Hans Zimmermann : 12 KÖRBE, Quellensammlung in zwölf Sprachen : Vergil : 4.Ekloge
Publius Vergilius Maro
Bucolica 4 (= Ecloga 4)
 
4. Lied der Hirtengedichte:
Geburt eines neuen Weltjahres
 Übers. Hans Zimmermann
Sicelides Musae paulo maiora canamus
non omnis arbusta iuvant humilesque myricae
si canimus silvas silvae sint consule dignae
 
Sizilianische Musen, laßt uns etwas Größeres singen!
Nicht alle freut das Gebüsch und der niedrige Strauch Tamarisken.
Singen wir Wälder, die Wälder dann seien auch wert eines Konsuls!
  ultima Cumaei venit iam carminis aetas
magnus ab integro saeclorum nascitur ordo
iam redit et Virgo redeunt Saturnia regna
iam nova progenies caelo demittitur alto
tu modo nascenti puero quo ferrea primum
desinet ac toto surget gens aurea mundo
casta fave Lucina tuus iam regnat Apollo
 
Letzte Weltzeit brach an – Prophetie der Sibylle von Kyme:
Groß von Anfang an neu wird geboren der Zeitalter Reihe.
Schon kehrt wieder die Jungfrau, kehrn wieder saturnische Reiche,
schon wird neu ein Sprößling entsandt aus himmlischen Höhen.
Sei nur dem eben geborenen Jungen, mit dem das Geschlecht von
Eisen vergeht und in aller Welt das von Gold wieder aufsteht,
sei nur, Lucina, du reine, ihm gut; schon herrscht dein Apollo!
  teque adeo decus hoc aevi te consule inibit
Pollio et incipient magni procedere menses
te duce si qua manent sceleris vestigia nostri
inrita perpetua solvent formidine terras
 
Dir, ja mit dir, dem Konsul, hebt an einer Ewigkeit Kreisgang
Pollio, und es beginnen zu steigen die mächtigen Monde.
In deiner Zeit – wenn noch etwas an Spur bleibt unsres Verbrechens -
wird deren Tilgung vom ständigen Schrecken die Lande erlösen.
  ille deum vitam accipiet divisque videbit
permixtos heroas et ipse videbitur illis
pacatumque reget patriis virtutibus orbem
 
Er wird Götterleben empfangen, er wird mit den Göttern
sehen die Helden gemischt, wird selbst unter ihnen erscheinen,
lenken wird er die befriedete Welt mit den Kräften des Vaters. 
  at tibi prima puer nullo munuscula cultu
errantis hederas passim cum baccare tellus
mixtaque ridenti colocasia fundet acantho
ipsae lacte domum referent distenta capellae
ubera nec magnos metuent armenta leones
ipsa tibi blandos fundent cunabula flores
occidet et serpens et fallax herba veneni
occidet Assyrium vulgo nascetur amomum.
 
Dir aber, Junge, wird noch ohne Arbeit als erste Geschenke
wuchernden Efeu mit Baldrian allseits spenden die Erde,
Lotosblüten gemischt mit dem lächelnden Reiz des Akanthus.
Selbst bringen milchgespannte Euter nach Hause die Ziegen;
Hornbewehrte - sie  fürchten sich nicht vor den mächtigen Löwen,
selbst deine Wiege umblüht dich rings mit leuchtenden Blumen.
Sterben wird dann die Schlange, und trügerisch-giftiges Krautzeug
sterben wird es; gemeinhin wächst assyrischer Balsam. Tellus als Magna Mater in der Reliefwand der Ara Pacis
  at simul heroum laudes et facta parentis
iam legere et quae sit poteris cognoscere virtus
molli paulatim flavescet campus arista
incultisque rubens pendebit sentibus uva
et durae quercus sudabunt roscida mella
 
Aber sobald du der Helden Lob und die Taten des Vaters
erst zu lesen verstehst und begreifst, was Tugend bedeutet,
wird in weichen Ähren das Feld blond-golden erglänzen,
wird in unbeschnittenen Dornen die Traube rot reifen,
und der harten Eiche tauperlender Honig entquellen.
  pauca tamen suberunt priscae vestigia fraudis
quae temptare Thetim ratibus quae cingere muris
oppida quae iubeant telluri infindere sulcos
alter erit tum Tiphys et altera quae vehat Argo
delectos heroas erunt etiam altera bella
atque iterum ad Troiam magnus mittetur Achilles
 
Einige Spuren zwar werden verbleiben des Frevels der Urzeit,
die mit Schiffen das Meer zu versuchen, mit Mauern die Städte
rings zu umgürten heißen, in Erde Furchen zu reißen.
Wieder kommt dann ein Tiphys, und neu eine Argo, die wieder
Helden, erlesene, trägt, es gibt wieder andere Kriege,
und gen Troja wird wieder entsandt ein großer Achilles.
  hinc ubi iam firmata virum te fecerit aetas
cedet et ipse mari vector nec nautica pinus
mutabit merces omnis feret omnia tellus
non rastros patietur humus non vinea falcem
robustus quoque iam tauris iuga solvet arator
nec varios discet mentiri lana colores
ipse sed in pratis aries iam suave rubenti
murice iam croceo mutabit vellera luto
sponte sua sandyx pascentis vestiet agnos
 
Dann, wenn dich zum Mann gemacht das gekräftigte Alter,
läßt auch der Schiffer freiwillig das Meer, die segelnde Fichte
tauscht nicht Waren mehr aus: überall trägt alles die Erde.
Nicht mehr duldet der Boden die Hacke, der Weinberg die Sichel,
jetzt auch löst die Stiere vom Joch der kräftige Pflüger.
Nicht mehr lernt dann die Wolle die bunten Farben zu lügen,
nein, auf der Wiese schon wird dann wechseln der Widder in sanft sich
rötenden Purpur sein Vlies und bald auch in lehmigen Safran.
Scharlach wird ganz von selbst die weidenden Lämmer bekleiden.
  talia saecla suis dixerunt currite fusis
concordes stabili fatorum numine Parcae
adgredere o magnos aderit iam tempus honores
cara deum suboles magnum Iovis incrementum
aspice convexo nutantem pondere mundum
terrasque tractusque maris caelumque profundum
aspice venturo laetantur ut omnia saeclo
 
'Solche Jahrhunderte spulet im Lauf!' so mahnten in Eintracht
nach der Schicksale ewigem Plan ihre Spindeln die Parzen.
Bald ist's Zeit, tritt an deine Bahn, o, strahlender Ehren,
teurer Sprößling der Götter, des mächtigen Jupiter Nachwuchs!
Siehe, es wankt und schwankt des Weltendomes Gewölbe,
Länder und Meere, unendlich gedehnt, und die Tiefen des Himmels,
siehe, so grüßt den Aion, den nahenden, jubelnd das Weltall!
  o mihi tum longae maneat pars ultima vitae
spiritus et quantum sat erit tua dicere facta
non me carminibus vincat nec Thracius Orpheus
nec Linus, huic mater quamvis atque huic pater adsit
Orphei Calliopea Lino formosus Apollo
Pan etiam Arcadia mecum si iudice certet
Pan etiam Arcadia dicat se iudice victum
 
O, mir dauere dann noch zuletzt so lange das Leben
und mein Odem, als es genügt, deine Taten zu preisen!
Nicht besiege der thrakische Orpheus im Liede noch Linus
mich, mag jenem die Mutter, mag diesem der Vater auch beistehn:
Orpheus Kalliope, dem Linus der schöne Apollo.
Pan - und wär sein Arkadien Richter, und stritte mit mir er,
Pan - und wär sein Arkadien Richter: er gäbe besiegt sich!
  incipe parve puer risu cognoscere matrem
matri longa decem tulerunt fastidia menses
incipe parve puer qui non risere parenti [oder: parentes]
nec deus hunc mensa dea nec dignata cubili est
 
Fang nun an, kleiner Junge, im Lachen die Mutter zu kennen!
Brachten der Monate zehn deiner Mutter doch lange Beschwerden.
Fang nun an, kleiner Junge: die nicht anlachten die Eltern,
nicht würdigt den des Tisches der Gott, des Bettes die Göttin.
 
 
Philipp Otto Runge: Der Morgen
 
indische Philosophie in Parallele zur abendländischen Entwicklung,
insbesondere zu Proklos Diadochos (Neuplatonismus):
 
Rgveda X,129: nâsad âsin no sad âsît 10,129
Rgveda  I, 164,46, das ekam (das "Eine") im großen Rätsellied
 
Bhâgavad-Gîtâ
Yoga-Sûtras
 
Paul Deussen: Sechzig Upanishads des Veda
Paul Deussen: Vier philosophische Texte des Mahâbhârata:
Bhrgu-Bharadvâja-samvâda * Manu-Brhaspati-samvâda * Shukânuprashna
 
Shukânuprashna (Sanskrit / dt.übers. und komm. H. Zimmermann)
Schöpfungs-Erzählung in der Manusmrti, Kapitel 1 (Sanskrit / dt. Hans Zimmermann 2024)
"vier Weltalter"
 
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