs manenti te kai kataschomenôi
[245a] tôn parontôn kakôn heuromenê.
Ebenso hat auch von Krankheiten und den schwersten Plagen,
wie sie ja aus alter Schuld irgendwoher einigen Geschlechtern verhängt
waren,
ein Wahnsinn, der auftrat und vorhersagte, denen es not war, Errettung
gefunden,
welcher, zu Gebeten und Verehrungen der Götter fliehend
und dadurch reinigende Gebräuche und Geheimnisse erlangend,
jeden seiner Teilhaber für die gegenwärtige und künftige
Zeit sicherte,
dem auf rechte Art Wahnsinnigen und Besessenen die Losung der obwaltenden
Drangsale erfindend.
tritê de apo Mousôn katokôchê
te kai mania,
labousa hapalên kai abaton psuchên,
egeirousa kai ekbakcheuousa
kata te ôidas kai kata tên allên
poêsin,
muria tôn palaiôn erga kosmousa
tous epigignomenous paideuei:
Die dritte Eingeistung und Wahnsinnigkeit von den Musen
ergreift eine zarte und heilig geschonte Seele aufregend und befeuernd,
und in festlichen Gesängen und andern Werken der Dichtkunst
tausend Taten der Urväter ausschmückend,
bildet sie die Nachkommen.
hos d‘ an aneu manias Mousôn epi poiêtikas
thuras aphikêtai,
peistheis hôs ara ek technês hikanos
poiêtês esomenos,
atelês autos te
kai hê poiêsis hupo tês
tôn mainonenôn hê tou sôphronountos êphanistê.
Wer aber ohne diesen Wahnsinn der Musen in den Vorhallen der Dichtkunst
sich einfindet,
meinend, er könne durch Kunst allein genug ein Dichter werden,
ein solcher ist selbst ungeweiht
und auch seine, des Verständigen, Dichtung wird von der des Wahnsinnigen
verdunkelt.
[23. Ziel der folgenden
Darlegung]
[245b] tosauta men soi kai eti pleiô
echo
manias gignomenês apo theôn legein
kala erga.
Soviel und noch mehr kann ich rühmen
von des Wahnsinns, der von den Göttern kommt, herrlichen Taten.
hôste touto ge auto mê phobômetha,
mêde tis hêmas logos thurubeitô
dedittomenos
hôs pro tou kekinêmenou ton sôphrona
dei prohaireisthai philon:
alla tode pros ekeinôi deixas pheresthô
ta nikêtêria,
hôs ouk ep’ ôphelia ho erôs
tôi erônti
kai tôi erômenôi ek theôn
epipempetai.
So daß wir eben dieses ja nicht scheuen wollen,
noch uns irgendeine Rede irren lassen,
die uns damit schreckt, daß wir vor den Verzückten den Besonnenen
vorziehen sollen als Freund;
sondern erst, wenn sie dieses noch zu jenem erwiesen, soll sie den
Preis davontragen,
daß nämlich nicht zum Heil die Liebe dem Liebenden
wie dem Geliebten von den Göttern gesendet wird.
hêmin de apodeikteon au tounantion,
hôs ep‘ eutuchiai têi megistêi
[245c] para theôn hê toiautê mania didotai:
Wir aber haben das Gegenteil zu erweisen,
daß zur größten Glückseligkeit die Götter
diesen Wahnsinn verleihen.
hê de dê apodeixis estai deinois
men apistos,
sophois de pistê.
Und dieser Beweis wird den Vernünftlern unglaublich sein,
den Weisen aber glaubhaft.
dei oun prôton psuchês phuseôs
peri theia te kai anthrôpinês
idonta pathê te kai erga talêthes
noêsai:
archê de apodeixeôs hêde.
Zuerst nun muß über der Seele Natur, der göttlichen
sowohl als menschlichen,
durch Betrachtung ihres Tuns und Leidens richtige Einsicht vorangehen.
Der Anfang des Erweises ist dieser.
[24. Die Unsterblichkeit
der Seele]
psuchê pasa athanatos.
Seele insgesamt ist unsterblich.
to gar aeikinêton athanaton:
Denn das stets Bewegte ist unsterblich;
to d’ allo kinoun kai hup’ allou kinoumenon,
paulan echon kinêseôs
paulan echei zôês.
was aber anderes bewegt und selbst von anderem bewegt wird,
insofern es ein Aufhören der Bewegung hat,
hat auch ein Aufhören des Lebens.
monon dê to auto kinoun,
hate ouk apoleipon heauto,
oupote lêgei kinoumenon,
Allein also das sich selbst Bewegende,
weil es nie sich selbst verläßt,
wird auch nie aufhören, bewegt zu sein,
alla kai tois allois hosa kineitai touto pêgê
kai archê kinêseôs.
sondern auch allem, was sonst bewegt wird, ist
dieses Quelle und Anfang der Bewegung.
[245d] archê de agenêton.
Der Anfang aber ist unentstanden.
ex arches gar anankê pan to gignomenon
gignesthai,
autên de mêd’ ex henos:
Denn aus dem Anfang muß alles Entstehende entstehen,
er selbst aber aus nichts.
ei gar ek tou archê gignoito,
ouk an eti archê gignoito.
Denn wenn der Anfang aus etwas entstände,
so entstände er nicht aus dem Anfang.
epeidê de agenêton estin,
kai adiaphthoron auto anankê einai.
Da er aber unentstanden ist,
muß er notwendig auch unvergänglich sein.
archês gar dê apolomenês
oute autê pot ek tou oute allo ex ekeinês
genêsetai,
eiper ex archês dei ta panta gignesthai.
Denn wenn der Anfang unterginge,
könnte weder er jemals aus etwas anderem noch etwas anderes aus
ihm entstehen,
da ja alles aus dem Anfang entstehen muß.
houtô dê kinêseôs
men archê to auto hauto kinoun.
Demnach also ist der Bewegung Anfang das sich selbst Bewegende;
touto de out’ apollusthai oute gignesthai
dunaton,
ê panta te ouranon [245e] pasan te gên
eis hen sumpesousan stênai
kai mêpote authis echein hothen kinêthenta
genêsetai.
dies aber kann weder untergehen noch entstehen,
oder der ganze Himmel und die gesamte Erzeugung müßten zusammenfallend
stillstehen
und hätten nichts, woher bewegt sie wiederum entstehen könnten.
athanatou de pephasmenou tou huph’ heautou
kinoumenou,
psuchês ousian te kai logon touton auton
tis legôn ouk aischuneitai.
Nachdem sich nun das sich von selbst Bewegende als unsterblich gezeigt
hat,
so darf man sich auch nicht schämen, eben dieses für das
Wesen und den Begriff der Seele zu erklären.
pan gar sôma, hôi men exôthen
to kineisthai, apsuchon,
hôi de endothen autôi ex autou,
empsuchon,
hôs tautês ousês phuseôs
psuchês:
Denn jeder Körper, dem nur von außen das Bewegtwerden kommt,
heißt unbeseelt,
der es aber in sich hat aus sich selbst, beseelt,
als sei dieses die Natur der Seele.
ei d’ estin touto houtôs echon, mê
allo ti einai to auto heauto [246a] kinoun ê psuchên,
ex anankês agenêton te kai athanaton
psuchê an eiê.
Verhält sich aber dieses so, daß nichts anderes das sich
selbst Bewegende ist als die Seele,
so ist notwendig auch die Seele unentstanden und unsterblich.
peri men oun athanasias autês hikanôs:
Von ihrer Unsterblichkeit nun sei dieses genug.
[25.
Gleichnishafte Bestimmung des Wesens der Seele]
peri de tês ideas autês hôde
lekteon.
hoion men esti,
pantêi pantôs theias einai kai
makras diêgêseôs,
hôi de eoiken, anthrôpinês
te kai elattonos:
tautêi oun legômen.
Von ihrem Wesen aber müssen wir dieses sagen,
daß, wie es an sich beschaffen sei,
überhaupt auf alle Weise eine göttliche und weitschichtige
Untersuchung erfordert,
womit es sich aber vergleichen läßt, dies eine menschliche
und leichtere.
Auf diese Art also müssen wir davon reden.
eoiketô dê sumphutô dunamei
hupopterou zeugous te kai hêniochou.
Es gleiche daher der zusammengewachsenen Kraft eines befiederten Gespannes
und seines Führers.
theôn men oun hippoi te kai hêniochoi
pantes autoi te agathoi kai ex agathôn,
[246b] to de tôn allôn memeiktai.
Der Götter Rosse und Führer nun sind alle selbst gut und
guter Abkunft,
die andern aber vermischt.
kai proton men hêmôn ho archon
sunôridos hêniochei,
Und zunächst nun zügelt bei uns der Führer das Gespann,
eita tôn hippôn ho men autôi
kalos te kai agathos kai ek toioutôn,
ho d’ ex enantiôn te kai enantios:
ferner ist von den Rossen das eine gut und edel und solchen Ursprungs,
das andere aber entgegengesetzter Abstammung und Beschaffenheit.
chalepê dê kai duskolos ex anankês
hê peri hêmas hêniochêsis.
Schwierig und mühsam ist daher notwendig bei uns die Lenkung.
pêi dê oun thnêton te kai
athanaton zôion eklêthê
peirateon eipein.
Woher ferner die Benennungen sterblicher und unsterblicher Tiere stammen,
müssen wir auch zu erklären versuchen.
psuchê pasa pantos epimeleitai tou apsuchou,
panta de ouranon peripolei,
allot’ en allois eidesi gignomenê.
Alles, was Seele ist, waltet über alles Unbeseelte
und durchzieht den ganzen Himmel,
verschiedentlich in verschiedenen Gestalten sich zeigend.
telea [246c] men oun ousa kai epterômenê
meteôroporei te
kai panta ton kosmon dioikei,
Die vollkommene nun und befiederte schwebt in den höheren Gegenden
und waltet durch die ganze Welt;
hê de pterorruêsasa pheretai heôs
an stereou tinos antilabêtai,
hou katoikistheisa,
sôma gêinon labousa,
auto hauto dokoun kinein dia tên ekeinês
dunamin,
zôion to sumpan eklêthê,
psuchê kai sôma pagen,
thnêton t‘ eschen epônumian:
die entfiederte aber schwebt umher, bis sie auf ein Starres trifft,
wo sie nun wohnhaft wird,
einen erdigen Leib annimmt,
der nun durch ihre Kraft sich selbst zu bewegen scheint,
und dieses Ganze, Seele und Leib zusammengefügt, wird dann ein
Tier genannt
und bekommt den Beinamen sterblich;
athanaton de oud’ ex henos logou lelogismenou,
alla plattomen oute idontes oute hikanôs
noêsantes [246d] theon,
athanaton ti zôion, echon men psuchên,
echon de sôma,
ton aei de chronon tauta sumpephukota.
unsterblich aber nicht aus irgend erwiesenen Gründen,
sondern wir bilden uns, ohne Gott weder gesehen zu haben noch hinlänglich
zu erkennen,
ein unsterbliches Tier als auch eine Seele habend und einen Leib habend,
aber auf ewige Zeit beide zusammen vereinigt.
alla tauta men dê, hopêi tôi
theôi philon,
tautêi echetô te kai legesthô:
Doch dieses verhalte sich, wie es Gott gefällt,
und auch nur so sei hiermit davon geredet.
tên de aitian tês tôn pterôn
apobolês, di’ hên psuchês aporrei, labômen,
Nun aber laßt uns die Ursache von dem Verlust des Gefieders,
warum es der Seele ausfällt, betrachten.
esti de tis toiade.
Es ist aber diese.
[26. Das Göttliche
als die Nahrung des Seelengefieders.
Beschreibung des Aufstiegs der Götter zum überhimmlischen
Ort]
pephuken hê pterou dunamis
to embrithes agein anô meteôrizousa
hêi to tôn theôn genos oikei,
Die Kraft des Gefieders besteht darin,
das Schwere emporhebend hinaufzuführen, wo das Geschlecht der
Götter wohnt.
kekoinôntêke de pêi malista
tôn peri to sôma tou theiou psuchê,
Auch hat es am meisten von dem, was in Beziehung zum Körper steht,
am Göttlichen Anteil.
to de theion [246e] kalon, sophon, agathon,
kai pan hoti toiouton:
Das Göttliche aber ist schön, weise, gut und was dem ähnlich
ist.
toutois dê trephetai te kai auxetai
malista ge to tês psuchês pterôma,
aischrôi de kai kakôi kai tois
enantiois
phthinei te kai diollutai.
Hiervon also nährt sich und wächst vornehmlich das Gefieder
der Seele,
durch das Mißgestalte aber, das Böse und was sonst jenem
entgegengesetzt ist,
zehrt es ab und vergeht.
ho men dê megas hêgemôn
en ouranôi Zeus, elaunôn ptênon harma,
prôtos poreuetai, diakosmôn panta
kai epimeloumenos:
tôi d’ hepetai stratia theôn te
kai daimonôn,
[247a] kata hendeka mere kekosmêmenê.
Der große Herrscher im Himmel Zeus nun, seinen geflügelten
Wagen lenkend,
zieht als erster aus, alles anordnend und versorgend,
und ihm folgt die Schar der Götter und Dämonen
in elf Zügen geordnet.
menei gar Hestia en theôn oikôi
monê:
Denn Hestia bleibt in der Götter Haus allein.
tôn de allôn hosoi en tôi
tôn dôdeka arithmôi tetagmenoi theoi archontes
hêgountai kata taxin hên hekastos
etachthê.
Alle andern aber, welche zu der Zahl der zwölf als herrschende
Götter geordnet sind,
führen an in der Ordnung, die jedem angewiesen ist.
pollai men oun kai makariai theai te kai diexodoi
entos ouranou,
has theôn genos eudaimonôn epistrephetai
prattôn hekastos autôn to hautou,
Viel Herrliches nun gibt es zu schauen und zu begehen innerhalb des
Himmels,
wozu der seligen Götter Geschlecht sich hinwendet,
jeder das Seinige verrichtend.
hepetai de ho aei ethelôn te kai dunamenos:
phthonos gar exô theiou chorou istatai.
Es folgt aber, wer jedesmal will und kann:
denn Mißgunst ist verbannt aus dem göttlichen Chor.
hotan de dê pros daita kai epi thoinên
iôsin,
akran epi tên [247b] hupouranion apsida
poreuontai pros anantes,
hêi dê ta men theôn ochêmata
isorropôs euênia onta raidiôs poreuetai,
ta de alla mogis:
Wenn sie aber zum Fest und zum Mahle gehen
und gegen die äußerste unterhimmlische Wölbung schon
ganz steil aufsteigen:
dann gehen zwar der Götter Wagen mit gleichem wohlgezügeltem
Gespann immer leicht,
die andern aber nur mit Mühe.
brithei gar ho tês kakês hippos
metechôn,
epi tên gên repôn te kai
barunôn hôi mê kalôs ên tethrammenos tôn
hêniochôn.
entha dê ponos te kai agôn eschatos
psuchêi prokeitai.
Denn das vom Schlechten etwas an sich habende Roß, wenn es nicht
sehr gut erzogen ist von seinem Führer,
beugt sich zum Boden hinunter und drückt mit seiner ganzen Schwere,
woraus viel Beschwerde und der äußerste Kampf der Seele
entsteht.
hai men gar athanatoi kaloumenai,
hênik’ an pros akrôi genôntai,
hexô poreutheisai estêsan epi
tôi tou ouranou [247c] nôtôi,
stasis de autas periagei hê periphora,
hai de theôrousi ta exô tou ouranou.
Denn die unsterblich Genannten,
wenn sie an den äußersten Rand gekommen sind,
wenden sich hinauswärts und stehen so auf dem Rücken des
Himmels,
und hier stehend reißt sie der Umschwung mit fort,
und sie schauen, was außerhalb des Himmels ist.
[27. Der überhimmlische
Ort und die Lebensweise der Götter]
ton de huperouranion topon
oute tis humnêse pô tôn
têide poiêtês
oute pote humnêsei kat’ axian.
Den überhimmlischen Ort aber
hat noch nie einer von den Dichtern hier besungen,
noch wird ihn je einer nach Würden besingen.
echei de hôde — tolmêteon gar
oun to ge alêthes eipein,
allôs te kai peri alêtheias legonta
—
Er ist aber so beschaffen — denn ich muß es wagen, das Wahre
zu sagen,
zumal da ich von der Wahrheit zu reden habe —
hê gar achrômatos te kai aschêmatistos
kai anaphês ousia ontôs ousa,
psuchês kubernêtêi monôi
theatê nôi,
peri hên to tês alêthous
epistêmês genos,
touton echei [247d] ton topon.
Das farblose, gestaltlose, wahrhaft seiende Wesen,
beschaubar allein für der Seele Führer, die Vernunft,
um welches her das Geschlecht der wahrhaften Wissenschaft ist,
hat nämlich jenen Ort inne.
hat’ oun theou dianoia nôi te kai episteme
akêratôi trephomenê,
kai hapasês psuchês hosêi
an melêi to prosêkon dexasthai,
idousa dia chronou to on agapai te
kai theôrousa talêthê trephetai
kai eupathei,
heôs an kuklôi hê periphora
eis tauton perienenkêi.
Da nun Gottes Verstand sich von unvermischter Vernunft und Wissenschaft
nährt,
wie auch der jeder Seele, welche sich darum kümmert, das Gebührende
aufzunehmen:
so freuen sie sich, das Seiende wieder einmal zu erblicken,
und nähren sich durch Beschauung des Wahren und lassen es sich
wohlsein,
bis der Umschwung sie wieder an die vorige Stelle zurückgebracht.
en de têi periodôi kathorai men
autên dikaiosunên,
kathorai de sôphrosunên, kathorai
de epistêmên,
ouch hêi genesis prosestin,
oud‘ hê estin pou hetera [247e] en heterôi
ousa ôn hêmeis tun ontôn kaloumen,
alla tên en tôi ho estin on ontôs
epistêmên ousan:
In diesem Umlauf nun erblicken sie die Gerechtigkeit selbst,
erblicken sie auch die Besonnenheit und die Wissenschaft,
nicht die, welche eine Entstehung hat,
noch welche eine andere ist in einem anderen von den Dingen, die wir
jetzt seiend nennen,
sondern die in dem, was wahrhaft ist, befindliche wahrhaft Wissenschaft;
kai talla hôsautôs ta onta ontôs
theasamenê
kai hestiatheisa, dusa palin eis to eisô
tou ouranou,
oikade êlthen.
und so auch von dem andern das wahrhaft Seiende erblickt die Seele,
und wenn sie sich daran erquickt hat, taucht sie wieder in das Innere
des Himmels
und kehrt nach Hause zurück.
elthousês de autês
ho hêniochos pros tên phatnên
tous hippous stêsas
parebalen ambrosian te kai ep’ autêi
nektar epotisen.
Ist sie dort angekommen:
so stellt der Führer die Rosse zur Krippe,
wirft ihnen Ambrosia vor und tränkt sie dazu mit Nektar.
[28.
Verhältnis der anderen Seelen zum Wahren.
Das Gesetz der Adrasteia]
[248a] kai houtos men theôn bios:
Dieses nun ist der Götter Lebensweise.
hai de allai psuchai,
hê men arista theôi hepomenê
kai eikasmenê huperêren
eis ton exô topon tên tou hêniochou
kephalên,
kai sumperiêthê tên periphoran,
thoruboumenê hupo tôn hippôn
kai mogis kathorôsa ta onta:
Von den andern Seelen aber
konnten einige, welche am besten den Göttern folgten,
das Haupt des Führers hinausstrecken in den äußeren
Ort
und so den Umschwung mitvollenden,
geängstet jedoch von den Rossen und kaum das Seiende erblickend;
hê de tote men êren, tote d’ edu,
biazomenôn de tôn hippôn
ta men eiden,
ta d’ ou.
andere erhoben sich bisweilen und tauchten dann wieder unter,
so daß sie im gewaltigen Sträuben der Rosse einiges sahen,
anderes aber nicht.
hai de dê allai glichomenai men hapasai
tou anô hepontai,
adunatousai de,
hupobruchiai sumperipherontai,
patousai allêlas kai epiballousai,
hetera [248b] pro tês heteras peirômenê
genesthai.
Die übrigen allesamt folgen zwar auch dem Droben nachstrebend,
sind aber unvermögend
und werden unter der Oberfläche mit herumgetrieben,
einander treten und stoßend,
indem jede sucht, der andern zuvorzukommen.
thorubos oun kai hamilla kai hidrôs
eschatos gignetai,
hou dê kakiai hêniochôn
pollai men chôleuontai,
pollai de polla ptera thrauontai:
Getümmel entsteht nun, Streit und Angstschweiß,
wobei durch Schuld schlechter Führer viele verstümmelt werden,
vielen vieles Gefieder beschädigt;
pasai de polun echousai ponon ateleis tês
tou ontos theas aperchontai,
kai apelthousai trophêi doxastêi
chrôntai.
alle aber gehen nach viel erlittenen Beschwerden unteilhaft der Anschauung
des Seienden davon,
und so davongegangen halten sie sich an scheinhafte Nahrung.
hou d’ henech’ hê pollê spoudê
to alêtheias idein pedion hou estin,
Weshalb eben jener große Eifer, der Wahrheit Feld zu schauen,
wo es ist;
hê te dê prosêkousa psuchês
tôi aristôi nomê ek tou ekei [248c] leimônos tunchanei
ousa,
hê te tou pterou phusis, hôi psuchê
kouphizetai, toutôi trephetai.
nämlich die dem Edelsten der Seele angemessene Weide stammt her
aus jenen Wiesen,
und des Gefieders Kraft, durch welches die Seele gehoben wird, nährt
sich hiervon,
thesmos te Adrasteias hode.
und das Gesetz der Adrasteia ist dieses:
hêtis an psuchê theôi sunopados
genomenê katidêi ti tôn alêthôn,
mechri te tês heteras periodou einai
apêmona,
kann aei touto dunêtai poiein,
aei ablabê einai:
welche Seele als des Gottes Begleiterin etwas erblickt hat von dem
Wahrhaften,
daß diese bis zum nächsten Auszuge keinen Schaden erleide,
und wenn sie dies immer bewirken kann,
auch immer unverletzt bleibe.
hotan de adunatêsasa epispesthai mê
idêi,
kai tini suntuchiai chrêsamenê
lêthês te kai kakias plêstheisa
barunthêi,
baruntheisa de pterorrunêsêi te
kai epi tên gên pesêi,
Wenn sie aber, unvermögend es zu erreichen, nichts sieht
sondern ihr ein Unfall begegnet und sie dadurch,
von Vergessenheit und Trägheit angefüllt, niedergedrückt
wird
und so das Gefieder verliert und zur Erde fällt:
tote nomos tautên [248d] mê phuteusai
eis mêdemian thêreion phusin en
têi prôtêi genesei,
alla tên men pleista idousan eis gonên
andros
genêsomenou philosophou ê philokalou
ê mousikou tinos kai erôtikou,
dann ist ihr gesetzt, in der ersten Zeugung
noch in keine tierische Natur eingepflanzt zu werden,
sondern die am meisten geschaut habende in den Keim eines Mannes,
der ein Freund der Weisheit oder des Schönen werden wird,
oder ein den Musen und der Liebe Dienender;
tên de deuteron eis basileôs ennomou
ê polemikou kai archikou,
triton eis politikou ê tinos oikonomikou
ê chrêmatistikou,
tetartên eis philoponou ê gumnastikou
ê peri sômatos iasin tinos esomenou,
die zweite in den eines verfassungsmäßigen Königs oder
eines Kriegerischen und Herrschenden;
die dritte eines Staatsmannes oder der ein Hauswesen regiert und ein
gewerbetreibendes Leben führt;
die vierte in einen Freund von Mühen oder Leibesübungen
oder der sich mit der Heilung des Körpers beschäftigen wird;
pemptên mantikon bion [248e] ê
tina telestikon exousan:
ektê poiêtikos ê tôn
peri mimêsin tis allos harmosei,
ebdomêi dêmiourgikos ê geôrgikos,
ogdoêi sophistikos ê dêmokopikos,
enatêi turannikos.
die fünfte wird ein wahrsagendes und den Geheimnissen gewidmetes
Leben führen;
der sechsten wird ein dichterisches oder sonst mit der Nachahmung sich
beschäftigendes gemäß sein;
der siebenten ein ländliches oder handarbeitendes;
der achten ein sophistisches oder volksschmeichelndes;
der neunten ein tyrannisches.
en dê toutois hapasin hos men an dikaiôs
diagagêi ameinonos moiras metalambanei,
hos d’ an adikôs, cheironos:
Unter allen diesen nun erhält, wer gerecht gelebt, ein besseres
Teil,
wer ungerecht, ein schlechteres.
[29. Für
die Wiederverkörperung geltende Bestimmungen.
Die Ausnahmestellung des Philosophen]
eis men gar to auto hothen hêkei hê
psuchê hekastê ouk aphikneitai etôn muriôn —
Denn dorthin, woher jede Seele kommt, kehrt sie nicht zurück in
zehntausend Jahren,
[249a] ou gar pteroutai pro tosoutou chronou
—
plên hê tou philosophêsantos
adolôs
ê paiderastêsantos meta philosophias,
denn sie wird nicht eher befiedert als in solcher Zeit,
ausgenommen die Seele dessen, der ohne Falsch philosophiert
oder nicht unphilosophisch die Knaben geliebt hat.
autai de tritêi peiodôi têi
chilietei,
ean helôntai tris ephexês ton
bion touton,
houtôi pterôtheisai trischiliostôi
etei aperchontai.
Diese können im dritten tausendjährigen Zeitraum,
wenn sie dreimal nacheinander dasselbe Leben gewählt,
also befiedert nach dreitausend Jahren heimkehren.
hai de allai, hotan ton prôton bion
teleutêsôsin, kriseôs etuchon,
Die übrigen aber, wenn sie ihr erstes Leben vollbracht, kommen
vor Gericht.
kritheisai de hai men eis ta hupo gês
dikaiôtêria elthousai
dikên ektinousin,
Und nach diesem Gericht gehen einige in die unterirdischen Zuchtörter,
wo sie ihre Strafe verbüßen;
hai d‘ eis touranou tina topon hupo tês
Dikês kouphistheisai
diagousin axiôs hou en [249b] anthrôpou
eidei ebiôsan biou.
andere aber, in einen Ort des Himmels enthoben durch das Recht,
leben dort dem Leben gemäß, welches sie in menschlicher
Gestalt geführt.
tôi de chiliostôi amphoterai aphiknoumenai
epi klêrôsin te kai hairesin tou
deuterou biou
hairountai hon an thelêi hekastêi:
Im tausendsten Jahre aber gelangen beiderlei Seelen
zur Verlosung und Wahl des zweiten Lebens,
welches jede wählt, wie sie will.
entha kai eis thêriou bion anthrôpinê
psuchê aphikneitai,
kai ek thêrion hos pote anthrôpos
ên palin eis anthrôpon.
Darin kann auch eine menschliche Seele in ein tierisches Leben übergehen,
und ein Tier, das ehedem Mensch war, wieder zum Menschen.
ou gar hê ge mêpote idousa tên
alêtheian eis tode hêxei to schema.
Denn eine, die niemals die Wahrheit erblickt hat, kann auch niemals
diese Gestalt annehmen;
dei gar anthrôpon sunienai kat’ eidos
legomenon,
ekpollôn ion aisthêseôn
[249c] eis hen logismôi sunairoumenon:
denn der Mensch muß nach Gattungen Ausgedrücktes begreifen,
indem er von vielen Wahrnehmungen zu einem durch Denken Zusammengebrachten
fortgeht.
touto d’ estin anamnesis ekeinôn ha
pot‘ eiden hêmôn hê psuchê
sumporeutheisa theôi
kai huperidousa ha nun einai phamen,
kai anakupsasa eis to on ontôs.
Und dies ist Erinnerung an jenes, was einst unsere Seele gesehen,
Gott nachwandelnd
und das übersehend, was wir jetzt als seiend bezeichnen,
und zu dem wahrhaft Seienden das Haupt emporgerichtet.
dio dê dikaiôs monê pteroutai
hê tou philosophou dianoia:
pros gar ekeinois aei estin mnêmêi
kata dunamin,
pros hoisper theois ôn theios estin.
Daher auch wird mit Recht nur des Philosophen Seele befiedert:
denn sie ist immer durch Erinnerung soviel als möglich bei jenen
Dingen,
bei denen Gott sich befindend eben deshalb göttlich ist.
tois de dê toioutois anêr hupemnêmasin
orthôs chrômenos,
teleous aei teletas teloumenos,
teleos ontôs monos gignetai:
Solcher Erinnerungen also sich recht bedienend,
mit vollkommener Weihung immer geweiht,
kann ein Mann allein wahrhaft vollkommen werden.
existamenos de tôn [249d] anthrôpinôn
spoudasmatôn kai pros tôi theiôi gignomenos,
noutheteitai men hupo tôn pollôn
hôs parakinôn,
enthousiazôn de lelêthen tous
pollous.
Indem er nun menschlicher Bestrebungen sich enthält und mit dem
Göttlichen umgeht,
wird er von den Leuten wohl gescholten als ein Verwirrter,
daß er aber begeistert ist, merken die Leute nicht.
[30. Die vierte Art
des Wahnsinns:
Begeisterung durch das Wiedererinnertwerden an die Schönheit
dort]
esti dê oun deuro ho pas hêkôn
logos peri tês tetartês manias —
Und hier ist nun die ganze Rede angekommen von jener vierten Art des
Wahnsinns —
hên hotan to têde tis horôn
kallos,
tou alêthous anamimnêiskomenos,
pterôtai te kai anapteroumenos prothumoumenos
anaptesthai,
adunatôn de,
ornithos dikên blepôn anô,
tôn katô de amelôn,
aitian echei hôs manikôs diakeimenos
—
in Hinsicht auf welchen derjenige, der bei dem Anblick der hiesigen
Schönheit,
jener wahren sich erinnernd,
neubefiedert wird und mit dem wachsenden Gefieder aufzufliegen zwar
versucht,
aber unvermögend ist, nur wie ein Vogel hinaufwärts schauend,
was drunten ist, jedoch gering achtend,
beschuldigt wird seelenkrank zu sein —
hôs [249e] ara hautê pasôn
tôn enthousiaseôn aristê te kai ex aristôn
tôi te echonti kai tôi koinônounti
autês gignetai,
kai hoti tautês etechôn tês
manias ho erôn tôn kalôn erastês kaleitai.
daß nämlich diese unter allen Begeisterungen als die edelste
und des edelsten Ursprungs sich erweist,
an dem sowohl, der sie hat, als an dem, der ihr zugesellt ist,
und daß, wer dieses Wahnsinns teilhaftig die Schönen liebt,
ein Liebhaber genannt wird.
kathaper gar eirêtai,
pasa men anthrôpou psuchê phusei
tetheatai ta onta,
ê ouk an êlthen [250a] eis tode
to zôion:
Nämlich, wie bereits gesagt,
jede Seele eines Menschen muß zwar ihrer Natur nach das Seiende
geschaut haben,
oder sie wäre in dieses Gebilde nicht gekommen;
anamimnêiskesthai de ek tônde
ekeina ou raidion hapasêi,
oute hosai bracheôs eidon tote takei,
outh’ hai deuro pesousai edustuchêsan,
hôste hupo tinôn homiliôn
epi to adikon trapomenai
lêthên hôn tote eidon hierôn
echein.
sich aber bei dem Hiesigen an jenes zu erinnern, ist nicht jeder leicht,
weder denen, die das Dortige nur kümmerlich sahen,
noch denen, welche, nachdem sie hierher gefallen, ein Unglück
betroffen,
so daß sie, irgendwie durch Umgang zum Unrecht verleitet,
das ehedem geschaute Heilige in Vergessenheit gestellt;
oligai dê leipontai hais to tês
mnêmês hikanôs parestin:
wenige also bleiben übrig, denen die Erinnerung stark genug beiwohnt.
autai de, hotan ti tôn ekei homoiôma
idôsin,
ekplêttontai kai ouket‘ en hautôn
gignontai,
ho d‘ esti to pathos agnoousi [250b]
dia to mê hikanôs diaisthanesthai.
Diese nun, wenn sie ein Ebenbild des Dortigen sehen,
werden entzückt und sind nicht mehr ihrer selbst mächtig,
was ihnen aber eigentlich begegnet, wissen sie nicht,
weil sie es nicht genug durchschauen.
dikaiosunês men oun kai sôphrosunês
kai hosa alla timia psuchais ouk enesti phengos
ouden en tois têide homoiômasin,
alla di’ amudrôn organon mogis autôn
kai oligoi
epi tas eikonas iontes theôntai to tou
eikasthentos genos:
Denn der Gerechtigkeit, Besonnenheit,
und was sonst den Seelen köstlich ist, hiesige Abbilder haben
keinen Glanz,
sondern mit trüben Werkzeugen können unter Mühen von
ihnen nur wenige
jenen Bildern sich nahend des Abgebildeten Geschlecht erkennen.
kallos de tot‘ ên idein lampron,
hote sun eudaimoni chorôi
makarian opsin te kai thean, hepomenoi meta
men Dios hêmeis, alloi de met’ allou theôn,
eidon te kai etelounto tôn teletôn
hên themis legein [250c] makariôtatên,
hên ôrgiazomen holoklêroi
men autoi ontes kai apatheis kakôn
hosa hêmas en husterôi chronôi
hupemenen,
Die Schönheit aber war damals glänzend zu schauen,
als mit dem seligen Chore
wir dem Jupiter, andere einem andern Gotte folgend,
des herrlichsten Anblicks und Schauspiels genossen
und in ein Geheimnis geweiht waren, welches man wohl das allerseligste
nennen kann,
und welches wir feierten, untadelig selbst und unbetroffen von den
Übeln,
die unserer für die künftige Zeit warteten,
holoklêra de kai hapla kai atremêi
kai eudaimona phasmata muoumenoi te
kai epopteuontes en autêi katharai,
katharoi ontes kai asêmantoi toutou
ho nun dê sôma peripherontes onomazomen,
ostreou tropon dedesmeumenoi,
und so auch zu untadeligen, unverfälschten, unwandelbaren, seligen
Gesichten vorbereitet
und geweiht in reinem Glänze,
rein und unbelastet von diesem unserm Leibe,
wie wir ihn nennen, den wir jetzt eingekerkert
wie ein Schaltier mit uns herumtragen.
[31. Wirkung der Schönheit
auf den, der in ihr Wesen eingeweiht ist]
tauta men oun mnêmê kecharisthô,
di‘ hên pothôi tôn tote
nun makrotera eirêtai:
Dieses möge der Erinnerung geschenkt sein,
um derentwillen es aus Sehnsucht nach dem Damaligen jetzt ausführlicher
dargestellt wurde.
peri de kallous, hôsper eipomen, [250d]
met ekeinôn te elampen on,
deuro t‘ elthontes kateilêphamen auto
dia tês enargestatês aisthêseôs
tôn hêmeterôn stilbon enargestata.
Was nun die Schönheit betrifft, so glänzte sie, wie gesagt,
schon hervor, als sie unter jenen war,
und auch nun wir hierher gekommen sind, haben wir sie aufgefaßt
durch den deutlichsten unserer Sinne aufs deutlichste uns entgegenschimmernd.
opsis gar hemin oxutatê tôn dia
tou sômatos erchetai aisthêseôn,
hêi phronêsis ouch horatai —
deinous gar an pareichen erôtas,
ei ti toiouton heautês enarges eidolon
pareicheto eis opsin ion —
kai talla osa erasta:
Denn das Gesicht ist der schärfste aller körperlichen Sinne,
vermittels dessen die Weisheit zwar nicht geschaut wird —
denn sehr heftige Liebe würde sie wohl erregen,
wenn uns von ihr ein so helles Ebenbild dargeboten würde für
das Gesicht —
noch auch das andere Liebenswürdige;
nun de kallos monon tautên esche moiran,
hôst‘ ekphanestaton einai [250e] kai
erasmiôtaton.
sondern nur der Schönheit ist dieses zuteil geworden,
daß sie uns das Hervorleuchtendste ist und das Liebreizendste.
ho men oun mê neotelês ê
diephtharmenos
ouk oxeôs enthende ekeise pheretai pros
auto to kallos,
theômenos autou tên têide
epônumian,
hôst’ ou sebetai prosôpon,
all’ hêdonêi paradous tetrapodos
nomon bainein epicheirei kai paidosporein,
kai hubrei prosomilôn ou dedoiken
[251a] oud’ aischunetai para phusin hêdonên
diôkôn:
Wer nun nicht noch frischen Andenkens ist oder schon verderbt,
der wird auch nicht heftig von hier dorthin gezogen zu der Schönheit
selbst,
indem er, was hier ihren Namen trägt, erblickt;
so daß er es auch nicht anschauend verehrt,
sondern der Lust ergeben, gedenkt er sich auf tierische Art zu vermischen,
und roher Weise sich ihm nahend, fürchtet er sich nicht
noch scheut sich, widernatürlich der Lust nachzugehen.
ho de artitelês,
ho tôn tote polutheamôn,
hotan theoeides prosôpon idêi
kallos eu memimêmenon ê tina sômatos
idean,
prôton men ephrixe
kai ti tôn tote hupêlthen auton
deimatôn,
eita prosopôn hôs theon sebetai,
kai ei mê edediei tên tês
sphodra manias doxan,
thuoi an hôs agalmati kai theôi
tois paidikois.
Wer aber noch frische Weihung an sich hat
und das Damalige vielfältig geschaut,
wenn der ein gottähnliches Angesicht erblickt
oder eine Gestalt des Körpers, welche die Schönheit vollkommen
darstellen:
so schaudert er zuerst,
und es wandelt ihn etwas an von den damaligen Ängsten,
hernach aber betet er sie anschauend an wie einen Gott,
und fürchtete er nicht den Ruf eines übertriebenen Wahnsinns,
so opferte er auch, wie einem heiligen Bilde oder einem Gotte, dem
Liebling.
idonta d’ auton hoion ek tês phrikês
metabolê te [251b] kai hidrôs
kai thermotês aêthês lambanei;
Und hat er ihn gesehen, so überfällt ihn, wie nach dem Schauder
des Fiebers,
Umwandlung und Schweiß und ungewohnte Hitze.
dexamenos gar tou kallous tên aporroên
dia tôn ommatôn ethermanthê
hêi hê tou pterou phusis ardetai,
Durchwärmt nämlich wird er, indem er durch die Augen den
Ausfluß der Schönheit aufnimmt,
durch welchen sein Gefieder gleichsam begossen wird.
thermanthentos de etakê ta peri tên
ekphusin,
ha palai hupo sklêrotêtos summemukota
eirge mê blastanein,
Ist er nun durchwärmt, so schmilzt um die Keime des Gefieders
hinweg,
was schon seit lange verhärtet sie verschloß und hinderte
hervorzutreiben.
epirrueisês de tês trophês
ôidêse te kai hôrmêse
phuesthai apo tês rizês ho tou pterou kaulos
hupo pan to tês psuchês eidos:
pasa gar ên to palai pterôtê.
Fließt aber Nahrung zu,
so schwillt der Kiel des Gefieders und drängt, hervorzutreten
aus der Wurzel
überall an der Seele,
denn sie war ehedem ganz befiedert.
[32. Der Zustand der
Liebenden und seine Ursache]
[251c] zei oun en toutôi holê
kai anakêkiei,
kai hoper to tôn odontophuountôn
pathos peri tous odontas gignetai hotan arti phuôsin,
knêsis te kai aganaktêsis peri
ta oula,
tauton dê peponthen hê tou pterophuein
archomenou psuchê:
zei te kai aganaktei kai gargalizetai phuousa
ta ptera.
Hierbei also gärt alles an ihr und sprudelt auf,
und was die Zahnenden an ihren Zähnen empfinden, wenn sie eben
ausbrechen,
Jucken und Reiz im Zahnfleisch,
eben das empfindet auch die Seele dessen, dem das Gefieder hervorzubrechen
anfängt,
es gärt in ihr und juckt sie und kitzelt sie, wenn sie das Gefieder
heraustreibt.
hotan men oun blepousa pros ton tou paidos
kallos,
ekeithen merê epionta kai reont’ —
ha dê dia tauta himeros kaleitai —
dechomenê ton himeron ardêtai
te kai thermainêtai,
lôphai te tês odunês [251d]
kai gegêthen:
Wenn sie also nun, die Schönheit des Knaben sehend
und die davon ausströmenden und sich losreißenden Teile
—
die deshalb Reize heißen —
in sich aufnehmend, befruchtet und erwärmt wird:
so hat sie Linderung der Schmerzen und ist froh.
hotan de chôris genêtai kai auchmêsêi,
ta tôn diexodôn stomata hêi
to pteron hormai, sunauainomena
musanta apoklêiei tên blastên
tou pterou,
Ist sie aber getrennt von ihm und wird trocken:
so hemmen wieder die Mündungen jener Auswege, wo das Gefieder
durchbricht,
indem sie sich zusammenschrumpfend schließen, den Trieb des Gefieders.
hê d’ entos meta tou himerou apokeklêimenê,
pêdôsa hoion ta sphuzonta,
têi diexodôi enchriei hekastê
têi kath’ hautên,
hôste pasa kentoumenê kuklôi
hê psuchê oistrai kai odunatai,
mnêmên d’ au ichousa tou kalou
gegêthen.
Dieser also, mit dem Reiz eingeschlossen,
hüpft wie die schlagenden Adern
und sticht überall gegen die ihm bestimmten Öffnungen,
so daß die ganze Seele von allen Seiten gestachelt umherwütet
und sich abängstet,
aber auch wieder im Besitz der Erinnerung an den Schönen frohlockt.
ek de amphoterôn memeigmenôn
adêmonei te têi atopiai tou pathous
kai aporousa luttai,
kai emmanês [251e] ousa oute nuktos
dunatai katheudein
oute meth‘ hêmeran hou an êi menein,
thei de pothousa hopou an eiêtai opsesthai
ton echonta to kallos:
Da nun beides so miteinander vermischt ist,
bangt sie sich über einen so widersinnigen Zustand,
und aus dieser Unruhe gerät sie in Geistesverwirrung,
und bei diesem Wahnsinn kann sie weder des Nachts schlafen,
noch bei Tage irgendwo ausdauern,
sondern sehnsüchtig eilt sie immer dahin, wo sie den, der die
Schönheit besitzt, zu erblicken hofft.
idousa de kai epocheteusamenê himeron
eluse men ta tote sumpephragmena,
anapnoên de labousa kentrôn te
kai ôdinôn elêxen,
hêdonên d‘ au tautên glukutatên
en tôi [252a] paronti karpoutai.
Hat sie ihn nun gesehen und sich neuen Reiz zugeführt:
so löst sich wieder auf, was vorher verstopft war,
und sie erholt sich, indem Stiche und Schmerzen aufhören,
und kostet wieder für den Augenblick jene süßeste Lust.
hothen dê hekousa einai ouk apoleipetai,
oude tina tou kalou peri pleionos poieitai,
alla mêterôn te kai adelphôn
kai hetairôn pantôn lelêstai,
kai ousias di’ ameleian apollumenês
par’ ouden tithetai,
nomimôn de kai euschêmonôn,
hois pro tou ekallôpizeto, pantôn
kataphronêsasa
douleuein hetoimê kai koimasthai
hopou an ean tis engutatô tou potou:
Daher sie auch gutwillig den Schönen nicht verläßt,
noch irgend jemand werter achtet als ihn,
sondern Mutter, Brüder und Freunde sämtlich vergißt,
den fahrlässigerweise zerrütteten Wohlstand für nichts
achtet;
und selbst das Anständige und Sittliche,
womit sie es sonst am genauesten nahm, gänzlich hintansetzend,
ist sie bereit, wie nahe es nur sein kann,
dem Gegenstande ihres Verlangens zu dienen und bei ihm zu ruhen.
pros gar tôi sebesthai ton to kallos
[252b] echonta
iatron hêurêke monon tôn
megistôn ponôn.
Denn außer ihrer Verehrung hat sie auch in dem Besitzer der Schönheit
den einzigen Arzt gefunden für die unerträglichsten Schmerzen.
touto de to pathos, ô pai kale, pros
on dê moi ho logos,
anthrôpoi men erôta onomazousin,
theoi de ho kalousin
akousas eikotôs dia neotêta gelasêi.
Diesen Zustand nun, o schöner Knabe, zu dem ich rede,
nennen die Menschen Liebe,
wie er aber bei den Göttern heißt,
dieses hörend wirst du vielleicht bei deiner Jugend lächeln.
legousi de oimai tines Homêridôn
ek tôn apothetôn epôn duo
epê eis ton erôta,
hôn to eheron hubristikon panu kai ou
sphodra ti emmetron:
Es haben nämlich einige Homeriden, wie ich glaube,
in ihren geheimen Gedichten zwei Verse auf die Liebe,
von denen der eine sehr leichtfertig ist und gar nicht eben wohllautend.
humnousi de hôde — [252c]
Sie singen nämlich so:
ton d’ êtoi thnêtoi men erôta
kalousi potênon,
athanatoi de Pterôta, dia pterophutor’
anankên.
«Sterblichen nun heißt dieser der Gott der geflügelten
Liebe;
Göttern der Flügler, dieweil er mit Macht das Gefieder heraustreibt.»
toutois dê exesti men peithesthai, exestin
de mê:
homôs de hê ge aitia kai to pathos
tôn erôntôn touto ekeino tunchanei on.
Dies nun steht dir frei zu glauben oder auch nicht;
dennoch aber ist eben jenes in Wahrheit der Zustand der Liebenden und
seine Ursache.
[33. Verschiedenartigkeit
der Liebenden nach dem Gott, dem sie folgen]
tôn men oun Dios opadôn
ho lêphtheis embrithesteron dunatai
pherein to tou pterônumou achthos:
Wer nun aus des Zeus Begleitern davon ergriffen wird,
kann stärker die Schmerzen des Flügelbenannten ertragen.
hosoi de Areôs te therapeutai kai met‘
ekeinou periepoloun,
hotan hup‘ Erôtos halosi kai ti oiêthôsin
adikeisthai hupo tou erômenou,
phonikoi kai hetoimoi kathiereuein hautous
te kai ta paidika. [252d]
Wenn aber, die des Ares Diener waren und mit diesem wandelten,
von der Liebe gefangen werden und in etwas glauben beleidigt zu sein
von dem Geliebten,
dann sind sie blutdürstig und bereit, sich selbst und den Liebling
hinzuopfern.
kai houtô kath’ hekaston theon,
hou hekastos ên choreutês,
ekeinon timôn te kai mimoumenos eist
o dunaton zêi,
heôs an êi adiaphthoros kai tên
têide prôtên genesin bioteuêi,
kai toutôi tôi tropôi pros
te tous erômenous kai tous allous homilei te
kai prospheretai.
Und ebenso nach Art eines jeden andern Gottes,
zu dessen Zuge jemand gehörte,
diesen nämlich nach Vermögen ehrend und nachahmend lebt jeder,
solange er noch unverdorben ist und sein erstes hiesiges Dasein durchlebt,
und in diesem Sinne geht er auch um mit seinen Geliebten und den übrigen
und verhält sich gegen sie.
ton te oun erôta tôn kalôn
pros tropou eklegetai hekastos,
kai hôs theon auton ekeinon onta heautôi
hoion agalma tektainetai te kai katakosmei,
hôs [252e] timêsôn te kai
orgiasôn.
So erwählt auch jeder sich nach seiner Gemütsart eine Liebe
zu einem Schönen,
und als wäre nun jener sein Gott selbst,
bildet er ihn aus und schmückt ihn wie ein heiliges Bild,
um ihn zu verehren und ihm begeisterte Feste zu feiern.
hoi men dê oun Dios dion tina einai
zêtousi tên psuchên ton huph’ hautôn erômenon:
Die also dem Zeus angehören, erstreben, daß ihr Geliebter
ein der Seele nach dem Zeus ähnlicher sei.
skopousin oun ei philosophos te kai hêgemonikos
tên phusin,
kai hotan auton heurontes erasthôsi,
pan poiousin hopôs toioutos estai.
Daher sehen sie zu, wo einer philosophisch und anführend ist von
Natur;
und wenn sie einen gefunden und liebgewonnen,
so tun sie alles, damit er ein solcher auch wirklich werde.
ean oun mê proteron embebôsi tôi
epitêdeumati,
tote epocheirêsantes manthanousi te
hothen an ti dunôntai kai autoi meterchontai,
Wenn sie also sich nie zuvor dieser Sache befleißigt:
so werden sie nun kräftig darin arbeitend lernen, woher sie nur
können, und auch selbst nachforschen.
ichneuontes de par‘ heautôn aneuriskein
[253a]
tên tou spheterou theou phusin euporousi
dia to suntonôs ênankasthai pros
ton theon blepein,
kai ephaptomenoi autou têi mnêmêi
enthousiôntes
ex ekeinou lambanousi ta ethê kai ta
epitêdeumata,
kath’ hoson dunaton theou anthrôpôi
metaschein:
Und indem sie bei sich selbst nachspüren,
gelingt es ihnen, die Natur ihres Gottes aufzufinden,
weil sie unablässig genötigt sind, auf den Gott zu schauen,
und indem sie ihn in der Erinnerung auffassen,
nehmen sie begeistert von ihm Sitten und Bestrebungen an,
soweit einem Menschen von einem Gotte etwas zu überkommen möglich
ist,
kai toutôn dê ton erômenon
aitiômenoi eti te mallon agapôsi,
und dieses dem Geliebten zuschreibend, hängen sie ihm noch mehr
an;
kan ek Dios arutôsin hôsper hai
bakchai,
epi tên tou erômenou psuchên
epantlountes
poiousin hôs dunaton [253b] homoitaton
tôi sphererôi theôi.
und wenn sie vom Zeus schöpfen wie die Bacchantinnen,
so gießen sie es auf des Geliebten Seele
und machen ihn, wie sehr es nur möglich ist, ähnlich ihrem
Gotte.
hosoi d’ au meth’ Hêras eiponto, basilikon
zêtousi,
kai heurontes peri touton panta drôsin
ta auta.
Welche aber der Here folgten, die suchen einen Königlichen,
und wenn sie ihn gefunden, tun sie mit ihm in allen Stücken ebenso.
hoi de Apollônos te kai hekastou tôn
theôn houtô
kata ton theon iontes zêtousi ton spheteron
paida pephukenai,
kai hotan ktêsôntai,
mimoumenoi autoi te kai ta paidika peithontes
kai ruthmizontes
eis to ekeinou epitêdeuma kai idean
agousin, hosê hekastôi dunamis,
ou phthonôi oud’ aneleutherôi
dusmeneiai chrômenoi pros ta paidika,
all eis homoiotêta [253c] autous kai
tôi theôi hon an timôsi pasan pantôs hoti malista
peirômenoi agein houtô poiousi.
So auch die Verehrer des Apollon und jedes Gottes
suchen sich den Knaben ihrem Gotte ähnlich geartet,
und wenn sie ihn gefunden haben,
dann leiten sie ihn zu desselben Gottes Lebensweise und Gemütsart,
indem sie selbst ihn nachahmen
und auch den Liebling überreden und in das Maß fügen,
jeder wie sehr er vermag,
ohne dem Neide oder unedler Mißgunst Raum zu geben gegen den
Geliebten,
sondern aufs beste und auf alle Weise zu jeder Ähnlichkeit mit
ihnen selbst und dem Gott ihn hinzuleiten versuchend, tun sie es.
prothumia men oun tôn hôs alêthôs
erôntôn kai teletê,
ean ge diapraxôntai ho prothumountai
hêi legô,
outô kalê te kai eudaimonikê
hupo tou di‘ erôta manentos philou tôi philêthenti gignetai,
ean hairethêi:
Eifer also der wahrhaft Liebenden und Weihung,
wenn sie erlangt haben, wonach sie sich beeifern, wie ich es beschrieben,
wird so schön und beglückend durch den aus Liebe wahnsinnigen
Freund dem Geliebten zuteil,
wenn er ihn erobert hat.
halisketai de dê ho hairetheis toiôide
tropôi.
Erobert aber wird er, wenn er gefunden ist, auf diese Art.
[34. Beschaffenheit
der beiden Seelenrosse]
kathaper en archê toude tou muthou trichêi
dieilomen psuchên hekastên,
hippomorphôi men duo tine eidê,
hêniochikon de eidos [253d] triton,
kai nun eti hemin tauta menetô.
Wie ich im Anfang dieser Erzählung dreifach jede Seele zerteilt
habe,
in zwei roßgestaltige Teile
und drittens in den dem Führer ähnlichen,
so bleibe es uns auch jetzt noch angenommen.
tôn de dê hippôn ho men,
phamen, agathos,
ho d’ ou:
Von den beiden Rossen, sagten wir weiter, sei eines gut,
eines aber nicht.
aretê de tis tou agathou hê kakou
kakia,
ou dieipomen,
nun de lekteon.
Welches aber die Vortrefflichkeit des guten und des schlechten Schlechtigkeit
ist,
haben wir nicht erklärt,
jetzt aber müssen wir es sagen.
ho men toinun autoin en têi kallioni
stasei
hôn to te eidos orthos kai diêrthrômenos,
hupsauchen, epigrupos, leukos idein,
melanommatos,
timês erastês meta sôphrosunês
te kai audous,
kai alêthinês doxês hetairos,
haplêktos, keleusmati monon kai [253e]
logôi hêniocheitai:
Das nun von beiden, welches die bessere Stelle einnimmt,
ist von geradem Wuchse, leicht gegliedert,
hochhalsig, mit gebogener Nase, weiß von Haar,
schwarzäugig,
ehrliebend mit Besonnenheit und Scham,
und als wahrhafter Meinung freund
wird es ohne Schläge nur durch Befehl und Worte gelenkt;
ho d’ au skolios, polus, eikêi sumpephorêmenos,
kraterauchên, brachutrachêlos,
simoprosôpos, melanchrôs,
glaukommatos, huphaimos,
hubreôs kai alazoneias hetairos,
peri ôta lasios, kôphos,
mastigi meta kentrôn mogis hupeikôn.
das andere aber ist senkrückig, plump, schlecht gebaut, hartnackig,
kurzhalsig, mit aufgeworfener Nase, schwarz von Haut,
glasäugig und rot unterlaufen,
aller Wildheit und Starrsinnigkeit freund,
rauh um die Ohren, taub,
der Peitsche und dem Stachel kaum gehorchend.
[35. Die Bändigung des ungezügelten
Rosses]
hotan d’ oun ho hêniochos idôn
to erôtikon omma,
pasan aisthêsei diathermênas tên
psuchên,
gargalismou te kai pothou [254a] kentrôn
hupoplêsthêi,
ho men eupeithês tôi hêniochôi
tôn hippôn,
aei te kai tote aidoi biazomenos,
heauton katechei mê epipêdan tôi
erômenôi:
Wenn nun der Führer beim Anblick der liebreizenden Gestalt,
die ganze Seele durch die Wahrnehmung erwärmend,
bald überall den Stachel des Kitzels und Verlangens spürt:
so hält das dem Führer leicht gehorchende Roß,
der Scham wie immer so auch dann nachgebend,
sich selbst zurück, den Geliebten nicht anzuspringen;
ho de oute kentrôn oute mastigos eti
entrepetai,
skirtôn de biai pheretai,
kai panta pragmata parechôn tôi
suzugi te kai hêniochôi
anankazei ienai te pros ta paidika
kai mneian poieisthai tês tôn
aphrodisiôn charitos.
das andere aber scheut nun nicht länger Stachel noch Peitsche
des Führers,
sondern springend strebt es mit Gewalt vorwärts,
und auf alle Weise dem Spanngenossen und dem Führer zusetzend
nötigt es sie, hinzugehen zu dem Liebling
und der Gaben der Lust gegen ihn zu gedenken.
tô de kat’ archas men antiteineton [254b]
aganaktounte,
hôs deina kai paranoma anankazomenô:
teleutônte de, hotan mêden êi
peras kakou,
poreuesthon agomenô,
eixante kai homologêsante poiêsein
to keleuomenon.
Jene beiden widerstreben zwar anfangs unwillig
als einer argen und ruchlosen Nötigung ausgesetzt,
zuletzt aber, wenn des Ungemachs kein Ende ist,
machen sie sich dann, von jenem fortgerissen, auf,
nachgebend und versprechend, das Gebotene zu tun,
kai pros autôi t’ egenonto
kai eidon tên opsin tên tôn
paidikôn astraptousan.
und so kommen sie hin
und schauten des Lieblings glänzende Gestalt.
idontos de tou hêniochou
hê mnêmê pros tên
tou kallous phusin ênechthê,
kai palin eiden autên meta sôphrosunês
en agnôi bathrôi bebôsan:
Indem nun der Führer sie erblickt,
wird seine Erinnerung hingetragen zum Wesen der Schönheit,
und wiederum sieht er sie mit der Besonnenheit auf heiligem Boden stehen.
idousa de edeise te
kai sephtheisa anepesen huptia,
kai hama ênankasthê eis [254c]
toupisô helkusai tas hênias houtô sphodra,
hôst‘ epi ta ischia amphô kathisai
tô hippô,
ton men hekonta dia to mê antiteinein,
ton de hubristên mal‘ akonta.
Dieses erblickend fürchtet er sich,
und von Ehrfurcht durchdrungen beugt er sich zurück
und kann sogleich nicht anders, als so gewaltig die Zügel rückwärts
ziehen,
daß beide Rosse sich auf die Hüften setzen,
das eine gutwillig, weil es nie widerstrebt,
das wilde aber höchst ungern.
apelthonte de anôterô,
ho men hup’ aischunês te kai thambous
hidrôti pasan ebrexe tên psuchên,
ho de lêxas tês odunês,
hên hupo tou chalinou te eschen kai tou ptômatos,
mogis exanapneusas eloidorêsen orgêi,
polla kakizôn ton te hêniochon
kai ton homozuga
hôs deilia te kai anandriai liponte
tên taxin kai [254d] homologian:
Indem sie nun weiter zurückgehen,
benetzt das eine vor Scham und Bewunderung die ganze Seele mit Schweiß,
das andere aber, ist nur erst der Schmerz vom Gebiß und dem Falle
vorüber, hat sich kaum erholt,
so bricht es zornig in Schmähungen aus,
vielfach den Führer und den Spanngenossen beschimpfend,
daß sie aus Feigheit und Unmännlichkeit Pflicht und Versprechen
verlassen hätten;
kai palin ouk ethelontas prosienai anankazôn
mogis sunechôrêsen deomenôn
eis authis huperbalesthai.
und aufs neue sie wider ihren Willen vorwärts zu gehen zwingend,
gibt es kaum nach, wenn sie bitten, es bis weiterhin aufzuschieben.
elthontos de tou suntethentos chronou
hou amnêmonein prospoioumenô anamimnêiskôn,
biazomenos, chremetizôn, helkôn
ênankasen
au proselthein tois paidikois epi tous autous
logous,
Kommt nun die festgesetzte Zeit,
so erinnert es jene, die dessen nicht zu gedenken sich anstellen,
braucht Gewalt, wiehert, zieht sie mit sich fort und zwingt sie wieder,
in derselben Absicht dem Geliebten zu nahen.
kai epeidê engus êsan,
enkupsas kai ekteinas tên kerkon,
endakôn ton chalinon, met‘ anaideias
helkei:
Und wenn sie nicht mehr fern sind,
beugt es sich vornüber, streckt den Schweif in die Höhe,
beißt in den Zügel und zieht sie schamlos weiter.
ho d’ [254e] hêniochos eti mallon tauton
pathos pathôn,
hôsper apo husplêgos anapesôn,
eti mallon tou hubristou hippou ek tôn
odontôn biai opisô spasas ton chalinon,
tên te katêgoron glôttan
kai tas gnathous kathêmaxen
kai ta skelê te kai ta ischia pros tên
gên ereisas odunais edôken.
Dem Führer aber begegnet nur noch mehr dasselbe wie zuvor,
er wird wie vom Startseil zurückgeschnellt,
zieht noch gewaltsamer dem wilden Rosse das Gebiß aus den Zähnen,
so daß ihm die schmähsüchtige Zunge und die Backen
bluten,
und Schenkel und Hüften am Boden festhaltend, läßt
er es büßen.
hotan de tauton pollakis paschôn ho
ponêros tês hubreôs lêxê,
tapeinôtheis hepetai êdê
têi tou hêniochou pronoia,
kai hotan idêi ton kalon, phobôi
diollutai:
Hat nun das böse Roß mehrmals dasselbe erlitten und die
Wildheit abgelegt,
so folgt es gedemütigt des Führers Überlegung
und ist beim Anblick des Schönen von Furcht übermannt.
hôste sumbainei tot‘ êdê
tên tou erastou psuchên tois paidikois
aidoumenên te
kai dediuian [255a] hepesthai.
Daher es dann endlich dahin kommt,
daß des Liebhabers Seele dem Liebling verschämt
und schüchtern nachgeht.
[36. Die Gewinnung
der Gegenliebe des Lieblings]
hate oun pasan therapeian hôs isotheos
therapeuomenos
ouch hupo schêmatizomenou tou erôntos
all alêthôs touto peponthotos,
kai autos ôn phusei philos tôi
therapeuonti,
ean ara kai en tôi pristhen hupo sumphoitêtôn
ê tinôn allôn diabeblêmenos êi,
legontôn hôs aischron erônti
plêsiazein,
kai dia touto apôthêi ton erônta,
Da nun dieser einem Gotte gleich mit jeder Art der Verehrung geehrt
wird
von einem nicht etwa nur sich so anstellenden Verliebten,
sondern einem, der sich wahrhaft in diesem Zustande befindet,
und er auch selbst von Natur dem Verehrer geneigt ist,
wenn er auch ehedem von einigen Spielgefährten oder andern fälschlich
wäre überredet worden,
welche sagten, es wäre schändlich, sich einem Liebenden zu
nahen,
und er deshalb den Liebenden abgewiesen;
proiontos de êdê tou chronou ê
te hêlikia kai to chreôn êgagen
eis [255b] to prosesthai auton eis homilian:
so hat doch nun im Verlauf der Zeit die Jugend und das Unvermeidliche
dazu geführt,
ihn zuzulassen zu seinem Umgange.
ou gar dêpote heimartai kakon kakô
philon
oud‘ agathon mê philon agathôi
einai.
Denn niemals ist dies bestimmt, daß ein Böser einem Bösen
freund,
oder ein Guter einem Guten nicht freund werde.
prosemenou de kai logon kai homilian dexamenou,
enguthen hê eunoia gignomenê tou
erôntos ekplêttei ton erômenon
diaisthanomenon
hoti oud’ hoi sumpantes alloi philoi te kai
oikeioi
moiran philias oudemian parechontai
pros ton entheon philon.
Läßt er ihn aber zu und verstattet ihm Gespräch und
Umgang,
so wird das nahe erscheinende Wohlwollen des Liebenden den Geliebten
entzücken,
der bald inne wird,
daß seine andern Freunde und Angehörigen
auch allzumal ihm so gut wie nichts an Freundschaft erweisen
im Vergleich zum begeisterten Freund.
hotan de chronizêi touto drôn
kai plêsiazêi
meta tou haptesthai en te gumnasiois kai en
tais allais homiliais,
[255c] tot êdê hê tou reumatos
ekeinou pêgê,
hon himeron Zeus Ganumêdous erôn
ônomase,
pollê pheromenê pros ton erastên,
hê men eis auton edu,
hê d‘ apomestoumenou exo aporrei:
Läßt er ihn nun so eine Zeitlang gewähren und ist ihm
nahe,
dann ergießt sich bei den Berührungen in den Übungsplätzen,
und wo sie sonst zusammenkommen,
die Quelle jenes Stromes,
den Zeus, als er den Ganymedes liebte, Liebreiz nannte,
reichlich gegen den Liebhaber,
und teils strömt sie in ihn ein,
teils von ihm, dem Angefüllten, weder heraus:
kai hoion pneuma hê tis êchô
apo leiôn te kai stereôn allomenê palin
hothen hôrmêthê pheretai,
houtô to tou kallous reuma palin eis
ton kalon dia tôn ommatôn ion,
hêi pephuken epi tên psuchên
ienai aphikomenon
kai anapterôsan, [255d] tas diodous
tôn pterôn ardei te
kai hôrmêse pterophuein te
kai tên tou erômenou au psuchên
erôtos eneplêsen.
und wie ein Wind oder ein Schall von glatten und starren Körpern
abprallend
wieder dahin, woher er kam, zurückgetrieben wird,
so geht auch die Ausströmung der Schönheit wieder in den
Schönen zurück durch die Augen,
auf welchem Weg sie ihrer Natur nach in die Seele geht, und wenn sie
dorthin gelangt,
befeuchtet sie die dem Gefieder bestimmten Ausgänge,
treibt so dessen Wachstum voran
und erfüllt auch des Geliebten Seele mit Liebe.
era men oun, hotou de aporei:
kai outh’ hoti peponthen oiden oud’ echei
phrasai,
all’ hoion ap’ allou ophthalmias apolelaukôs
prophasin eipein ouk echei,
hôsper de en katoptrôi en tôi
erônti heauton horôn lelêthen.
Er liebt also, wen aber, weiß er nicht,
ja überhaupt nicht, was ihm begegnet, weiß er oder kann
es sagen,
sondern wie einer, der sich von einem andern Augenschmerzen geholt,
hat er keine Ursache anzugeben;
denn daß er wie in einem Spiegel in dem Liebenden sich selbst
beschaut, weiß er nicht.
kai hotan men ekeinos parêi.
lêgei kata tauta ekeinôi tês
odunês,
hotan de apêi, kata tauta au pothei
kai potheitai,
eidôlon [255e] erôtos anterôta
echôn:
Und wenn nun jener gegenwärtig ist,
so hat auch er gleich wie jener Befreiung von den Schmerzen,
ist er aber abwesend, so schmachtet auch er, wie nach ihm geschmachtet
wird,
mit der Liebe Schattenbilde, der Gegenliebe, behaftet.
kalei de auton kai oietai ouk erôta
alla philian einai.
Er nennt es aber und glaubt es nicht Liebe, sondern Freundschaft,
epithumei de ekeinôi paraplêsiôs
men, asthenesterôs de,
horan, haptesthai, philein, sunkatakeisthai:
kai dê, hoion eikos, poiei to meta touto
tachu tauta.
wünscht aber doch eben wie jener, nur minder heftig,
ihn zu sehen, zu berühren, zu umarmen, neben ihm zu liegen,
und also, wie zu erwarten, tut er hierauf bald alles dieses.
en oun têi sunkoimêsei
tou men erastou ho akolastos hippos echei
hoti legêi pros ton hêniochon,
kai axioi anti pollôn ponôn [256a]
smikra apolausai:
Bei diesem Zusammenliegen nun
hat das unbändige Roß des Liebhabers vieles dem Führer
zu sagen
und fordert für die vielen Mühseligkeiten einen kleinen Genuß;
ho de tôn paidikôn echei men ouden
eipein,
spargôn de kai aporôn periballei
ton erastên kai philei,
hôs sphodr‘ eunoun aspazomenos,
hotan te sunkatakeôntai,
hoios esti mê an aparnêthênai
to autou meros charisasthai tôi erônti,
ei deêtheiê tuchein:
das des Lieblings hat zwar nichts zu sagen,
aber voll brünstigen unbekannten Verlangens umarmt es den Liebhaber
und küßt ihn
und liebkost ihn als den besten Freund,
und wenn sie zusammen liegen,
wäre es wohl geneigt, sich nicht zu weigern, ihm an seinem Teile
gefällig zu sein,
wenn er es zu erlangen wünschte.
ho de homozux au meta tou hêniochou
pros tauta met’ aidous kai logou antiteinei.
Der Spanngenoß hingegen mit dem Führer sträuben sich
hiergegen mit Scham und Vernunft.
[37. Leben und Lohn der Liebenden]
ean men dê oun eis tetagmenên
te diaitan
kai philosophian nikêsêi
ta beltiô tês dianoias agagonta,
makarion men [256b]
kai homonoêtikon ton enthade bion diagousin,
enkrateis hautôn kai kosmioi ontes,
doulôsamenoi men hôi kakia psuchês
enegigneto,
eleutherôsantes de hôi aretê:
Wenn nun die besseren Teile der Seele, welche zu einem wohlgeordneten
Leben
und zur Liebe der Weisheit hinleiten, den Sieg erlangen:
so führen sie hier schon ein seliges und einträchtiges Leben,
sich selbst beherrschend und sittsam dasjenige besiegt habend in ihrer
Seele, dem Schlechtes,
und das befreit, dem Vortreffliches einwohnt;
teleutêsantes de dê hupopteroi
kai elaphroi genonotes
tôn triôn palaismatôn tôn
hôs alêthêos Olumpiakôn hen nenikêkasin,
hou meizon agathon oute sôphrosunê
anthrôpinê
oute theia mania dunatê porisai anthrôpôi.
sterben sie aber, so haben sie, schon befiedert und leicht geworden,
von den drei wahrhaft olympischen Kampfgängen schon in einem gesiegt,
über welches Gut ein noch größeres weder menschliche
Besonnenheit
dem Menschen verschaffen kann, noch göttlicher Wahnsinn.
ean de dê diaitêi phortikôtera
te kai [256c] aphilosophôi,
philotimôi de chrêsôntai,
tach‘ an pou en methais
ê tini allê ameleiai
tô akolastô autoin hupozugiô
labonte tas psuchas aphrourous,
sunagagonte eis tauton,
tên hupo tôn pollôn makaristên
hairesin eilesthên te kai diepraxasthên:
Wenn sie aber ein minder edles und nicht philosophisches,
doch aber ehrliebendes Leben führen:
so finden wohl leicht einmal beim Trunk oder in einem andern unbesorgten
Augenblick
die beiden unbändigen Rosse die Seelen unbewacht
und führen sie zusammen,
so daß sie das, was die Menge für das seligste hält,
wählen und vollbringen;
kai diapraxamenô to loipon êdê
chrôntai men autêi,
spaniai de,
hate ou pasêi dedogmena têi dianoiai
prattontes.
und haben sie es einmal vollbracht, so werden sie es nun auch in der
Folge genießen,
aber selten,
weil nicht des ganzen Gemütes Zustimmung hat, was sie tun.
philô men oun kai toutô, hêtton
de ekeinôn,
allêloin [256d] dia te tou erôtos
kai exô genomenô diagousi,
pisteis ta metistas hêgoumenô
allêloin dedôkenai te kai dedechthai,
has ou themiton einai lusantas eis echtran
pote elthein.
Als Freunde also werden auch diese, obgleich nicht ganz so wie jene,
miteinander, während ihrer Liebe und auch, wenn sie darüber
hinaus sind, leben
überzeugt, daß sie die größten Pfänder einander
gegeben und angenommen haben,
welche frevelhaft wäre jemals wieder ungültig zu machen und
in Feindschaft zu geraten.
en de têi teleutêi apteroi men,
hôrmêkotes de pterousthai ekbainousi
tou sômatos,
hôste ou smikron athlon tês erôtikês
manias pherontai:
Am Ende aber gehen sie unbefiedert zwar,
aber doch mit dem Triebe, sich zu befiedern, aus dem Körper,
so daß auch sie nicht geringen Lohn für den Wahnsinn der
Liebe davontragen.
eis gar skoton kai tên hupo gês
poreian
ou nomos estin eti elthein
tois katêrgmenois êdê tês
hupouraniou poreias,
alla phanon bion diagontas eudaimonein [256e]
met’ allêlôn poreuomenous,
kai homopterous erôtos charin, hotan
genôntai, genesthai,
Denn in die Finsternis und den unterirdischen Pfad
ist denen nicht mehr bestimmt zu geraten,
welche schon eingeschritten waren in den himmlischen Pfad,
sondern ein lichtes Leben führend und miteinander wandelnd glücklich
zu sein,
und wenn sie wieder befiedert werden, es der Liebe wegen zu gleicher
Zeit zu werden.
[38. Schluß der Rede und
Gebet an Eros]
tauta tosauta, ô pai, kai theia houtô
soi dôrêsetai hê par’ erastou philia:
Diese so großen und so göttlichen Vorzüge, o Knabe,
wird dir des Liebhabers Freundschaft erwerben.
hê de apo tou mê erôntos
oikeiotês,
sôphrosunêi thnêtêi
kekramenê,
thnêta te kai pheidôla oikonomousa,
aneleutherian hupo plêthous epainoumenên
hôs aretên [257a] têi philêi psuchêi
entekousa,
ennea chiliadas etôn peri gên
kulindoumenên autên kai hupo gês anoun parexei,
Die Vertraulichkeit aber mit dem Nichtliebenden,
welche durch sterbliche Besonnenheit verdünnt
auch nur Sterbliches und Sparsames austeilt,
erzeugt in der geliebten Seele jene von der Menge als Tugend gelobte
Gemeinheit
und wird ihr Ursache,
neuntausend Jahre um die Erde sich umherzutreiben und vernunftlos unter
der Erde.
hautê soi, ô phile Erôs,
eis hêmeteran dunamin
hoti kallistê kai aristê dedotai
te kai ekteteistai palinôidia,
ta te alla kai tois onomasin ênankasmenê
poiêtikois tisin dia Phaidron eirêsthai.
Dieses sei dir, lieber Eros, nach unsern Kräften
aufs beste und schönste als Widerruf dargebracht und entrichtet,
der im übrigen sowohl als auch im Ausdruck
des Phaidros wegen etwas dichterisch abgefaßt werden mußte.
alla tôn proterôn te sungnômên
kai tônde charin echôn,
eumenês kai hileôs tên erôtikên
moi technên hên edôkas
mête aphelêi mete pêrôsês
di‘ orgên,
didou t‘ eti mallon ê nun para tois
kalois timion einai.
Und möchtest du, dem Vorigen Verzeihung, diesem aber Beifall schenkend,
günstig und gnädig mir die Kunst der Liebe, welche du mir
verliehen,
im Zorn weder nehmen noch schmälern.
Verleihe mir vielmehr, noch mehr als jetzt von den Schönen geehrt
zu sein.
[257b] en tôi prosthen d‘ ei ti logôi
soi apêches eipomen Phaidros te kai egô,
Lusian ton tou logou patera aitiômenos
paue tôn toioutôn logôn,
epi philosophian de, hôsper adelphos
autou Polemarchos tetraptai,
trepson,
hina kai ho erastês hode autou mêketi
epamphoterizêi kathaper nun,
all’ haplôs pros erôta meta philosophôn
logôn ton bion poiêtai.
Haben wir aber in der vorigen Rede etwas dir Widerwärtiges gesprochen,
Phaidros und ich:
so rechne es dem Lysias als Vater dieser Rede zu
und laß ihn solcher Reden sich enthaltend
zur Philosophie, zu welcher sich sein Bruder Polemarchos schon gewendet
hat,
sich hinwenden,
damit auch dieser sein Verehrer nicht länger wie jetzt auf beiden
Schultern trage,
sondern lediglich der Liebe mit philosophischen Reden sein Leben widme.
[39. Ist das Schreiben
von Reden schimpflich und wird es mißachtet?]
Phaidros:
Ich bete mit dir, Sokrates, daß, wofern dies besser für
uns ist, es so geschehen möge.
Deine Rede aber habe ich schon lange bewundert,
um wieviel schöner als die erste du sie ausgearbeitet hast.
So daß ich zweifle, ob mir nicht Lysias immer nur gering erscheinen
würde,
wenn er es auch unternehmen wollte, dieser eine andere gegenüberzustellen.
Auch hat ihm erst neulich einer von unsern Staatsmännern eben
dieses zum Schimpf vorgeworfen
und ihn die ganze Schmährede hindurch immer den Redenschreiber
genannt.
Vielleicht also, daß er sich schon aus Empfindlichkeit des Schreibens
enthalten wird.
Sokrates:
Gar lächerliche Meinungen, junger Mann, bringst du vor,
und sehr weit verfehlst du deinen Freund, wenn du ihn für so schreckhaft
hältst.
Vielleicht aber glaubst du gar,
der, welcher ihm dies als einen Schimpf vorwarf,
habe, was er sagte, auch so gemeint wie er es sagte?
Phaidros:
Das war wohl offenbar genug, Sokrates.
Auch weißt du ja selbst so gut wie ich,
daß überall die im Staate Vermögendsten und Geachtetsten
sich schämen,
Reden zu schreiben und Schriften von sich zu hinterlassen,
aus Furcht, in der Folgezeit den Namen zu bekommen, sie wären
Sophisten gewesen.
Sokrates:
Du weißt nur nicht, wie dies zusammenhangt, Phaidros,
und außerdem weißt du auch nicht,
daß gerade die sich am meisten dünkenden Staatsmänner
auch am meisten verliebt sind in das Redenschreiben
und Schriften hinterlassen,
da sie ja, wenn die eine Rede geschrieben, dermaßen ihren Lobern
zugetan sind,
daß sie gleich vorne namentlich hinschreiben, wer sie jedesmal
gelobt.
Phaidros:
Wie meinst du dieses?
Denn ich verstehe es nicht.
Sokrates :
Du verstehst nicht, daß am Anfang bei der Schrift eines Staatsmannes
zuerst sein Lober aufgeführt wird?
Phaidros:
Wieso?
Sokrates:
«Es hat gefallen», sagt er, «dem Rate»
oder «dem Volke», oder beiden,
und «der und der hat vorgeschlagen»,
womit dann der Schriftsteller sein Ich sehr ehrenvoll erwähnt
und belobt.
Hierauf erst redet er weiter, seine Weisheit den Lobern vortragend,
und verfaßt bisweilen eine gar lange Schrift.
Oder scheint dir so etwas eine ganz andere Sache als eine Rede in Schrift
verfaßt?
Phaidros:
Mir eben nicht.
Sokrates:
Nicht wahr, wenn eine solche stehen bleibt,
so geht der Dichter fröhlich aus dem Schauspiel,
wenn sie aber ausgelöscht wird und er also leer ausgeht beim Redenschreiben
und nicht für würdig gehalten wird, eine Schrift zu hinterlassen,
dann trauert er mit seinen Freunden?
Phaidros:
Und gar sehr.
Sokrates:
Offenbar also doch nicht als Verächter des Geschäftes, sondern
als großer Bewunderer.
Phaidros:
Ganz gewiß.
Sokrates:
Wie aber, wenn ein Redner oder König es dahin bringt,
mit dem Ansehen des Lykurgos oder des Solon oder Dareios ausgerüstet,
ein unsterblicher Redenschreiber in seinem Staate zu werden,
hält er selbst sich nicht noch lebend für göttergleich,
und denken nicht die nach ihm Kommenden ebenso von ihm, wenn sie seine
Schriften betrachten?
Phaidros:
Gar sehr.
Sokrates:
Glaubst du also, daß einer von diesen, wie sehr er auch dem Lysias
abgeneigt sei,
ihm dieses zum Schimpf rechne, daß er Reden verfaßt?
Phaidros:
Es ist wohl nicht zu glauben nach dem, was du sagst,
denn er müßte ja seine eigne Neigung beschimpfen.
[40. Thema des folgenden
Gesprächs:
die Art und Weise des guten Redens]
Sokrates:
Das also ist wohl jedem klar, daß das Redenschreiben an sich
nichts Häßliches ist.
Phaidros:
Wie sollte es?
Sokrates:
Aber das, glaube ich, wird schon schlecht sein, wenn jemand nicht schön
redet und schreibt,
sondern häßlich und schlecht.
Phaidros:
Offenbar.
Sokrates:
Welches ist nun aber die Art und Weise, gut zu schreiben oder nicht?
Sollen wir hierauf, o Phaidros, den Lysias prüfen,
und wer sonst jemals etwas geschrieben hat oder schreiben wird,
es sei nun eine Staatsschrift oder eine andere,
und in Versen, wie ein Dichter,
oder ohne Silbenmaß als ein Undichterischer?
Phaidros:
Du fragst, ob wir sollen?
Weshalb, sozusagen, lebte einer denn, wenn nicht für solche Lust?
Doch wohl nicht um jener willen,
vor welchen man erst Unlust empfinden muß,
oder auch hernach keine Lust empfindet,
welches fast alle die körperlichen Vergnügungen an sich haben
und deshalb mit Recht niedrige genannt werden.
Sokrates:
Muße haben wir ja, wie es scheint.
Auch dünken mich die Zikaden, wie sie in der Hitze pflegen,
über unsern Häuptern singend und sich untereinander besprechend,
herabzuschauen.
Wenn sie nun auch uns um nichts besser als andere in der Mittagsstunde
uns nicht unterredend sähen,
sondern aus Trägheit der Seele von ihnen eingesungen schlummernd:
so möchten sie mit Recht über uns spotten
und denken, ein paar Knechte wären in ihrem Aufenthalt eingekehrt,
um wie Schafe, die bei der Quelle Mittag machen, des Schlafes zu pflegen.
Wenn sie uns aber sähen im Gespräch begriffen
und uneingesungen bei ihnen als Sirenen vorbeischiffen,
dann dürften sie uns die Gabe, welche ihnen von den Göttern
für die Menschen verliehen ist,
mitteilen zum Beweis ihrer Zufriedenheit.
[41. Der Mythos von
den Zikaden]
Phaidros:
echousi de dê ti touto?
anêkoos gar, hôs eoike, tunchanô
ôn.
Phaidros:
Was für eine haben sie?
Denn nie muß ich davon gehört haben.
Sôkratês:
ou men dê prepei ge philomouson andra
tôn toioutôn anêkoon einai.
SOKRATES:
Nicht fein steht es für einen Musenfreund, dergleichen nicht gehört
zu haben.
legetai d’ hôs pot’ êsan houtoi
anthrôpoi tôn prin mousas gegonenai,
Man sagt nämlich, diese wären Menschen gewesen von denen
vor der Zeit der Musen.
genomenôn de Mousôn kai phaneisês
ôidês
houtôs ara tines tôn tote exeplagêsan
huph’ hêdonês,
[259c] hôste aidontes êmelêsan
sitôn te kai potôn,
kai elathon teleutêsantes hautous:
Als aber diese erzeugt worden und der Gesang erschienen,
wären einige von den damaligen so entzückt worden von dieser
Lust,
daß sie singend Speise und Trank vergessen
und so unvermerkt gestorben wären.
ex hôn to tettigôn genos met’
ekeino phuetai,
geras touto para Mousôn labon,
mêden trophês deisthai genomenon,
all’ asiton te kai apoton euthus aidein,
heôs an teleutêsêi,
kai meta tauta elthon para mousas
apangellein tis tina autôn timai tôn
enthade.
Aus welchen nun seitdem das Geschlecht der Zikaden entsteht,
mit dieser Gabe von den Musen ausgestattet,
daß sie von der Geburt an keiner Nahrung bedürfen,
sondern ohne Speise und Trank sogleich singen,
bis sie sterben,
dann aber zu den Musen kommen
und ihnen verkündigen, wer hier jede von ihnen verehrt.
Terpsichora men oun
tous en tois chorois tetimêkotas autên
apangellontes [259d] poiousi prosphilesterous,
têi de Eratoi
tous en tois erôtikois,
kai tais allais houtôs, kata to eidos
hekastês timês:
Der Terpsichore
melden und empfehlen sie die, welche sie in Chören verehren,
der Erato,
die sie durch Liebesgesänge feiern,
und so den übrigen, jeder nach der ihr eigentümlichen Verehrung.
têi de presbutatêi Kalliopêi
kai têi met‘ autên Ouraniai
tous en philosophiai diagontas te
kai timôntas tên ekeinôn
mousikên
angellousin,
hai dê malista tôn Mousôn
peri te ouranon
kai logous ousai theious te kai anthrôpinous
iasin kallistên phonên.
Der ältesten aber, Kalliope,
und ihrer nächstfolgenden Schwester Urania,
welche ja vornehmlich unter den Musen über den Himmel
und über göttliche und menschliche Reden gesetzt sind
und die schönsten Töne von sich geben,
verkündigen sie die,
welche philosophisch leben
und ihre Art der Musik ehren.
pollôn dê oun heneka lekteon ti
kai ou katheudêteon en têi mesêmbriai.
Aus vielen Ursachen also müssen wir etwas reden und nicht schlafen
am Mittage.
Phaidros:
Reden also wollen wir.
Inhaltsverzeichnis:
Latein/
Griechisch:
inter
nodos – Index
pagina
domestica auctoris * emaille?!
Einführungen,
Grundlagen
link-Listen
– das Gewebe der Helena
biblische
Quellen (hebr./
griech./ lat./ deutsch)
hexametrische
Dichtung (Homer,
Hesiod, Parmenides, Vergil, Ovid)
philosophische
Quellen (Platon,
Parmenides, Cicero, Boethius, Thomas)
antike
Quellen (Parmenides, Platon,
Cicero, Vergil)
mittelalterliche
Quellen (Honorius,
Gervasius, Thomas)
Philosophie
: links (Quellen)
Weltbild
des Mittelalters
christliche
Mandalas:
ICH
BIN der ICH BIN (Exodus 3)
Griechisch-römische
Antike:
mythische
und dichterische Quellen
Odysseia
12,144-200: Odysseus lauscht den Sirenen
Homerischer
Aphrodite-Hymnus
Homerischer
Hymnus: Dionysos
Hesiod:
Werke und Tage (Pandora,
Weltalter)
Parmenides,
Hauptfragment
philosophische
Quellen
Pythagoras
bei Diogenes Laertios: Leben und Lehren berühmter
Philosophen 8,1
Heraklit:
panta rhei, Logos, Widersprüche, Naturlehre
(Feuer) griech./
deutsch
Parmenides,
DK 28 B 8 (to EON) und alle anderen Fragmente
griech./
deutsch
Das
Antistrephon (Paradoxon) des Protagoras, ausgeführt
von Gellius griech./
lat./ deutsch
Platon:
Sonnengleichnis, Linienanalogie und Höhlengleichnis
- Politeia
6,506 a bis 7,519 d
Aristoteles:
Metaphysik L (Buch
12) griech./lat./dt.:
Plutarch:
"Du bist!" : Über das E in Delphi griech./dt.
Proklos
Diadochos (Neuplatonismus):
Censorinus:
De die natali /
Der Tag der Geburt:
Marius
Victorinus: drei Hymnen De Trinitate
Boethius:
De institutione musica:
Sphärenharmonie als musica mundana;
Aratos
/ Cicero / Germanicus:
Phainomena (Himmelserscheinungen) Sternbilder griech./lat./dt.
P.
Ovidius Naso:
Metamorphoses 1,1-150
Das
Himmelreich ist gleich einem Senfkorn (Matthäus-Ev.) – sieben Deutungs-Zweige
Prolog
des Johannesevangeliums
Anselm
von Canterbury:
Thomas
von Aquin:
Meister
Eckhart:
Raffaelo
Santi: Philosophenschule von Athen (mit
Erläuterungen)
Pascal:
Der
Mensch zwischen zwei Unendlichkeiten
Leibniz:
Monadologie
Immanuel
Kant: Kritik der reinen Vernunft: Raum und Zeit
intellektuelle
Anschauung – schaffende Betrachtung (Novalis, Schelling)
Nietzsche:
Die Geburt der Tragödie aus dem Geist der Musik
Der
unendliche Weg der "Kaiserlichen Botschaft", Franz Kafka
Ethik:
Weltreligionen – religionskundliches Wissen, Zugang zu religiösen
Fragen
Al-Qur'an
(Koran), 16 Suren der ersten mekkanischen Offenbarungsperiode
Sprüche,
Lieder, Briefe und Gebete des Sufi-Meisters Husain ibn Mansur
al-Hallâj (Halladsch), des "Baumwollkämmers",
hingerichtet 922; der kühnste
Vertreter der frühen islamischen Mystik: "Ana'lhaqq-"
("Ich = die Wahrheit")
Abu
Hamid al-Ghazzali (Algazel, Al-Ghasali), aus:
"Die Wiederbelebung der Wissenschaften von der Religion":