Hans
Zimmermann, Görlitz :
12 KÖRBE: Quellen zum Thema "Schöpfung"
und zum Weltbild der Antike und des Mittelalters : Aristoteles : infinite
Begründungsreihen
Aristoteles
Metaphysik
Buch a, 993b – 994b
Gottesbeweise
aus der
Unmöglichkeit
infiniter Begründungsreihen
[993b]
orthôs d' echei kai
to kaleisthai
[20] tên philosophian epistêmên tês alêtheias.
Es ist durchaus
richtig,
die Philosophie
die "Wissenschaft von der Wahrheit" zu nennen.
theôrêtikês
men gar telos alêtheia
kai gar an
to pôs echei skopôsin,
ou to aition
kath' auto
alla pros
ti kai nun theôrousin hoi praktikoi.
Denn das Ziel
der betrachtenden Wissenschaft ist die Wahrheit,
das der handlungsbezogenen
das Werk.
Und wenn die Handlungsbezogenen
auch in den Blick nehmen, "wie" sich etwas verhält,
so betrachten
sie doch nicht die Ursache an sich,
sondern eher
das "Wozu" und das "Jetzt".
ouk ismen
de to alêthes
Wir kennen aber nicht das Wahre,
wenn wir nicht die Ursache kennen.
hekaston
de malista auto tôn allôn
kath' ho
kai [25] tois allois huparchei to sunônumon
hoion to
pur thermotaton:
kai gar tois
allois to aition touto tês thermotêtos:
hôste
kai alêthestaton to tois husterois aition tou alêthesin einai.
Ein jedes Einzelne aber besteht in erster Linie in sich selbst gegenüber
allem anderen,
demgemäß auch allem anderen die begriffliche Gleichnamigkeit
zukommt,
wie etwa das Feuer das Wärmste ist;
dies nämlich ist auch für alles andere die Ursache der Wärme.
So ist auch das höchst Wahre für alles Spätere die Ursache
seines Wahrseins.
diho tas
tôn aei ontôn archas anankaion aei einai alêthestatas
ou gar
pote alêtheis, oud' ekeinais aition ti esti tou [30] einai,
all' ekeinai
tois allois,
hôsth'
hekaston hôs echei tou einai,
Deshalb müssen auch die Ursprünge des ewig Seienden die höchst
wahren sein;
diese nämlich sind nicht nur bisweilen wahr, und es gibt keine
Ursache für ihr Sein,
sondern jene sind für alles andere Ursachen des Seins,
so daß also sich jedes Einzelne, wie es sich zum Sein verhält,
so auch zur Wahrheit verhält.
[994a][1]
alla mên hoti g' estin archê tis
kai ouk
apeira ta aitia tôn ontôn out' eis euthuôrian
Aber daß es einen bestimmten Ursprung gibt
und daß die Ursachen des Seienden weder in fortgesetzter Reihung
unbegrenzt sind
noch der Artbestimmung nach, ist völlig klar:
oute gar
hôs ex hulês tod' ek toude dunaton ienai eis apeiron
hoion sarka
men ek gês, gên d' ex aeros, aera d' ek puros, [5] kai touto
mê histasthai,
oute hothen
hê archê tês kinêseôs
hoion ton
men anthrôpon hupo tou aeros kinêthênai,
touton
d' hupo tou hêliou,
ton de
hêlion hupo tou neikous,
kai toutou
mêden einai peras:
Denn es kann weder das eine aus dem anderen als aus seinem Stoff ins
Unbegrenzte hervorgehen,
wie etwa Fleisch aus Erde, Erde aus Luft, Luft aus Feuer, und dies
ohne einen Halt zu finden,
noch das Woher, der Anfang der Bewegung,
als würde beispielsweise der Mensch von der Luft bewegt,
diese aber von der Sonne,
die Sonne wieder vom Streit,
und es gäbe für dieses Woher keine Grenze.
homoiôs
de oude to hou heneka eis apeiron hoion te ienai,
badisin
men hugieias heneka, tautên d' eudaimonias,
tên
d' eudaimonian [10] allou,
kai houtôs
aei allo allou heneken einai:
kai epi
tou ti ên einai d' hôsautôs.
Genauso ist es auch unmöglich, daß das Weswegen ins Unbegrenzte
fortläuft,
daß das Gehen der Gesundheit wegen wäre, diese aber wegen
der Glückseligkeit,
die Glückseligkeit wegen eines anderen
und so auch immer das eine wegen eines anderen,
und nach diesem Muster bis hin zum "Was–es–zu–sein–war".
tôn
gar mesôn, hôn esti ti eschaton kai proteron,
anankaion
einai to proteron aition tôn met' auto.
Denn bei jedem Mittleren, wovon es ein Letztes und ein Früheres
gibt,
ist notwendigerweise das Frühere Ursache dessen, das nach ihm
kommt.
ei gar
eipein hêmas deoi ti tôn triôn aition,
to prôton
eroumen: ou gar dê to g' eschaton,
oudenos
gar to [15] teleutaion:
Sollten wir nämlich erklären müssen, welches von den
dreien die Ursache sei,
würden wir das Erste nennen; keinesfalls das Letzte,
ist doch das Letzte von nichts die Ursache.
alla mên
oude to meson, henos gar.
outhen
de diapherei hen ê pleiô einai,
oud' apeira
ê peperasmena.
[15] Aber auch nicht das Mittlere, denn es ist lediglich die Ursache
von einem.
Es macht dabei keinen Unterschied aus, ob es sich um eines oder um
mehrere handelt,
noch ob unbegrenzt oder begrenzt.
tôn
d' apeirôn touton ton tropon kai holôs tou apeirou
panta ta
moria mesa homoiôs mechri tou nun:
hôst'
eiper mêden esti prôton, holôs aition ouden estin.
Doch von den auf diese Art unbegrenzten Reihengliedern und überhaupt
vom Unbegrenzten
sind alle Teile in gleicher Weise mittlere Reihenglieder, bis zum Jetzt
hin,
so daß es, wenn es nichts Erstes gibt, überhaupt keine Ursache
gibt.
alla mên
oud' epi to katô [20] hoion te eis apeiron ienai,
tou anô
echontos archên,
hôst'
ek puros men hudôr, ek de toutou gên,
kai houtôs
aei allo ti gignesthai genos.
Aber es ist auch unmöglich, daß etwas zum Untergeordneten
wie ins Unbegrenzte fortschreite,
doch vom Übergeordneten seinen Ursprung hat,
so daß etwa aus Feuer Wasser hervorginge, aus diesem aber Erde,
und sich auf diese Art und Weise immer eine andere Gattung ergäbe.
dichôs
gar gignetai tode ek toude – mê
hôs tode legetai meta tode,
hoion ex
Isthmiôn Olumpia,
all' ê
hôs ek paidos anêr metaballontos
Auf zwei Weisen entsteht »Das« aus »Dem« –
nicht so, daß hier aus Dem »nach Dem« bedeutet;
wie etwa aus den Isthmischen Spielen die Olympischen,
sondern entweder, wie aus dem Kind, indem er sich wandelt, ein Mann wird
oder, wie aus Wasser Luft entsteht.
[25] hôs
men oun ek paidos andra gignesthai phamen,
hôs
ek tou gignomenou to gegonos
ê
ek tou epiteloumenou to tetelesmenon
– aei
gar esti metaxu, hôsper tou einai kai mê einai genesis,
houtô
kai to gignomenon tou ontos kai mê ontos:
esti gar ho
manthanôn gignomenos epistêmôn,
kai tout'
estin ho legetai, [30] hoti gignetai ek manthanontos epistêmôn:
Sagen wir, aus einem Knaben entsteht ein Mann,
so ist damit gemeint, daß aus dem Entstehenden das Entstandene
oder aus dem Unvollendeten das Vollendete entstehe.
Denn immer ist da ein Mittleres, wie das Entstehen zwischen Sein und Nichtsein,
und so auch das Entstehende zwischen Seiendem und Nichtseiendem.
Der Lernende nämlich ist ein entstehender Gelehrter,
und eben das ist gemeint, wenn man sagt, daß »aus«
dem Lernenden ein Gelehrter entsteht.
to d' hôs
ex aeros hudôr,
[30] Das aber, was so wie Wasser aus Luft hervorgeht,
das entsteht aus dem anderen, indem dieses untergeht.
diho ekeina
men ouk anakamptei eis allêla,
[994b]
oude gignetai ex andros pais
ou gar gignetai
ek tês geneseôs to gignomenon
all' esti
meta tên genesin:
Deshalb keht jenes nicht ineinander zurück
und »aus« dem Mann entsteht nicht wieder ein Kind;
denn nicht entsteht aus der Entstehung das Entstehende,
sondern es kommt nach der Entstehung.
houtô
gar kai hêmera ek tou prôï, hoti meta touto:
diho oude
to prôï ex hêmeras:
Ebenso entsteht nämlich auch der Tag »aus« dem Morgen,
indem er »nach« diesem kommt.
Daher entsteht der Morgen nicht aus dem Tag.
Alles andere aber kehrt ineinander zurück.
amphoterôs
de adunaton eis apeiron ienai:
tôn
men gar ontôn metaxu [5] anankê telos einai,
ta d' eis
allêla anakamptei:
hê
gar thaterou phthora thaterou esti genesis.
Bei beiden Entstehungsarten ist es jedoch unmöglich, ins Unbegrenzte
fortzuschreiten.
Denn bei den einen Seienden muß das Mittlere ein Ziel sein,
bei den anderen kehrt alles ineinander zurück;
der Untergang nämlich des einen bedeutet die Entstehung des anderen.
hama de
kai adunaton to prôton aïdion on phtharênai:
epei gar
ouk apeiros hê genesis epi to anô,
anankê
ex hou phtharentos prôtou ti egeneto mê aïdion einai.
Zugleich jedoch ist es unmöglich, daß das Erste, das ewig
ist, untergehe.
Da nämlich die Entstehung vom Übergeordneten her nicht unbegrenzt
ist,
darf auch das nicht ewig sein, aus dem als erstem Vergangenen etwas
anderes entstanden ist.
eti de
to hou heneka telos,
toiouton
de ho mê allou [10] heneka
alla talla
ekeinou,
hôst'
ei men estai toiouton ti eschaton, ouk estai apeiron,
ei de mêthen
toiouton, ouk estai to hou heneka,
all' hoi to
apeiron poiountes
lanthanousin
exairountes tên tou agathou phusin
Desweiteren ist aber das Weswegen ein Ziel,
doch ein solches, das nicht um eines anderen willen,
sondern um dessentwillen das andere existiert;
so daß es also, wenn es ein Letztes dieser Art gibt, diese nicht
unbegrenzt sein kann;
gibt es aber ein derartiges Letztes nicht, kann es auch kein Weswegen geben,
sondern diejenigen, die ein unbegrenztes Fortschreiten annehmen,
heben die Natur des Vollkommenen auf, indem sie sie verhehlen.
kaitoi
outheis an encheirêseien ouden prattein
mê
mellôn epi peras hêxein:
oud' an
eiê nous en [15] tois ousin:
heneka gar
tinos aei prattei ho ge noun echôn,
touto de esti
peras: to
gar telos peras estin.
Kein Mensch würde wohl etwas zu tun unternehmen,
hätte er nicht vor, an eine Grenze zu gelangen.
Und es dürfte dann wohl auch keine Vernunft in den Dingen geben.
Denn zumindest der, der über Vernunft verfügt, handelt immer
wegen etwas;
und dieses bedeutet Grenze, denn Ziel ist Grenze.
alla mên
oude to ti ên einai endechetai anagesthai
eis allon
horismon pleonazonta tôi logôi:
aei te
gar estin ho emprosthen mallon,
ho d' husteros
ouk estin,
hou de to prôton
mê estin, oude [20] to echomenon:
Aber auch das "Was–es–zu–sein–war" kann nicht zurückgeführt
werden
auf eine andere Definition, die dem Begriff nach mehr enthielte.
Immer nämlich ist die frühere Definition in höherem
Grade eine Definition,
keineswegs aber die spätere.
Wozu das Erste nicht gehört, dazu auch nicht das Folgende.
eti to
epistasthai anairousin hoi houtôs legontes,
ou gar
hoion te eidenai prin eis ta atoma elthein:
[20] Und dazu heben die noch das Wissen auf, die auf diese Weise sprechen,
denn es ist unmöglich zu wissen, ehe man nicht zum Unteilbaren
gekommen ist.
kai to
gignôskein ouk estin,
ta gar
houtôs apeira pôs endechetai noein?
Und es gibt auch kein Erkennen.
Wie nämlich wäre es möglich, in diesem Sinne Unbegrenztes
zu denken?
ou gar
homoion epi tês grammês, hê kata tas diaireseis men ouch
histatai,
noêsai
d' ouk esti mê stêsanta
dihoper [25]
ouk arithmêsei tas tomas ho tên apeiron dihexiôn,
alla kai
tên holên ou kinoumenôi noein anankê.
Denn es ist nicht wie bei der Linie, bei deren Teilung es kein Anhalten
gibt,
die aber, hält man nicht an, undenkbar ist
(und deshalb zählt auch der nicht die Schritte, der ihre unbegrenzte
Teilbarkeit durchgehen will),
Man muß aber auch am Bewegten den Stoff denken.
kai apeirôi
oudeni estin einai:
ei de mê,
ouk apeiron g' esti to apeirôi einai.
Und nichts Unbegrenztes hat Sein.
Und wäre dem nicht so, wäre das Unbegrenztsein nicht selbst
unbegrenzt.
alla mên
kai ei apeira g' êsan plêthei ta eidê tôn aitiôn,
ouk an
ên oud' houtô to gignôskein:
tote gar eidenai
oiometha
[30] hotan
ta aitia gnôrisômen:
to d' apeiron
kata tên prosthesin ouk estin en peperasmenôi diexelthein.
Aber falls die Arten der Ursachen ihrer Menge nach un begrenzt wären,
so wäre nicht einmal ein Erkennen möglich.
Wir glauben nämlich, erst dann etwas zu wissen,
wenn wir die Ursachen erkannt haben.
Das der Hinzufügung nach Unbegrenzte kann nicht in begrenzter Zeit
durchlaufen werden.
ICH
BIN der ICH BIN (Exodus 3)
philosophische
Quellen
Hesiod:
Werke
und Tage
(Pandora)
Pythagoras
bei Diogenes Laertios: Leben
und Lehren berühmter Philosophen 8,1
Heraklit:
panta rhei, Logos, Widersprüche, Naturlehre
(Feuer) griech./ deutsch
Parmenides,
DK 28 B 8 (to ON) und alle anderen Fragmente griech./
deutsch
Das
Antistrephon (Paradoxon) des Protagoras, ausgeführt
von Gellius griech./
lat./ deutsch
Platon:
Sonnengleichnis, Linienanalogie und Höhlengleichnis
- Politeia
6,506 a bis 7,519 d
Aristoteles:
Metaphysik L (Buch
12) griech./lat./dt.:
Plutarch:
"Du bist!" : Über das E in Delphi griech./dt.
Proklos
Diadochos (Neuplatonismus):
Censorinus:
De die natali /
Der Tag der Geburt:
Marius
Victorinus: drei Hymnen De Trinitate
Boethius:
De institutione musica:
Sphärenharmonie als musica mundana;
Aratos
/ Cicero / Germanicus:
Phainomena (Himmelserscheinungen) Sternbilder griech./lat./dt.
P.
Ovidius Naso:
Metamorphoses 1,1-150
Das
Himmelreich ist gleich einem Senfkorn (Matthäus-Ev.) – sieben Deutungs-Zweige
Prolog
des Johannesevangeliums
Anselm
von Canterbury:
Thomas
von Aquin:
Meister
Eckhart:
Raffaelo
Santi: Philosophenschule von Athen (mit
Erläuterungen)
Pascal:
Der
Mensch zwischen zwei Unendlichkeiten
Leibniz:
Monadologie
Immanuel
Kant: Kritik der reinen Vernunft: Raum und Zeit
intellektuelle
Anschauung – schaffende Betrachtung (Novalis, Schelling)
Nietzsche:
Die Geburt der Tragödie aus dem Geist der Musik
Der
unendliche Weg der "Kaiserlichen Botschaft", Franz Kafka
Ethik:
Weltreligionen – religionskundliches Wissen, Zugang zu religiösen
Fragen
Al-Qur'an
(Koran), 16 Suren der ersten mekkanischen Offenbarungsperiode
Sprüche,
Lieder, Briefe und Gebete des Sufi-Meisters Husain ibn Mansur
al-Hallâj (Halladsch), des "Baumwollkämmers",
hingerichtet 922; der kühnste
Vertreter der frühen islamischen Mystik: "Ana'lhaqq-"
("Ich = die Wahrheit")
Abu
Hamid al-Ghazzali (Algazel, Al-Ghasali), aus:
"Die Wiederbelebung der Wissenschaften von der Religion":
maurische
Architektur in Andalusien :
Moschee in Cordoba : Alhambra
in Granada
...............
Kuppel
im Saal der zwei Schwestern * Fayencen-Mosaikenwände
mit
geometrisierenden Flechtbändern
indische
Philosophie in Parallele zur abendländischen Entwicklung,
insbesondere
zu Proklos Diadochos (Neuplatonismus):
Rgveda
X,129: nâsad âsin no sad âsît 10,129
Rgveda
I, 164,46, das
ekam (das "Eine") im großen Rätsellied
Bhâgavad-Gîtâ
Yoga-Sûtras
Paul
Deussen: Sechzig Upanishads des Veda
Paul
Deussen: Vier philosophische Texte des Mahâbhârata:
Bhrgu-Bharadvâja-samvâda
* Manu-Brhaspati-samvâda
* Shukânuprashna
Shukânuprashna
(Sanskrit / dt.übers. und komm. H. Zimmermann)
Schöpfungs-Erzählung
in der Manusmrti, Kapitel 1 (Sanskrit / dt. Hans
Zimmermann 2024)
"vier
Weltalter"
*
* * * *
* *
Rundbriefe
2002 / 2003 /
2004 / 2005 /
2006 / 2007 /
2008 / 2009 /
2010 / 2011 /
2012
aktuelle
Rundbriefe * emaille?!
zurück
Seitenanfang
Hans
Zimmermann, Görlitz :
12 KÖRBE: Quellen zum Thema "Schöpfung"
und zum Weltbild der Antike und des Mittelalters : Aristoteles : infinite
Begründungsreihen