Denn erstlich gab es drei Gesclechter von Menschen,
nicht wie jetzt nur zwei, männliches und weibliches,
sondern es gab noch ein drittes dazu, welches das
gemeinschaftliche war von diesen beiden,
dessen Name auch noch übrig ist, es selbst
aber ist verschwunden.
androgunon
gar en tote men hn
kai
eidoV kai onoma ex amfoterwn koinon tout e arrenoV kai qhleoV,
nun
de ouk estin all h en oneidei onoma keimenon.
Mannweiblich nämlich war damals das eine,
Gestalt und Benennung zusammengesetzt aus jenen
beiden, dem männlichen und weiblichen,
jetzt aber ist es nur noch ein Name, der zum Schimpf
gebraucht wird.
epeita
olon hn ekastou tou anqrwpou to eidoV strongulon
nwton
kai pleuraV kuklwi econ
Ferner war die ganze Gestalt eines jeden Menschen
rund,
so daß Rücken und Brust im Kreise herumgingen,
ceiraV
de tettaraV eice, kai skelh ta isa taiV cersin,
kai
proswpa (190) du ep auceni kukloterei omoia panthi;
kefalhn
d epi amfoteroiV toiV proswpoiV enantioiV keimenoiV mian
kai
wta tettara, kai aidoia duo,
kai
t alla panta wV apo toutwn an tiV eikaseien.
und vier Hände hatte jeder und Schenkel ebensoviel
wie Hände,
und zwei Angesichter auf einem kreisrunden Halse
einander genau ähnlich,
und einen gemeinschaftlichen Kopf für beide
einander gegenüberstehende Angesichter,
und vier Ohren, auch zweifache Schamteile,
und alles übrige wie es sich hieraus ein jeder
weiter ausdenken kann.
eporeueto
de kai orqon wsper nun, opoterwse boulhqeihi
kai
opote tacu ormhseien qein, wsper oi kubistwnteV
kai
eiV orqon ta skelh periferomenoi kubistwsi kuklwi
oktw
tote ousi toiV melesin apereidomenoi tacu eferonto kuklwi
Er ging aber nicht nur aufrecht wie jetzt, nach
welcher Seite er wollte,
sondern auch, wenn er schnell wohin strebte, so
konnte er, wie die Radschlagenden jetzt noch,
indem sie die Beine gerade im Kreise herumdrehen,
das Rad schlagen,
ebenso auf seine acht Gliedmaßen gestützt
sich sehr schnell im Kreise fortbewegen.
hn
de dia tauta tria (190b) ta gene kai toiauta,
oti
to men arren hn tou hliou thn archn ekgonon,
to
de qhlu thV ghV,
to
de amfoterwn metecon thV selhnhV, oti kai h selhnh amfoterwn metecei;
Diese drei Geschlechter gab es aber deshalb,
weil das männliche ursprünglich der Sonne
Ausgeburt war
und das weibliche der Erde,
das an beidem teilhabende aber des Mondes, der ja
auch selbst an beiden teilhat.
periferh
de dh hn kai auta kai h poreia autwn
dia
to toiV goneusin omoia einai
Und kreisförmig waren sie selbst und ihr Gang,
um ihren Erzeugern ähnlich zu sein.
hn
oun thn iscun deina kai thn rwmhn,
kai
ta fronhmata megala eicon
Welche Männer nun von einem solchen Gemeinschaftlichen
ein Schnitt sind,
was damals Mannweib hieß,
die sind weiberliebend, und die meisten Ehebrecher
gehören zu diesem Geschlecht,
kai
(191e) osai au gunaikeV filandroi te kai moiceutriai
ek
toutou tou genouV gignontai.
und so auch, welche Weiber männerliebend sind und
ehebrecherisch,
die kommen aus diesem Geschlecht.
osai
de twn gunaikwn gunaikoV tmhma eisin,
ou
panu autai toiV andrasi ton noun prosecousin,
alla
mallon proV taV gunaikaV tetrammenai eisin,
kai
ai etairistriai ek toutou tou genouV gignontai.
Welche Weiber aber Abschnitte eines Weibes sind,
die kümmern sich nicht viel um die Männer,
sondern sind mehr den Weibern zugewendet,
und die Tribaden kommen aus diesem Geschlecht;
osoi
de arrebiV tnhna eisi, ta arena diwkousi,
kai
tewV men an paideV wsin,
ate
temacia onta tou arrenoV, filousi touV andraV kai cairousi
sugkatakeimenoi
kai sumpeplegmenoi (192a) touV andrasi,
die aber Schnitte eines Mannes sind, suchen das
Männliche auf,
und so lange sie noch Knaben sind,
lieben sie als Schnittstücke des Mannes die
Männer,
und bei Männern zu liegen und sich mit ihnen
zu umschlingen ergötzt sie,
kai
eisin outoi beltistoi twn paidwn kai meirakiwn,
ate
andreioitatoi onteV fusei.
fasi
de dh tineV autouV anaiscuntouV einai, yeudomenoi;
und dies sind die trefflichsten unter den Knaben
und heranwachsenden Jünglingen,
weil sie die männlichsten sind von Natur.
Einige nun nennen sie zwar schamlos, aber mit Unrecht.
ou
gar u anaiscuntiaV touto drwsin
all
upo qarrouV kai andreiaV kai arrenwpiaV to omoin autoiV aspazomenoi.
Denn nicht aus Schamlosigkeit tun sie dies,
sondern weil sie mit Mut und Kühnheit und Mannhaftigkeit
das ihnen Ähnliche lieben.
mega
de tekmhrion; kai gar telewqenteV
monoi
apobainousin eiV ta politika andreV oi toioutoi.
Davon ist ein großer Beweis, daß, wenn
sie vollkommen ausgebildet sind,
solche Männer vorzüglich für die
Angelegenheiten des Staates gedeihen.
epeidan
de andrwqwsi (192b) paiderastousi
kai
proV gamouV kai paidopoiiaV ou prosecousi ton noun fusei,
all
upo tou nomou anagkazontai;
all
exarkei autoiV met allhlwn katazhn agamoiV.
Sind sie aber mannbar geworden, so werden sie Knabenliebe
haben;
zur Ehe aber und Kinderzeugung haben sie von Natur
keine Lust,
sondern nur durch das Gesetz werden sie dazu genötigt,
ihnen selbst wäre es genug, untereinander zu
leben unverehelicht.
pantwV
men oun o toioutoV paiderasthV te kai filerasthV gignetai,
aei
to sungeneV aspazomenoV.
Auf alle Weise also wird ein solcher ein Knabenliebhaber
und ein Liebhaberfreund,
indem er immer dem Verwandten anhängt.
otan
men oun autwi ekeinwi entuch twi hmisei kai o paiderasthV kai alloV paV,
tote
kai qaumasta ekplhttontai filia te kai (192c) oikeiothti kai erwti,
ouk
eqelonteV wV epoV eipein cwrizesqai allhlwn oude smikron cronon.
Wenn aber einmal einer seine wahre eigne Hälfte
antrifft, ein Knabenfreund oder jeder andere,
dann werden sie wunderbar entzückt zu freundschaftlicher
Einigung und Liebe
und wollen sozusagen auch nicht die kleinste Zeit
voneinander lassen;
kai
oi diatelounteV mt allhlwn dia biou outai eisin,
oi
oud an ecoien eipein oti boulontai sfisi par allhlwn gignesqai.
und die ihr ganzes Leben lang miteinander verbunden
bleiben,
diese sind es, welche auch nicht einmal zu sagen
wüßten, was sie voneinander wollen.
oudeni
gar an doxeien tout einai h twn afrodisiwn sunousia,
wV
ara toutou eneka eteroV eterwi cairei sunwn outwV epi megalhV spoudhV;
all
allo ti boulomenh ekaterou h yuch (192d) dhlh estin,
o
ou dunatai eipein, alla manteuetai o bouletai, kai ainittetai.
Denn dies kann doch wohl nicht die Gemeinschaft
des Liebesgenusses sein,
daß um deswillen jeder mit so großem
Eifer trachtete, mit dem andern zusammen zu sein;
sondern offenbar ist, daß die Seele beider,
etwas anderes wollend,
was sie aber nicht aussprechen kann, es nur andeutet
und zu raten gibt.
kai
ei autoiV en twi autwu katakeimenoiV
epistaV
o hfaistoV, ecwn ta organa, eroito:
Und wenn, indem sie zusammenliegen,
Hephaistos vor sie hinträte, seine Werkzeuge
in der Hand, und sie fragte:
ti
esq o boulesqe, w anqrwpoi, umin par allhlwn genesqai;
kai
ei aporountaV autouV palin eroito:
Was ist es denn eigentlich, was ihr wollt, ihr Leute,
von einander,
und wenn sie dann nicht zu antworten wüßten,
sie weiter fragte:
ara
ge toude epiqumeite, en twi genesqai oti malista allhloiV,
wste
kai nukta kai hmeran mh apoleipesqai allhlwn;
Begehrt ihr etwa dieses, soviel als möglich
zusammenzusein;
daß ihr euch Tag und Nacht nicht verlassen
dürftet?
ei
gar toutou epiqumeite,
qelw
umaV sunthxai kai (192e) sumfushsai eiV to auto,
wste
du ontaV ena gegonenai
kai
ewV t an zhte, wV ena onta, koinhi ampoterouV zhn,
Denn wenn das euer Begehren ist:
so will ich euch zusammenschmelzen und in eins zusammenschweißen,
so daß ihr statt zweier einer seid
und, so lange ihr lebt, beide zusammen als einer
lebt,
kai
epeidan apoqanhte, ekei au en aidou
anti
duoin ena einai koinhi teqnewte;
und wenn ihr gestorben seid, auch dort in der Unterwelt
nicht zwei, sondern gemeinsam gestorben ein Toter
seid.
all
orate ei toutou erate kai exarkei umin an toutou tuchte;
Also seht zu, ob ihr dies liebt und zufrieden
sein werdet, wenn ihr es erreicht.
taut
akousaV ismen oti oud an eiV exarnhqeih
oud
allo ti an faineih boulomenoV,
all
atecnwV oioit an akhkoenai tout o palai ara epequmei,
sunelqwn
kai suntakeiV twi erwmenwi ek duoin eiV genesqai.
Dies hörend, das wissen wir gewiß, würde
auch nicht einer sich weigern
oder zu erkennen geben, daß er etwas anderes
wollte,
sondern jeder würde eben das gehört zu
haben glauben, wonach er immer schon strebte,
durch Nahesein und Verschmelzung mit dem Geliebten
aus zweien einer zu werden.
touto
gar esti to aition,
oti
h arcaia fusiV hmwn hn authi kai hmen oloi;
tou
olou oun thi epiqumiai (193a) kai diwxei erwV onoma.
Hiervon ist nun dies die Ursache,
daß unsere ursprüngliche Beschaffenheit
diese war und wir ganz waren,
und dies Verlangen eben und Trachten nach dem Ganzen
heißt Liebe.
kai
pro tou, wsper legw, en hmen,
nuni
de dia thn adikian
diwkisqhmen
upo tou qeou,
kaqaper
ArkadeV upo Lakedaimoniwn.
Und vor diesem, wie gesagt, waren wir eins,
jetzt aber sind wir der Ungerechtigkeit wegen
von dem Gott auseinandergelegt und verteilt worden
wie die Arkadier von den Lakedaimoniern.
foboV
oun esti, ean mh kosmioi wmen proV touV qeouV,
opwV
mh kai auqiV diascisqhsomeqa,
kai
periimen econteV wsper oi en taiV sthlaiV katagrafhn ektetupwmenoi,
diapeprismenoi
kata taV rinaV,
geginoteV
wsper lispai.
Es steht also zu besorgen, wenn wir uns nicht sittsam
betragen gegen die Götter,
daß wir noch einmal zerspalten werden
und so herumgehen müssen wie die auf den Grabsteinen
Ausgeschnittenen,
die mitten durch die Nase gespalten sind,
und daß wir dann werden wie die geteilten
Würfel, von denen die andere Hälfte der andere hat.
alla
toutwn eneka pant andra crh apanta paraleleuesqai
eusebein
peri (193b) qeouV,
ina
ta men ekfugwmen, twn de tucwmen, wV o ErwV hmin hgemwn kai strathgoV.
wi
mhdeiV enantia prattetw
-
prattei d anantia ostiV qeoiV apecqanetai -
Aber aus dieser Ursache sollte nun jeder Mann jedem
zureden,
den Göttern Ehrfurcht zu beweisen,
damit wir diesem entgehen, jenes aber erlangen,
wozu Eros uns führt und befehligt.
Dem nun wolle ja niemand entgegenhandeln;
es handelt dem aber entgegen, wer sich den Göttern
verhaßt macht.
filoi
gar genomenoi kai diallagenteV twi qewi
exeurhsomen
te kai enteuxomeqa toiV paidikoiV toiV hmeteroiV autwn,
o
twn nun oligoi poiousi.
Denn sind wir diesen befreundet und mit dem Gotte
in gutem Vernehmen:
so werden wir jeder unsern eignen Liebling finden
und besitzen,
was jetzt nur wenigen begegnet.
kai
mh moi upolabhi Eruximacos, kwmwidwn ton logon,
wV
Pausanian kai Agaqwna legw
iswV
men (193c) gar kai outoi toutwn tuncanousin onteV
kai
eisin amfoteroi thn fusin arreneV
Und Eryximachos lege es mir nicht, um meine Rede
auf Spott zu ziehen, so aus,
als meinte ich den Pausanias und Agathon.
Denn vielleicht gehören auch sie zu diesen
und sind beide von Natur männlich.
legw
de oun egwge kaq apantwn kai andrwn kai gunaikwn,
oti
outwV an hmwn to genoV eudaimon genoito,
ei
ektelesaimen ton erwta kai twn paidikwn twn autou ekastoV tucoi
eiV
thn arcaian apelqwn fusin.
Sondern ich meine es von allen insgesamt, Männern
und Frauen,
daß so unser Geschlecht glückselig würde,
wenn es uns in der Liebe gelänge und jeder
seinen eigentümlichen Liebling gewönne,
um so zur ursprünglichen Natur zurückzukehren.
ei
de touto ariston,
anagkaion
kai twn nun parontwn
to
toutou eggutatwi ariston einai;
touto
d esti paidikwn tucein kata noun autwi pefukotwn;
Wenn nun dieses das beste ist:
so wird notwendig unter dem uns jetzt zu Gebote
Stehenden
das beste sein, was jenem am nächsten kommt,
und das heißt einen Liebling zu finden, der
jedem nach seinem Sinne geartet ist.
ou
dh ton aition qeon umnounteV (193d)
dikaiwV
an umnoumen erwta,
oV
en te twi paronti hmaV pleista onimhsin eiV to oikeion agwn,
Und wollen wir dafür den Gott, von dem es uns
herkommt, besingen,
so müssen wir ja allerdings den Eros besingen,
der uns jetzt schon so viel Gutes erzeigt, indem
er uns zu dem Verwandten hinführt,
kai
eiV to epeita elpidaV megistaV parecetai,
hmwn
parecomenwn proV qeouV eusebeian,
katasthsaV
hmaV eiV thn arcaian fusin kai iasamenoV,
marakiouV
kai eudaimonaV poihsai.
für die Zukunft aber uns die größte
Hoffnung gibt,
uns, wenn wir nur Ehrfurcht den Göttern beweisen,
zur ursprünglichen Natur herstellend und heilend,
glücklich und selig zu machen.