Hans Zimmermann, Görlitz
: 12 KÖRBE: Quellentexte in zwölf Sprachen
: Indien : Upanishaden
des Sâmaveda : Chândogya-Upanishad
Chând.-Up.:
Einl. * 1 * 2
* 3 (Weltei) *
4 * 5 (prâna)
* 6 (tat
tvam asi) * 7 * 8,1-6;
8,7-15 * Kena-Upanishad
Paul
Deussen: Vorrede zu "Sechzig Upanishads" * Einleitung:
Upanishads des Sâmaveda
grham/
Index * Indienreise * Buddha
(Sâmañña-Phala Sutta)/ Lalitavistara/
Ajanta/ Thankas/
Jâtakas/ Zen-Kunst
Sanskrit/
Grammatik * Rgveda
* Mahâbhârata * Râmâyana
* Gîtâ * Vedânta
* Yoga * Meditation
und Mantren
Chândogya-Upanishad
Übersetzung,
Einleitung und Kommentar:
Paul
Deussen (Kiel 1897/19052)
Sanskrit-Text
gemäß Eighteen principal Upanishads ed. V.P.Limaye und
R.D.Vadekar Pune 1958
transliteriert
und ins Netz gestellt von Hans Zimmermann, Görlitz 2005 / 2012
Deussen S.66
Erster Prapâthaka
Wie die Upanishads
des Rgveda ausgehen von einer allegorischen Betrachtung des Uktham
(Ait. âr. 2,1-3; Kaush. Up. 2,6, oben 8.10.82), so beschäftigen
sich die beiden ersten Prapâthakas der
zum Sâmaveda gehörigen Chândogya-Upanishad
mit mystischen Ausleutungen des Sâman
und seines Hauptteils, des vom Udgâtar
selbst gesungenen Udgîtha (Hochgesang).
Der Agnishtoma,
das Somaopfer in seiner einfachsten Form, hat nach einer Reihe vorbereitender
Tage nur einen Sutyâ-Tag, an welchem
der Soma im Prâtah-savanam,
Mâdhyandina-savanam und Trtîya-savanam
des Morgens, Mittags und Abends gekeltert wird. Die Hauptmomente bei der
Kelterungsfeier sind 1) graha, die Schöpfung
des ausgepreßten Soma in
Becher durch den Adhvaryu und seine Gehilfen,
hierauf 2) das stotram, der Lobgesang des
Udgâtar und seiner Gehilfen, sodann
3) das shastram, die Rezitation des Hotar
und seiner Gehilfen, und endlich 4) die âhuti,
die Libation des Soma im Feuer.
Dieser Vorgang von Schöpfung, Lobgesang, Rezitation und Libation (graha,
stotram, shastram, âhuti) wiederholt sich (von einzelnen Modalitäten
abgesehen) bei der Frühspende des Agnishtoma
fünfmal, hei der Mittagsspende fünfmal und bei der Abendspende
zweimal. Alle die dabei vorkommenden graha, stotra
und shastra haben verschiedene Namen und erfahren
mannigfache Deutengen.
Ein Stotram,
welches zu singen dem Udgâtar und seinen
Gehilfen, dem Prastotar und Pratihartar
obliegt, pflegt aus einigen Versen zu bestehen, deren jeder von den genannten
Priestern beim Gesange in fünf Teile, hinkara,
prastâva, udgîtha, pratihâra und nidhanam,
zerlegt wird.
–
So liegen z.B. dem Sâman Rathantaram,
welches als zweites Stotram der Mittagsspende
benutzt wird, die Verse zugrunde (Rgveda 7,32,22-23
– Sâmaveda.1, 3,1,5,1 und 2, 1,1,11,1):
22. abhi tvâ, shûra, nonumo adugdhâ
iva dhenavah
îshânam asya jagatah svardrsham,
îshânam, Indra, tasthushah
.
23. na tvâvân anyo divyo na pârthivo
na jâto, na janishyate,
ashvâyanto, maghavan Indra, vâjino
gavyantas tvâ havâmahe.
Diese gestalten sich (nach
Haug, Ait.Br.2,198, wenn wir pratihâra
und upadrava vereinigen) zu folgendem Stotram:
1.
a. hinkâra (vom Udgâtar gesungen).
b. prastâva (vorn Prastotar gesungen): hum!
âbhi tvâ shûra nonumo, vâ
c. udgitha (Udgâtar): ôm
âdugdhâ iva dhenava' ishânam asya
d. pratihâra (Pratihartar): â-îshânam
â Indrâ
e. nidhanam (alle drei): as!
2.
a. hinkâra.
b. prastava: îshovâ
c. udgîtha: om! –
nâm Indra susthusho
na tvâvân anyo diviyo na pârthivâh
d. pratihâra: na jâto
nâ jâ-nâ-ishyâtâ ovâ hâ uvâ
e. nidhanam: as!
3.
a. hinkâra.
b. prastâva: na jovâ
c. udgîtha: om – to
na janishyate ashvâyanto maghavan
d. pratihâra: gavyantas
tvâ hâ-vâmâhâ ovâ hâ uvâ
e. nidhanam: as!
Von andern Sâmans
außer dem Rathantaram werden noch Gâyatram,
Vâmadevyam, Brhad, Vairupam, Vairâjam, Shâkvaram, Raivatam,
Yajñayajñîyam, Rajanam und Sâman
im allgemeinen Chând. Up. 2,11-21 erwähnt und nach ihren fünf
Teilen, hinkara, prastâva, udgîtha, pratihâra
und nidhanam, allegorisch verarbeitet.
Neben diesem fünffachen
Sâman gibt es ein siebenfaches Sâman
(Chând. 2,8-10), welches entsteht, indem zwischen Prastâva
und Udgîtha die Silbe om noch
als ein neues Glied, der âdih,
eingeschoben, und ferner der Pratihâra in
Pratihâra und Upadrava
zerlegt wird.
Soviel zur Einleitung in
Prapâthaka 1 und 2 im allgemeinen. Wenn
die in ihnen mit diesen Dingen getriebenen Allegorien für uns Fernstehenden
auch nichts Anziehendes haben, so dürfen wir doch als sicher annehmen,
daß sie nicht neben den wertvollsten philosophischen Gedanken als
gleichberechtigt stehen würden, wären sie nicht dem Inder (der
in diesen liturgischen Vorstellungen erzogen war, und der nur durch Umdeutung
derselben von ihnen den Übergang zu einer höhern, philosophischern
Ansicht der Dinge zu gewinnen wußte) sehr wichtig und interessant
gewesen. Ein Historiker aber in vollem Sinne wird nur der heißen
können, der sich so ganz in den Geist der Fremde und Vergangenheit
zu versetzen weiß, daß er auch ihre Gefühle für Wert
und Unwert der Dinge vorübergehend zu den seinigen zu machen vermag.
Erster Khanda
Der Udgîtha,
diese Hauptverrichtung des Haupt-Sâmapriesters,
wird identisch gesetzt mit der (auch den Anfang des Udgîtha
bildenden) heiligen Silbe Om.
Als solche ist er die Essenz aller Essenzen, das Produkt der als Rc
erscheinenden) Vâc
und des (als Sâman
erscheinenden) Prâna.
S.68
An
diese Silbe ist das Gedeihen des Opfers geknüpft, sie ist der Ausgangspunkt
der drei Veden, und der Udgâtar,
der den Udgîtha
als diese Silbe verehrt, macht dadurch sein Werk wirksamer.
om iti etad aksharam udgîtham upâsîta
1. Om! als diese Silbe soll man den Udgîtha
verehren!
Denn mit Om (anfangend) singt man ihn.
Ihre Erläuterung ist wie folgt:
eshâm bhûtânâm
prthvî rasah
2. Dieser Wesen Essenz ist die Erde,
der Erde Essenz sind die Wasser,
der Wasser Essenz sind die Pflanzen,
der Pflanzen Essenz ist der Mensch,
des Menschen Essenz ist die Rede,
der Rede Essenz ist die Rc,
der Rc Essenz
ist das Sâman,
des Sâman
Essenz ist der Udgîtha.
sa esha rasânâm rasatamah
paramah parârdhyo
3. Dieses ist die essentiellste aller Essenzen, die
höchste, die transzendente,
die achte, welche der Udgîtha
ist.
katamâ katamark katamat katamat sâma
katamah katama udgîtha iti vimrshtam
bhavati (4)
4. Was unter allem ist die Rc, was unter allem
ist das Sâman,
was unter allem ist der Udgîtha?
– Das ist die Frage.
vâg eva rk prânah
sâma om iti etad aksharam udgîthah
tad vâ etan mithunam yad vâk ca prânash
ca rk ca sâma ca (5)
5. Die Rc ist
Rede, das Sâman ist
Odem, der Udgîtha ist
die Silbe Om.
Darum bilden sie ein Paar 1,
die Rede und der Odem, die Rc und
das Sâman.
1
Vgl. Talavakâra-Upanishad-Brâhmanam 3,34,1.
tad etan mithunam om iti etasminn akshare
samsrjyate
yadâ vai mithunau samâgacchata âpayato
vai tâvan yonyasya kâmam (6)
6. Und dieses Paar vereinigt sich in der Silbe Om.
Wenn aber zwei Gepaarte sich zusammenfinden,
so vollbringen sie aneinander Liebes.
âpayitâ ha vai kâmânâm
bhavati
ya etad evam vidvân aksharam udgîtham
upâste (7)
7. Wahrlich, der ist ein Vollbringer von Liebem,
der, dieses, also wissend, den Udgîtha
als diese Silbe verehrt.
tad vâ etad anujñâksharam
yaddhi kiñcânujânâty
om ity eva tadâha
esho eva samrddhir yad anujñâ
samardhayitâ ha vai kâmânâm
bhavati
ya etad evam vidvân aksharam udgîtham
upâste (8)
8. Sie ist aber auch die Silbe der Zustimmung,
denn wenn man in irgend etwas zustimmt, so sagt
man Om (Ja).
Zustimmung aber ist Förderung. –
Wahrlich ein Förderer der Wünsche wird,
wer, dieses also wissend, den Udgîtha
als diese Silbe verehrt.
teneyam trayî vidyâ vartate
om ity âshrâyavaty om iti jñam
sati om iti udgâyaty
etasyaivâksharasyâpacityai
mahimnâ rasena (9)
9. In Ihr bewegt sich diese dreifache Wissenschaft
(der Veden);
denn mit Om ruft
der (Adhvaryu) zu, und mit Om rezitiert
der (Hotar), und Om singt
der (Udgâtar),
um dieser Silbe Ehrfurcht zu zollen, wegen ihrer
Majestät, wegen ihrer Essenz.
S.69
tenobhai kurutah yash caitad evam veda yash
ca na veda
nânâ tu vidyâ câvidyâ
ca
yad eva vidyayâ karoti shraddhayopanishadâ
tad eva vîryavattaram bhavatîti
khalvetasyaivâksharasyopavyâkhyânam
bhavati (10)
10. Mit ihr verrichten zwar beide das (Opfer-)werk,
wer dieses also weiß, und wer es nicht weiß.
Aber doch ist ein Unterschied zwischen Wissen
und Nichtwissen.
Denn was man mit Wissen verrichtet, mit Glauben,
mit der Upanishad,
das ist wirkungskräftiger.
So also ist die Erklärung dieser Silbe.
iti prathamah khandah
Zweiter Khanda
Wie
vorher als Symbol der alle Veden befassenden Silbe Om,
so erscheint hier der Udgîtha
als Symbol des Prana
(Lebenshauches, Lebensprinzips) im Menschen. Seine Superiorität über
die andern Lebensorgane und alleinige Berechtigung, im Udgîtha
verehrt zu werden, wird durch eine Legende dargetan, die sich auch Brhadâranyaka-Up.1,3
findet. Aber während es sich dort darum handelt, welches unter den
Lebensorganen befähigt ist, den Udgîtha
zu singen, so behandelt unsre Stelle die Frage, welches der Lebensorgane
berechtigt ist, im Udgîtha
verehrt zu werden. Die ursprünglichere Fassung ist ohne Zweifel die
in Brhadâranyaka-Up.,
was um so bemerkenswerter ist, als die Erzählung, da es sich um den
Udgîtha
handelt, im Kreise der Sâmavedatheologen
entstanden zu sein scheint.
Die Ursprünglichkeit der Version Brh.1,3
wird jetzt bestätigt durch Talav.Up.Br.1,60. 2,1. 2,3. 2,10.
devâsura ha vai yatra samyetire ubhaye
prâjâpaty âstaddha
devâ udgîtham âjahnur anenainân
abhibhavishyâma iti (1)
1. Dazumal, als die Götter und Dämonen
miteinander stritten, beide von Prajâpati abstammend,
da griffen die Götter zum Udgîtha,
denn mit ihm, so dachten sie, werden wir jene überwinden.
te ha nâsikyam prânam udgîtham
upâsân cakrire tam hâsurâh pâpmanâ
vihidhus
tasmâttenobhayam jighnati surabhi ca durgandhi
ca pâpmanâ hy esha viddhah (2)
2. Aber sie verehrten den Udgîtha
als den Hauch in der Nase; da schlugen ihn
die Dämonen mit Übel.
Darum riecht man mit ihm beides, das Wohlriechende
und das Übelriechende: denn er ist mit Übel geschlagen.
atha ha vâcam udgîtham upâsâñcakrire
tâm hâsurâh pâpmanâ vividhus
tasmât tayobhayam vadati satyam cânrtam
ca pâpmanâ hy esha viddhâ (3)
3. Da verehrten sie den Udgîtha
als die Rede; da schlugen sie die Dämonen
mit Übel.
Darum redet man mit ihr beides, das Wahre und
Unwahre; denn sie ist mit Übel geschlagen.
atha ha cakshur udgîtham upâsâñcakrire
taddhâsurâh pâpmanâ vividhus
tasmât tenobhayam pashyati darshanîyam
câdarshanîyam ca pâpmanâ hy etad viddham (4)
4. Da verehrten sie den Udgîtha
als das Auge; da schlugen es die Dämonen
mit Übel.
Darum sieht man mit ihm beides, Zusehendes und
Nichtzusehendes; denn es ist mit Übel geschlagen.
S.70
atha ha shrotram udgîtham upâsâñcakrire
taddhâsurâh pâpmanâ vividhus
tasmât tenobhayam shrnoti shravanîyam
câshravanîyam ca pâpmanâ hy etad viddham (5)
5. Da verehrten sie den Udgîtha
als das Ohr; da schlugen es die Dämonen
mit Übel.
Darum hört man mit ihm beides, Zuhörendes
und Nichtzuhörendes; denn es ist mit Übel geschlagen.
atha ha mana udgîtham upâsâñcakrire
taddhâsurâh pâpmanâ vividhus
tasmât tenobhayam sankalpayate sankalpanîyam
câsankalpanîyam ca pâpmanâ hy etad viddham (6)
6. Da verehrten sie den Udgîtha
als das Manas;
da schlugen es die Dämonen mit Übel.
Darum stellt man mit ihm vor beides, Verzustellendes
und Nichtvorzustellendes; denn es ist mit Übel geschlagen.
atha ha ya evâyam mukhyah prânastum
udgîtham upâsâñcakrire
tâm hâsurâ rtvâ
vidadhvamsur yathâshmânam âkhanamrtvâ
vidhvamset (7)
7. Da verehrten sie den Udgîtha
als jenen Hauch im Munde;
den trafen die Dämonen: da zerstoben sie,
wie, wer auf einen Stein als Widerstand trifft, zerstiebt.
evam yathâshmâkhanamrtvâ
vidhvam sata evam haiva sa vidhvam sate
ya evam vidi pâpam kâmayate yashcainam
abhidâsati
8. Ebenso geschieht es, daß, gleichwie, wer
auf einen Stein als Widerstand trifft, zerstiebt, also auch der zerstiebt,
welcher einem, der solches weiß, Böses
anwünscht oder ihn anfeindet;
denn er wird ihm zum Stein des Widerstandes.
naivaitena surabhi na durgandhi vijânâty
apahatapâpmâ hy esha
tena yad ashnâti yat pibati tenetarân
prânânavati
etamu evântato 'vittvotkrâmati
vyâdadâtyevântata iti (9)
9. Mit diesem unterscheidet man nicht Wohlriechendes
und Übelriechendes,
denn er hat das Übel von sich abgeschlagen.
Mit diesem ißt man und trinkt man und ernährt
dadurch die andern Lebensorgane.
Und indem der Prâna
diese am Ende nicht mehr findet, zieht er
aus.
Daher kommt es, daß man beim Sterben den
Mund aufreißt.
tam hângirâ udgîtham upâsâñcakra
etamu evângirasam manyante 'ngânâm
yad rasah (10)
10. Als diesen verehrte den Udgîtha
Angiras,
ja man hält ihn selbst 1
für den Angiras,
darum daß er der Glieder Saft (angânâm
rasah) ist.
1
Die Identität des Verehrers mit dem Objekte der Verehrung ist dem
Inder durch die Âtmanlehre
geläufig.
tena tam ha brhaspatir udgîtham
upâsâñcakra
etamu eva brhaspatim manyante vâgdhi
brhatî tasyâ esha patih (11)
11. Als diesen verehrte den Udgîtha
Brhaspati,
ja man hält ihn selbst für Brhaspati,
darum daß die Rede brhatî
(die schwellende), und er ihr Herr (pati)
ist.
tena tam hâyâsya udgîtham upâsâñcakra
etamu evâyâsyam manyante âsyâdyad
ayate (12)
12. Als diesen verehrte den Udgîtha
Ayâsya,
ja man hält ihn selbst für Ayâsya,
darum daß er hervorgeht (ayate)
aus dem Munde (âsyam).
tena tam ha bako dâlbhyo vidâñcakâra
sa ha naimishîyânâm udgâtâ
babhûva sa ha smaibhyah kâmânâgâyati
(13)
13. Diesen erkannte Baka
der Nachkomme des Dalbhya;
nämlich der war der Udgîtha
der Leute von Naimisha,
und er pflegte ihnen ihre Wünsche zu ersingen.
S.71
âgâtâ ha vai kâmânâm
bhavati ya etad evam vidvân
14. Wahrlich, der wird ein Ersinger der Wünsche,
wer, dieses also wissend,
den Udgîtha
als die Silbe 2
(Om) verehrt.
Soviel in bezug auf das Selbst.
2 Man
erwartet nach dem Vorhergehenden: "als den Prâna"
iti dvitîyah khandah
Dritter Khanda
Fortsetzung:
wie in psychischer Hinsicht (adhyâtmam)
ein Symbol des Prâna,
so ist in kosmischer Hinsicht (adhidhaivatam)
der Udgîtha
ein Symbol der Sonne (1-2). – Auch als Vyâna
soll man den Udgîtha
verehren (3-5). – Sodann werden nach dem Schema (vgl. Talav.Up.Br. 1,57,7):
ud prâna
dyaus
Âditya Sâmaveda
-gî- vâc
antariksham Vâyu
Yajurveda
-tha annam
prthivî
Agni Rgveda
in
spielender Weise die drei Silben des Wortes udgîtha
auf die drei Hauptverrichtungen des Menschen
(Atmen, Reden, Essen), die drei Hauptgebiete der Welt, ihre drei Regenten
und die drei Veden gedeutet (6-7). – Zum Schlusse folgt (ähnlich wie
am Schlusse des verwandten Abschnittes Brih. 1,3 der Pavamânânâm
Abhyâroha) eine âcîh-samrddhi,
d.h. eine Anweisung, woran man beim Singen des Udgîtha
zu denken habe, um dieser Zeremonie den vollen Erfolg zu sichern (8-12).
athâdhidaivatam
ya evâsau tapati tam udgîtham upâsîta
udyanvâ esha prajâbhya udgâyati
udyanstamo bhayamapahanti
apahantâ ha vai bhayasya tamasô bhavati
ya evam veda (1)
1. Nunmehr in bezug auf die Gottheit.
Der dort glüht (die Sonne), als den soll
man den Udgîtha verehren.
Denn indem er aufgeht lobsingt er für die
Geschöpfe.
Und indem er aufgeht, verscheucht er Dunkel und
Furcht.
Wahrlich, ein Verscheucher von Dunkel und Furcht
wird, wer solches weiß.
samâna u evâyam châsau ca ushno
'yam ushno 'sau
svara iti imam âcakshate svara iti
pratyâsvara ity amûm
tasmâd vâ etam imam amûm codgîtham
upâsîta (2)
2. Auch sind dieser und jener (die Sonne) gleichartig.
Heiß ist dieser, und heiß ist jener.
Als Klang bezeichnet man diesen, als Klang, als
[täglich] Wiederneuklang auch jenen.
Darum soll man als diesen hier und als jenen
dort den Udgîtha verehren.
atha khalu vyânam evodgîtham upâsîta
3. Aber auch als den Vyâna
(Zwischenhauch) soll man den Udgîtha
verehren.
yad vai prânâti sa prâno
yad apân iti so 'pânah
atha yah prânâpânayoh
sandhih sa vyâno
Denn daß man aushaucht, das ist der Prâna
(Aushauch),
und daß man einhaucht 1,
das ist der Apâna (Einhauch);
aber das Bindeglied zwischen Prâna
und Apâna,
das ist der Vyâna.
1
Apâna ist schon hier "Einhauch", ebenso
Talav.Up.Br.4,22,2-3.
yo vyânah sâ vâk
tasmâd aprânann anapânan vâcam
abhivyâharati (3)
Der Vyâna aber
ist dasselbe wie die Rede;
daher kommt es, daß man ohne auszuhauchen
und ohne einzuhauchen die Rede ausspricht.
S.72
yâ vâk sark
tasmâd aprânann anapânann rcam
abhivyâharati
yark tat sâma
tasmâd aprânann anapânan sâma
gâyati
yat sâma sa udgîthas
tasmâd aprânann anapânann udgâyati
(4)
4. Die Rede wiederum ist dasselbe wie die Rc;
daher kommt es, daß man ohne auszuhauchen
und ohne einzuhauchen die Rc ausspricht.
Die Rc wiederum
ist dasselbe wie das Sâman;
daher kommt es, daß man ohne auszuhauchen
und ohne einzuhauchen das Sâman singt.
Das Sâman endlich
ist dasselbe wie der Udgîtha;
daher kommt es, daß man ohne auszuhauchen
und ohne einzuhauchen den Udgîtha singt.
ato yân yanyâni vîryavant karmâni
yathâ 'grer manthanamâjeh
saranam drdhasya dhanusha âyam anam
aprânann anapânam stâni karoti
etasya hetor vyânam evodgîtham upâsîta
(5)
5. Aber auch sonst was noch für kraftanstrengende
Tätigkeiten sind,
wie das Reiben des Feuers, das Laufen um die
Wette, das Spannen eines starken Bogens,
die verrichtet man ohne auszuhauchen und ohne
einzuhauchen. –
Aus dieser Ursache soll man den Udgîtha
als den Vyâna
verehren.
atha khalûdgîthâksharânyupâsîta
– ud gî tha iti
prâna evot prânena hy uttishthati
vâg gîr vâco ha gira ity âcakshate
annam tham anne hîdam sarvam sthitam (6)
6. Ferner auch soll man die Silben des Wortes Udgîtha
verehren (vgl. Talav.Up.Br.1,57,7-8):
ud ist der Prâna,
denn durch den Prâna steht
man aufrecht,
gî ist
die Rede, denn Anrufungen sind Reden;
tha ist die
Nahrung, denn in der Nahrung ist die ganze Welt beruhend;
dyaur evod
antariksham gîh prthivî tham
âditya evod
vâyur gîr
agnis tham
sâmaveda evod yajurvedo gîr
rgveda stham
dugdhe 'smai vâg doham yo vâco doho
'nnavânan nâdo bhavati ya etâny
evam vidvân udgîthâksharâny
upâsta udgîtha iti (7)
7. ud ist
der Himmel, gî der
Luftraum, tha die
Erde;
ud ist Âditya,
gî ist
Vâyu, tha
Agni;
ud ist der
Sâmaveda, gî der
Yajurveda, tha der
Rgveda.
Dem läßt die Rede
Melktrank strömen, den Melktrank, der der Rede eigen ist,
der wird nahrungreich, nahrunggenießend,
wer, solches wissend, diese Silben des Wortes
ud-gî-tha
verehrt.
atha khalvâshîh samrddhir
upasaranânîty upâsîta
yena sâmnâ stoshyan syât
tat sâmopadhâvet (8)
8. Nunmehr vom Gelingen des Segenswunsches.
Als Zufluchtsstätten soll man sie [die folgenden]
verehren.
Man nehme seine Zuflucht zu dem Sâman,
mit welchem man das Stotram singen
will.
yasyâm rci tâm rcam
yadârsheyam tam rshim
yâm devatâm abhishtoshyan
syât tâm devatâm upadhâvet (9)
9. Man nehme seine Zuflucht zu der Rc,
auf welcher es beruht,
zu dem Rshi,
welchen es zum Dichter hat,
zu der Gottheit, welche man in dem Stotram
preisen will.
yenac chandasâ stoshyan syât
tac chanda upadhâved
yena stomena stoshyamânah
syât tam stomam upadhâvet (10)
10. Man nehme seine Zuflucht zu dem Metrum, in welchem
man das Stotram singen
will;
man nehme seine Zuflucht zu der Stomaform,
in welcher man das Stotram für
sich singen will.
yâm disham abhishtoshyan syât
tâm disham upadhâvet (11)
11. Man nehme seine Zuflucht zu der Himmelsgegend,
nach welcher hin man das Stotram singen
will.
S.73
âtmânam antata upasrtya stuvîta
kâmam dhyâyan napramattah
abhyasho ha yad asmai sa kâmah samrdhyeta
yat kâmah stuvîteti
yat kâmah stuvîteti (12)
12. Endlich ziehe man sich zurück auf sich selbst
und singe das Stotram,
indem man unentwegt an seinen Wunsch denkt.
Dann ist Hoffnung, daß einem der Wunsch
sich erfüllt,
welchen wünschend man das Stotram
singt, –
welchen wünschend man das Stotram
singt.
iti trtiyah khandah
Vierter Khanda
Superiorität
der Silbe Om
über die drei Veden (d.h.: der Meditation über den Opferkultus).
Pañc.Br. 22,12,1 fürchten sich die Götter vor dem Tode,
und Prajâpati gibt ihnen die Unsterblichkeit, indem er ihnen den
Navarâtra
(eine Somafeier mit neun Pressungen) mitteilt. Nach unsrer Stelle hingegen
suchen die Götter vergebens in der dreifachen Wissenschaft des Veda
Schutz vor dem Tode, und erst indem sie in den Laut Om
eingehen, werden sie unsterblich. (Vgl. Talav.Up.Br. 1,18.)
om ity etad aksharam udgîtham upâsîta
om iti hy udgâyati tasyopavyâkhyânam
(1)
1. Om!
diese Silbe soll man verehren.
Mit Om [anfangend]
singt man ja den Udgîtha.
Darüber ist diese Erläuterung.
devâ vai mrtyor bibhyatas trayîm
vidyâm prâvashan(s)
te chandobhir acchâdayan
yad ebhir acchâdayans tacchandasâm
chandastvam
2. Die Götter, da sie sich vor dem Tode fürchteten,
flüchteten sich in die dreifache Wissenschaft.
Sie hüllten sich ein 1
in die Metra.
Weil sie sich in diese einhüllten, darum
heißen die Metra chandas.
1 Böhtlingk:
tâm acchâdayan.
Aber hat die trayî vidyâ
jemals bestanden, ohne in Metra gehüllt zu sein?
tânu tatra mrtyur yathâ matsyam udake
paripashyed evam paryapashyad rci sâmni yajushi
te tu viditvordhvâ rcah sâmno
yajushah svaram eva prâvishan (3)
3. Aber der Tod erspähte sie daselbst, wie man
einen Fisch im Wasser erspäht, in der Rc,
im Sâman,
im Yajus.
Das merkten die Götter, erhoben sich über
die Rc,
das Sâman und
das Yajus und
flüchteten sich in den Klang.
yadâ vâ rcam âpnoty
om ity evâtisvaraty evam sâmaivam yajur
esha u svaro yad etad aksharam
etad amrtam abhayam
tatpravishya devâ amrtâ abhayâ
abhavan (4)
4. Wenn man eine Rc
anwendet, so läßt man dieselbe
ausklingen in den Laut Om;
ebenso ein Sâman;
ebenso ein Yajus.
Also der Klang, das ist jene Silbe; sie ist das
Unsterbliche, das Furchtlose.
Und indem die Götter sich in sie flüchteten,
wurden sie unsterblich und furchtlos.
sa ya etad evam vidyân aksharam
pranauty
etad evâksharam svaram amrtam
abhayam pravishati
tatpravishya yad amrtâ devâs
tad amrto bhavati (5)
5. Wer, solches wissend, diese Silbe als Pranava
ertönen läßt,
der flüchtet sich in diese Silbe, welche
der Klang, das Unsterbliche, das Furchtlose ist.
Und wer in sie flüchtet, so unsterblich
die Götter sind, so unsterblich wird auch er.
iti caturthah khandah
S.74
Fünfter
Khanda
Da
(nach 1,2-3) der Udgîtha
ein Symbol der Sonne und des Prâna
ist, so gilt das Gleiche auch von der mit dem Udgîtha
identischen Silbe Om.
Kaushîtaki, der diese Einheit der belebenden Kräfte in der Natur
(als Sonne) und die Einheit der lebenden Kräfte im Menschen (als Prâna)
besungen hatte, hatte dafür auch nur einen Sohn. Aber wie jene Einheit
der Sonne, des Lebensodems keine mannigfaltigkeitslose, sondern eine solche
ist, welche die Vielheit der Strahlen, der Lebenskräfte in sich schließt,
so wurde auch Kaushîtaki für die Einzigkeit seines Sohnes durch
die Vielheit seiner Enkel entschädigt. – Die allzu kurze und dadurch
dunkle Stelle sieht wie eine Warnung aus, den Monismus, der in der Tendenz
des Zeitalters lag, nicht zu einem starren, die Mannigfaltigkeit der Dinge
ausschließenden werden zu lassen. – Auf der Identität des Udgîtha
mit dem auch dem Hotar zukommenden Om
beruht das Eingreifen des Hotar
bei Fehlern des Udgâtar.
atha khalu ya udgîthah sa pranavo
yah pranavah sa udgîtha ity
asau vâ âditya udgîtha esha
pranava om iti hy esha svarann eti (1)
1. Nun aber ist der Udgîtha der Pranava
(der heilige Laut Om) und der Pranava ist der Udgîtha.
Darum ist der Udgîtha jene Sonne, und sie
ist der Pranava, denn als Om ertönend wandelt sie einher.
etam u evâham abhyagâsisham
tasmân mama tvam eko 'sîti ha kaushîtakih putram
uvâca
rashmîns tvam paryâvartayât
bahavo vai te bhavishyanti iti adhidaivatam (2)
2. „Weil ich nur sie angesungen habe, darum bist
du mein einziger“, so sprach einst Kaushîtaki zu seinem Sohne;
„in ihre Strahlen wandle sie, und es werden dir
viele geboren werden!“ – Soviel in bezug auf die Gottheit.
athâdhyâtmam ya eshâyam
mukhyah prânas tam udgîtham upâsit
om iti hy esha svarann eti (3)
3. Nunmehr in bezug auf das Selbst. – Als jenen Lebensodem
im Munde soll man den Udgîtha verehren,
denn als Om ertönend streicht er einher.
etam u evâham abhyagâsisham
tasmân mama tvam eko 'sîti ha kaushîtakih putram
uvâca
prânâms tvam bhûmânam
abhigâyatâd bahavo vai me bhavishyantîti (4)
4. „Weil ich nur ihn angesungen habe, darum bist
du mein einziger“, so sprach einst Kaushîtaki zu seinem Sohne;
„die Lebensodem singe an als Vielheit und wisse,
daß dir viele werden geboren werden!“
atha khalu ya udgîthah sa pranavo
yah pranavah sa udgîtha iti
hotrshadanâd bhaivâpi dur
udgîtham
anusamâharatîty anusamâharatîti
5. So also ist der Udgîtha der Pranava,
und der Pranava der Udgîtha. –
Darum auch kann man von dem Sitze des Hotar aus
einen [vom Udgâtar] falsch gesungenen Udgîtha
wieder zurechtbringen, – wieder zurechtbringen.
iti pañcamah khandah
(5)
Sechster
Khanda
6.-7.
Khanda: Verehrung des Udgîtha
als des kosmischen und psychischen (als Mann in der Sonne und Mann im Auge
erscheinenden) Prinzips. – Auf der Rc
beruht das Sâman,
die beherrschende Macht des Sâman
S.75 aber
ist der Udgîtha.
Ebenso beruht in kosmischer Hinsicht auf der Erde agni,
auf dem Luftraume vâyu,
auf dem Himmel âditya
(als Hauptgötter der drei Gebiete), auf den Mondstationen der Mond
(sie nehmen ihn nacheinander bei sich auf), auf dem hellen Lichte der Sonne
das Dunkle, ganz Schwarze („denn dieses erscheint bei unverwandt auf sie
gerichtetem Blicke" 1,
Shank.), – und entsprechend in psychischer Hinsicht auf der Rede der Aushauch
(weil er beim Reden ausströmt), auf dem Auge die leibliche Gestalt
(âtman,
nach Shank. châyâtman,
das Spiegelbild), auf dem Ohre das Manas
(weil das Wort die Vorstellung weckt), auf dem Weißen im Auge das
Dunkle, ganz Schwarze; – aber wie aber Rc
und Sâman
der Udgîtha
herrscht, so über die genannten kosmischen und psychischen Phänomene
der Mann in der Sonne und der Mann im Auge; der eine beherrscht die unendliche
Außenwelt jenseits der Sonne (ye amuschmât
parâñco lokâh),
der andre die ebenfalls unendliche Innenwelt diesseits des Auges (ye
etasmâd arvâñco lokâh),
d.h. die Welt im Innern des Menschen; im übrigen sind beide nach Gestalt,
Name (Ud, daher
symbolisiert durch den Udgîtha)
und Verehrungsweise (durch die Gesänge des Rg-
und Sâmaveda)
miteinander identisch. (Identität des kosmischen und des psychischen
Prinzips.) Vgl. Talav.Up.Br. 1.25-27.
1 Auf
Vâlukeshvare bei Bombay sah ich (November 1892) eine alte Frau, welche
die Morgensonne verehrte, indem sie, Wasser sprengend, in dieselbe hieninstarrte.
Sie soll dies schon seit zwanzig Jahren betreiben, ohne daß es, wie
meine Hindufreunde versicherten, ihren
Augen geschadet habe. – Credat
Judaeus Apella!
iyam evarg agnih sâma tad etad etasyâm
rcy adhyûdam sâma
tasmâd rcy adhyûdam
sâma gîyata
iyam eva sâgnir amas tat sâma (1)
1. Die Rc
ist diese Erde, das Sâman
ist Agni,
und besagtes Sâman ist
auf besagter Rc gegründet.
Darum wird das Sâman
als auf der Rc
gegründet gesungen.
Nämlich sâ
ist diese Erde, ama
ist Agni,
das macht sâma.
antariksham evarg vâyuh sâma
tad etad etasyâm rcy adhyûdam sâma
tasmâd rcy adhyûdam
sâma gîyate
'ntariksham eva sâ vâyur amas
tat sâma (2)
2. Die Rc
ist der Luftraum, das Sâman
ist Vâyu,
und besagtes Sâman ist
auf besagter Rc gegründet.
Darum wird das Sâman
als auf der Rc
gegründet gesungen.
Nämlich sâ
ist der Luftraum, ama
ist Vâyu, das macht sâma.
dyaur evarg âdityah sâma tad
etad etasyâm rcy adhyûdam sâma
tasmâd rcy adhyûdam
sâma gîyate
dyaur eva sâdityo 'mas tat sâma (3)
3. Die Rc
ist der Himmel, das Sâman
ist Âditya,
und besagtes Sâman ist
auf besagter Rc gegründet.
Darum wird das Sâman
als auf der Rc
gegründet gesungen.
Nämlich sâ
ist Himmel, ama
ist âditya,
das macht sâma.
nakshatrâny evarg chandramâh
sâma tad etad etasyâm rcy adhyûdam sâma
tasmâd rcy adhyûdam
sâma gîyate
nakshatrâny eva sâ
chandramâh amas tat sâma (4)
4. Die Rc
ist die Mondhäuser, das Sâman
ist der Mond, und besagtes Sâman
ist auf besagter Rc
gegründet.
Darum wird das Sâman
als auf der Rc
gegründet gesungen.
Nämlich sâ
ist die Mondhäuser, ama
ist der Mond, das macht sâma.
S.76
atha yad etad âdityasya shuklam bhâh
saivarg
atha yan nîlam parah krshnam
tat sâma tad etad etasyâm rcy
adhyûdam sâma
tasmâd rcy adhyûdam
sâma gîyate (5)
5. Weiter aber ist die Rc
auch jenes weiße Licht der Sonne,
und das Sâman
ist an ihr das Dunkle, ganz Schwarze:
und besagtes Sâman
ist auf besagter Rc
gegründet.
Darum wird das Sâman als auf der Rc
gegründet gesungen.
atha yad evaitad âdityasya shuklam bhâh
saiva sâtha yan nîlam parah krshnam tad ama
tat sâma
atha ya esho 'ntarâditye hiranmayah
purusho drshyate
hiranyash mashrur hiranyakesha
âpranakhât sarva eva suvarnah (6)
6. Nämlich sâ
ist auch jenes weiße Licht der Sonne,
und ama ist
das Dunkle, ganz Schwarze, das macht sâma.
Nun aber der goldne Mann, welcher im Innern der
Sonne gesehen wird
mit goldnem Bart und goldnem Haar, bis in die
Nagelspitzen ganz von Golde, –
tasya yathâ kapyâsam pundarîkam
evam akshinî tasyod iti nâma
sa esha sarvebhyah pâpmabhya udita
udeti ha vai sarvebhyah pâpmabhyo ya evam veda (7)
7. seine Augen sind wie die Blüten des Kapyâsa-Lotus,
sein Name ist „hoch“ (ud),
denn hoch über allem Übel ist er; hoch
hebt sich über alles Übel, wer solches weiß; –
tasyark ca sâma ca geshnau tasmâd
udgîthas
tasmâd tv evodgâtaitasya hi gâtâ
sa esha ye câmushmât parâñco
lokâs
teshâm caishte devakâmânâm
ca
ity adhidaivatam (8)
8. seine Gesänge sind Rc und Sâman,
darum [heißt es] der Hochgesang,
darum auch der Hochsänger, denn er ist sein
Sänger;
auch die Welten, welche von der [Sonne] jenseits
liegen,
auch über die herrscht er und über
die Wünsche der Götter.
Soviel in bezug auf die Gottheit.
iti shashtah khandah
(6)
Siebenter
Khanda
athâdhyâtmam
1. Nunmehr in bezug auf das Selbst.
vâg evark prânah sâma
tad etad etasyâm rcy adhyûdham
sâma tasmâd rcy adhyûdham
sâma gîyate
vâg eva sâ prâno 'mas
tat sâma (1)
Die Rc ist. die Rede, das Sâman ist
der Odem,
und besagtes Sâman ist auf besagter Rc
gegründet.
Darum wird das Sâman als auf der Rc
gegründet gesungen.
Nämlich sâ ist die Rede, ama ist der
Odem, das macht sâma.
cakshur evarg âtmâ sâma
tad etad etasyâm rcy adhyûdham
sâma tasmâd rcy adhyûdham
sâma gîyate
cakshur eva sâtmâmas tat sâma
(2)
2. Die Rc ist das Auge, das Sâman die
eigne Person (âtman),
und besagtes Sâman ist auf besagter Rc
gegründet.
Darum wird das Sâman als auf der Rc
gegründet gesungen.
Nämlich sâ ist das Auge, ama ist die
eigne Person, das macht sâma.
shrotram eva rng manah sâma
tad etad etasyâm rcy adhyûdham
sâma tasmâd rcy adhyûdham
sâma gîyate
shrotram eva sâ mano 'mas tat sâma
(3)
3. Die Rc ist das Ohr, das Sâman das
Manas,
und besagtes Sâman ist auf besagter Rc
gegründet.
Darum wird das Sâman als auf der Rc
gegründet gesungen.
Nämlich sâ ist das Ohr, ama ist das
Manas, das macht sâma.
atha yad etad akshnah shuklam bhâh
saiva rg
atha yan nîlam parah krshnam
tat sâma
tad etad etasyâm rcy adhyûdham
sâma tasmâd rcy adhyûdham
sâma gîyate
atha yad evaitad akshnah shuklam
bâh saiva sâ
atha yan nîlam parah krshnam
tad amas tat sâma (4)
4. Weiter aber ist die Rc auch jenes weiße
Licht des Auges,
und das Sâman ist an ihm das Dunkle, ganz
Schwarze,
und besagtes Sâman ist auf besagter Rc
gegründet.
Darum wird das Sâman als auf der Rc
gegründet gesungen.
Nämlich
S.77 sâ ist auch jenes weiße
Licht des Auges,
und ama ist das Dunkle, ganz Schwarze, das macht
sâma.
atha ya esho 'ntar akshini
purusho drshyate
saiva rk tat sâma tad uktham tad
yajus tad brahma
tasyaitasya tad eva rûpam
yad amushya geshnau yan nâma tan
nâma (5)
5. Nun aber der Mann, welcher im Innern des Auges
gesehen wird,
der ist diese Rc, dieses Sâman,
diese Preisrede, dieser Opferspruch, dieses Gebet (brahman).
Die Gestalt, welche jener hat, die hat auch dieser,
jenes Gesänge <Fügungen> sind auch
seine Gesänge <Fügungen> , jenes Name sein Name;
sa esha ye caitasmâd arvâñco
lokâs
teshâm ceshte manushya
kâmânâm ceti
tasya ime vînâyâm gâyanty
etam te gâyanti
tasmât te dhana-sanayah (6)
6. auch die Welten, welche von ihm diesseits [diesseits
des Auges, also im Innern des Menschen] liegen,
auch über die herrscht er und über
die Wünsche der Menschen.
Darum die, welche hier zur Laute singen, die besingen
ihn;
deswegen wird ihnen Gut zuteil.
atha ya etad evam vidvân sâma gâyaty
so 'munaiva sa esha ye câmushmât
parâñco lokâs
tâmsh câpnoti deva-kâmâmsh
ca (7)
7. Wer nun, solches wissend, dieses Sâman singt,
der wird von jenem auch die von ihm jenseits liegenden
Welten,
auch diese erlangen und die Wünsche der
Götter,
athânenaiva ye caitasmâd arvâñco
lokâs
tâmsh câpnoti manushya-kâmâmsh
ca
tasmâd u haivamvid udgâtâ
8. und weiter wird er von diesem auch die von ihm
diesseits liegenden Welten,
auch diese erlangen und die Wünsche der
Menschen.
Darum auch ein Udgâtar, der solches weiß,
kam te kâmam âgâyânîty
esha hy eva kâmâgânasyeshte
ya evam vidvân sâma gâyati
sâma gâyati (9)
9. „Welchen Wunsch soll ich dir ersingen?“
Denn er ist Herr über das Ersingen der Wünsche,
wer, solches wissend, das Sâman singt,
– das Sâman singt.
iti saptamah khandah (7)
Achter Khanda
8-9.
Khanda: Gespräch dreier Männer über den Udgîtha,
in welchem der König Pravâhana (bekannt aus Brh.
6,2. Chând. 5,3) weiser erscheint als die Brahmanen Shilaka und Caikitâyana.
– Caikitâyana erklärt für den letzten Grund des Sâman,
und somit für dasjenige, was man unter dem Symbol des Udgîtha
zu verehren habe, die Himmelswelt. Shîlaka macht dagegen geltend,
daß die Himmelswelt (sofern die Götter der Opfer bedürfen)
von der irdischen Welt abhängig sei, daß somit die Erdenwelt
der letzte Grund des Udgîtha sein müsse. Pravâhana
endlich erweist als dasjenige, von welchem sowohl Himmelswelt als Erdenwelt
abhängig seien, den âkâsha
(Raum, Äther), d.h. das Unendliche, aus welchem alle Wesen (himmlische
wie irdische) hervorgehen, und in welches sie wieder zurückgehen.
Der âkâsha
also (welcher selbst wiederum nur eine symbolische Vorstellung des Brahman
ist) sei zuhöchst unter dem Symbol des Udgîtha
(als parovarîyân udgîthah
) zu verehren. – Dunkel blickt in der
S.78 Abhängigkeit
des Lebens von der Nahrung, dieser vom Regen, dieses vom Himmel, dieses
wiederum von der Erde, die Lehre durch, nach welcher „nach der fünften
Opferung die Wasser mit Menschenstimme reden“ , d.h. die Theorie von der
Seelenwanderung, welche in dieser Form Brh. 6,2 und Chând.
5,3-10 von ebendemselben Könige Pravâhana vorgetragen
wird.
trayo hodgîthe kushalâ babhûvah
Shilakah Shâlâvatyash Caikitâyano
Dâlbhyah Pravâhano Jaivalir iti
te hochur udgîthe vai kushalâh smo
hantodgîthe kathâm vadâma iti
(1)
1. Drei waren einstmals im Udgîtha erfahren,
Shilaka Shâlâvatya, Caikitâyana
Dâlbhya und Pravâhana Jaivali.
Sie sprachen: „Wir sind
ja im Udgîtha erfahren;
wohlan, laßt uns über den Udgîtha
eine Unterredung halten.“
tatheti ha samupavivishuh
sa ha Pravâhano Jaivalir uvâca
bhagavantâv agre vadatâm
brâhmanayor vadator vâcam
shroshyâmîti (2)
2. „So sei es“, sprachen sie und setzten sich zusammen
nieder.
Da sprach Pravâhana Jaivali:
„Ihr Ehrwürdigen mögt zuerst reden,
und ich werde, indem ihr beiden Brahmanen redet,
eurer Rede zuhören.“
sa ha Shilakah Shâlâvatyash
Caikitâyanam Dâlbhyam uvâca
hanti tvâ prcchânîti
prccheti hovâca (3)
3. Da sprach Shilaka Shâlâvatya zu Caikitâyana
Dâlbhya:
„Wohlan, laß mich dich fragen!“ – „Frage
nur“, sprach er.
kâ sâmno gatir iti svara iti hovâca
svarasya kâ gatir iti prâna
iti hovâca
prânasya kâ gatir ity annam
iti hovâca
annasya kâ gatir ity âpa iti hovâca
(4)
4. „Worauf geht das Sâman zurück?“
fragte er. „Auf den Ton“, war die Antwort. –
„Worauf geht der Ton zurück?“ – „Auf den
Lebensodem.“ –
„Worauf geht der Lebensodem zurück?“ – „Auf
die Nahrung.“ –
„Worauf geht die Nahrung zurück?“ – „Auf
das Wasser.“
apâm kâ gatir ity asau loka iti hovâca
amushya lokasya kâ gatir iti
na svargam lokam atinayed iti hovâca
svargam vayam lokam sâmâbhisam sthâpayâmah
svarga-samstâvam hi sâmeti (5)
5. „Worauf das Wasser?“ – „Auf jene Welt.“ –
„Worauf jene Welt?“ –
„Über die Himmelswelt kann man es nicht
hinausführen“, erwiderte er,
„als die Himmelswelt stelle ich das Sâman
fest,
denn was im [Symbol des] Sâman gepriesen
wird, das ist der Himmel.“ –
tam ha Shilakah Shâlâvatyash
Caikitâyanam Dâlbhyam uvâca
atishtitam vai kila te Dâlbhya sâma
yas tv etarhi brûyân mûrdhâ
te vipatishyatîti
mûrdhâ te vipated iti (6)
6. Da sprach Shilaka Shâlâvatya zu Caikitâyana
Dâlbhya:
„Dein Sâman ist ja ohne Fundament, o Dâlbhya,
und wenn jetzt einer spräche: ‚dein Kopf soll
zerspringen',
so würde dein Kopf zerspringen.“
hantâham etad bhagavato vedânîti
7. „Wohlan, so laß mich es von dir, o Herr,
erfragen!“ –
„Erfrage es“, so sprach er.
amushya lokasya kâ gatir ity ayam
loka iti hovâca
asya lokasya kâ gatir iti
na pratishtâm lokam atinayed iti
hovâca
pratishtâm vayam lokam sâmâbhisam
sthâpayâmah
pratishtâ-samstâvam hi sâmeti
(7)
„Worauf geht jene Welt zurück?“ so fragte jener.
– „Auf diese Welt“, war die Antwort. –
„Und worauf geht diese Welt zurück?“ –
„Über die Fundamentwelt kann man es nicht
hinausführen“, erwiderte er,
„als die Fundamentwelt stelle ich das Sâman
fest,
denn was im [Symbol des] Sâman gepriesen
wird, das ist das Fundament.“
tam ha Pravâhano Jaivalir uvâca
antavadvai kila te Shâlâvatya sâma
yas tv etarhi brûyân mûrdhâ
te vipatishyatîti
8. Da sprach zu ihm Pravâhana Jaivali:
„Dein Sâman ist ja endlich, o Shâlâvatya,
und wenn jetzt einer spräche: ,dein
S.79 Kopf soll zerspringen!',
so würde dein Kopf zerspringen.“ –
hantâham etad bhagavato vedânîti
„Wohlan, so laß mich es von dir, o Herr, erfragen!“
–
„Erfrage es“, so sprach er.
ity ashtamah khandah
(8)
Neunter Khanda
asya lokasyakâ gatir ity
âkâsha iti hovâca
sarvâni ha vâ imâni
bhûtâny âkâshâd eva samutpadyanta
âkâsham pratyam tam yanty
âkâsho hy evaibhyo jyâyân
1. „Worauf geht diese Welt zurück?“ so fragte
jener. –
„Auf den âkâsha“, erwiderte er,
„denn der âkâsha ist es, aus dem
alle diese Wesen hervorgehen,
und in welchen sie wieder untergehen,
der âkâsha ist älter als sie
alle,
der âkâsha ist der letzte Ausgangspunkt.
sa esha parovarîyân udgîthah
sa esho 'nantah
parovarîyo hâsya bhavati parovarîyaso
ha lokân jayati
ya etad evam vidvân parovarîyâmsam
udgîtham upâste (2)
2. Dieser ist der allervortrefflichste Udgîtha,
er ist der unendliche. –
Allervortrefflichstes wird dem zuteil, die allervortrefflichsten
Welten gewinnt,
wer, dieses also wissend, den allervortrefflichsten
Udgîtha verehrt! –
tam haitam Atidhanvâ Shaunaka Udarashândalyâyoktvovâca
yâvat tat enam prajâyâm udgîtham
vedishyante parovarîyo haibhyas
tâvad asmiml loke jîvanam bhavishyati
(3)
3. Diesen lehrte vordem Atidhanvan Shaunaka dem Udarashândalya
und sprach:
‚Solange sie in deiner Nachkommenschaft den Udgîtha
als diesen wissen werden,
so lange wird ihnen in dieser Welt das allervortrefflichste
Leben zuteil werden,
tathâmushmiml loke loka iti
sa ya etad evam vidvân upâste
parovarîya eva hâsyâsmiml loke
jîvanam bhavati
tathâmushmiml loke loka iti loke
loka iti (4)
4. und auch in jener Welt eine Heimstätte.'
Und wer diesen, solches wissend, verehrt,
dem wird in dieser Welt das allervortrefflichste
Leben zuteil
und auch in jener Welt eine Heimstätte,
– in jener Welt eine Heimstätte.“
iti navamah khandah
Zehnter Khanda
10.-11. Khanda: Die
Erzählung von dem gänzlich verarmten und bei aller Armut noch
stolzen Ushasti Câkrâyana
(ein Ushasti Câkrâyana
spielt Brh.3,4 nur
eine untergeordnete Rolle), der die zum Anstimmen des Stotram
versammelten Priester durch seine Fragen in Bestürzung versetzt und
sofort vor ihnen allen den Vorzug erhält, verdankt ihre Aufnahme in
die Upanishad wohl mehr ihrer anmutigen
Anschaulichkeit als der Bedeutsamkeit ihres Inhalts. Denn wenn Ushasti
als seine eigne, so hochgeschätzte Weisheit nichts weiter entwickelt,
als daß an den drei Teilen des Stotram, Prastâva,
Udgîtha, Pratihâra, die drei „Gottheiten“
Prâna, Âditya, Annam
(Hauch, Sonne, Nahrung) Anteil haben, so ist der Grund dieser ungewöhnlichen
Zusammenstellung und Parallelisierung wohl kaum in etwas andrem zu suchen,
als in dem Anklange von prastâva an
Prâna, von udgîtha
an ud (hoch) und pratihâra
an pratihar (zu sich nehmen). Wenn
nach der Meinung des Shankara (ad Brahmasûtrâni
1,1,23, p.138 sq.,
mein „System des Vedânta“ S.158 fg.)
der Prâna hier, wie so oft, ein
Symbol des Brahman sein soll, so verbietet
dieses nicht nur die Zusammenstellung mit Sonne und Nahrung, über
welche sich Shankara mit einem sannidhânasya
akiñcitkaratvât allzu leicht hinweghilft
S.80 (1.c.p.141,5),
sondern auch der Wortlaut; denn die Worte (1,11,5): sarvani
ha vâ' imâni bhûtâni prânam eva abhisamvishanti,
prânam abhyujjihate bedeuten nicht (wie wir „Sûtras
des Vedânta“ S.66, an Shankara
gebunden, übersetzen mußten) „alle diese Wesen gehen
ein in den Prâna und aus dem
Prâna entspringen sie“,
sondern (wie der Akkusativ prânam,
auch an zweiter Stelle, zeigt) „alle diese Lebewesen (Seelen) gehen hinter
dem Odem her (in den Leib) ein, und hinter dem Odem her springen sie ans
ihm heraus“. Somit ist prâna nur
der Odem, an dessen Verweilen im Leibe das Verweilen der Gescliöpfe
in ihm gebunden ist, wie in andrer Hinsicht an das Dasein der Sonne und
der Nahrung, die hier mit dem Prâna
in eine Linie gestellt werden. – Wir möchten vermuten, daß
das ganze Stück aus älterer Zelt stammt, wo man mit solchen flüchtigen
Analogien noch Eindruck machen konnte, aus der Zeit vor Konsolidierung
der Brahmanlehre; denn nachdem diese einmal
da war, mußte alles auf Brahman entweder
direkt oder indirekt (durch die Symbole Om, Udgîtha,
Prâna, Âkâsha usw.) bezogen werden. Dieser
Ursprung aus älterer Zeit wird dadurch bestätigt, daß das
hier geschilderte Somaopfer eine andre und viel
einfachere Form zu haben scheint als die, welche uns aus den Brâhmana's
und Sûtra's bekannt ist, denn nach der
letztern wäre das Einspringen eines Fremden am Sutyâ-Tage
und nachdem die Wahl der 16 Priester schon fünf Tage vorher stattgefunden,
um dann „mit allen Priesterämtern“ auf
einmal betraut zu werden, wohl undenkbar.
matacîhateshu kurushvâtikyâ
saha jâyayoshastirha câkrâyana
ibhyagrâme pradrânaka ivâsa
(1)
1. In dem von Hagelschlag betroffenen Lande der Kuru's wohnte,
mit seiner Gattin Âtikî Ushasti Câkrâyana,
indem er sich im Dorfe eines reichen Mannes in Armut umhertrieb.
sa îbhyam kulmâshân
khâdantam bibhikshe
tam hovâca
neto 'nye vidyante yacca ye ma ima upanihitâ iti (2)
2. Da sah er den reichen Mann, wie er ein Gericht Bohnen als, und bettelte
ihn an.
Der erwiderte ihm: „Es ist nicht mehr davon
da, als was man mir hier vorgesetzt hat.“
eteshâm me dehîti hovâca
tân asmai pradadau
hantânupânam ity
ucchishtam vai me pîtam syâd
iti hovâca (3)
3. „So gib mir von denen“, bat er, und jener
gab ihm davon.
„Da ist auch ein Trunk dazu“, fügte
er hinzu.
Aber der andre sprach: „Dann würde ich ja den Überrest eines
andern trinken“ [welches verunreinigt].
na svid ete 'pyuddhishtâ iti
na vâ ajîvipyam imân akhâdann
iti hovâca
4. „Aber diese [von dir angenommenen Bohnen] hier sind doch auch ein Überrest.“
–
„Wenn ich die nicht äße, so könnte ich nicht leben“,
versetzte er,
„aber Wasser zu trinken, steht in meinem Belieben.“
sa ha khâditvâtisheshâñ
jâyâyâ âjahâra
sâgra eva subhikshâ babhûva
tân pratigrhya nidadhau (5)
5. Nachdem er gegessen, brachte er die übrig gebliebenen seinem Weibe.
Die aber hatte schon vorher reichlich zu essen gefunden, nahm jene
in Empfang und verwahrte sie.
sa ha prâtah sañjihâna
uvâca
yad batânnasya labhemahi
labhemahi dhanamâtrâm
râjâsau yakshyate
sa mâ sarvair ârtvijyair vrnîteti
(6)
6. Am andern Morgen sprang er auf und rief:
„Wüßte ich nur an Essen zu kommen [mich für die Wanderung
zu S.81 stärken],
so wüßte ich auch an einiges Geld zu kommen.
Der Râja so und so ist im Begriff, ein Opfer vollbringen zu lassen;
der würde mich zu allen Priesterämtern 1
wählen.“
1 sarviar
ârtvijyair hier und 1,11,2. 1,11,3 ist
von einem zu supplierenden kartum abhängig.
tam jâyovâca
hanta pata ima eva kulmâshâ iti
tân khâditvâmum yajñam
vitatam eyâya (7)
7. Sein Weib sprach: „Nun, da sind ja noch die Bohnen, Mann !“ –
Da aß er sie 2 und ging zu jenem
bereits angegangenen Opfer hin.
2 Obwohl sie als Rest
(ucchishtam) und Vortägiges
(paryushitam) doppelt unrein waren.
tatrodyâtrrnâstâve stoshyamânân
upopavivesha sa ha prastotâram uvâca
(8)
8. Da kam er zu den Udgâtar's wie sie gerade auf dem dazu bestimmten
Platze das Stotram anstimmen wollten
und setzte sich zu ihnen hin. Und er sprach zum Prastotar:
prastotaryâ devatâ
prastâvam anvâyattâ
tâm ced avidvân
prastoshyasi
mûrdhâ te vipatishyatîti (9)
9. „Prastotar! die Gottheit, welche an dem Prastâva beteiligt ist,
wenn du, ohne die zu wissen, den Prastâva singen wirst, so muß
dein Kopf zerspringen.“
evam evodgâtâram uvâcodgâtar
yâ devatodgîtham anvâyattâ
tâm ced avidvân
udgâsyasi
mûrdhâ te vipatishyatîti (10)
10. Ebenso sprach er zum Udgâtar: „Udgâtar! die Gottheit, welche
an dem Udgîtha beteiligt ist,
wenn du, ohne die zu wissen, den Udgîtha singen wirst, so muß
dein Kopf zerspringen.“
evam eva pratihartâram uvâca
pratihartar yâ devatâ pratihâram anvâyattâ
tâm ced avidvân
pratiharishyasi
mûrdhâ te vipatishyatîti
te ha samâratâstûshnîmâsâñ
cakrire (11)
11. Ebenso sprach er zum Pratihartar: „Pratihartar! die Gottheit, welche
an dein Pratihâra beteiligt ist,
wenn du, ohne die zu wissen, den Pratihâra singen wirst, so muß
dein Kopf zerspringen.“
– Da ließen sie ab und saßen
schweigend da.
iti dashamah khandah
Elfter Khanda
atha hainam yajamâna uvâca
bhagavantam vâ aham vividishânîty
ushastir asmi câkrâyana
iti hovâca (1)
1. Da sprach der Veranstalter des Opfers zu ihm:
„Herr, ich wünsche zu wissen, wer du bist.“
–
Er sprach: „Ushasti Câkrâyana bin ich.“
sa hovâca bhagavantam vâ
aham ebhih sarvair ârtvijyaih
paryaishisham
bhagavato vâ aham avittyânyân
avrshi (2)
2. Und jener sprach: „Dich, o Herr,
habe ich ringsherum gesucht, um dich mit allen diesen Priesterämtern
zu betrauen;
und nur, weil ich dich nicht finden konnte, habe ich andre gewählt.
bhagavâ 'stv eva me sarvair artvijyair
iti
tathetyatha tarhy eta eva samatisrshtâh
stuvatâm
yâvat tv ebhyo dhanam dadyâs tâvan
mama dadyâ iti
tatheti ha yajamâna uvâca (3)
3. Jetzt bist du mir, o Herr, zuteil geworden für alle Priesterämter.“
–
„So sei es“, sprach er, „doch mögen
S.82 immerhin diese da mit zugelassen werden, das Stotram
zu singen.
Nur mußt du [da ich nicht mit ihnen teilen mag] mir ebensoviel
Lohn geben,
wie du ihnen [zusammen] geben wirst.“
atha hainam prastotopasasâda
prastotaryâ devatâ
prastâvam anvâyattâ
tâm ced avidvân
prastoshyasi
mûrdhâ te vipatishyatîti
mâ bhagavân avocât
katamâ sâ devateti (4)
4. Da näherte sich ihm der Prastotar und sprach: „Du sagtest zu mir,
o Herr:
«Prastotar, die Gottheit, welche an dem Prastâva beteiligt
ist,
wenn du, ohne die zu wissen, den Prastâva singen wirst, so muß
dein Kopf zerspringen.»
So sage:
welches ist diese Gottheit?“
prâna iti hovâca
sarvâni ha vâ imâni
bhûtâni prânam evâbhisamvishanti
prânam abhyujjihate
saishâ devatâ prastâvam anvâyattâ
tâm ced avidvân prastoshyo
mûrdhâ te vyapatishyat
5. „Der Odem“, so antwortete er.
„Denn alle diese Geschöpfe ziehen mit dem Odem ein
und mit dem Odem ziehen sie wieder aus [aus dem Leibe].
Das ist die Gottheit, die an dem Prastâva beteiligt ist.
Hättest du, ohne diese zu wissen, den Prastâva gesungen,
so wäre dein Kopf zersprungen,
nachdem du also von mir gewarnt worden.“
atha hainam udgâtopasasâdodgâtar
yâ devatodgîtham anvâyattâ
tâm ced avidvân udgâsyasi mûrdhâ
te vyapatishyatîti
mâ bhagavân avocât katamâ
sâ devateti (6)
6. Da näherte sich ihm der Udgâtar und sprach: „Du sagtest zu
mir, o Herr: «Udgâtar,
die Gottheit, welche an dem Udgîtha beteiligt ist,
wenn du, ohne die zu wissen, den Udgîtha singen wirst, so muß
dein Kopf zerspringen.»
So sage: welches ist diese Gottheit?“
âditya iti hovâca
sarvâni ha vâ imâni
bhûtâny âdityam uccaih santam gâyanti
saishâ devatodgîtham anvâyattâ
tâm ced avidvân udagâsyo mûrdhâ
te vyapatishyat
7. „Die Sonne“, so antwortete er.
„Denn alle diese Geschöpfe singen (gâyanti)
die hoch (uccaih) gestiegene
Sonne an.
Das ist die Gottheit, die an dem Udgîtha beteiligt ist.
Hättest du, ohne diese zu wissen, den Udgîtha gesungen,
so wäre dein Kopf zersprungen,
nachdem du also von mir gewarnt worden.“
atha hainam pratihartopasasâda pratihartar
yâ devatâ pratihâram anvâyattâ
tâm ced avidvân pratiharishyasi
mûrdhâ te vyapatishyatîti
mâ bhagavân avocât katamâ
sâ devateti (8)
8. Da näherte sich ihm der Pratihartar und sprach: „Du sagtest zu
mir, o Herr.
«Pratihartar, die Gottheit, welche an dem Pratihâra beteiligt
ist,
wenn du, ohne die zu wissen, den Pratihâra singen wirst, so muß
dein Kopf zerspringen.»
So sage: welches ist diese Gottheit?“
annam hovâca
sarvâni ha vâ imâni
bhûtâny avvam eva pratiharamanâni jîvanti
saishâ devatâ pratihâram
anvâyattâ
tâm ced avidvân prastoshyo
mûrdhâ te vyapatishyat
tathoktasya mayeti –
tathoktasya mayeti (9)
9. „Die Nahrung“, so antwortete er.
„Denn alle diese Geschöpfe leben, indem sie Nahrung zu sich nehmen
(pratiharamânâni).
Das ist die Gottheit, die an dem Pratihâra beteiligt ist.
Hättest du, ohne diese zu. wissen, den Pratihâra gesungen,
so wäre dein Kopf zersprungen,
nachdem du also von mir gewarnt worden, –
also von mir gewarnt worden.“
ity ekâdashah khandah
S.83
Zwölfter Khanda
Dem nun folgenden Hunde-Udgîtha
läßt sich wohl kaum ein andrer Sinn abgewinnen, als daß
er (wie bereits „System des Vedânta“
S.18, Anm.11 ausgesprochen) ursprünglich, ähnlich wie das Lied
an die Frösche Rgv.7,103, eine Satire auf die Tätigkeit
der Priester und ihre egoistische Endabsicht war, welche später, irgendwie
allegorisch umgedeutet, Aufnahme in den Kanon fand. Diese allegorischen
Deutungen (die Götter seien, erfreut über das Studium des Baka,
ihm in Hundegestalt erschienen, um ihm die Belehrung zu erteilen, daß
der Zweck des Studiums der Broterwerb sei, oder, die Lebensodem hätten
ihm in dieser Erscheinung ihr Ernährtwerden durch den Mukhya
Prâna allegorisch zu verstehen gegeben) sind zu sinnlos,
um ein Wort darüber zu verlieren, während als Satire das Stück
durch die Hunde und das was sie tun und sagen das Gebaren der Priester
und ihre hungrige Bettelhaftigkeit sehr gut persiflieren würde.
athâtah shauva udgîthas
taddha bako dâlbhyo glâvo vâ
maitreyah
1. Nunmehr daher der Hunde-Udgîtha.
Also Baka Dâlbhya, – der da auch heißt Glâva Maitreya
–
der ging auf die Wanderschaft, um zu studieren.
tasmai shvâ shvetah prâdurbabhûva
tam anye upasametyocur
bhagavân âgâyatv ashanâyâma
vâ iti (2)
2. Da erschien ihm ein weißer Hund;
zu dem kamen andre Hunde gelaufen und sprachen:
„O Herr, ersinge für uns Nahrung, denn wir haben Hunger!“
tân hovâcehaiva mâ prâtar
upasamîyâteti
taddha bako dâlbhyo glâvo vâ
maitreyah pratipâlayâñ
cakâra (3)
3. Und er sprach zu ihnen: „Trefft morgen früh mit mir allhier zusammen.“
Dieses beschloß Baka Dâlbhya – der da auch heißt
Glâva Maitreya – abzuwarten.
te ha yathaivedam bahishpavamânena stoshyamânâh
samrabdhâh sarvantîty evam
âsasrpus
te ha samupavishya him cakruh (4)
4. Da kamen sie herangezogen, wie die Priester, wenn sie das Bahish-pavamâna-Stotram
singen wollen,
einander [am Kleide, Ind.Stud.IX,224] anfassend, heranziehen.
Und sie setzten sich nieder und stimmten das Him
an.
o3m adâ3ma
o3m pivâ3ma
o3m
devo varunah prajâpatih savitâ2nnam ihâ2''harat
annapate3'nnam
ihâ2''harâ2''haro3m iti
5. Und sie sangen: „Om! ich möchte essen, Om! ich
möchte trinken;
Om! möge der Gott Varuna, Prajâpati und Savitar Nahrung
herbeischaffen;
o Nahrungsherr, Nahrung schaffe herbei, – schaffe herbei!
Om!“
iti dvâdashah khandah
Dreizehnter Khanda
Über den mystischen
Sinn (upanishad) gewisser beim Singen
des Sâman vorkommender Laute. Dreizehn
solcher Singlaute (stobha) werden ohne weitere
Begründung auf dreizehn, ungeordnet durcheinander stehende, Welterscheinungen
gedeutet. Wir fügen die Erklärungen des Shankara bei, hauptsächlich,
weil sie zeigen, wie wenig Sinn hinter diesen allegorischen Spielereien
steckt.
S.84
ayam vâva loko hâ-u-kâro
1. hâ-u ist diese Welt
[kommt im Rathantaram vor, welches die Erde
ist];
vâyur hâ-i-kârash
hâ-i ist der Wind [kommt im
Vâmadevyam vor,
welches aus Wind und Wasser entsprungen ist];
candramâ atha-kârah
atha ist der Mond [weil a
an annam (Nahrung)
und tha an
sthitam (bestehend) anklingt,
der Mond aber seinem Wesen nach Nahrung ist];
âtmeha-kâro
iha ist der Leib
[âtman, weil er „hier“
gegenwärtig ist];
'gnir î-kârah (1)
î ist Agni
[weil alle Sâman's an Agni
mit î
auslauten];
âditya û-kâro
2. û ist Âditya
[weil er û-rdhva „hoch oben“
ist];
nihava e-kâro
e ist der Herbeiruf [wegen e-hi
„komm herbei“]
vishve devâ au-hoyi-kârah
au-ho-i sind die Vishve devâh
[weil dieser Ruf in Vaishvadevyam vorkommt];
prajâpatir hing-kârah
hing ist Prajâpati
[denn Prajâpati ist anirukta,
und hing ist avyaktam];
prânah svaro
svara (der Ton) ist Prâna
(der Hauch)
'nnam yâ
yâ ist Nahrung
[weil alles durch Nahrung yâ-ti,
in Gang kommt];
vâg virât (2)
vâc ist Virâj
[weil im Vairâjam vorkommend];
aniruktas trayodashah stobhah sañcaro
hung-kârah (3)
3. hung
ist der unbestimmbare dreizehnte Singlaut, der unstäte.
dugdhe 'smai vâg doham yo vâco
doho
'nnavân annâdo bhavati
ya etâm evam sâmnâm
upanishadam vedopanishadam vedeti
(4)
4. Dem läßt die Rede Melktrank strömen, den Melktrank,
der der Rede eigen ist,
der wird nahrungreich, nahrunggenießend,
wer also von den Sâmalauten
diesen Geheimsinn (upanishad)
kennt, – diesen Geheimsinn kennt (vgl.1,3,7).
iti chândogyopanishadi prathamo
'dhyâyah
Soweit in der Chândogya-Upanishad der erste Prapâthaka.
weiter zum. 2.Prapâthaka
Inhaltsverzeichnis
der Chândogya-Upanishad * nächstes
Kapitel (2)
Chând.-Up.:
Einl. * 1 * 2
* 3 (Weltei) *
4 * 5 (prâna)
* 6 (tat
tvam asi) * 7 * 8,1-6;
8,7-15 * Kena-Upanishad
grham/
Index * Indienreise * Buddha
(Sâmañña-Phala Sutta)/ Lalitavistara/
Ajanta/ Thankas/
Jâtakas/ Zen-Kunst
Sanskrit/
Grammatik * Rgveda
* Mahâbhârata * Râmâyana
* Gîtâ * Vedânta
* Yoga
Meister
Eckhart: unio mystica * ICH
BIN
der ICH BIN (Exodus 3) * Meditation
und Mantren
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des Sâmaveda : Chândogya-Upanishad