Hans Zimmermann,
Görlitz : 12 KÖRBE: Quellentexte
in zwölf Sprachen : Indien : Upanishaden
des Sâmaveda : Chândogya-Upanishad
Paul
Deussen: Vorrede zu "Sechzig Upanishads" * Brhadâranyaka-
& Îshâ-Up. * Einl.:
Up. des Sâmaveda * Kena-Up.
Chândogya-Upanishad:
Inhaltsverzeichnis * 1
* 2 * 3 (Weltei)
* 4 * 5 (prâna)
* 6 (tat
tvam asi) * 7 * 8,1-6;
8,7-15
Chândogya-Upanishad
Übersetzung und Voranmerkungen:
Paul Deussen
S.100
Dritter Prapâthaka
Erster Khanda
1.-11. Khanda: Das
Brahman als die Weltensonne, die natürliche
Sonne als die Erscheinungsform des Brahman,
- das ist der Grundgedanke dieses in der Anlage gigantischen, in der Ausführung
unserm Geschmack weniger zusagenden Abschnittes, dessen hohe Wertschätzung
sich in der Warnung am Schlusse, diese Lehre keinen Unwürdigen mitzuteilen,
und in ihrer Höherstellung als die Erde mit allem ihrem Reichtum bekundet.
In groteskem Bilde erscheint
die sichtbare Sonne als der aus den Veden zusammengeflossene Honigseim,
von dem die Götter sich nähren. Hierbei ist der Himmel, als Träger
von Sonne und Luftraum, das die Waben (die ja von oben gebaut werden) tragende
Quergestell, entsprechend unserm Bienenstock tirashcîna-vansha);
der Luftraum bildet die Waben (apûpa),
welche von den Lichtelementen (marîcayah
) als der Brut (putrâh)
erfüllt sind. Die nach Osten, Süden, Westen, Norden und nach
oben gehenden Sonnenstrahlen (rashmayah
) sind die röhrenförmigen Honigzellen (madhunâdyah
) dieser Waben, durch welche der Seim nach der Mitte zusammenfließt
und den Sonnenkörper bildet.
Die Blumen, aus denen der
Sonnenhonig gewonnen wird, sind 1. Rgveda, 2. Yajurveda, 3. Sâmaveda,
4. die epischen und mythologischen Gedichte (itihâsa-purânam),
5. die Upanishad's (hier brahman
genannt); – die
Bienen, welche aus diesen Blumen den Honig bereiten, sind entsprechend
1. die Rgverse, 2. die Yajussprüche, 8. die Sâmalieder,
4. die Atharvaverse (Atharva-angirasah
), 5. die Geheimlehren (guhyâ'
âdeshâh) der Upanishad's. Die Veden
sind also das Prius (die Blumen), ihre Verse, Sprüche und Lieder sind
nur das Vehikel, durch welches ihr inhalt uns zugetragen wird (die Bienen),
und zwar dadurch, daß sie die entsprechende Vedablume „bebrüten“
(abhitapanti), wobei als „unsterblicher
Nektarseim dieses“ (tâ'
amrtâ' âpas) gewonnen wird, was als Saft (rasa)
in Gestalt von Ruhm, Kraft, Stärke, Mannheit und Nahrung (yashas,
tejas, indriyam, viryam, annâdyam) aus den Veden abfließt
und sich in der Sonne als deren 1. rote, 2. weiße, 8. schwarze, 4.
tiefschwarze, 5. in der Mitte wallende Erscheinungsformen ansammelt. Unter
ihnen stehen am höchsten die Upanishadlehren; sie sind die
Essenz der Essenze; der Nektar des Nektar.
Nicht irdisch ist Speise
und Trank der Götter, sondern an diesen fünf aus den Veden quellenden
Nektararten sättigen sich in entsprechender Reihenfolge 1. die Vasu's,
2. die Rudra's, 8. die Marut's,
4. die Âditya's, 5. die Sâdhya's,
welche der Reihe nach von 1. Agni (Erde),
2. Indra (Luftraum), 8. Varuna
(Himmel), 4. Soma (Ritual), 5. Brahman
(Philosophie) regiert werden. Wer den Nektar des betreffenden Veda
kennt, der nimmt teil an seinem Genusse, ja, er übt über die
betreffende Götterklasse eine Oberherrlichkeit und Selbstherrschaft
aus, und zwar in Zeiträumen von
S.101 einer
in geometrischer Progression steigenden Länge. Nämlich 1. in
der gegenwärtigen Weltperiode geht die Sonne im Osten auf und im Westen
unter; dann wird sie 2. zweimal so lange (zwei Weltperioden) im Süden
auf- und im Norden unter-, dann 3. zweimal solange (vier Weltperioden)
im Westen auf- und im Osten unter-, dann 4. zweimal solange (acht Weltperioden)
im Norden auf- und im Süden unter-, und endlich 5. zweimal solange
(sechzehn Weltperioden) im Zenith auf- und im Nadir (in die Erde hinein?)
untergehen, und entsprechend lange ist die Oberherrschaft dessen, der den
Nektar des betreffenden Veda kennt. Dann aber wird die Zeit kommen, wo
die Sonne nicht mehr auf- noch untergehen, sondern allein in der Mitte
stehen bleiben wird, und diese Zeit des ewigen Tages ohne Nacht ist schon
jetzt für den da, welcher diese Upanishad des Brahman
weiß. Er hat durch das Symbol hindurch die Wesenheit, durch
die natürliche Sonne hindurch die Brahmansonne
ergriffen, für ihn ist der Tag der vollkommenen Erkenntnis angebrochen,
welcher keine Nacht mehr kennt.
OM
asau vâ
âdityo deva-madhu
tasya dyaur
eva tirashcîna-vamsho
1. Die Sonne dort ist der Honig der
Götter.
Dabei ist das Quergestell [an dem
die Waben hängen] der Himmel,
die Waben sind der Luftraum,
die Brut sind die Lichtelemente.
tasya ye prâñcô
rashmayas tâ evâsya prâcyo madhu-nâdyah
rca
eva madhu-krta
rg-veda
eva pushpam
tâ amrtâ
âpastâ vâ etâ rcah (2)
2. Die östlichen Strahlen der Sonne,
die sind die östlichen Honigzellen;
die Bienen sind die Rgverse,
die Blume ist der Rgveda,
die Nektarflüssigkeit ist diese,
daß jene Rgverse
etam rg-vedam abhyatapams
tasyâbhitaptasya yashas teja indriyam vîryam
annâdyam raso 'jâyata (3)
3. den Rgveda bebrüteten,
und aus ihm, da er bebrütet
wurde, Ruhm, Kraft, Stärke, Mannheit und Nahrung als Saft hervorging;
tad vyaksharat tad âdityam abhito
'shrayat
tad vâ etad yad etad âdityasya rohitam
rûpam (4)
4. dieser zerfloß und lagerte
sich um die Sonne herum:
es ist das, was an jener Sonne das
rote Aussehen ist.
iti prathamah
khandah (1)
Zweiter Khanda
atha ye 'sya
dakshinâ rashmayas tâ evâsya dakshinâ
madhu-nâdyah
1. Die südlichen Strahlen der Sonne,
die sind die südlichen Honigzellen;
die Bienen sind die Yajussprüche,
die Blume ist der Yajurveda,
die Nektarflüssigkeit ist diese,
tâni vâ etâni yajumshy
etam yajur-vedam abhyatapams
tasyâbhitaptasya yashas teja indriyam vîryam
annâdyam raso 'jâyata (2)
2. daß jene Yajussprüche
den Yajurveda bebrüteten,
und aus ihm, da er bebrütet
wurde, Ruhm, Kraft, Stärke, Mannheit und Nahrung als Saft hervorging;
tad vyaksharat tad âdityam abhito
'shrayat
tad vâ etad yad etad âdityasya shuklam
rûpam (3)
3. dieser zerfloß und lagerte
sich um die Sonne herum:
es ist das, was an jener Sonne das
weiße Aussehen ist.
iti dvitîyah
khandah (2)
Dritter Khanda
atha ye 'sya
pratyañco rashmayas tâ evâsya pratîcyo madhu-nâdyah
1. Die westlichen Strahlen der Sonne,
die sind die westlichen Honigzellen;
die Bienen sind die Sâmalieder,
die Blume ist der Sâmaveda,
die Nektarflüssigkeit ist diese,
tâni vâ etâni sâmâny
etam sâma-vedam abhyatapams
tasyâbhitaptasya yashas teja indriyam vîryam
annâdyam raso 'jâyata (2)
2. daß jene
S.102 Sâmalieder den
Sâmaveda bebrüteten,
und aus ihm, da er bebrütet
würde, Ruhm, Kraft, Stärke, Manuheit und Nahrung als Saft
hervorging;
tad vyaksharat tad âdityam abhito
'shrayat
tad vâ etad yad etad âdityasya krshnam
rûpam (3)
3. dieser zerfloß und lagerte
sich um die Sonne herum:
es ist das, was an jener Sonne das
schwarze Aussehen ist.
iti trtîyah
khandah (3)
Vierter
Khanda
atha ye 'syodashco
rashmayas tâ evâsyodîcyo madhu-nâdyo
'tharvângirasa
eva madhu-krta
1. Die nördlichen Strahlen der
Sonne, die sind die nördlichen Honigzellen;
die Bienen sind die Atharvaverse,
die Blumen sind die epischen und
mythologischen Gedichte,
die Nektarflüssigkeit ist diese,
te vâ ete 'tharvângirasa etad itihâsa-purânam
abhyatapams
tasyâbhitaptasya yashas teja indriyam vîryam
annâdyam raso 'jâyata (2)
2. daß jene Atharvaverse die epischen
und mythologischen Gedichte bebrüteten,
und aus ihnen, da sie bebrütet
wurden, Ruhm, Kraft, Stärke, Maunheit und Nahrung als Saft hervorging;
tad vyaksharat tad âdityam abhito
'shrayat
tad vâ etad yad etad âdityasya param
krshnam rûpam (3)
3. dieser zerfloß und lagerte
sich um die Sonne herum:
es ist das, was an jener Sonne das
tiefschwarze Aussehen ist.
iti caturthah
khandah (4)
Fünfter Khanda
atha ye 'syordhvâ
rashmayas tâ evâsyordhvâ madhu-nâdyo
guhyâ
evâdeshâ madhu-krto
1. Die aufwärts gehenden Strahlen
der Sonne, die sind die aufwärts gehenden Honigzellen;
die Bienen sind die geheimen Unterweisungen,
die Blume ist das Brahman,
die Nektarflüssigkeit ist diese,
te vâ ete guhyâ âdeshâ
etad prahmâbhyatapams
tasyâbhitaptasya yashas teja indriyam vîryam
annâdyam raso 'jâyata (2)
2. daß jene geheimen Unterweisungen
das Brahman bebrüteten,
und aus ihm, da es bebrütet
wurde, Ruhm, Kraft, Stärke, Mannheit und Nahrung als Saft hervorging;
tad vyaksharat tad âdityam abhito
'shrayat
tad vâ etad yad etad âdityasya madhye
kshobhata iva (3)
3. der zerfloß und lagerte sich
um die Sonne herum:
es ist das, was an jener Sonne in
der Mitte wallt.
te vâ ete rasânâm rasâ
vedâ hi rasâs teshâm
ete rasâs
tâni vâ etâny amrtânâm
amrtâni
vedâ hy amrtâs teshâm
etâny amrtâni (4)
4. Diese fürwahr [die Upanishadsäfte
1] sind die Säfte der Säfte;
denn die Veden sind die Säfte,
und sie sind davon die Säfte.
Sie sind der Nektar des Nektars;
denn die Veden sind Nektar, und
sie sind davon der Nektar.
1
Weniger gut bezieht Shankara diesen Zusatz auf alle fünf Saftarten
iti pañcamah
khandah (5)
Sechster Khanda
tad yat prathamam
amrtam tad vasava upajîvanty agninâ mukhena
na vai devâ
ashnanti na pibanty
etad evâmrtam
drshtvâ trpyanti (1)
1. Was nun jener erste Nektar (des Rgveda]
ist, von dem leben die Vasu's durch Agni als Mund;
denn die Götter essen nicht
und trinken nicht,
sondern indem sie jenen Nektar schauen,
werden sie satt.
ta etad eva rûpam abhisamvishanty
etasmâd rûpâd udyanti (2)
2. Dieselben tauchen in jenes (rote]
Aussehen S.103 der
Sonne ein [um sich an ihm schauend zu sättigen]
und treten aus ihm wieder hervor.
sa ya etad evam amrtam veda vasûnâm
evaiko bhûtvâ –
agninaiva mukhenaitad evâmrtam drshtvâ
trpyati sa etad eva rûpam abhisamvishaty
etasmâd rûpâd udeti (3)
3. Wer nun diesen Nektar also weiß,
der wird zu einem der Vasu's,
und durch Agni als Mund sättigt
er sich an jenem Nektar, indem er ihn schaut.
Auch er taucht in jenes Aussehen
der Sonne ein und geht aus ihm wieder hervor. –
sa yâvad âdityah purastâd
udetâ pashcâd astam etâ –
vasûnâm eva tâvad âdhipatyam
svârâjyam paryetâ (4)
4. Solange die Sonne im Osten aufgehen
und im Westen untergehen wird, –
so lange wird er über die Vasu's
Oberherrlichkeit und Selbstherrschaft erlangen.
iti shashtah
khandah (6)
Siebenter Khanda
atha yad dvitîyam
amrtam tad rudrâ upajîvantîndrena mukhena
na vai devâ
ashnanti na pibanty
etad evâmrtam
drshtvâ trpyanti (1)
1. Was nun jener zweite Nektar [des
Yajurveda] ist, von dem leben die Rudra's durch Indra als Mund;
denn die Götter essen nicht
und trinken nicht,
sondern indem sie jenen Nektar schauen,
werden sie satt.
ta etad eva rûpam abhisamvishanty
etasmâd rûpâd udyanti (2)
2. Dieselben tauchen in jenes [weiße]
Aussehen der Sonne ein
und treten aus ihm wieder hervor.
sa ya etad evam amrtam veda rudrânâm
evaiko bhûtvâ –
indrenaiva mukhenaitad evâmrtam
drshtvâ
trpyati sa etad eva rûpam abhisamvishaty
etasmâd rûpâd udeti (3)
3. Wer nun diesen Nektar also weiß,
der wird zu einem der Rudra's,
und durch Indra als Mund sättigt
er sich an jenem Nektar, indem er ihn schaut.
Auch er taucht in jenes Aussehen
der Sonne ein und geht aus ihm wieder hervor.
sa yâvad âdityah purastâd
udetâ pashcâd astam etâ
dvistâvad dakshinata udetottarato
'stam etâ –
rudrânâm eva tâvad âdhipatyam
svârâjyam paryetâ (4)
4. Solange die Sonne im Osten aufgehen
und im Westen untergehen wird,
zweimal solange wird sie im Süden
aufgehen und im Norden untergehen, –
und so lange wird er über die
Rudra's Oberherrlichkeit und Selbstherrschaft erlangen.
iti saptamah
khandah (7)
Achter Khanda
atha yad trtîyam
amrtam tad âdityâ upajîvanti varunena mukhena
na vai devâ
ashnanti na pibanty
etad evâmrtam
drshtvâ trpyanti (1)
1. Was nun jener dritte Nektar [des
Sâmaveda] ist, von dem leben die Âditya's durch Varuna
als Mund;
denn die Götter essen nicht
und trinken nicht,
sondern indem sie jenen Nektar schauen,
werden sie satt.
ta etad eva rûpam abhisamvishanty
etasmâd rûpâd udyanti (2)
2. Dieselben tauchen in jenes [schwarze]
Aussehen der Sonne ein
und treten aus ihm wieder hervor.
sa ya etad evam amrtam vedâdityânâm
evaiko bhûtvâ
varunenaiva mukhenaitad evâmrtam
drshtvâ
trpyati sa etad eva rûpam abhisamvishaty
etasmâd rûpâd udeti (3)
3. Wer nun diesen Nektar also weiß,
der wird zu einem der Âditya's,
und durch Varuna als Mund sättigt
er sich an jenem Nektar, indem er ihn schaut.
Auch er taucht in jenes Aussehen
der Sonne ein und geht aus ihm wieder hervor. –
sa yâvad âdityah dakshinata
udetottarato 'stam etâ
dvistâvad pashcâd udetâ purastâd
astam etâ –
âdityânâm eva tâvad âdhipatyam
svârâjyam paryetâ (4)
4. Solange die Sonne im Süden aufgehen
und im Norden unter- S.104
gehen wird,
zweimal solange wird sie im Westen
aufgehen und im Osten untergehen, –
und so lange wird er über die
Aditya's Oberherrlichkeit und Selbstherrschaft erlangen.
ity ashtamah
khandah (8)
Neunter Khanda
atha yad cathurtam
amrtam tan maruta upajîvanti somena mukhena
na vai devâ
ashnanti na pibanty
etad evâmrtam
drshtvâ trpyanti (1)
1. Was nun jener vierte Nektar [des
Atharvaveda] ist, von dem leben die Marut's durch Soma als Mund;
denn die Götter essen nicht
und trinken nicht,
sondern indem sie jenen Nektar schauen,
werden sie satt.
ta etad eva rûpam abhisamvishanty
etasmâd rûpâd udyanti (2)
2. Dieselben tauchen in jenes (tiefschwarze]
Aussehen der Sonne ein
und treten aus ihm wieder hervor.
sa ya etad evam amrtam veda marutâm
evaiko bhûtvâ
somenaiva mukhenaitad evâmrtam drshtvâ
trpyati sa etad eva rûpam abhisamvishaty
etasmâd rûpâd udeti (3)
3. Wer nun diesen Nektar also weiß,
der wird zu einem der Marut's,
und durch Soma als Mund sättigt
er sich an jenem Nektar, indem er ihn schaut.
Auch er taucht in jenes Aussehen
der Sonne ein und geht aus ihm wieder hervor. –
sa yâvad âdityah pashcâd
udetâ purastâd astam etâ
dvistâvad uttarata udetâ dakshinato
'stam etâ –
marutâm eva tâvad âdhipatyam
svârâjyam paryetâ (4)
4. Solange die Sonne im Westen aufgehen
und im Osten untergehen wird,
zweimal solange wird sie im Norden
aufgehen und im Süden untergehen,
und so lange wird er über die
Marut's Oberherrlichkeit und Selbstherrschaft erlangen.
iti navamah
khandah (9)
Zehnter Khanda
atha yat pañcamam
amrtam tat sâdhyâ upajîvanti brahmanâ
mukhena
na vai devâ
ashnanti na pibanty
etad evâmrtam
drshtvâ trpyanti (1)
1. Was nun jener fünfte Nektar
[der Upanishad's] ist, von dem leben die Sâdhya's durch Brahman
als Mund;
denn die Götter essen nicht
und trinken nicht,
sondern indem sie jenen Nektar schauen,
werden sie satt.
ta etad eva rûpam abhisamvishanty
etasmâd rûpâd udyanti (2)
2. Dieselben tauchen in jenes (in der
Mitte wallende] Aussehen der Sonne ein
und treten aus ihm wieder hervor.
sa ya etad evam amrtam veda sâdhyânâm
evaiko bhûtvâ
brahmanaiva mukhenaitad evâmrtam
drshtvâ
trpyati sa etad eva rûpam abhisamvishaty
etasmâd rûpâd udeti (3)
3. Wer nun diesen Nektar also weiß,
der wird zu einem der Sâdhya's,
und durch Brahman als Mund sättigt
er sich an jenem Nektar, indem er ihn schaut.
Auch er taucht in jenes Aussehen
der Sonne ein und geht aus ihm wieder hervor. –
sa yâvad âditya uttarata udetâ
dakshinato 'stam etâ
dvistâvad ûrdhva udetârvângstam
etâ –
sâdhyânâm eva tâvad âdhipatyam
svârâjyam paryetâ (4)
4. Solange die Sonne im Norden aufgehen
und im Süden untergehen wird,
zweimal solange wird sie hoch oben
aufgehen und hierherwärts untergehen, –
und so lange wird er über die
Sâdhya's Oberherrlichkeit und Selbstherrschaft erlangen.
iti dashamah
khandah (10)
S.105
Elfter
Khanda
atha tata
ûrdhva udetya naivodetâ nâstam etâ –
1 Aber darauf wird sie, nachdem sie
nach oben aufgegangen, nicht ferner mehr aufgehen noch untergehen,
sondern nur und allein in der Mitte
stehen bleiben.
tad esha
shlokah (1)
Darüber ist dieser Vers:
na vai tatra
na nimloca
nodiyâya
kadâcana
devas tenâham
satyena
mâ
virâdhishi brahmanâ
– iti (2)
2. Nicht ging sie weiter dann unter,
Nicht ging sie jemals wieder auf.
So wahr dies ist, so wahr, Götter!
Mög' um Brahman
ich kommen nicht!
na ha vâ
asmâ udeti na nimlocati
sakrd divâ haivâsmai bhavati
ya etâm evam brahmopanishadam veda
(3)
3. Wahrlich, dem geht sie nicht mehr
auf und unter,
dem ist es ein für allemal
Tag,
wer also diese Upanishad
des Brahman weiß.
Anders ist der Gedanke
Ait.Br.3,44
taddhaitad brahmâ prajâpataya uvâca
4. Diese Lehre hat Gott Brahman
dem Prajâpati verkündet,
taddhaitad uddâlakâyârunaye
jyeshtâya putrâya
diese Lehre hat dem Uddâlaka Âruni,
als ältestem Sohne,
sein Vater als das Brahman
verkündet. –
idam vâva taj jyeshtâya putrâya
pitâ brahma prabrûyât
pranâyyâya vântevâsite
(5)
5. Darum soll sie nur dem ältesten
Sohne sein Vater als das Brahman kundmachen,
oder auch einem vertrauten Schüler,
nânyasmai kasmaicana
yady apy asmâ imâmadbhih parigrhîtâm
dhanasya pûrnâm dadyâd
etad eva tato bhûya ity
etad eva tato bhûya iti (6)
6. aber keinem andern, wer es auch sei.
Und böte ihm einer dafür
die wasserumgürtete Erde mit allem ihrem Reichtum:
„Dieses
ist mehr wert“,
so soll er denken,
– „dieses
ist mehr wert“,
so soll er denken.
ity ekâdashah
khandah (11)
Zwölfter
Khanda
Das unendliche Brahman
wohnt ganz und ungeteilt im Herzen des Menschen. Dieser den Upanishad's
so geläufige Gedanke liegt, wie vielen folgenden, so auch schon dem
gegenwärtigen Abschnitte Zugrunde, in welchem das Brahman erscheint
unter dem Symbol der Gâyatrî,
eines vedischen Metrums von besonderer Heiligkeit, welches hier die heilige
Rede des Veda im allgemeinen, d.h. das Brahman vertritt.
Als solches ist die Gâyatrî
der inbegriff alles Gewordenen, weil sie, als Rede [d.h. hier wohl:
als die heilige Rede des Veda] alles Gewordene besingt (gâyati)
und errettet (trâyate). Weiter
ist die Gâyatrî identisch mit
der Erde (weil auf dieser alles Gewordene gegründet ist), diese wiederum
mit dem menschlichen Leibe (weil in ihm die Lebens-Organe, die Träger
alles Leben. in der Natur, gegründet sind), dieser
S.106 wiederum
mit dem menschlichen Herzen (aus demselben Grunde, wenn die Stelle nicht
verderbt ist). So ist die Gâyatrî sechsfach:
als Rede, Gewordenes, Erde, Leib, Herz und Lebensorgane, „weil
sonst die Sechszahl nicht herauskommt“, wie
wir mit dem Scholiasten bekennen müssen. Diese sechsfache Gâyatrî
ist vierfüßig (catushpada)
hier = catushpâd, catushpâda);
der Gedanke an Versfüße wie Brh.Up. 5,14 liegt hier fern wegen
der nachfolgenden Berufung auf den Vers Rgv. 10,90,3, nach welchem
ein Fuß des (hier mit Brahman, Gâyatri
identischen) Purusha in allem
Gewordenen verkörpert ist, während drei Füße unsterblich
im Himmel sind. „Dieses Brahman
Genannte“, d.h. „dieses
dreifüßige, unsterbliche, unter der Gâyatri
zu verstehende Brahman ist identisch
mit dem Raume außerhalb des Menschen, dieser mit dem Raume im Menschen,
dieser mit dem Raume im Herzen. (Vgl. das spätere Vedântabild
vom Weltraume und Raume im Kruge). Dieser Raum im Herzen ist „das
Volle (Allerfüllende), Unwandelbare“,
eine Definition des Brahman, welche Brh.Up.
2,1,5 (vgl. Kaush. 4,8) für unzulänglich befunden wird.
gâyatrî vâ idam sarvam bhûtam
yad idam kishca vâg vai gâyatrî
vâg vâ idam sarvam bhûtam gâyati
ca trâyate ca (1)
1. Gâyatri ist alles dieses Gewordene,
was hier vorhanden;
denn die Gâyatri ist die Rede,
die Rede aber besingt (gâyati)
und errettet (trâyate) alles
dieses Gewordene.
yâ vai sâ gâyatrîyam
vâva sâ yeyam prthivyasyâm
hîdam sarva bhûtam pratishtitam
etâm eva nâtishîyate (2)
2. Was diese Gâyatri ist, das
ist dasselbe, was diese Erde ist,
denn in ihr ist alles dieses Gewordene
gegründet und fällt nicht heraus aus ihr.
yâ vai sâ prthivîyam
vâva sâ yad idam asmin purushe sharîram
asmin hîme prânâh
pratishtitâ etad eva nâtishîyate (3)
3. Was aber diese Erde ist, das ist
dasselbe, was dieser Leib hier am Menschen ist,
denn in ihm sind diese Lebenshauche
gegründet und fallen nicht heraus aus ihm.
yâ vai tat purushe sharîram
idam vâva tad yad idam asminn antah purushe
hrdayam asmin hîme prânâh
pratishtitâ etad eva nâtishîyate (4)
4. Was aber dieser Leib am Menschen
ist, das ist dasselbe, was dieses Herz hier in dem Menschen ist,
denn in ihm sind diese Lebenshauche
gegründet und fallen nicht heraus aus ihm.
saishâ catush-padâ
shadvidhâ gâyâtrî
tad etad rcâbhyanûktam (5)
5. Diese sechsfache Gâyatri hat
vier Füße;
tâvân
asya mahimâ
tato jyâyânsh
ca pûrushah
pâdo 'sya
sarvâ bhûtâni
iti (6)
6. So groß die Majestät
ist der Natur,
So ist doch größer noch
der Geist erhoben:
Ein Fuß von ihm sind alle Wesen
nur,
Drei sind Unsterblichkeit im Himmel
droben.
yad vai tad brahmetîdam
vâva tadyo 'yam bahirdhâ purushâd
âkâsho
7. Was nun dieses „Brahman“
Genannte ist,
das ist dasselbe, was jener Raum
außerhalb des Menschen ist; –
yo vai sa bahirdhâ purushâd âkâshah
(7)
ayam vâva sa yo 'yam antah purusha
âkâsho
und was jener Raum außerhalb des
Menschen ist,
8. das ist dasselbe, was dieser
Raum innerhalb des Menschen ist: –
yo vai so 'ntah purusha âkâshah
(8)
ayam vâva sa yo 'yam antar-hrdaya
âkâshas
und
S.107 was dieser Raum
innerhalb des Menschen ist,
9. das ist dasselbe, was dieser
Raum innerhalb des Herzens ist.
tadetat pûrnam apravarti
pûrnâm apravartinîm
shriyam labhate ya evam veda (9)
Das ist das Volle, Unwandelbare.
Volles, unwandelbares Glück
empfängt, wer solches weiß.
iti dvâdashah
khandah (12)
Dreizehnter
Khanda
Dieser Abschnitt knüpft
an den vorhergehenden an, mit dem er schon Brahmasûtra 1,1,24 fg.
verbunden wird, hat aber doch auch seine selbständige Bedeutung, sofern
er sich mit der Frage beschäftigt, wie wir zu Brahman gelangen können,
und durch die Art, wie er sie behandelt, sich als Vorläufer und erstes
Aufkeimen erweist für die spätere Unterscheidung zwischen exoterischer
Lehre, welche ein Hingehen zu Brahman auf dem Devayâna
(Götterweg) lehrt, und exoterischer, nach welcher die Vereinigung
mit Brahman nur in der Erkenntnis der ursprünglichen
identität mit ihm besteht.
Dieser Gegensatz liegt keimartig
in den beiden Teilen unsres Khanda §1-6 und §7-8 vor, ohne daß
dies Shankara oder sonst jemand unsres Wissens erkannt hätte.
§ 1-6 beschreibt fünf,
dem spätem Devayâna analoge
Devasushayah , „Götteröffnungen“,
welche – entsprechend der im vorigen Khanda gelehrten Identität von
Herz, Leib, Erde, sowie von Herzensraum, Leibesraum, Weltraum – aus je
einem der fünf Lebenshauche (prâna,
vyâna, apâna, samâna, udâna) und, damit
identisch, einem der fünf Sinnesorgane (cakshuh,
shrotram, vâc, manas und, wie wir einschieben müssen,
tvac) und, wiederum damit identisch,
einem der fünf Naturgötter (âditya,
candramas, agni, parjanya, vâyu) bestehen und als „fünf
Dienstmannen des Brahman und Türhüter der Himmelswelt“
den, der sie kennt, in die Himmelswelt gelangen lassen (pratipadyate
svargam lokam).
§ 7-8. Nun aber jenes
Licht in den fernsten Räumen jenseits des Himmels ist identisch mit
dem Lichte im Menschen, wo es sich als Körperwäme und Ohrensausen
vernehmbar macht (identität des Brahman und der Seele in exoterischem
Sinne).
Der Weg zu Brahman im ersten
Teile durch Lebenshauche, Sinnesorgane, Naturgötter weist zu klärlich
nach außen, als daß wir mit Shankara bei der im ersten Teile
erwähnten Himmelswelt an die im zweiten Teile geschilderte Herzenswelt
denken dürften; es bleibt mithin nichts übrig, als schon in unserm
Khan da den ersten Ansatz der spätern Unterscheidung zwischen dem
attributhaften, transmundanen und dem attributlosen, mit der Seele identischen
Brahman anzuerkennen.
tasya ha vâ etasya hrdayasya pañca
deva-sushayah
1. Eben dieses Herz nun hat fünf
Götteröffnungen.
sa yo 'sya prâng sushih
sa prânas tac cakshuh
sa âdityas
tad etat tejo 'nnâdyam ity upâsîta
tejasvy annâdo bhavati ya evam veda (1)
Was seine östliche Öffnung
ist,
die ist der Einhauch, ist das Auge,
ist die Sonne; –
dieses Ganze [Einhauch usw.]
S.108 soll man als
Glut und Nahrung verehren;
glutvoll und nahrungessend wird,
wer solches weiß.
atha yo 'sya dakshinah sushih
sa vyrânas tac chrotram sa candramâs
tad etac chroshrîsh ca yashash cety upâsîta
shrîmân yashasvî bhavati ya
evam veda (2)
2. Was ferner seine südliche Öffnung
ist,
die ist der Zwischenhauch, ist das
Ohr, ist der Mond; –
dieses Ganze soll man als Schönheit
und Ansehen verehren;
schön und angesehen wird, wer
solches weiß.
atha yo 'sya pratyang sushih
so 'pânah sâ vâk so
'gnis
tad etad brahma-varcasam annâdyam ity upâsîta
brahma-varcasy annado bhavati ya evam veda (3)
3. Was ferner seine westliche Öffnung
ist,
die ist der Aushauch, ist die Rede,
ist das Feuer; –
dieses Ganze soll man als Brahmanenwürde
und Nahrung verehren;
teilhaft der Brahmanenwürde
und nahrungessend wird, wer solches weiß.
atha yo 'syodang sushih
sa samânas tan manah sa parjanyas
tad etat kîrtish ca vyushtish cety
upâsîta
kîrtimân vyushtimân
bhavati ya evam veda (4)
4. Was ferner seine nördliche Öffnung
ist,
die ist der Allhauch, ist das Manas,
ist Parjanya; –
dieses Ganze soll man als Ruhm und
Glanz verehren;
berühmt und glänzend wird,
wer solches weiß.
atha yo 'syordhvah sushih
sa udânah sa vâyuh
sa âkâshas
tad etad ojash mahash cety upâsîta
–
ojasvî mahasvân bhavati ya evam veda
(5)
5. Was ferner seine nach oben gerichtete
Öffnung ist,
die ist der Aufhauch, ist die Haut
1, ist der Wind, ist der Äther –
dieses Ganze soll man als Kraft
und Macht verehren;
kraftvoll und machtvoll wird, wer
solches weiß.
1
Wir haben "ist die Haut" eingeschoben, während "ist der Äther"
vielleicht zu tilgen ist; vgl. Chând.Up.5,23,2.
te vâ ete pañca brahma-purushâh
svargasya lokasya dvârapâh
6. Dieses fürwahr sind die
fünf Dienstmannen des Brahman und Türhüter der Himmelswelt;
sa ya etân evam pañca brahma-purushân
svargasya lokasya dvârapân veda –
pratipadyate svargam lokam
ya etân evam pañca brahma-purushân
svargasya lokasya dvâra-pân veda (6)
wer diese also als die fünf Dienstmannen
des Brahman und Türhüter der Himmelswelt kennt,
in dessen Familie wird ein Held
geboren,
und er gelangt zur Himmelswelt,
wer also diese als die fünf
Dienstmannen des Brahman und Türhüter der Himmelswelt kennt.
atha yad atah paro divo jyotir dîpyate
vishvatah prshteshu
sarvatah prshteshv anuttameshûttameshu
lokeshv
idam vâva tad yad idam asminn antah
purushe jyotis
7. Nun aber das Licht, welches jenseits
des Himmels dort leuchtet auf dem Rücken von allem,
auf dem Rücken von jedem, in
den höchsten, allerhöchsten Welten,
das ist gewißlich dieses Licht,
welches inwendig hier im Menschen ist.
Vgl. Talav.Up.1,43,10
tasyaishâ drshtir
yatraitad asmin charîre samsparshenoshnimânam
vijânâti
Seine Anschauung ist,
8. daß man hier im Leibe,
wenn man ihn anfühlt, eine Wärme spürt;
tasyaishâ shrutir
yatraitat karnâvipagrhya
ninadam iva nadathur
ivâgner iva jvalata upashrnoti
seine Hörung ist,
daß, wenn man sich so die
Ohren zuhält,
so hört man gleichsam ein Gesumme,
so als wäre es ein Sausen wie
von einem Feuer, das brennet.
Eine andre, mehr physiologische
Erklärung des betreffenden Phänomens enthält Brh.Up.5,9
tad etad drshtam ca shrutam cety upâsîta
cakshushyah shruto bhavati
ya evam veda
Dieses soll man verehren als seine Anschauung
S.109 und seine Hörung.
–
Der wird angesehen und gehört,
wer solches weiß,
iti trayodashah
khandah (13)
Vierzehnter
Khanda
Die hier und, in weniger
abgeklärter Form schon Shatap.Br.10,6,3 vorgetragene „Lehre
des Shândilya“ ist
vielleicht die älteste Stelle, in der mit vollem Bewußtsein
das große Grunddogma der Vedântalehre, die Identität des
Brahman mit dem Âtman,
Gottes mit der Seele, ausgesprochen wird. Die Seele, welche der empirischen
(exoterischen) Betrachtung nur als ein Tropfen des Ozeans, als ein Funken
des großen Weltfeuers erscheint, ist in Wahrheit nicht dieses; sie
ist nicht ein Teil, ein Ausfluß des göttlichen Wesens, sondern
voll und ganz dieses göttliche Wesen selbst, welches unendlich klein
in uns und unendlich groß außer uns erscheint, in beiden Fällen
aber eines und dasselbe ist. Zur Erläuterung wie zur Bestätigung
dieser großen, die ganze Metaphysik in nuce enthaltenden Wahrheit
mögen die schönen Worte des Plotinos
(5,1,2) dienen
enthymeisthô
toinyn prôton ekeino pasa psychê,
hôs
autê men zôia epoiêse panta, empneusasa autois
zôên,
ha de gê
trephei ha te thalassa ha te en aeri ha te en auranôi
astra theia,
autê
de hêlion, autê de ton megan touton ouranon, kai autê
ekosmêsen, autê de en taxei periagei,
physis
ousa hetera (Ding an sich,
nicht Erscheinung) hôn kosmei
kai hôn kinei kai ha zên poiei.
Vgl. auch zum Anfange
unsrer Stelle die weiter folgenden Worte:
skopeisthô
dê tên megalên psychên allê psychê
ou smikra, axia tou skopein genomenê,
apallageisa
apatês kai tôn gegoêteukotôn tas allas, hêsychôi
têi katastasei (shânta'
upâsîta).
sarvam khalv idam brahma
1. Gewißlich, dieses Weltall ist
Brahman;
als Tajjalân
[in ihm werdend, vergehend, atmend]
soll man es ehren in der Stille.
Geistreich, aber ohne
Not konjiziert Böhtlingk taj jânâni.
Die Upanishad's lieben solche geheimnisvolle, nur dem eingeweihten
verständliche Ausdrücke. Vgl. tadvanam
(Kena 31), brahmajajñam
(Kâth.1,17),
neti, neti
(Brh.2,3,6), dadada
(Brh.5,2),
viram (Brh.5,12),
idandra (Ait.Up.1,3,13),
samyadvâma (Chând.4,15,2)
âmangsi âmanghi te mahi
(Brh.6,3,5)
atha khalu kratu-mayah purusho
yathâ kratur asmiml-loke purusho
bhavati
Fürwahr, aus Einsicht (kratu)
ist der Mensch gebildet;
wie seine Einsicht ist in dieser
Welt,
danach wird der Mensch, wenn er
dahingeschieden ist;
darum möge man trachten nach
Einsicht.
mano-mayah prâna-sharîro
bâ-rûpah
satya-sankalpa âkâshâtmâ
sarva-karmâ sarva-kâmah sarva-gandhah
sarva-rasah
sarvam idam abhyâtto 'vâky anâdarah
(2)
2. Geist ist sein Stoff, Leben sein
Leib, Licht seine Gestalt;
sein Ratschluß ist Wahrheit,
sein Selbst die Unendlichkeit [wörtlich: der Äther].
Allwirkend ist er, allwünschend,
allriechend, allschmeckend,
das All umfassend, schweigend, unbekümmert;
–
S.110
esha ma âtmântar hrdaye
'nîyân vrîher vâ
yavâd
vâ sarshapâd vâ shyâmâkâd
vâ shyâmâka-tandulâd
3. dieser ist meine Seele (âtman)
im innern Herzen,
kleiner als ein Reiskorn oder Gerstenkorn
oder Senfkorn oder Hirsekorn oder
eines Hirsekornes Kern; –
vaisha ma âtmântar hrdaye
jyâyân prthivyâ jyâyân
antarikshâj jyâyân divo
jyâyân ebhyo lokebhyah (3)
dieser ist meine Seele im innern Herzen,
größer als die Erde,
größer als der Luftraum, größer als der Himmel,
größer als diese Welten.
(vgl. Talav.Up.Br.4,24,13.)
sarva-karmâ sarva-kâmah sarva-gandhah
sarva-rasah
sarvam idam abhyâtto 'vâky anâdarah
esha ma âtmântar hrdaya etad
brahma –
etam itah pretyâbhisambhavitâsmîti
4. Der Allwirkende, Allwünschende,
Allriechende, Allschmeckende,
das All Umfassende, Schweigende,
Unbekümmerte,
dieser ist meine Seele im innern
Herzen, dieser ist das Brahman,
zu ihm werde ich, von hier abscheidend,
eingehen. –
yasya syâd addhâ na vicikitsâstîti
ha smâha shândilyah
shândilyah (4)
– Wem dieses ward, fürwahr, der
zweifelt nicht!
Also sprach Shândilya,
– Shândilya.
iti caturdashah
khandah (14)
Fünfzehnter
Khanda
Die neue Lehre von der Wesenseinheit
des Menschen und des Weltalls wird hier sofort (O miseras hominum mentes!
O pectora caeca!) egoistischen Interessen dienstbar gemacht in einer
Zeremonie, welche Leben und Wohlfahrt des Sohnes zu sichern lehrt dadurch,
daß man ihn unter den Schutz des als schätzereiche Truhe vorgestellten
Weltalls und seiner unvergänglichen Verhältnisse und namentlich
des Windes als Weltodems stellt, welcher, als Kind der Himmelsgegenden,
im Weltall die Stelle einnimmt wie der Sohn in der Familie. Weiter wird,
unter sehr willkürlicher Ausdeutung der Silben bhûr, bhuvah,
svar, auch der Schutz der drei Weltteile, ihrer drei Regenten und der drei
Veden für den Sohn zu sichern gesucht. Demselben Zwecke dienen andre
Zeremonien, wie z.B. die Kaush.2,8-10 vorkommenden.
antarikshodarah
kosho
disho hy asya
sraktayo
sa esha
kosho vasudhânas
tasmin vishvam
idam shratam (1)
1. Luftraum Höhlung, Erdraum Boden
Der nichtalternden Truhe ist,
Die Himmelspole sind Kanten,
Himmel die ob're Öffnung ist.
Ja, diese Truhe ist schatzreich!
Alles wird aufbewahrt in ihr.
tasya prâcî
dig juhûr nâma
2. An ihr heißt die östliche
Himmelsgegend der Löffel [juhû weil man
nach Osten gekehrt opfert, juhoti, Shank.],
die südliche heißt die
bewältigende [als Sitz des Yama],
die westliche heißt die Königin
[als Sitz des Varuna],
die nördliche heißt die
wohlhabende [als Sitz des Kubera].
Das Junge dieser Himmelsgegenden
ist der Wind.
S.111
sa ya etam evam vâyum dishâm vatsam veda
Wer also diesen Wind als Junges der
Himmelsgegenden weiß,
der weint nicht Weinen um seinen
Sohn.
[Der Ausführende
spricht:]
so 'ham etam evam vâyum dishâm vatsam
veda
Ich hier weiß diesen Wind als
Junges der Himmelsgegenden;
möge ich nicht Weinen um einen
Sohn weinen!
arishtam kosham prapadye 'munâmunâmunâ
prânam prapadye 'munâmunâmunâ
bhûh prapadye 'munâmunâmunâ
bhuvah prapadye 'munâmunâmunâ
svah prapadye 'munâmunâmunâ
(3)
3. Die unverletzliche Truhe geh' ich
an mit diesem, mit diesem, mit diesem!
Den Odem [den Wind als Weltodem]
geh' ich an mit diesem, mit diesem, mit diesem!
bhûh
geh' ich an mit diesem, mit diesem, mit diesem!
bhuvah geh'
ich an mit diesem, mit diesem, mit diesem!
svah geh'
ich an mit diesem, mit diesem, mit diesem!
sa yad avocam prânam prapadya iti
prâno vâ idam sarvam bhûtam
yad idam kiñca
4. Wenn ich gesagt habe, den Odem geh'
ich an,
so ist alles dieses Gewordene, was
immer vorhanden ist, der Odem,
und diesen habe ich angegangen.
atha yad avocam bhûh prapadya iti
prthivîm prapadye 'ntariksham
prapadya divam prapadya ity eva tad avocam (5)
5. Wenn ich gesagt habe, bhûh
geh' ich an,
so habe ich damit gesagt: die Erde
geh' ich an, den Luftraum geh' ich an, den Himmel geh' ich an.
atha yad avocam bhuvah prapadya ity
agnim prapadye vâyum prapadya âdityam
prapadya ity eva tad avocam (6)
6. Wenn ich gesagt habe, bhuvah
geh' ich an,
so habe damit gesagt, Agni geh'
ich an, Vâyu geh' ich an, Âditya geh' ich an.
atha yad avocam svah prapadya ity
rgvedam prapadye yajurvedam prapadye sâmavedam
prapadya ity eva tad avocam
7 Wenn ich gesagt habe, svah
geh' ich an,
so habe ich damit gesagt, den Rgveda
geh' ich an, den Yajurveda geh' ich an, den Sâmaveda geh' ich an,
iti pañcadashah
khandah
Sechzehnter
Khanda
Wir sahen schon öfter,
wie für den Vânaprastha und Samnyâsin
an die Stelle der von ihnen nicht mehr vollziehbaren Opfer ein geistiges
Schauen derselben oder auch ein Umdeuten der Zeremonien auf natürliche
Verhältnisse und Verrichtungen tritt (vgl. Kaush. 2,5). So wird namentlich
wiederholt das Opfer auf Verhältnisse des menschlichen Leibes und
Lebens umgedeutet, und mit Recht wird schon Brahmasûtra 3,3,24 auseinandergesetzt,
daß derartige Stellen der verschiedenen Upanishad's, da die
Gesichtspunkte der allegorischen Umdeutung im einzelnen verschieden sind,
nicht zur Einheit einer Vidyâ (Lehre)
zusammengefaßt werden müssen. Nur hätte Shankara dort und
im Kommentar zu unsrer Stelle weiter gehen und auch Chând. 8,16 von
Chând. 8,17 trennen sollen, da das beiden gemeinsame Thema „Der
Mensch als Opfer“ von zwei verschiedenen und
nicht vereinbaren Standpunkten aus durchgeführt wird.
S.112
Im gegenwärtigen Khanda
zunächst treten an Stelle der drei Hauptakte an einem Sutyâ-Tage
des Somaopfers, der Frühkelterung, Mittagskelterung und Abendkelterung
das Frühalter, Mittelalter und Spätalter des menschlichen Lebens,
denen (entsprechend der Silbenzahl der drei dominierenden Metra) 24, 44
und 48 Jahre, im ganzen 116 Jahre zugeteilt werden (während sonst
in der Regel das volle Leben auf 100 Jahre veranschlagt wird). Die Götter,
denen die drei Kelterungen vornehmlich gelten (Vasu's,
Rudra's, Âditya's) werden dabei umgedeutet in die Lebenshauche
(prâna's), deren richtige Verehrung
die volle Lebensdauer so sicher bewirkt, daß man eine etwa eintretende
Krankheit, wie Mahidâsa, der angebliche Autor des Aitareya-Brâhmanam
und -Âranyakam, mit spöttischem Mitleid über die Vergeblichkeit
ihres Unternehmens betrachten kann. – Da die Prâna's
hier wie oft ein Symbol des über alle Naturgötter erhabenen Brahman
oder Âtman sind, so läuft die ganze
Umdeutung auf eine Ersetzung der drei Hauptklassen der Götter, Vasu's,
Rudra's, Âditya's durch den Prâna,
d.h. den Âtman hinaus.
purusha
vâva yajñas
1. Wahrlich, das Opfer ist der Mensch.
yajñas
tasya yâni caturvimshativarshâni tatprâtahsavanam
caturvimshatyaksharâ gâyatrî
gâyatram prâtahsavanam
tad asya vasavo 'nvâyattâh
prânâ vâva vasava
ete hîdam sarvam vâsayanti (1)
Seine [ersten] vierundzwanzig Jahre
sind die Frühkelterung;
denn die Gâyatrî hat
vierundzwanzig Silben, und die Frühkelterung ist gâyatrî-haft.
An diesem [Teile] desselben [des Opfers]
sind die Vasu's beteiligt;
die Vasu's aber sind die Lebenshauche;
denn sie sind es, welche alles dieses
(Gewordene] wohnen machen (vâsayanti). –
tam cedetasmin vayasi kiñcid
upatapetsa brûyât
2. Wenn ihn in diesem Lebensalter
irgend eine Krankheit quält, so soll er sprechen:
prânâ
vasava idam me prâtahsavanam mâdhyandinam savanam anusantanuteti
mâham
prânânâm vasûnâm madhye yajño
vilopsîyety
uddhaiva tata
ety agado ha bhavati (2)
„Ihr Lebenshauche,
ihr Vasu's, möget ihr diese meine Frühkelterung bis zu der Mittagskelterung
hin fortspinnen;
möge ich nicht ein Opfer sein,
welches mitten in den Lebenshauchen, den Vasu's, abgebrochen wird!“
Wenn er so spricht, so ersteht er
von ihr und wird wieder gesund.
atha yâni catushcatvârimshadvarshâni
tatmâdhyandinam savanam
catushcatvârimshadaksharâ
trishtup traishtubham mâdhyandinam savanam
tad asya rudrâ anvâyattâh
prânâ vâva rudrâ
ete hîdam sarvam rodayanti (3)
3. Seine [folgenden] vierundvierzig
Jahre sind die Mittagskelterung;
denn die Trishtubh hat vierundvierzig
Silben, und die Mittagskelterung ist trishtubh-haft.
An diesem [Teile] desselben sind die
Rudra's beteiligt;
die Rudra's aber sind die Lebenshauche,
denn sie sind es, welche [ausziehend]
alles dieses weinen machen (rodayanti). –
tam cedetasmin vayasi kiñcid
upatapetsa brûyât
4. Wenn ihn in diesem Lebensalter
irgend eine Krankheit quält, so soll er sprechen:
prânâ
rudrâ idam me mâdhyandinam savanam trtîyasavanam
anusantanuteti
mâham
prânânâm rudrânâm madhye yajño
vilopsîyety
uddhaiva tata
ety agado ha bhavati (4)
„Ihr Lebenshauche,
ihr Rudra's, möget ihr diese meine Mittagskelterung bis zu der Abendkelterung
hin fortspinnen;
möge ich nicht ein Opfer sein,
welches mitten in den Lebenshauchen,
S.113 den Rudra's,
abgebrochen wird!“
Wenn er so spricht, so ersteht er
von ihr und wird wieder gesund.
atha yâni ashtâcatvârimshadvarshâni
tattrtîyasavanam
ashtâcatvârimshadaksharâ
jagatî jâgatam trtîyasavanam
tad asyâdityâ anvâyattâh
prânâ vâvâdityâ
ete hîdam sarvam âdadate (5)
5. Seine [folgenden] achtundvierzig
Jahre sind die Abendkelterung;
denn die Jagatî hat achtundvierzig
Silben, und die Abendkelterung ist jagatî-haft.
An diesem [Teile] desselben sind die
Âditya's beteiligt;
die Âditya's aber sind die
Lebenshauche,
denn sie sind es, welche [ausziehend]
alles dieses mit sich fortnehmen (âdadate).
tam cedetasmin vayasi kiñcid
upatapetsa brûyât
6. Wenn ihn in diesem Lebensalter
irgend eine Krankheit quält, so soll er sprechen:
prânâ
âdityâ idam me trtîyasavanam âyur anusantanuteti
mâham
prânânâm âdityânâm madhye yajño
vilopsîyety
uddhaiva tata
ety agado haiva bhavati (6)
„Ihr Lebenshauche,
ihr Âditya's, möget ihr diese meine Abendkelterung bis zur vollen
Lebenslänge fortspinnen;
möge ich nicht ein Opfer sein,
welches mitten in den Lebenshauchen, den Âditya's, abgebrochen wird!“
Wenn er so spricht, so ersteht er
von ihr und wird wieder gesund.
etaddha sma vai tadvidvân âha mahidâsa
aitareyah
sa kim ma etad upatapasi yo 'ham anena na preshyâmîti
sa ha shodasham varshashatam
ajîvat
pra ha shodasham varshashatam
jîvati ya evam veda (7)
7. Dieses war es, was Mahidâsa,
Sohn der Itarâ, wußte, als er sprach:
„Wozu
quälst du mir diesen [Leib], da ich doch nicht daran zugrunde gehen
werde?“
Und er lebte ein um sechzehn vermehrtes
Hundert von Jahren. –
Ein um sechzehn vermehrtes Hundert
von Jahren lebt, wer solches weiß.
iti shodashah
khandah
Siebzehnter
Khanda
Der Mensch als Opfer (purusho
yajñah ) ist das Thema, wie des vorigen, so auch
des gegenwärtigen Abschnittes, doch unter wesentlich andern Gesichtspunkten.
Dort wurden die drei Kelterungen eines einzigen Sutyâ-Tages
mit den drei Lebensaltern gleichgesetzt, hier ist von einer Reihe von Akten
die Rede (dîkshâ, upasad, stuta-shastra's,
dakshinâ, avabhrtha), die sich von Anfang
bis zu Ende der mindestens fünftägigen Somafeier hinziehen und
nicht mit Zeiträumen des Lebens, sondern mit den Funktionen des Hungerns,
Essens, Zeugens usw. gleichgesetzt werden. Besonders schön ist, wie
bei diesem in der Form der ganzen Lebensführung zu feiernden Somaopfer
an die Stelle der dakshina (des
den Priestern zu zahlenden Opferlohnes) das moralische Verhalten tritt,
wobei eine kleine Ethik in fünf Worten aufgestellt wird; sie sind:
tapas (Askese), dânam
(Almosenspenden), ârjavam Rechtschaffenheit),
ahimsa (Nichtverletzen) und satyavacanam
(Wahrhaftigkeit). – Wer so das ganze Leben wie eine Somafeier, einen
Gottesdienst geführt hat, der wird, frei von Begierde (apipâsa
= Brh.4,4,6 akâmayamâna),
wie Ghora der Lehrer des Krshna,
in der Todesstunde sich unvergänglich, unerschütterlich, als
Quintessenz der S.114
Lebenshauche (prâna-samshitam)
fühlen, dem wird der in zwei Rgvedaversen geschilderte Sonnenaufgang,
symbolisch umgedeutet, zum Aufgange des ewigen Lichtes werden.
sa yad ashishishati yat pipâsati
yan na ramate
1. Wenn einer hungert, dürstet,
wenn er sich nicht freut,
so ist das seine Dikshâ
[die Weihe vor dem Somaopfer];
atha yad ashnâti yat pibati yad ramate
2. wenn er hingegen ißt, trinkt
und sich freut,
so entspricht das [wörtlich:
geht mit] den Upasad-Zeremonien
[einer Vorfeier der Somakelterung,
drei oder mehr Tage dauernd];
atha yaddhasati yaj jakshati yad maithunam
carati
stutashastrair eva tad eti (3)
3. ferner, wenn er scherzt und lacht
und Begattung übt,
so entspricht das den Stotra's und
Shastra's
[mit deren Gesang und Rezitation
die Priester des Sâma- und Rgveda die Kelterung begleiten];
atha yat tapo dânam ârchavam ahimsâ
satyavacanam iti
4. aber Askese, Mildtätigkeit,
Rechtschaffenheit, Nicht-verletzen und Wahrhaftigkeit, –
die sind seine Dakshinâ
[der den Priestern zu spendende
Opferlohn].
tasmâd âhuh soshyaty
asoshteti
punar utpâdanam evâsya
tan maranam evâvabhrtam (5)
5. Darum sagt man: „soshyati
(er wird keltern, wird zeugen),
asoshta (er hat gekeltert, hat gezeugt)“;
jenes ist seine Neuerzeugung, dieses
sein Sterben;
nämlich das Sterben ist der
Avabhrtha [das Reinigungsbad, mit dem die Kelterung schließt].
taddhaitad ghora ângirasah krshnâya
devakîputrâyoktvovâcâpipâsa
eva sa babhûva
6. Dieses hat Ghora Angirasa dem Krshna,
Sohne der Devaki, so erklärt,
und er fügte hinzu – nämlich
er war frei von Begierde [wörtlich: Durst] –:
so 'ntavelâyâm etat trayam pratipadveta
„Zur
Zeit des Endes soll man dann zu diesen drei Sprüchen seine Zuflucht
nehmen:
akshitam asy
Du bist das Unzerstörbare,
Du bist das Unerschütterliche,
Du bist der Lebenshauche Spitze!“
tatraite dve
rcau bhavatah (6)
Darüber handeln auch diese
beiden Rgverse:
âdit-pratnasya retasah
[jyotish pashyanti vâsaram
Dann altem Samen urentstammt,
[Schaun sie das morgenschöne
Licht,
das jenseits dort vom Himmel flammt.]
(Rgv. 8,6,30.)
udvayam tamasas pari
jyotih pashyanta uttaram
devam devatrâ sûryam
agamya jyotir uttamam
– iti
Empor sind wir aus Dunkelheit,
Anschauend das erhabne Licht,
Anschauend den erhabnen Glanz,
Zum gottumgebnen Sonnengott
Gelangt zum allerhöchsten Licht,
–
Gelangt zum allerhöchsten Licht.
(Rgv. 1,50,10.)
S.115
Achtzehnter
Khanda
Die auf
Rgv.10,90,3 zuruckgehenden vier Füße des Brahman
haben das Denken der Folgezeit mehrfach beschäftigt, ohne daß
dabei immer an der ursprünglichen Anschauung (nach der ein Fuß
alle Wesen, drei Füße transzendent sind) festgehalten würde.
– So an unsrer Stelle, wo in etwas nüchterner und selbstgefälliger
Systematik die Verehrung des Brahman in psychologischer Hinsicht unter
dem Symbol des Manas, in kosmologischer unter
dem des Âkâsha empfohlen wird;
nach der einen Hinsicht sind Rede, Odem, Auge, Ohr, nach der andern Feuer,
Wind, Sonne, Himmelsgegenden die vier Füße des Brahman, welche
dann in der üblichen Weise zueinander in Beziehung gesetzt werden,
ohne daß originelle und bedeutende Anschauungen dabei zutage treten.
mano brahmety upâsîtety adhyâtmam
1. Das Manas soll man als das Brahman
verehren; so in bezug auf das Selbst.
athâdhidaivatam
Nun in bezug auf die Gottheit:
den Âkâsha
(Äther, Raum) soll man als das Brahman [verehren].
ubhayam âdishtam bhavaty
adhyâtmam câdhidaivatam ca (1)
Damit ist beides gelehrt,
das in bezug auf das Selbst und
das in bezug auf die Gottheit.
tad etac catush-pâd brahma
vak pâdah prânah
pâdash cakshuh pâdah shrotram pâda
2. Dieses Brahman hat vier Füße;
die Rede ist ein Fuß, der
Odem ein Fuß, das Auge ein Fuß, das Ohr ein Fuß;
so in bezug auf das Selbst.
athâdhidaivatam
agnih pâdo vâyuh
pâda âdityah pâdo dishah pâda
Nun in bezug auf die Gottheit:
das Feuer ist ein Fuß, der
Wind ein Fuß, die Sonne ein Fuß, die Himmelsgegenden ein Fuß.
ity ubhayam âdishtam bhavaty
adhyâtmam caivâdhidaivatam ca (2)
Damit ist beides gelehrt,
das in bezug auf das Selbst und
das in bezug auf die Gottheit.
vâg eva brahmanash caturthah
pâdah
so 'gninâ jyotishâ bhâti ca
tapati ca
bhâti ca tapati ca kîrtyâ yashasâ
brahma-varcasena ya evam veda (3)
3. Die Rede ist einer der vier Füße
des Brahman;
und durch das Feuer als Licht glänzt
und glüht er. –
Der glänzt und glüht durch
Ehre, Ruhm und Brahmanenwürde, wer solches weiß.
prâna eva brahmanash caturthah
pâdah
sa vâyunâ jyotishâ bhâti
ca tapati ca
bhâti ca tapati ca kîrtyâ yashasâ
brahma-varcasena ya evam veda (4)
4. Der Odem ist einer der vier Füße
des Brahman;
und durch den Wind als Licht glänzt
und glüht er. –
Der glänzt und glüht durch
Ehre, Ruhm und Brahmanenwürde, wer solches weiß.
cakshur eva brahmanash caturthah
pâdah
sa âdityena jyotishâ bhâti
ca tapati ca
bhâti ca tapati ca kîrtyâ yashasâ
brahma-varcasena ya evam veda (5)
5. Das Auge ist einer der vier Füße
des Brahman;
und durch die Sonne als Licht glänzt
und glüht er. –
Der glänzt und glüht durch
Ehre, Ruhm und Brahmanenwürde, wer solches weiß.
shrotram eva brahmanash caturthah
pâdah
sa digbhir jyotishâ bhâti ca tapati
ca
bhâti ca tapati ca kîrtyâ yashasâ
brahma-varcasena ya evam veda (6)
6. Das Ohr ist einer der vier Füße
des Brahman;
und durch die Himmelsgegenden als
Licht glänzt und glüht er. –
Der glänzt und glüht durch
Ehre, Ruhm und Brahmanenwürde, wer solches weiß.
ity ashtâdashah
khandah (18)
S.116
Neunzehnter
Khanda
Zwei althergebrachte Vorstellungen,
die von dem in den Urwassern entstehenden Weltei (zurückgehend auf
Rgv.10,129,3: tucchyena
âbhu apihitam yad âsit, „das
Lebenskräftige, das in der Schale eingeschlossen war“,
und den Rgv.10,121,1 erwähnten
„goldnen
Keim“ (hiranya-garbha)
und die von Brahman als Sonne (namentlich in dem alten Liede: brahma
jajñânam prathamam purastât), werden hier
zu einem Schöpfungsmythus verbunden, der ein wichtiges Mittelglied
zwischen den erwähnten ältern Vorstellungen und den Kosmogonien
bei Manu und Spätern bildet. Auch die Vorstellung von dem Jauchzen
der Kreaturen beim Entstehen der Sonne scheint schon dem alten brahma-jajñânam-Liede
angehört zu haben; vgl. an den Stellen, wo Stücke desselben zitiert
werden, die darauffolgenden Worte, Atharvav. 2,1,1 jâyamânâh
svarvido abhyanûshata vrâh; Taitt.Br.2,8,8,9:
tam arkair abhyarcanti vatsam (Gesch.d.Phil.I,253.251).
âdityo
brahmety
1. Die Sonne ist das Brahman,
so lautet die Anweisung [zur Verehrung].
Darüber ist diese Erläuterung.
asad
evedam agra âsît
Diese Welt war zu Anfang nichtseiend;
dieses [Nicht-seiende] war das Seiende.
tad ândam
nir avartata
tat samvatsarasya
mâtrâm ashayata
tan nirabhidyata
te ândakapâle
rajatam ca suvarnam câbhavatâm (1)
Da entwickelte sich ein Ei.
Das lag da, solange wie ein Jahr
ist.
Darauf spaltete es sich;
die beiden Eierschalen waren, die
eine von Silber, die andre von Gold.
tad yad rajatam
seyam prthivî
yat suvarnam
sâ dyaur
yaj jarâyu
te parvatâ
yad ulvam
sa megho nîhâro
yâ dhamanayas
tâ nadyo
yad vâsteyam
udakam sa samudrah
2. Die silberne ist diese Erde,
die goldene der Himmel dort.
[Hier geht die Vorstellung des Vogeleies in die des Fötus über.]
Die äußere Eihaut (jarâyu,
Chorion) sind diese Berge,
die innere Eihaut (ulvam, Amnion)
sind hier Wolken und Nebel,
die Gefäßadern sind die
Flüsse,
das Fruchtwasser ist der Ozean.
atha yat tad jâyata so 'sâv âdityas
tam jâyamânam
ghoshâ ulûlavo 'nûdatishtan
sarvâni ca bhutani sarve ca kâmâs
tasmât tasyodayam prati pratyâyanam prati
ghoshâ ulûlavo 'nûttishtanti
sarvâni ca bhûtâni sarve ca kâmâh
3. Was aber dabei geboren wurde, das
ist die Sonne dort;
als sie geboren war,
erhob sich lärmendes Jauchzen
hinter ihr her und alle Wesen und alle Wünsche.
Daher kommt es, daß bei ihrem
Aufgange und ihrer jedesmaligen Wiederkehr
lärmendes Jauchzen und alle
Wesen und auch alle Wünsche sich erheben.
sa ya etam evam vidvân âdityam brahmety
upâste
'bhyâsho ha yad enam sâdhavo ghoshâ
â ca gaccheyur upa ca
nimrederan nimrederan (4)
4. Wer, dieses also wissend, die Sonne
als das Brahman verehrt,
bei dem ist Hoffnung, daß
ihm beifälliges Jauchzen entgegenschallt
und ihn erquickt, – und ihn erquickt.
ity ekonavimshah
khandah (19)
iti chândogyopanishadi
trtîyo 'dhyâyah (3)
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* 3 (Weltei) *
4 * 5 (prâna)
* 6 (tat
tvam asi) * 7 * 8,1-6;
8,7-15 * Kena-Upanishad
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Hans Zimmermann,
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