Im Folgenden nun findet sich eine kleine Stellensammlung
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wâ-'ähejäh scha°aschu°ijm
jowm jowm
meshachäqät le-pânâjw be-kâl-°et
egô êmên hêi prosechairen kath'
hêmeran de
euphrainomên en prosôpôi autou en panti kairôi
et delectabar per singulos dies
ludens coram eo omni tempore
und ich
war Ergötzen Tag um Tag,
spielend vor seinem Antlitz allezeit,
31.
meshachäqät be-tebel 'arzow
we-scha°aschu°aj 'ät-benej
'âdâm
hote euphraineto tên oikoumenên syntelesas
kai eneuphraineto en hyiois anthrôpôn
ludens in orbe terrarum
et deliciae meae esse cum filiis hominum
spielend
im Rund seines Erdenlandes,
und hatte mein Ergötzen an den Söhnen des Menschen.
Heute habe ich seit längerer Zeit mal
wieder Ihre homepage besucht – und bin
dabei auf Nietzsche und seine "Geburt
der Tragödie..." gestoßen. Witzigerweise habe ich mich letztes
Semester mit genau diesem Thema ziemlich ausführlich beschäftigt:
im Rahmen der "Wiener Moderne", und dort besonders bei Hugo von Hofmannsthal
und seiner Konzeption von Praeexistenz. Ich weiß ja nicht, ob Sie
Ihn mögen bzw. wie weit er Ihnen vertraut ist, aber einen besseren
"Verarbeiter" von immer wieder auch und nicht nur Schopenhauer & Nietzsche,
speziell in seinem frühen Werk, ist mir bis jetzt nicht bekannt! (Etwa
im Drama "Der Tor und der Tod" oder in den Gedichten "Ein Traum von großer
Magie" oder "Erlebnis". In letztgenanntem beschreibt er einen wahrhaft
dionysischen Tod:
Ich denke beim Lesen dieser Zeilen weniger an
Nietzsche unmittelbar, als an Wagner, den Imaginations- und Inspirations-"Topf"
Nietzsches, nämlich an das Vorspiel zum dritten Akt Tristan. In der
Tat ist da das Thema der "Tod", vor allem aber ist es diese Stilrichtung:
Symbolismus (wie in der französischen Lyrik), zugleich aber auch Jugendstil
(mit dem Tristan über 30 Jahre vor dem eigentlichen "Jugendstil").
Mit dem frühen Schönberg setzt die
Moderne bei diesem Punkt an; Richard Strauß, der kongeniale Kollege
Hugo von Hofmannsthals, macht auch einen kräftigen Schub in Richtung
"Moderne" von diesem Punkt aus. Merkwürdigerweise ist der Ausdruck
"Jugendstil" bei der Musik der Zeit nicht üblich.
Wirklich: der "Tod"? nicht vielmehr: das "Leben",
Wärme und Pulsen des Blutes? Sonne durch geschlossene Augenlider?
Er sagt: "Das ist der Tod".
Wir würden uns heute fragen, wie
man einen Zustand, der ohne (körperliche) Sinne auskommen muß,
so sinnengesättigt darstellen kann, krass gesagt: geht da nicht
die Phantasie mit dem sich Tröstenden durch?
Wäre der Tod nicht vielmehr als eine Art
von ausgefüllter Sich-Substantialität zu beschreiben, die ohne
sinnliche Differenzierung aus purer Gewißheit jenseits aller Reflexion
besteht?
Ein Wissen, durch das die Bewußtseinsregungen
der Gedanken und Empfindungen nur hindurchgehen wie Wellen und Strudel
durchs Wasser oder Wind durch die Luft?
Der Tod ist das bloße "zu
SEIN", die eigentliche Lebenssubstanz; wir kennen nur Werden, Dinge,
Seiendes, aber nicht dieses bloße – zu
SEIN.
Der Tod, dieses bloße "zu
SEIN",
ist es ein "Bewußt-SEIN"
oder ein sich seiner selbst nicht bewußtes SEIN?
Wenn Sie sagen: "wir kennen nur Werden, Dinge,
Seiendes, aber nicht dieses bloße – zu
SEIN",
und wenn Sie – wie ich es verstanden habe
- meinen, daß wir es kennenlernen können und werden,
so kann/muß ich davon ausgehen, daß
Sie einen bewußten Zustand vor Augen haben?
Was ich mich dabei frage, ist folgendes:
Ist Bewußt-SEIN "ohne sinnliche Differenzierung"
möglich?
– Falls die Sinne ausschließlich
an den physischen Körper gebunden sind, vielleicht.
Aber ein Bewußt-SEIN "jenseits aller
Reflexionen"?
– Ist das nicht paradox?
Nun kann aber ein Bewußtwerden aus dem bloßen
Nichts heraus nicht erfolgen, also muß ein aufweckendes Bewußtsein
und ein aufzuweckendes Bewußtsein dem Aufwachen schon vorausgegangen
sein: eben die Identität
der Subjektseite des Bewußtseins
(die in der Tradition "Form" genannt wird: die Binnenstrukturen des bewußten
Identifizierens, Unterscheidens, Schließens, der versuchenden
Selbstbeobachtung beim Denken, beim "Denken des Denkens")
und der objektiven Inhaltlichkeit
(der "Welt" oder der "Erfahrung" eines Lebens, wenn diese Inhaltlichkeit
in eins gefaßt wird).
Das ist natürlich paradox:
Das der Subjekt-Objekt-Differenzierung vorausgehende
Bewußtsein wird als ein Sich-Wissen bzw. als prädisjunktive
Subjekt-Objekt-Identität auch in diesem zweiten Schritt bloß
ERSCHLOSSEN – aber es müßte doch ERFAHREN werden, dasein, unbezweifelbare
Aktualität haben – ?
"Hat es auch", sagen die Meister, "es wird nur
zugedeckt vom Subjekt-Objekt-Geschlenker der menschenüblichen Bewußtseinsregungen.
Es ist immer in ihnen aktuell, sonst könnten wir nicht denken; es
ist unabweisbar und unwegdenkbar, sonst könnte man bewußt aufhören
zu denken oder willentlich das Bewußtsein verlieren. Die Identitätsachse
des Ich und seiner aufgabenoffenen, unabgeschlossenen Erfahrungswelt ist
immer bei Bewußtsein."
Schon wieder paradox: Das Sich-Wissen soll die
Identität des Ich mit dem Unabgeschlossenen (dem "Fragwürdigen")
der Erfahrungsseite des Lebens bedeuten?
Musikalisch wäre das: die Identität der Prime, grundtönig tonikal (als der abgeschlossensten Selbstübereinstimmung) mit dem, was man in der Entfaltung einer Melodie noch völlig offen "bevorsteht": und das ist keinesfalls schon die blöde Prime, das wäre spannungslos, sondern etwas Gegenspannendes, vielleicht dicht angeschmiegtes wie der Leitton (die Dominante), vielleicht etwas Gegengesträubtes (subdominantisch), vielleicht mediantische Unterfundamentierung oder Überhöhung, oder ein Pausenloch zur rhythmischen Asymmetrie – – wie ist nun denn das eine (die tonikale Prime) mit dem anderen (dem erwarteten Unerwarteten) identisch? Wie ist die betonte Taktzeit mit der unbetonten identisch? (Hegel: "Wie ist die Identität mit dem Unterschied identisch?")
Die Achse selbst ist notwendig, sonst könnte man das unerwartete Erwartete nicht auf die Erwartungshaltung beziehen, es könnte nicht überraschen, wenn nicht ein Erwartungsrahmen bestünde, der zu füllen, zu unterlaufen oder zu sprengen ist.
Sagt Ihnen das was? Ich glaube schon, auch wenn
ich eher Ihre Frage mitmachen will als eine "primlangweilige" bloß
tonikal-schlußakkordliche Antwort zu geben.
Liebe Grüße aus Görlitz,
Hans