pollakis oun allote ton logon en têi
scholêi proballomenon
ekklinas atrema kai parelthôn
enanchos hupo tôn huiôn elêphthên
xenois tisi sumphilotimoumenôn
hous euthus ek Delphôn apairein mellontas
ouk ên euprepes
paragein oude paraiteisthai
pantôs akousai ti prothumoumenous
Oft nun, wenn mir ein anderes Mal diese Frage in der Schule vorgelegt
wurde,
habe ich leise abgelenkt und bin darüber hinweggegangen,
wurde neulich aber von meinen Söhnen auf das Thema festgelegt,
die gerade mit einigen Fremden sich darum bemühten,
und da diese im Begriffe waren, alsbald von Delphi abzureisen, so war
es nicht schicklich,
die Sache hinzuziehen oder nein zu sagen,
da sie durchaus etwas darüber hören wollten.
hôs de kathisas para ton neôn
ta men autos êrxamên zêtein
ta d' ekeinous erôtan
hupo tou topou kai tôn logôn autôn
[anemnêsthên]
ha palai pote kath' hon kairon epedêmei
Nerôn
êkousamen Ammôniou kai tinôn
allôn diexiontôn
entautha tês autês aporias homoiôs
empesousês
Als wir uns nun beim Tempel niedersetzten
und ich anfing, teils selbst zu forschen, teils sie zu fragen,
wurde ich durch den Ort und durch das Gespräch selbst an das erinnert,
was ich vor langer Zeit einmal, als gerade Nero in Griechenland war,
Ammonios und einige andere sagen hörte,
als hier dieselbe Frage in gleicher Weise aufgetaucht war.
2.
hoti men gar ouch hêtton ho theos philosophos
ê mantis edokei pasin orthôs
pros touto tôn onomatôn hekaston
Ammônios tithesthai kai didaskein
hôs Puthios men esti tois archomenois manthanein
kai diapunthanesthai
Dêlios de kai Phanaios hois êdê
ti dêloutai kai hupophainetai tês alêtheias
Ismênios de tois echousi tên epistêmên
kai Leschênorios hotan energôsi kai
apolauôsi
chrômenoi tôi dialegesthai
kai philosophein pros allêlous
Daß nämlich der Gott nicht weniger Philosoph als Seher sei,
schien allen ganz richtig
durch den Hinweis auf einen jeden seiner Namen Ammonios aufzuzeigen
und zu beweisen,
daß er nämlich Pythios heiße für diejenigen,
die erst anfingen zu lernen und zu fragen,
Delios und Phanaios für die, denen schon etwas von der Wahrheit
deutlich und offenbar wird,
Ismenios für die, welche das Wissen besitzen,
und Leschenorios, wenn sie es betätigen und genießen,
indem sie miteinander disputieren und philosophieren.
"epei de tou philosophein" ephê "tôi
zêtein
<archê tou de zêtein> to thaumazein
kai aporein
eikotôs ta polla tôn peri ton theon
hoiken ainigmasi katakekruphthai
[kai] logon tina pothounta 'dia ti' kai didaskalian
tês aitias
hoion epi tou puros tou athanatou
to kaiesthai monon autothi tôn xulôn
elatên kai daphnên epithumiasthai
kai to duo Moiras hidrusthai pantachou triôn
nomizomenôn
kai to mêdemiai gunaiki pros to chrêstêrioneinai
proselthein
kai to tou tripodos kai hosa toiauta
tois mê pantapasin alogois kai apsuchois
hupheimena deleazei
kai parakalei pros to skopein ti kai akouein
kai dialegesthai peri autôn
«Da nun», fuhr Ammonios fort «der Anfang des Philosophierens
das Suchen,
der Anfang des Suchens aber das Staunen und Fragen ist,
so scheint begreiflicherweise das meiste, was den Gott betrifft, in
Rätsel eingehüllt
und verlangt eine Antwort auf die Frage "Warum?" und eine Belehrung
über die Ursache;
zum Beispiel bei dem ewigen Feuer,
daß nur Tannenholz gebrannt und nur mit Lorbeer geräuchert
wird,
und daß hier nur zwei Moiren Verehrung genießen, wo überall
sonst drei angenommen werden,
und daß keiner Frau die Befragung des Orakels gestattet ist,
und die Sache mit dem Dreifuß, und was es sonst dergleichen gibt,
das wirkt auf alle, die nicht ganz ohne Sinn und Verstand sind, wie
ein ausgelegter Köder
und fordert sie auf, zu fragen, zu hören und darüber zu sprechen.
hora de kai tauti ta programmata
to 'gnôthi sauton' kai to 'mêden
agan'
hosas zêtêseis kekinêke philosophois
kai hoson logôn plêthos aph' hekastou
kathaper apo spermatos anapephuken
hôn oudenos hêtton oimai gonimon
logôn einai to nun zêtoumenon."
Sieh doch auch diese Aufschriften,
das 'Erkenne dich selbst' und das 'Nichts im Übermaß',
zu wie vielen Untersuchungen sie die Philosophen angeregt haben,
und welche Fülle an Schriften aus beiden wie aus einem Samenkorn
emporgesproßt ist,
deren keiner meiner Meinung nach die Frage unterlegen ist, die wir
hier untersuchen.»
3.
eipontos de tauta tou Ammôniou
Lamprias ho adelphos eipe
"kai mên on hêmeis akêkoamen
logon haplous tis esti kai komidêi brachus
Nachdem Ammonios dies gesagt hatte,
nahm mein Bruder Lamprias das Wort und sagte:
«Die Deutung, die ich gehört habe, ist einfach und ganz
kurz.
legousi gar ekeinous tous sophous hup' eniôn
de sophistas prosagoreuthentas
men einai pente
Chilôna kai Thalên kai Solôna
kai Bianta kai Pittakon
Man sagt nämlich, jene sieben Weisen, die von einigen auch Sophisten
genannt worden sind,
seien eigentlich nur fünf gewesen,
Chilon, Thales, Solon, Bias und Pittakos.
epei de Kleiboulos ho Lindiôn turannos
eita Periandros ho Korinthos
ouden autois aretês meton oude sophias
alla dunamei kai philois kai charisi katabiazomenoi
tên doxan
eneballon eis tounoma tôn sophôn
kai tinas gnômas kai logous exepempon
kai diespeiron eis tên Hellada tois hup'
ekeinôn legomenois homoious
duscheranantas ara tous andras
exelenchein men ouk ethelein tên alazoneian
oude phanerôs huper doxês apechthanesthai
kai diamachesthai
pros anthrôpous mega dunamenous
Als nun Kleobulos, der Tyrann von Lindos, und dann Periandros von Korinth,
die nichts mit Tugend und Weisheit zu tun hatten,
sondern nur durch Macht, Freunde und Gefälligkeiten die öffentliche
Meinung vergewaltigten,
sich den Namen der Weisen anmaßten und einige Sprüche und
Sätze von sich gaben,
und durch ganz Griechenland Worte aussäten, die denen jener ähnlich
waren,
da hätten sich die Männer zwar sehr geärgert,
sich aber nicht getraut, die Prahlerei zu brandmarken
und öffentlich um des Ruhmes willen sich zu verfeinden und in
einen Kampf einzulassen
mit derart mächtigen Männern.
entautha de sunelthontas autous kath' hautous
kai dialechthentas allêlois
anatheinai tôn grammatôn ho têi
te taxei pempton esti kai tou arithmou ta pente dêloi
marturomenous men huper autôn proston theon
hoti pent' eisi
ton d' hebdomên kai ton hekton apopoioumenous
kai apoballontas hôs ou prosêkontas
hautois
Sie seien daher hier unter sich zusammengekommen, hätten sich
miteinander besprochen
und den Buchstaben geweiht, der in der Reihe der fünfte ist und
auch als Zahl die Fünf bedeutet,
um so vor dem Gott Zeugnis abzulegen, daß ihrer nur fünf
seien,
indem sie den siebenten und den sechsten abwiesen
und ausschlossen als nicht zu ihnen gehörig.
hoti d' ouk apo skopou tauta legetai
gnoiê tis an akousas tôn kata to
hieron
to men chrusoun Ei Libias tês Kaisaros
gunaikos onomazontôn
to de chalkoun Athênaiôn
to de prôton kai palaiotaton têi
d' ousiai xulinon eti nun tôn sophôn kalousin
hôs ouch henos alla koinon anathêma
pantôn genomenon"
Daß diese Erklärung nicht ganz verfehlt ist,
davon kann man sich überzeugen, wenn man hört, daß
die Priester
das goldene E das der Livia, der Gemahlin des Augustus, nennen,
und das eherne das der Athener;
das erste und älteste aber, das aus Holz besteht, nennen sie noch
jetzt das der Weisen
als gemeinsame Stiftung aller Weisen, nicht eines.»
4.
ho men oun Ammônios hêsuchê
diemeidiasen huponoêsas
idiai ton Lamprian doxêi kechrêsthai
plattesthai d' historian
kai akoên heterôn pros to anhupeuthunon
Ammonios lächelte ein wenig und vermutete wohl,
daß Lamprias nur seine eigene Meinung vorgetragen und die Geschichte
und das Hörensagen von Dritten nur erfunden habe, um sie nicht
verteidigen zu müssen.
heteros de tis ephê tôn parontôn
hôs homoia taut' estin hois prôiên
ho Chaldaios ephluarei xenos
hepta de tous kinêsin autotelê
kai asundeton en ouranôi kinoumenous
asteras
einai de têi taxei deuteron
to t' Ei tôn phônêentôn ap' archês
kai ton hêlion apo selênês
tôn planêtôn
hêliôi d' Apollôna
ton auton hôs epos eipein pantas Ellênas nomizein
Ein anderer der Anwesenden sagte,
dies gleiche ja dem, was vor einiger Zeit ein chaldäischer Fremder
dahergeredet habe:
es gebe sieben Buchstaben, die einen Selbstlaut enthielten,
und sieben Sterne, die eine selbständige und ungebundene Bewegung
am Himmel vollzögen,
und es sei das E der zweite von vorn in der Reihe der Vokale
und die Sonne der zweite in der Reihe der Planeten nach dem Monde;
daß aber Apollon sozusagen mit der Sonne identisch sei, das glaubten
alle Hellenen.
"alla tauti men" ephê "pantapasin ek pinakos
kai pulaias"
«Doch dies», sagte er, «sind ja allgemeine und allbekannte
Dinge.»
ho de Lamprias elathen hôs eoike
tous aph' hierous kinêsas epi ton hautou
logon
Lamprias hatte aber, wie es scheint, den Hintergedanken gehabt,
die Leute des Heiligtums zu einer Äußerung gegen seine Deutung
zu reizen.
ha men gar ekeinos eipen oudeis egignôske
Delphôn
tên de koinên kai periêgêtikên
doxan eis to meson proêgon
oute tên opsin axiountes oute ton phthongon
alla tounoma monon tou grammatos echein ti sumbolon
Denn was er gesagt hatte, davon wußte keiner etwas in Delphi,
und so führten sie denn die landläufige, von den Fremdenführern
vorgetragene Deutung ins Feld,
wonach nicht die Form noch der Klang,
sondern allein din Wortbedeutung des Buchstabens einen Symbolgehalt
hat.
5.
"esti gar" hôs hupolambanousi Delphoi
kai tote proêgorôn elege Nikandros
ho hiereus
"schêma kai morphê tês pros
ton theon enteuxeôs
kai taxin hêgemonikên en tois erôtêmasin
echei tôn chrômenôn hekastote diapunthanomenôn
ei nikêsousin ei gamêsousin
ei sumpherei plein ei geôrgein
ei apodêmein
«Es ist nämlich», wie die Delphier annehmen
und als ihr damaliger Wortführer der Priester Nikandros sagte,
«das E die Form und Fassung der Anrede an den Gott,
und es hat die Anfangsstellung in den Fragen der jeweils Orakelsuchenden,
wenn sie erfragen,
ob sie siegen werden, ob sie heiraten sollen,
ob es Nutzen bringt, zur See zu fahren, den Acker zu bestellen,
eine Reise anzutreten.
tois de dialektikois chairein elege sophos ôn
ho theos
ouden oiomenois ek tou 'Ei' moriou
kai tou met' autou <tachthentos> axiômatos
pragma gignesthai
pasas tas erôtêseis hupotetagmenas
toutôi kai noôn hôs pragmata kai prosiemenos
Den Dialektikern aber hat eine Absage erteilt der Gott, weise wie er
ist,
denen, die da meinen, daß nichts mit der Partikel ob
und dem mit ihr konstruierten Satz zustandegebracht werde;
denn er versteht alle in diesem Satz einbegriffenen Fragen als wirklich
gestellt und nimmt sie an.
epei d' idion to erôtan hôs mantin
estin hêmin
kai to euchesthai koinon hôs pros theon
ouch hêtton oiontai tês peustikês
tên euktikên to gramma periechein dunamin
Da es ferner nicht nur uns eigen ist, ihn als Seher zu fragen,
sondern auch ihm Wünsche vorzutragen allgemeiner Brauch ist, ihm
als Gott nämlich,
so glaubt man, daß der Buchstabe ebenso wie den Fragesinn auch
den Wunschsinn enthalte.
'ei gar' [ôphelon] phêsin hekastos
tôn euchomenôn
kai Archilochos
6.
tauta tou Nikandrou dielthontos
hoistha gar dê Theôna ton hetairon
êreto ton Ammônion
ei dialektikêi parrêsias
metestin
houtô perihubrismenêi
<kai kakôs> akêkouiai
Nach dieser Erklärung des Nikandros
richtete unser Freund Theon, du kennst ihn ja, an Ammonios die Frage,
ob der Dialektik offen zu reden erlaubt sei,
wo sie doch so übel angegriffen und schlecht gemacht worden sei.
tou d' Ammôniou legein parakeleuomenou
kai boêthein
"all hoti men" ephê "dialektikôtatos
ho theos estin hoi polloi tôn chrêsmôn dêlousin
tou gar autou dêpouthen esti kai luein
kai poiein amphibolias
Da Ammonios ihn aufforderte zu reden und ihr beizustehen, sagte er:
«Daß der Gott der größte Dialektiker ist, beweisen
die meisten seiner Orakelsprüche.
Denn es ist wohl Sache desselben, Zweideutigkeiten zu lösen wie
sie hervorzurufen.
eti d' hôsper Platôn elege
chrêsmou dothentos hopôs ton en Dêlôi
bômon diplasiasôsin
ho tês akras exeôs peri geômetrian
ergon estin
ou touto prostattein ton theon alla geômetrein
diakeleuesthai tois Hellêsin
houtôs ara chrêsmous amphibolous
ekpherôn ho theos auxei kai sunhistêsi dialektikên
hôs anankaian tois mellousin orthôs
autou sunêsein
Wie schon Platon gesagt hat,
als das Orakel verkündet worden war, sie sollten den Altar in
Delos verzwiefachen
– was eine Leistung außerordentlichen geometrischen Könnens
ist –,
es sei nicht dies, was der Gott verlange, sondern er mahne die Hellenen,
Geometrie zu treiben,
so will er, wenn er zweideutige Orakel gibt, die Dialektik fördern
und empfehlen
als eine Notwendigkeit für die, die ihn richtig verstehen wollen.
en de dialektikêi dêpou
megistên echei dunamin ho sunaptikos houtosi sundesmos
hate dê to logikôtaton schêmatizôn
axiôma
In der Dialektik aber hat doch dieses Bindewort (wenn) die größte
Bedeutung,
da es ja den dem Denken gemäßesten Satz bildet.
pôs gar ou toiouto to sunêmmenon
ei ge tês men huparxeôs tôn
pragmatôn echei kai ta thêria gnôsin
akolouthou de theôrian kai krisin anthrôpôi
monôi paradedôken hê phusis
Denn wie sollte der so gebildete Satz nicht von dieser Art sein,
da doch von der Existenz der Dinge auch die Tiere eine Erkenntnis haben,
Betrachtung und Beurteilung der Folge aber allein dem Menschen von
Natur verliehen ist.
hoti men gar 'hêmera' kai 'phôs'
estin
aisthanontai dêpou kai lukoi kai kunes
kai ornithes
Denn daß es 'Tag' und daß es 'Licht' ist,
das nehmen doch wohl auch die Wölfe und die Hunde und die Vögel
wahr.
hoti d' "ei hêmera phôs estin" ouden
allo suniêsi plên anthrôpos
hêgoumenou kai lêgontos emphaseôs
te kai sunartêseôs toutôn pros allêla
kai scheseôs kai diaphoras monos echôn
ennoian
ex hôn hai apodeixeis tên kuriôtatên
archên lambanousin
Aber den Satz «wenn es Tag ist, ist Licht» versteht kein
anderes Lebewesen als der Mensch,
da nur er allein einen Begriff von Vordersatz und Schlußsatz
und ihrer Verbindung miteinander,
und Verhältnis und Unterschied derjenigen Elemente zueinander
hat,
aus der die Beweise ihre eigentliche Grundlage beziehen.
epei toinun philosophia men peri alêtheian
estin
alêtheias de phos apodeixis
apodeixeôs d' archê to sunêmmenon
ekotôs hê touto sunechousa kai poiousa
dunamis
hupo sophôn andrôn tôi
malista tên alêtheian êgapêkoti theôi
kathierôthê
Da nun die Philosophie sich auf die Wahrheit richtet,
das Licht der Wahrheit aber der Beweis,
Ursprung des Beweises aber die Satzverbindung ist,
so ist begreiflicherweise das Wort, das diese Verbindung schafft und
hervorbringt,
von weisen Männern dem Gotte, der die Wahrheit am meisten liebt,
geweiht worden.
kai mantis men ho theos
mantikê de technê
peri to mellon ek tôn parontôn ê
parôichêmenôn
Ein Seher ist der Gott,
und die Seherkunst ist die Kunst,
die sich auf das Zukünftige richtet aufgrund des Gegenwärtigen
oder Vergangenen.
oudenos gar out' anaitios hê genesis out'
alogos hê prognôsis
all epei panta tois <te> gegonosi ta gignomena
ta te genêsomena tois gignomenois hepetai
kai sunêrtêtai kata diexhodon ap'
archês eis telos perainousan
ho tas aitias eis tauto sundein te pros allêla
kai sumplekein phusikôs epistamenos
oide kai prolegei
Denn was Kunst und Vernunft ausmacht, ist, wie gesagt, die Erkenntnis
der Folge,
und die zweite Prämisse formuliert, was die Wahrnehmung der Vernunft
zureicht.
hothen ei kai glischron eipein ouk apostrepsomai
touton einai tês alêtheias tripoda
ton logon
hos tên tou lêgontos pros to hêgoumenon
akolouthian themenos
eita proslabôn tên huparxin epagei
to sumperasma tês apodeixeôs
Daher, wenn es auch bedenklich ist es auszusprechen, werde ich es doch
nicht ableugnen,
daß der Dreifuß der Wahrheit eben diese Vernunft ist,
welche erst im Vordersatz die Schlußfolge zieht,
dann die Existenz der Sache dazunimmt und so den Vollzug des Beweises
auführt.
ton oun Puthion ei dê mousikêi
te<rpomenos> hêdetai
kai kuknôn phônais kai kitharas psophois
ti thaumaston esti dialektikês philiai
tout' aspazesthai tou logou to meros kai agapan
hôi malista kai pleistôi
proschrômenous horai tous philosophous?
Wenn also der pythische Gott von Musik entzückt Freude hat
an den Stimmen der Schwäne und den Klängen der Kithara,
was ist dann erstaunlich daran, daß er aus Neigung zur Dialektik
denjenigen Redeteil gern hat und liebt,
den er die Philosophen am meisten und häufigsten gebrauchen sieht?
ho d' Hêraklês oupô ton Promêthea
lelukôs
oude tois peri ton Cheirôna kai Atlanta
sophistais dieilegmenos
alla neos ôn kai komidêi
Boiôtios anairôn tên dialektikên
kai katagelôn tou 'ei to prôton to
deuteron'
hupospan edoxe biai ton tripoda kai diamachesthai
pros ton theon huper tês technês
epei proiôn ge tôi chronôi
kai houtos eoike mantikôtatos homou genesthai kai dialektikôtatos"
So erklärt es sich wohl auch, daß Herakles, als er noch
nicht den Prometheus befreit
noch die Lehren der Weisen Cheiron und Atlas empfangen hatte,
sondern als ein junger Mann und ein rustikaler Boioter die Dialektik
verwarf
und den Satz 'wenn das erste ist, dann ist auch das zweite' verlachte,
den Dreifuß mit Gewalt geraubt und mit dem Gott um die Wahrsagekunst
gestritten hat;
denn mit fortschreitender Zeit ist er auch zum größten Seher
und Dialektiker geworden.»
7.
pausamenou de tou Theônos Eustrophon Athênaion
oimai ton eiponta einai pros hêmas
"horais hôs amunei têi
dialektikêi Theôn prothumôs
mononou tên leontên ependusamenos?
Als Theon geendet hatte, war es, glaube ich, der Athener Eustrophos,
der zu mir sagte:
«Siehst du, wie mutig Theon die Dialektik verteidigt
und beinahe das Löwenfell umgenommen hat?
houtôs oud' hêmas tous panta sullêbdên
pragmata
kai phuseis kai archas theiôn homou kai
anthrôpeiôn en arithmôi tithemenous
kai polu malista tôn kalôn kai timiôn
touton hêgemona poioumenous kai kurion
eikos hêsuchian agein
all' aparxasthai tôi theôi
tês philês mathêmatikês
auto men eph' heautou mête dunamei mête
morphêi mête rhêmati
to E tôn allôn stoicheiôn diapherein
hêgoumenous
hôs de megalou pros ta hola kai kuriou
sêmeion arithmou protetimêsthai
tês pempados
aph' hou to arithmein hoi sophoi pempazein ônomazon"
So gehört es sich auch nicht, daß wir, die wir schlechthin
alle Dinge,
die Wesen und Ursprünge der göttlichen wie der menschlichen,
in die Zahl verlegen
und sie zuallermeist für das unter den guten und wertvollen Dingen
Führende und Erste halten,
nun Stillschweigen bewahren,
sondern daß wir dem Gott von unserer lieben Mathematik ein Opfer
darbringen,
da ja an und für sich weder seiner Bedeutung noch seiner Gestalt
noch seinem Wortsinn nach
das E den anderen Buchstaben etwas voraus hat, wie wir annehmen,
wohl aber als Zeichen einer insgesamt großen und erstrangigen
Zahl einen Vorrang genießt,
nämlich der Fünfheit
weswegen auch die Weisen das Zählen 'Fünfeln' genannt haben.»
tauta de pros hêmas elegen ou paizôn
ho Eustrophos
all' epei tênikauta prosekeimên tois
mathêmasin empathôs
tacha dê mellôn eis panta timêsein
to "mêden agan" en Akadêmeiai genomenos
Das sagte Eustrophos zu mir nicht im Scherz,
sondern weil ich dazumal der Mathematik leidenschaftlich ergeben war,
vielleicht auch, weil er als Akademiker das «Nichts zu sehr!»
insgesamt in Ehren halten wollte.
8.
eipon oun
kallista ton Eustrophon tôi
arithmôi luein tên aporian
Ich sagte also,
daß Eustrophos vortrefflich das Problem mit Hilfe der Zahl zur
löse.
"epei gar" ephê "eis to artion nenemêmenou
pantos arithmou kai to peritton
hê men monas amphoterôn epikoinos
esti têi dunamei
diho kai prostithemenê ton men peritton
arithmon artion poiei ton d' artion peritton
archen de tou men artiou ta duo tou de perittou
ta tria poiountai
ta de pente gennatai toutôn pros allêlous
mignumenôn
eikotôs eschêke timên <ho>
prôtos ek prôtôn apoteloumenos
kai gamos epônomastai
têi tou artiou pros to thêlu
perittou d' au pros to arren homoiotêti
«Denn», sagte ich, «da alle Zahlen in gerade und
ungerade zerfallen
und die Eins beiden Klassen gemeinsam ist
– weshalb sie zugerechnet die ungerade Zahl gerade und die gerade
ungerade macht –
und da den Anfang der geraden Zahlen die Zwei, den der ungeraden die
Drei macht
und da die Fünf entsteht, wenn diese beiden einander addiert werden,
so hat sie mit Recht Ehre empfangen, weil sie als erste aus den Ersten
hervorgeht,
und sie hat den Beinamen 'Ehe' bekommen
da die gerade Zahl dem Weiblichen, die ungerade dem Männlichen
ähnlich ist.
tais gar eis isa tomais tôn arithmôn
ho men artios pantêi dihistamenos
hupoleipei tina dektikên archên hoion
en heautôi kai chôran
en de tôi perittôi
to auto pathonti
meson aei periesti tês nemêseôs
morion
hêi kai gonimôteros esti
tou heterou
Denn bei der Zerlegung der Zahlen in gleiche Teile zerfällt die
gerade Zahl ganz
und hinterläßt gleichsam in sich einen empfängnisfähigen
Schoß, einen Freiraum;
bei der gleichen Operation mit der ungeraden Zahl
bleibt immer in der Mitte der Teilung ein Glied zurück,
wonach sie also zeugungskräftiger ist als die andere.
kai mignumenos
aei kratei krateitai d' oudepote
gignetai gar ex amphoin kat' oudemian mixin artios
alla kata pasas perittos
Und wird sie zur anderen addiert,
so herrscht sie und wird nie zur beherrschten,
denn aus den beiden wird bei keiner Addition eine gerade Zahl,
sondern bei allen eine ungerade.
eti de mallon autos epiballôn hautôi
kai suntithemenos deiknusi
tên diaphoran hekateros
artios men gar oudeis artiôi
sunelthôn perisson pareschen
oud' exebê to oikeion
hup' astheneias agonos ôn heterou kai atelês
perissoi de migumenoi perissois
artious pollous dia to pantêi
gonimon apotelousi
Noch mehr beweisen, wenn sie mit sich selbst verbunden werden,
beide Zahlenarten ihre Unterschiedlichkeit,
denn keine gerade Zahl, die zu einer geraden Zahl hinzukommt, ergibt
eine ungerade
und tritt aus ihrem Grundmuster heraus,
da sie infolge ihrer Schwäche unfähig zur Erzeugung der anderen
und unvollkommen ist;
ungerade Zahlen hingegen zu ungeraden addiert
bringen zufolge ihrer großen Zeugungsfähigkeit viele gerade
Zahlen hervor.
tas d' allas ouk an tis en kairôi
nun
epexioi dunameis kai diaphoras tôn arithmôn
In bezug auf die übrigen wird wohl keiner jetzt schnell
die Kräfte und Verschiedenheiten der Zahlen aufführen wollen.
hôs oun arenos te tou prôtou kai
thêleos homiliai ta pente gignomena
gamon hoi Puthagoreioi proseipon
Als aus der Gemeinschaft der ersten männlichen und der ersten
weiblichen Zahl entstanden
haben die Pythagoreer also die Fünf 'Ehe' genannt.
esti d' hêi kai phusis lelektai
tôi peri hauton pollaplasiasmôi
palin eis heauton perainôn
In einem andern Sinne wird sie 'Natur' genannt,
weil sie bei Multiplikation mit sich selbst wieder auf sich hinausführt.
hôs gar hê phusis labousa puron en
spermati kai chthamenê [bzw. cheamenê]
polla men en mesôi phuei schêmata
kai eidê
di' hôn epi telos exagei to ergon
epi pasi de puron anedeixen
apodousa tên archên en tôi
telei tou pantos
houtô tôn loipôn arithmôn
hotan hautous pollaplasiasôsin
eis heterous teleutôntôn
têi auxêsei monos ho tôn
pente kai hex genomenos tosautakis
hautous anapherousi kai anasôizousin
Denn wie die Natur, wenn sie Weizen als Saat in sich aufgenommen hat,
in ihrer Mitte viele Formen und Gestalten hervorbringt,
durch welche sie das Werk dem Ende zuführt,
nach allem aber wieder Weizen zum Vorschein bringt
und so im Ende des Ganzen den Anfang wiedergibt,
so bringen, während die übrigen Zahlen mit sich selbst multipliziert
anders endigende Zahlen ergeben,
allein die Fünf und Sechs je mit ebensoviel multipliziert
immer ihresgleichen hervor und erhalten sich.
hexakis gar ta hex triakontahex
kai pentakis ta pente eikosipente gignetai
Denn sechs mal sechs ist sechsunddreißig
und fünf mal fünf fünfundzwanzig.
kai palin ho men tôn hex hapax touto poiei
kai monachôs autos
eph' heautou tetragônos gignomenos
têi de pempadi kai touto men
sumbebêke kata pollaplasiasmon
idiôs de to kata sunthesin ê heautên
ê <tên> dekada poiein para meros
epigallousan hautêi
kai touto gignesthai mechri pantos
apomimoumenou tou arithmou tên ta hola
diakosmousan archên
Und wiederum tut die Zahl sechs dies nur einmal und einzig,
wenn sie ins Quadrat erhoben wird,
bei der Fünfheit hingegen ist sowohl dies der Fall, nämlich
durch Multiplikation,
als auch daß sie eigentümlicherweise abwechselnd entweder
sich selbst
oder die Zehnheit ergibt in schrittweiser Selbstaddition,
und dies geschehe unbegrenzt fortlaufend,
sodaß die Zahl das Prinzip, welches das All regiert, in sich
abbildet.
hôs gar ekeinên hupallattousan ek
men heautês ton kosmon
ek de tou kosmou palin heautên apotelein
9.
ean oun erêtai tis ti tauta pros ton Apollôna
phêsomen ouchi monon
alla kei pros ton Dionuson
hôi tôn Delphôn
ouden hêtton ê tôi Apollôni metestin
Wenn nun jemand fragt, was das mit Apollon zu tun hat,
so werden wir antworten: nicht nur mit ihm,
sondern auch mit Dionysos,
der an Delphi nicht weniger Anteil hat als Apollon.
akouomen oun tôn theologôn ta men
en poiêmasi ta d' aneu metrou legontôn kai humnountôn
hôs aphthartos ho theos kai aidios pephukôs
hupo dê tinos heimarmenês gnômês
kai logou metabolais heautou chrômenos
allote men eis pur anêpse tên phusin
panta homoiôsas pasin
allote de pantodapos en te morphais kai en pathesi
kai dunamesi diaphorois gignomenos
hôs gignetai nun
kosmos onomazetai [de] tôi gnôrimôtatôi
tôn onomatôn
Hören wir doch die Theologen teils in Versen, teils in ungebundener
Rede sagen und singen,
daß der Gott zwar unvergänglich und seiner Natur nach ewig
ist,
aber aufgrund eines Schicksals sich Wandlungen seines Meinens und Denkens
unterzieht,
bald die Natur zu Feuer entflammt, indem er alles allem gleichmacht,
bald zu einem Vielfältigen in verschiedenartigen Gestaltungen,
Vorgängen und Kräften wird
– wie es jetzt der Fall ist –
und dann 'Welt' genannt wird mit dem bekanntesten seiner Namen.
kruptomenoi de tous pollous
hoi sophôteroi tên men eis pur metabolên
Apollôna te têi monôsei
Phoibon te tôi katharôi
kai amiantôi kalousi
Um dies vor der Menge geheim zu halten,
nennen die Weiseren die Verwandlung in Feuer Apollon wegen des Einsseins,
und Phoibos wegen der Reinheit und Unbeflecktheit.
tês d' eis pneumata kai hudôr kai
gên kai astra kai phutôn zôiôn te geneseis
tropês autou kai diakosmêseôs
to men pathêma kai tên metabolên
diaspasmon tina kai diamelismon ainittontai
Dionyson de kai Zagrea kai Nuktelion kai Isodaitên
auton enomazousi
kai phthoras tinas kai aphanismous
eita d' anabiôseis kai palingenesias oikeia
tais eirêmenais metabolais ainigmata kai
mutheumata perainousi
Des in Winde und Wasser, Erde und Gestirne und das Wachstum der Pflanzen
und Tiere
sich gestaltenden Wandels und der zu diesen Welten entfalteten Ordnung
Geschehen und Veränderung deuten sie verhüllend als Zerreißung
und Zergliederung,
geben ihm die Namen Dionysos, Zagreus, Nyktelios, Isodaites;
und indem sie von Untergang und Vernichtung
und danach Wiederaufleben und Wiedergeburt erzählen,
tragen sie den besagten Verwandlungen angepaßte Rätselgeschichten
und Mythen vor.
kai haidousi tôi men dithurambika
melê pathôn mesta kai metabolês
planên tina kai diaphorêsin echousês
12.
eisi d' hoi kai tas tôn aisthêseôn
dunameis isarithmous ousas
tois prôtois ekeinois sunoikeiousi
tên men haphên horôntes antitupon
ousan kai geôdê
tên de geusin hugrotêti tôn
geustôn tas poiotêtas prosiemenên
aêr de plêgeis en akoêi
gignetai phônê kai psophos
Es gibt aber auch Leute, die die Kräfte der Sinne, die ja von
gleicher Zahl sind,
mit jenen fünf Elementen in Verbindung bringen,
da sie sehen, daß das Tastgefühl Widerstand leistet und
also erdartig ist,
der Geschmack aber durch Feuchtigkeit bei geschmeckten Dingen die Qualitäten
aufnimmt;
geschlagene Luft wird im Gehör Ton und Klang.
duein de tôn loipôn osmê men
hên osphrêsis eilêchen
anathumiasis ousa kai gennômenê thermotêti
purôdes estin
aitheri de kai phôti dia sungeneian
dialampousês tês opseôs
gignetai krasis ex amphoin homoiopathês
kai sumpêxis
Von den beiden übrigen Sinnen ist der Geruch, dem der Geruchssinn
zugeordnet ist,
eine Ausdünstung, durch Wärme erzeugt und feuerartig,
und wenn mit Äther und Licht aufgrund der Verwandtschaft mit ihnen
der Gesichtssinn durchleuchtet wird,
dann entsteht aus beiden eine gleichartige Vereinigung und Zusammenwirkung.
allên d' oute to zôion
aisthêsin
outh' ho kosmos echei phusin haplên kai
amikton
alla thaumastê tis hôs eoike dianomê
gegone tôn pente pros ta pente
kai sullêxis"
Darüber hinaus besitzt weder das Tier ein Wahrnehmungsvermögen,
noch enthält die Welt einen weiteren einfachen und ungemischten
Grundbestandteil,
sondern es hat sich offenbar eine wunderbare Verteilung ergeben von
den fünfen zu den fünfen,
mit der entsprechenden Zuordnung.»
13.
hama de pôs epistêsas kai dialipôn
"hoion" eipon "ô Eustrophe peponthamen
oligou parelthontes ton Homêron
hôs ouchi prôton eis pente neimanta
meridas ton kosmon
hos tas men en mesôi treis apodedôke
tois trisi theois
duo de tas akras olumpon kai gên
hôn hê men esti tôn katô
peras ho de tôn anô
koinas kai anemêtous aphêken
Hier hielt ich inne und fuhr nach einer Weile fort:
«Was haben wir da gemacht, Eustrophos!
Beinahe hätten wir ja Homer vergessen,
als ob er nicht als erster die Welt in fünf Bezirke geteilt hätte,
indem er die drei in der Mitte den drei Göttern zugewiesen,
die beiden zu äußerst gelegenen aber, Olymp und Erde,
von denen der eine die Grenze nach unten, der andere die nach oben
zieht,
gemeinsam und unverteilt gelassen hat.
'all' anoisteos' ho logos'
hôs Euripidês phêsin
'Allein zurückzugehen hat die Rede',
wie es bei Euripides heißt.
hoi gar tên tetrada emnunantes ou phaulôs
didaskousin
hoti tôi tautês logôi
pan sôma genesin eschêken
Diejenigen nämlich, die die Vierheit hoch preisen, lehren nicht
übel,
daß durch ihr Grundmuster alles Körperliche seine Entstehung
erlangt hat.
epei gar en mêkei kai platei bathos labonti
pan to stereon esti
kai mêkous men prohuphistatai stigmê
kata monada tattomenê
mêkos d' aplates [hê] grammê
kaleitai kai duas estin
hê d' epi platos grammês kinêsis
epiphaneias genesin en triadi paresche
bathous de toutois prosgenomenou dia tettarôn
eis stereon hê ausêsis probainei
panti dêlon hoti deuro tên phusin
hê tetras proagagousa
mechri tou sôma teleiôsai
kai paraschein hapton onkon kai antitupon
eit' apoleloipen endea tou megistou
Denn da in Länge und Breite, sobald sie die Tiefe hinzunehmen,
alles Raumhaltige besteht,
und da vor der Länge der Punkt existiert, der als die Einzigkeit
(Monas) zu rechnen ist,
da sodann Länge ohne Breite Linie heißt und die Zweiheit
ist,
dann die Bewegung der Linie zur Breite hin die Entstehung der Fläche
in der Dreiheit darbietet,
und wenn die Tiefe zu diesen hinzutritt, durch die Vier das Wachstum
zum Raum vorschreitet:
so ist einem jeden klar, daß bis hierher die Vierheit die Natur
hat fortschreiten lassen,
nämlich soweit, einen Körper zu vollenden
und ihm eine berührbare und widerstandige Masse zu verleihen,
dann aber ihn des Bedeutendsten hat ermangeln lassen.
to gar apsuchon hôs haplôs eipein
orphanon kai ateles
kai pros oud' hotioun mê chrômenês
psuchês epitêdeion
Denn das Unbeseelte ist, schlicht gesagt, verwaist, unvollkommen
und zu nichts tauglich, solange nicht eine Seele sich seiner bedient.
hê de tên psuchên empoiousa
kinêsis ê diathesis
metabolêi dia pente gignomenê
têi phusei to teleion apodidôsi
kai tosoutôi kuriôteron
echei tês tetrados logon
hosôi timêi
diapherei tou apsuchou to zôion
Die Bewegung jedoch oder der Akt, der dem Körper die Seele einarbeitet
und sich mit der durch die Fünf erfolgenden Wandlung vollzieht,
gibt erst der Natur ihre Vollkommenheit
und hat eine um so viel höhere Bedeutung als die Vierheit,
als das Lebewesen an Wert das Unbelebte überragt.
eti d' ischusasa mallon hê tôn pente
summetria kai dunamis
ouk eiasen eis apeira genê proelthein to
empsuchon
alla pente tôn zôntôn hapantôn
ideas pareschen
Doch noch weitaus stabiler sind bei der Fünf Symmetrie und Bedeutung:
sie ließ nicht zu unbegrenzt vielen Gattungen das Beseelte vorschreiten,
sondern hat nur fünf Formen aller lebenden Wesen dargeboten:
eisi gar theoi dêpou kai daimones kai hêrôes
eita meta toutous to tetarton anthrôpoi
genos
eschaton de kai pempton to alogon kai thêriôdes
denn es gibt doch Götter, Dämonen und Heroen,
dann nach diesen das vierte Geschlecht, die Menschen,
und als letztes und fünftes das vernunftlose Geschlecht der Tiere.
eti d' ei tên psuchên autên
kata phusin diaoirois
prôton autês kai amaurotaton esti
to threptikon
deuteron de to aisthêtikon
eita to epithumêtikon eit' epi toutôi
to thumoeides
eis de tên tou logistikou dunamin exikomenê
kai teleôsasa tên phusin
hôsper en akrôi tôi
pemptôi katapepautai"
Und wenn du weiterhin die Seele selbst ihrer Natur gemäß
zerlegtest,
so ist ihr erster und niedrigster Teil das Lebensvermögen,
der zweite das Wahrnehmungsvermögen,
dann das Begehrungsvermögen
und danach das willensgestaltige Vermögen;
wenn sie aber das Vermögen des Denkens erreicht und ihre Natur
vollendet hat,
so ist sie auf der höchsten, der fünften Stufe zum Abschluß
gelangt.
14.
"tosautas de kai têlikautas echontos tou
arithmou dunameis
kalê kai hê genesis estin
ouch hên êdê diêlthomen
ek duados ousan kai triados
all' hên hê archê tôi
prôtôi sunelthousa tetragônôi
pareschen
So viele und so bedeutende Kräfte hat diese Zahl;
aber schön ist auch ihre Abkunft
– nicht die, von der wir schon gesprochen haben aus der Zweiheit und
der Dreiheit,
sondern die, die der Ursprung durch sein Zusammentreten mit der ersten
Quadratzahl darbot.
archê men gar arithmou pantos hê
monas
tetragônos de prôtos hê tetras
ek de toutôn hôsper ideas kai hulês
peras echousês hê pempas
Denn das Anfängliche jeder Zahl ist die Einzigkeit,
und die erste Quadratzahl ist die Vierheit.
Aus diesen entsteht wie aus der Form, die die Begrenzung der Materie
enthält, die Fünfheit.
ei de dê kai tên monada tetragônon
orthôs enioi tithentai
dunamin ousan heautês kai perainousan eis
heautên
ek duein pephukuia tôn prôtôn
tetragônôn hê pempas
ouk apoleloipen huperbolên eugeneias"
Wenn aber manche mit Recht auch die Einzigkeit als Quadratzahl ansetzen,
als eine Potenz ihrer selbst, die doch immer auf sich selbst hinausläuft,
dann ist aus den ersten beiden Quadratzahlen die Fünfheit hervorgewachsen
und hat den hohen Rang ihrer edlen Abstammung nicht vergessen lassen.»
15.
"to de megiston" ephê "dedia
mê rhêthen piezêi
ton Platôna hêmôn
hôs ekeinos elege piezesthai tôi
tês selênês onomati ton Anaxagoran
pampalaion ousan [tina] tên peri tôn
phôtismôn doxan
idian autou poioumenon
hê gar ou taut' eigêken en Kratulôi?"
«Zumeist aber», fuhr ich fort, «fürchte ich,
daß das Gesagte für unseren Platon eine Belastung darstellt,
so wie er gesagt hat, daß der Name des Mondes eine Belastung
für Anaxagoras darstelle,
der die in Wahrheit uralte Erkenntnis der Belichtungsphasen des Mondes
durch die Sonne
sich habe zu eigen machen wollen;
oder hat er das nicht im Kratylos gesagt?»
"panu men oun" ho Eustrophos ephê
"ti d' homoion pephuken ou sunhorô"
«Gewiß», erwiderte Eustrophos,
«nur kann ich nicht sehen, wo da eine Ähnlichkeit liegt.»
"kai mên oustha dêpouthen
hoti pente men en Sophistêi
tas kuriôtatas apodeiknusin archas
to on to tauton to heteron
tetarton de kai pempton epi toutois kinêsin
kai stasin
«Nun, du weißt doch,
daß Platon im Sophistes fünf Prinzipien als die zuoberst
herrschenden annimmt:
das Seiende, das Gleiche, das Verschiedene,
und als Viertes und Fünftes zu diesen noch Bewegung und Stillstand.
allôi d' au tropôi
dihaireseôs en Philebôi chrômenos
hen men einai phêsi to apeiron heteron
de to peras
toutôn de mignumenôn pasan sunhistasthai
genesin
aitian d' huph hês mignutai tetarton genos
tithetai
kai pempton hêmin huponoein apoleloipen
hôi ta michthenta palin ischei
diakrisin kai diastasin
Eine andere Art der Einteilung wiederum verwendet er im Philebos,
wo er sagt, eines sei das Unendliche, ein zweites das Endliche,
und durch deren Vereinigung setze sich jegliches Entstehen zusammen;
die Ursache, die zu der Vereinigung führt, setzt er als das vierte,
und das fünfte, hat er uns hinzuzudenken nicht vergessen lassen,
wodurch das Vereinigte wieder zur Trennung und Sonderung kommt.
tekmairomai de taut' ekeinôn hôsper
eikonas legesthai
tou men ontos to gignomenon
kinêseôs de to apeiron
to de peras tês staseôs
tautou de tên mignuousan archên
thaterou de tên diagrinousan
Ich vermute nun, daß die letzteren Prinzipien als Bilder der
erstgenannten gemeint sind,
als Bild des Seienden das Entstehende,
als Bild der Bewegung das Unendliche,
Begrenzung als Bild des Stillstandes,
als Bild des Gleichen der vereinigende
und als Bild des Verschiedenen der trennende Ursprung.
ei d' hetera taut' esti
kakeinôs an eiê kai houtôs
en pente genesi kai diaphorais tithemenos
phêsi dê tis tauta proteros sunidôn
Platônos
duo E kathierôsas tôi
theôi
dêlôma kai sumbolon tou arithmou
tôn pantôn
Wenn aber auch die beiden Ansätze Verschiedenes meinen,
mag er auch auf jene wie auf diese Weise die Fünf für Werden
und Differenzierung ansetzen,
so sagt man, daß jemand, der vor Platon dies schon erkannt habe,
die beiden E dem Gotte geweiht habe
als Offenbarung und Symbol der Zahl des Alls.
alla mên kai t' agathon en pente genesi
phantazomenon katanoêsas
hôn prôton esti to metrion deuteron
de to summetron kai triton ho nous
kai tetarton hai peri psuchên epistêmai
kai technai kai doxai alêtheis
pempton <d'> ei tis hêdonê kathara
kai pros to lupoun akratos
entautha lêgei to Orphikon hupeipôn
Die Wahrnehmung täuscht sich durch Unkenntnis dessen, was Sein
ist, darin,
daß das Erscheinende Existenz habe.
19.
"ti oun ontôs 'esti'
to aidion kai agenêton kai aphtharton
hôi chronos metabolên
oude heis epagei
Denn was "ist" nun wirklich?
Das Ewige, Ungewordene, Unzerstörbare,
dem die Zeit keine einzige Veränderung einbringt.
kinêton gar ti kai kinoumenêi
sumphantazomenon hulêi
kai rheon aei kai mê stegon
hôsper angeion phthoras kai geneseôs
ho chronos
hopou ge dê to men 'epeita' kai to 'proteron'
kai to 'estai' legomenon
kai to 'gegonen' autothen exhomologêsis
esti tou mê ontos
to gar en tôi einai mêdepô
gegonos ê pepaumenon êdê tou einai
legein hôs estin
euêthes kai atopon
Denn etwas Bewegtes, mit der sich bewegenden Materie in Erscheinung
Tretendes,
immer Fließendes, unumschlossenes,
wie ein Gefäß des Vergehens und Werdens ist die Zeit:
sind doch allein schon die Ausdrücke «danach» und
«früher» und «es wird sein»
und «es ist geworden» von selbst Eingeständnisse des
Nicht-Seins.
Denn von dem, was noch nicht ins Sein eingetreten ist oder schon aufgehört
hat zu sein,
zu sagen, daß es ist,
das ist töricht und unsinnig.
hôi de malista tên noêsin
epereidontes tou chronou
to 'enestêke' kai to 'paresti' kai to 'nun'
phthengometha
tout' au palin agan enduomenos ho logos apollusin
Dem aber, dem wir zumeist unsere Aufmerksamkeit zuwenden von der Zeit
und sagen «es ist gegenwärtig», «es ist da»,
«jetzt»,
den macht, sobald es sich gründlich darein vertieft, das Denken
wieder zunichte.
ekthlibetai gar eis to mellon kai to parôichêmenon
hôsper augê boulomenois idein ex
anankês dihistamenon
Denn weggedrängt wird es ins Zukünftige und ins Vergangene
wie das Licht denen, die es sehen wollen, sich notwendigerweise spaltet.
ei de tauta tôi metrounti peponthen
hê metroumenê phusis
ouden autês menon oud' on estin
alla gignomena panta kai phtheiromena kata tên
pros ton chronon sunnemêsin
Und wenn mit der messenden Natur gleichen Wesens ist diejenige, die
gemessen wird,
so ist nichts von ihr bleibend und seiend,
sondern alles werdend und vergehend vermöge der Teilung nach der
Zeit.
hothen oud' hosion estin epi tou ontos legein
hôs ên hê estai
tauta gar enkliseis tines eisi kai parallaxeis
tou menein en tôi einai mê
pephukotos"
Daher geht es auch nicht an, vom Seienden so etwas zu sagen
wie «es war» oder «es wird sein»,
denn das sind Abwandlungen und Veränderungen dessen,
was noch nicht zu der Reife, im Sein zu verharren, ausgewachsen ist.
20.
"all' ESTIN ho theos
hê de heterotês diaphorai tou ontos
eis genesin existatai tou mê ontos
Die Andersartigkeit führt wegen ihrer Differenz zum Seienden
zur Entstehung des nicht Seienden.
hothen eu kai to prôton echei tôi
theôi tôn onomatôn
kai to deuteron kai to triton
Daher ist der erste der Namen Gottes sehr treffend
und auch der zweite und dritte.
Apollôn men gar hoion arnoumenos ta polla
kai to plêthos apophaskôn estin
Iêios d' hôs heis kai monos
Phoibon de dêpou to katharon kai hagnon
hoi palaioi pan ônomazon
hôs eti Thessaloi tous hiereas en tais
apophrasin hêmerais
autous eph' heautôn exô diatribontas
oimai 'phoibonomeisthai' legousi
Denn Apollon ist er als derjenige, der das Viele verneint und die Vielheit
verwirft,
Ieios als der eine und einzige
und Phoibos nannten bekanntlich die Alten alles Reine und Heilige,
wie noch jetzt, glaube ich, die Thessaler von ihren Priestern, wenn
sie an den geweihten Tagen
sich nur miteinander außerhalb aufhalten, sagen, sie "weilten
im Reinen".
to d' hen eilikrines kai katharon
heterou gar mixei pros heteron ho miasmos
hôs pou kai Homêros elephanta [tina]
poinissomenon baphêi 'miainesthai' phêsi
kai to mignumena tôn chrômatôn
hoi bapheis 'phtheiresthai'
kai 'phthoran' tên mixin onomazousin
Das Eine aber ist lauter und rein,
denn durch Vermischung von Verschiedenartigem entsteht Befleckung,
wie ja auch Homer sagt, daß Elfenbein, das mit Purpur gefärbt
wird, "befleckt" werde,
und von den Farben, die gemischt werden, die Färber sagen, sie
würden "verdorben"
und das Mischen "Verderben" nennen.
oukoun hen t' einai kai akraton
aei tôi aphthartôi
kai katharôi prosêkei
Also gilt: eins und unvermischt zu sein
kommt immer dem Unzerstörbaren und Reinen zu.
21.
tous d' Apollôna kai hêlion hêgoumenous
ton auton
aspazesthai men axion esti kai philein di' euphuian
ho malista timôsin hôn isasi kai
pothousin
eis touto tithentas tou theou tên epinoian
Diejenigen aber, die Apollon und die Sonne für identisch halten,
muß man anerkennen und loben wegen ihrer rechten Bemühung,
weil sie in all das, was zuhöchst schätzen bei dem, was sie
kennen und ersehnen,
ihre Vorstellung von dem Gott hineinsetzen.
hôs de nun en tôi kallistôi
tôn enupniôn ton theon oneiropolountas
egeirômen kai parakalômen
anôterô proagein kai thasasthai to
hupar autou kai tên ousian
timan de kai tên eikona tênde kai
sebesthai to peri autên gonimon
hôs anuston estin aisthêtôi
noêtou
kai pheromenôi menontos
emphaseis tinas kai eidôla dialampousan
hamôsgepôs tês peri ekeinon
eumeneias kai makariotêtos
doch wie Leute, die jetzt nur erst im Schönsten der Träume
von dem Gott träumen,
wollen wir sie wecken und mahnen,
sich noch höher aufzuschwingen und seine Wirklichkeit und sein
Wesen zu schauen,
freilich auch diese seine Erscheinung zu preisen und ihre schöpferische
Kraft zu verehren,
durch die sie, soweit es sinnlich Wahrnehmbarem gegenüber Gedachtem
und Bewegtem gegenüber Bleibendem erreichbar ist,
gewissermaßen Spiegelungen und Nachbildungen ausstrahlt
seiner Güte und Herrlichkeit.
ekstaseis d' autou kai metabolas <eis> pur
anientos heauton hama tois pasin
hôs legousin authis de katathlibontos
entautha <kai> katateinontos
eis gên kai thalassan kai anemous kai zôia
kai ta deina pathêmata [kai] zôiôn
kai phutôn
oud' akouein hosion
Doch von einem Ablegen seines Wesens und Wandlungen, daß er,
wie sie sagen, sich mitsamt dem All in Feuer aufgehen lasse
und dann sich wieder in diese Welt herab erniedrige
und in Erde und Meer und Winde und Lebewesen
und die furchtbaren Leiden von Tieren und Pflanzen eingehe –
solches auch nur anzuhören ist frevelhaft.
ê tou poiêtikou paidos estai phauloteros
hên ekeinos en tini psamathôi
suntithemenêi
kai diacheomenêi palin huph'
hautou paizei paidian tautêi
peri ta hola chrômenos aei
kai ton kosmon ouk onta plattôn eit' apolluôn
genomenon
Oder aber er wäre ja übler als der Knabe bei dem Dichter,
wenn er das Spiel, das dieser mit dem zusammengetragenen
und von ihm selbst wieder zerstreuten Sandhaufen spielt,
ständig mit dem All triebe,
die noch nicht existierende Welt schüfe und die gewordene wieder
vernichtete!
tounantion gar ho theion hamôsgepôs
engegone tôi kosmôi
touto sundei tên ousian
kai kratei tês peri to sômatikon
astheneias epi phthoran pheromenês
Im Gegenteil: das Göttliche, das irgendwie in die Welt gekommen
ist,
bindet ihr Wesen zusammen
und beherrscht die zur Vernichtung strebende Schwäche des Körperlichen.
kai moi dokei malista pros touton ton logon antitatomenon
to rhêma kai marturomenon
'EI' phanai pros ton theon
hôs oudepote ginomenês peri auton
ekstaseôs kai metabolês
all' heterôi tini theôi
mallon de daimoni
tetagmenôi peri tên en
phthorai kai genesei phusin
touto poiein kai paschein prosêkon
Und mir scheint, vor allem gegen diese Lehre wendet sich die Rede und
legt Zeugnis ab,
indem sie zu dem Gott spricht «DU BIST»,
daß also mit ihm niemals eine Wandlung und Veränderung vor
sich geht,
sondern daß es vielmehr einem andern Gott oder Dämon,
der über Vergehen und Werden gesetzt ist,
zukommt, dies zu tun und zu erleiden.
hôs dêlon estin apo tôn onomatôn
euthus
hoion enantiôn ontôn kai antiphônôn
Dies ergibt sich auch sogleich aus ihren Namen,
die einander gerade entgegengesetzt und widersprechend sind.
legetai gar ho men Apollôn ho de Ploutôn
kai ho men Dêlios ho d' Aidôneus
kai ho men Phoibos ho de Skotios
kai par' hôi men hai Mousai
kai hê Mnêmosunê
par hôi d' hê Lêthê
kai hê Siôpê
kai ho men Theôrios kai Phanaios
ho de 'Nuktos <t> aidnas aergêloio th'
Hupnou koiranos'
kai ho men 'brotoisi theôn echthistos hapantôn'
Denn der eine heißt Apollon (Nichtvieles), der andere Pluton
(der Reiche),
der eine Delios (der Offenbare), der andere Aidoneus (der Unsichtbare),
der eine Phoibos (der Lichte), der andere Skotios (der Finstere);
bei dem einen wohnen die Musen (die Sängerinnen) und Mnemosyne
(Erinnerung),
bei dem andern Lethe (Vergessen) und Siope (Schweigen);
der eine ist Theorios und Phanaios (Betrachter und Erheller),
der andere der finsteren Nacht und des untätigen Schlafes Herrschers
und den Sterblichen von allen Göttern der verhaßteste.
pros hon de Pindaros eirêken ouk aêdôs