4. de tertio autem tempore fuit quidem aliqua
inter auctores dissensio
in sex septemve tantum modo annis versata.
Beim
dritten Zeitalter gab es zwar auch eine gewisse Unterschiedlichkeit der
Auffassungen,
die
sich aber nur um sechs oder sieben Jahre dreht.
5. sed hoc quodcumque caliginis Varro discussit,
et pro cetera sua sagacitate nunc diversarum civitatium conferens tempora,
nunc defectus eorumque intervalla retro dinumerans
eruit verum lucemque ostendit, per quam numerus
certus non annorum modo, sed et dierum perspici possit.
Aber
was es da noch an Undurchsichtigkeit gab, hat Varro aufgerissen, indem
er entsprechend seinem auch sonst bekannten Scharfsinn zunächst die
Zeitrechnungen verschiedener Völker verglich, und dann die chronographischen
Ausfälle und deren Umfange rückwärts nachrechnete.
Auf
diese Weise fand er die Wahrheit heraus und steckte ein Licht auf, in dem
man nicht nur die sichere Zahl der Jahre, sondern sogar auch der Tage erkennen
kann.
6. secundum quam rationem nisi fallor hic
annus,
cuius velut index et titulus quidam est V.
C. Pii et Pontiani consulatus,
ab olympiade prima millensimus est et quartus
decimus,
ex diebus dumtaxat aestivis, quibus agon Olympicus
celebratur;
a Roma autem condita nongentesimus nonagensimus
primus,
et quidem ex Parilibus, unde urbis anni numerantur.
Nach
Maßgabe dieser Zeitrechnung ist, wenn ich mich nicht täusche,
dieses jetzige Jahr,
dessen
Programm geradezu und Etikett das Konsulat eines Pius und eines Pontianus
ist,
das
1014. nach der ersten Olympiade;
gemessen
natürlich von den Sommertagen an, in denen die olympischen Spiele
gefeiert werden.
Seit
der Gründung Roms aber ist es das 991.,
nun
freilich vom Parilienfest, gezählt, dem Stichtag der Zeitrechnung
Roms.
7. eorum vero annorum, quibus Iulianis nomen
est, ducentesimus octogensimus tertius,
sed ex die Kal. Januariarum, unde Iulius Caesar
anni a se constituti fecit principium;
Von
den Jahren nach Einführung des julianischen Kalenders haben wir jetzt
das 283.,
und
zwar vom 1. Januar an, den Caesar als Anfangstag des von ihm konstituierten
Jahres festsetzte.
8. at eorum, qui vocantur anni Augustorum,
ducentesimus sexagensimus quintus, perinde ex Kal. Ianuariis, quamvis ex
ante diem XVI Kal. Febr. imperator Caesar, Divi filius, sententia L. Munati
Planei a senatu ceterisque civibus Augustus appellatus est se VII et M.
Vipsanio Agrippa III cons.
Von
den sogenannten Kaiserjahren ist es das 265., wiederum mit dem Ausgangstag
1. Januar, obwohl der Imperator Caesar Octavianus, Sohn des vergöttlichten
Julius Caesar, auf Antrag des L. Munatius Plancus vom Senat und allen Bürgern
am 17. Januar zum Augustus erhoben worden ist, unter seinem eigenen siebten
und des M. Vipsanius Agrippa drittem Konsulat.
9. sed Aegyptii, quod biennio ante in potestatem
dicionemque populi Romani venerunt, hunc Augustorum annum ducentesimum
sexagensimum septimum <numerant>.
nam ut a nostris ita ab Aegyptiis quidam anni
in litteras relati sunt, ut quos Nabonnazarou nominant, quod a primo imperii
eius anno consurgunt,
quorum hic nongentesimus octogensimus sextus
est;
item Philippi, qui ab excessu Alexandri Magni
numerantur et ad hune usque perducti annos DLXII consummant.
Die
Ägypter zählen aber, weil sie zwei Jahre vorher der Befehlsgewalt
des römischen Volkes unterworfen wurden, dieses Jahr als das 267.
Kaiserjahr.
Denn
ähnlich wie bei uns hat man auch bei den Ägyptern eine bestimmte
Jahreszählung in die Urkunden eingebracht, z.B. die sogenannten "Jahre
nach Nabonnazaros", die mit dessen erstem Regierungsjahr einsetzen.
Nach
dieser Zeitrechnung ist dieses das 986. Jahr.
Ebenso
gibt es die "Jahre nach Philipp", die vom Tode Alexanders des Großen
an gerechnet werden und die sich, bis zu diesem Jahre geführt, auf
562 Jahre belaufen.
10. sed horum initia semper a primo die mensis
eius sumuntur, cui apud Aegyptios nomen est Thouth, quique hoc anno fuit
ante diem VII Kal. Iul.,
cum abhinc annos centum imperatore Antonino
Pio II Bruttio Praesente Romae consulibus idem dies fuerit ante diem XIII
Kal. Aug., quo tempore solet canicula in Aegypto facere exortum.
Die
Jahresanfänge dieser Zählungen liegen stets beim ersten Tage
des Monats, der bei den Ägyptern den Namen Thouth führt, und
er fällt in diesem Jahr auf den 25. Juni,
während
vor nunmehr hundert Jahren unter dem zweiten Konsulat des Kaisers Antoninus
Pius und dem des Bruttius Praesens eben dieser Tag auf den 20. Juli fiel,
den normalen Aufgangstag des Hundssterns in Ägypten.
11. quare scire etiam licet anni illius magni,
qui, ut supra dictum est, solaris et canicularis et dei annus vocatur,
nunc agi vertentem annum centensimum.
Hieraus
läßt sich sogar erschließen, daß im System des Großjahres,
das, wie oben erwähnt, Sonnenjahr, Hundssternjahr oder Gottesjahr
genannt wird, jetzt eben das hundertste Kalenderjahr abläuft.
12. initia autem istorum annorum propterea
notavi, ne quis eos aut ex Kal. Ianuariis aut ex alio quo tempore simul
putaret incipere,
cum <in> iis conditorum voluntates non
minus diversae sint quam opiniones philosophorum.
Ich
habe die Anfänge dieser Jahre deshalb vermerkt, weil sonst jemand
auf den Gedanken verfallen könnte, sie begännen alle am 1.Januar
oder sonst an einem Tag gleichzeitig;
denn
die Bestrebungen der Zeitrechnungsgründer gehen darin nicht weniger
weit auseinander als die Anschauungen der Philosophen.
13. idcirco aliis a novo sole,
id est a bruma,
aliis ab aestivo solstitio,
plerisque ab aequinoctio verno,
partim ab autumnali aequinoctio,
quibusdam ab ortu vergiliarum,
nonnullis ab earum occasu,
multis a canis exortu incipere annus naturalis
videtur.
So
kommt es, daß nach Meinung der einen mit der neuen Sonne,
d.h.
mit der Wintersonnenwende,
nach
Meinung anderer mit der Sommersonnenwende,
nach
Meinung der Mehrheit mit den Frühlingsäquinoktien;
nach
Meinung eines Teils von den Herbstäquinoktien an,
nach
manchen vom Aufgang des Siebengestirns an,
nach
einigen von dessen Untergang an,
nach
Meinung vieler vom Aufgang des Hundssterns das natürliche Kalenderjahr
anfängt.
XXII.
1. mensum genera duo; nam alii sunt naturales,
alii civiles.
Es
gibt zwei Arten von Monaten, natürliche und bürgerliche.
2. naturalium species duae,
quod partim solis, partim lunae esse dicuntur.
secundum solem fit mensis, dum sol unum quodque
in zodiaco orbe signum percurrit.
Die
natürlichen Monate zerfallen wieder in zwei Unterarten,
da
sie teils für die Ausrichtung nach der Sonne, teils für die nach
dem Monde beansprucht werden.
Ein
Sonnenmonat bestimmt sich nach der Zeit, in der die Sonne jeweils ein Tierkreiszeichen
durchläuft.
3. lunaris est autem temporis quoddam spatium
a nova luna <ad novam lunam>.
civiles menses sunt numen quidam dierum,
quos una quaeque civitas suo instituto observat,
ut nunc Romani a Kalendis in Kalendas.
naturales et antiquiores et omnium gentium
communes sunt,
civiles et posterius instituti et ad unam
quamque pertinent civitatem.
Der
Mondmonat ist gleich der Zeitspanne von Neumond <zu Neumond>.
Bürgerliche
Monate bestehen aus einer gewissen Anzahl von Tagen,
die
jede Bürgerschaft nach eigener Festsetzung beachtet, wie jetzt z.B.
die Römer von Kalenden zu Kalenden.
Die
natürlichen Monate sind die älteren und allen Völkern gemeinsam;
die
bürgerlichen Monate wurden erst später eingerichtet und gelten
jeweils nur für eine bestimmte Bürgerschaft.
4. qui sunt caelestes, sive solis seu lunae,
neque peraeque inter se pares sunt nec dies habent totos.
quippe sol in aquario moratur circiter undetriginta,
in pisce fere triginta, in ariete unum et triginta, in geminis prope triginta
et duos, et sic in ceteris inaequabiliter;
sed usque adeo non totos dies in singulis,
ut annum suum, id est dies CCCLXV et portionem nescio quam adhuc astrologis
inexploratam, in duodecim suos dividat menses.
Die
nach den Himmelskörpern, gleich ob nach Sonne oder Mond, ausgerichteten
Monate sind weder absolut gleich untereinander noch gehen sie mit ganzen
Tagen auf.
Das
kommt daher, weil die Sonne etwa neunundzwanzig Tage lang im Zeichen des
Wassermanns steht, etwa dreißig Tage im Zeiehen der Fische, im Zeichen
des Widders einunddreißig Tage, im Zeichen der Zwillinge fast zweiunddreißig
Tage, und ebenso ungleichmäßig ist der Aufenthalt bei den anderen
Sternbildern.
Jedenfalls
hat die Tatsache, daß es in den einzelnen Sternbildern nicht ganze
Tage sind, zur Folge, daß die Sonne ihr Jahr, d.h. 365 Tage und jener
noch heute von den Sternkundigen unerforschte Bruchteil, in ihre zwölf
eigenen Monate teilt.
5. luna autem singulos suos menses conficit
diebus undetriginta circiter et dimidiato, sed et hos inter se dispares:
alias longiores, alias breviores.
at civitatium menses vel magis numero dierum
inter se discrepant,
sed dies ubique habent totos.
Der
Mond durchläuft seine Monate in rund 291/2 Tagen, doch sind auch die
Mondmonate untereinander nicht gleich, sondern teils länger, teils
kürzer.
Die
Monate der verschiedenen Bürgerschaften klaffen in der Zahl der Tage
wohl noch mehr auseinander,
doch
setzen sie sich überall aus ganzen Tagen zusammen.
6. apud Albanos Martius est sex et triginta,
Maius viginti duum,
Sextilis duodeviginti, September sedecim.
Tusculanorum Quintilis dies habet sex et triginta,
October duos et triginta,
idem October apud Aricinos undequadraginta.
Bei
den Albanern hat der März sechsunddreißig Tage, der Mai zweiundzwanzig,
der
Sextilis achtzehn, der September sechzehn Tage.
Der
Quintilis der Tuskulaner hat sechsunddreißig Tage, ihr Oktober zweiunddreißig,
derselbe
Monat Oktober bei den Arikinern neununddreißig Tage.
7. minime videntur errasse,
qui ad lunae cursum menses civiles adcommodarunt,
ut in Graecia plerique,
apud quos alterni menses ad tricenos dies
sunt facti.
Am
wenigsten gingen augenscheinlich diejenigen fehl,
die
ihre bürgerlichen Monate dem Mondumlauf anpaßten,
wie
es bei den meisten Bürgerschaften Griechenlands der Fall ist.
Dort
hat immer jeder zweite Monat dreißig Tage.
8. maiores quoque nostri idem sunt aemulati,
cum annum dierum CCCLV haberent.
sed Divus Iulius cum videret hac ratione neque
ad lunam menses, ut oportebat, neque annos ad solem convenire,
maluit annum corrigere, ut sic etiam menses
eiviles cum veris illis solaribus, etsi non singuli, tamen universi ad
anni finem necessaroo concurrerent.
Diesem
Beispiel sind unsere Vorfahren gefolgt, als sie noch das Jahr zu 355 Tagen
hatten.
Als
aber der vergöttlichte Caesar erkannte, daß nach diesem System
weder die Monate mit den Mondphasen, wie es hätte sein sollen, noch
das Jahr mit der Sonne übereinstimmten,
bevorzugte
er eine Kalenderreform in der Weise, daß die bürgerlichen Monate
mit den beschriebenen wahren Sonnenmonaten, wenn schon nicht im Einzelfall,
so doch zusammengefaßt bis zum Jahresende zwangsläufig synchronisiert
wurden.
9. nomina decem mensibus antiquis Romulum
fecisse Fulvius et Iunius auctores sunt.
et quidem duos primos a parentibus suis nominasse,
Martium a Marte patre,
Aprilem ab Aphrodite id est Venere, unde maiores
eius oriundi dicebantur;
proximos duos a populo: Maium a maioribus
natu, Iunium a iunioribus;
ceteros ab ordine quo singuli erant: Quintilem
usque Decembrem perinde a numero.
Die
Monatsnamen für die zehn alten Monate soll, so berichten Fulvius Nobilior
und Junius Gracchanus, Romulus geschaffen haben.
Und
zwar habe er die beiden ersten nach seinen Eltern benannt: den März
nach seinem Vater Mars, den April nach Aphrodite, d.h. nach der Venus,
von der seine Ahnen abstammen sollten.
Die
beiden nächsten Monate nannte er nach dem Volke: den Mai nach den
'Maioren', den Älteren, den Juni nach den 'Junioren', den Jüngeren.
Die
restlichen hießen einfach nach ihrer Ordnungszahl, vom Quintilis
bis hin zum Dezember nach dem Zahlwort.
10. Varro autem Romanos a Latinis nomina mensum
accepisse arbitratus
auctores eorum antiquiores quam urbem fuisse
satis argute docet.
Varro
hingegen, überzeugt, die Römer hätten die Monatsnamen schon
von den Latinern übernommen,
lehrt
mit überzeugender Stichhaltigkeit, daß die Namengeber älter
waren als die Stadt Rom.
11. itaque Martium mensem a Marte quidem nominatum
credit,
non quia Romuli fuerit pater, sed quod gens
Latina bellicosa;
Aprilem autem non ab Aphrodite,
sed ab aperiendo, quod tunc ferme cuncta gignantur
et nascendi claustra aperiat natura;
In
diesem Sinne glaubt er zwar auch, daß der März nach dem Kriegsgott
Mars benannt ist,
aber
nicht, weil dieser der Vater des Romulus war, sondern weil der Latinerstamm
den Krieg liebte.
Der
April heiße nicht nach Aphrodite,
sondern
nach 'aperire', weil dann fast alles ausgrüne und die Natur die Pforten
der Geburten öffne.
12. Maium vero non a maioribus, sed a Maia
nomen accepisse,
quod eo mense tam Romae quam antea in Latio
res divina Maiae fit [et Mercurio];
Iunium quoque a Iunone potius quam iunioribus,
quod illo mense maxime Iunoni honores habentur;
Der
Mai habe aber nicht von den 'Maioren' seinen Namen erhalten, sondern von
der Göttin Maia,
weil
in diesem Monat in Rom wie früher in Latium der Maia Kultfeiern dargebracht
werden.
Der
Juni heiße auch eher nach der Juno als nach den 'Junioren',
da
in diesem Monat vor allem der Juno Ehren erwiesen wurden.
13. Quintilem, quod loco iam apud Latinos
fuerit quinto,
item Sextilem ac deinceps ad Decembrem a numeris
appellatos.
ceterum Ianuarium et Februarium postea quidem
additos,
sed nominibus iam ex Latio sumptis:
et Ianuarium ab Iano, cui adtributus est,
nomen traxisse,
Februarium a februo:
Der
Quintilis habe seinen Namen deshalb, weil er schon bei den Latinern an
fünfter Stelle stand,
ebenso
sei der Sextilis nach seiner Stellenzahl genannt, und immer so weiter bis
zum Dezember.
Im
übrigen seien Januar und Februar zwar später vorgeschaltet worden,
doch
seien auch deren Namen schon von Latium her übernommen.
Der
Januar habe von Janus, dem er kultisch zugeordnet ist, seinen Namen bezogen,
der
Februar vom Februum.
14. est februum quidquid piat purgatque, et
februamenta purgamenta,
item februare purgare et purum facere.
februum autem non idem usquequaque dicitur;
nam aliter in aliis sacris februatur, hoc
est purgatur.
Unter
Februum versteht man alle Mittel und Riten, die entsühnen und reinigen;
'februamentum'
heißt Sühneopfer und entsprechend 'februare' reinigen und rein
machen.
Unter
Februum dürfe man aber nicht unter allen Umständen dieselben
Mittel und Riten verstehen,
denn
bei den einzelnen Kulturen werde jeweils in anderer Weise 'februiert',
d.h. entsühnt.
15. in hoc autem mense Lupercalibus, cum Roma
lustratur,
salem calidum ferunt, quod februum appellant,
unde dies Lupercalium proprie februatus
et ab eo porro mensis Februarius vocitatur.
In
diesem Monat Februar bringt man aber an den Luperkalien,
dem
Entsühnungsfest Roms, heißes Salz dar, das Februum heißt,
und
aus diesem Grunde ist der Luperkalientag in besonderer Weise ein 'Februiertag',
und
im weiteren Verlauf wurde nach diesem Tage der Monat Februar genannt.
16. ex his duodecim mensibus duorum tantum
nomina inmutata.
nam Quintilis Iulius cognominatus est C. Caesare
V et M. Antonio cons. anno Iuliano secundo.
qui autem Sextilis fuerat, ex S. C. <C.>
Marcio Censorino C. Asinio Gallo cons. in Augusti honorem dictus est Augustus
anno Augusti vicensimo,
quae nomina etiam nunc ad hanc permanent memoriam.
Von
diesen zwölf Monaten hat sich nur bei zweien der Name geändert.
Der
Quintilis bekam nämlich den Ehrennamen Juli unter C. Julius Caesars
fünftem und des M. Antonius Konsulat im zweiten Jahr julianischer
Aera.
Der
Monat, der vordem Sextilis hieß, wurde unter dem Konsulat des Marcius
Censorinus und des C. Asinius Gallus aufgrund eines Senatsbeschlusses zu
Ehren des Kaisers Augustus im zwanzigsten Kaiserjahr in August umbenannt.
Diese
Namen haben sich bis in die heutige Zeit gehalten.
17. postea vero multi principes nomina quaedam
mensum inmutaverunt
suis nuncupando nominibus;
quod aut ipsi post modum mutaverunt,
aut post obitum eorum illa nomina pristina
suis reddita mensibus.
Freilich
haben auch später noch viele Herrscher Monatsnamen geändert
und
nach ihren eigenen Namen bezeichnet,
aber
entweder haben sie späterhin selbst die Änderung rückgängig
gemacht,
oder
man hat nach ihrem Tode den Monaten ihre altbewährten Namen zurückgegeben.
XXIII.
1. superest pauca de die dicere,
qui, ut mensis aut annus, partim naturalis
partim civilis est.
Es
bleibt nun noch einiges Wenige über den Tag anzuzeigen,
der
ebenfalls, wie Jahr und Monat, ein natürlicher oder ein bürgerlicher
sein kann.
2. naturaliter dies est tempus ab exoriente
sole ad solis occasum,
cuius contrarium tempus est nox ab occasu
solis ad exortum.
civiliter autem dies vocatur tempus,
quod fit uno caeli circumactu,
quo dies verus et nox continetur,
ut cum dicimus aliquem dies triginta tantum
vixisse;
relinquitur enim etiam noctes intellegere.
Ein
Tag im natürlichen Sinne ist die Zeit zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang.
Die
Umkehrung, also die Zeitspanne zwischen Sonnenuntergang und Sonnenaufgang,
ist die Nacht.
Als
Tag im bürgerlichen Sinne bezeichnet man die Zeitspanne,
die
während einer Himmelsumdrehung verstreicht
und
einen wirklichen Tag und eine Nacht enthält,
wie
z.B. wenn wir sagen, jemand habe nur dreißig Tage gelebt.
Unausgedrückt
bleibt, daß man auch die Nächte mitzuverstehen hat.
3. huius modi dies ab astrologis et civitatibus
quattuor modis definitur.
Babylonii quidem a solis exortu ad exortum
eiusdem astri diem statuerunt,
at in Umbria plerique a meridie ad meridiem,
Athenienses autem ab occasu solis ad occasum.
ceterum Romani a media nocte ad mediam noctem
diem esse existimarunt.
Ein
Tag dieser Art wird von den Sternkundigen und Bürgerschaften auf vier
Weisen bestimmt:
Die
Babylonier setzten den Tag von Sonnenaufgang bis zum Aufgang desselben
Sterns fest.
In
Umbrien hingegen reichte der Tag bei vielen Gemeinden von Mittag bis Mittag,
bei
den Athenern von Sonnenuntergang bis Sonnenuntergang.
Die
Römer waren übrigens der Ansicht, der Tag dauere von Mitternacht
bis Mitternacht.
indicio sunt sacra publica et auspicia etiam
magistratuum,
quorum si quid ante medium noctis est actum,
diei, qui praeteriit, adscribitur;
si quid autem post mediam noctem et ante lucem
factum est,
eo die gestum dicitur, qui eam sequitur noctem.
Als
Kriterien gelten öffentliche Kulthandlungen und sogar Auspizien der
Beamten.
Was
davon vor Mitternacht vollzogen wurde, wird dem voraufgegangenen Tag zugeschrieben;
Was
aber nach Mitternacht, aber noch vor dem Tageslicht vollzogen wird,
gilt
als für den Tag getan, der dieser Nacht folgt.
5. idem significat quod, qui a media nocte
ad proximam mediam noctem in his horis quattuor et viginti nascuntur, eundem
diem habent natalem.
Derselbe
Befund ist dadurch angezeigt, daß die Menschen, die innerhalb der
vierundzwanzig Stunden zwischen Mitternacht und der nächsten Mitternacht
geboren werden, am selben Tag Geburtstag haben.
6. in horas XII diem divisum esse noctemque
in totidem vulgo notum est;
sed hoc credo Romae post reperta solaria observatum.
quorum antiquissimum quod fuerit, inventu
difficile est;
alii enim apud aedem Quirini primum statutum
dicunt,
alii in Capitolio, nonnulli ad aedem Dianae
in Aventino.
Daß
die Tageszeit in zwölf Stunden eingeteilt wird und ebenso die Nacht,
ist landläufig bekannt.
Aber
ich glaube, daß dies in Rom erst nach Erfindung der Sonnenuhr beachtet
worden ist.
Allerdings
läßt sich schwer ermitteln, welches die älteste aller Sonnenuhren
ist.
Die
einen sagen nämlich, die erste Sonnenuhr sei am Tempel des Quirinus
errichtet worden,
andere
sagen, auf dem Kapitol, einige, beim Dianatempel auf dem Aventin.
7. illud satis constat, nullum in foro prius
fuisse quam id, quod M'. Valerius ex Sicilia advectum ad rostra in columna
posuit.
quod quoniam ad clima Siciliae descriptum
ad horas Romae non conveniret, L. Philippus censor aliud iuxta constituit.
deinde aliquanto post P. Cornelius Nasica
censor ex aqua fecit horarium, quod et ipsum ex consuetudine noscendi a
sole horas solanum coeptum vocari.
Hinreichend
fest steht jedoch die Tatsache, daß es auf dem Forum keine Sonnenuhr
gegeben hat vor jener, die Manhus Valerius aus Sizilien mitbrachte und
bei den Rostren auf einer Säule aufstellte.
Da
diese jedoch auf die geographische Breite Siziliens abgestimmt war und
mit den römischen Stunden nicht in Einklang stand, ließ der
Zensor L. Philippus eine andere danebenstellen.
Einige
Zeit danach ließ der Zensor P. Cornelius Nasica eine Uhr aus Wasser
erstellen, die man aber aus alter Gewohnheit, die Stundenzeit von der Sonne
her zu lesen, ebenfalls 'Sonnenuhr' zu nennen anfing.
8. horarum nomen non minus annos trccentos
Romae ignoratum esse credibile est; nam XII tabulis nusquam nominatas horas
invenies ut in aliis postea legibus, sed 'ante meridiem', eo videlicet,
quod partes diei bifariam tum divisi meridies discernebat.
Daß
die Namen der Stunden den Römern nicht weniger als dreihundert Jahre
lang unbekannt geblieben sind, ist durchaus glaublich.
Denn
im Zwölftafelgesetz findet man nirgends benannte Stunden, wie es später
bei anderen Gesetzen der Fall ist, sondern den Ausdruck "vor dem Mittag",
offenbar deshalb, weil der Mittag die Teile des in zwei Hälften aufgegliederten
Tages schied.
9. alii diem quadripertito, sed et noctem
similiter dividebant.
idque similitudo testatur militaris <usus>,
ubi dicitur vigilia prima, item secunda et
tertia et quarta.
Andere
teilten den Tag in vier Teile, aber auch die Nacht in ähnlicher Weise.
Dieses
System bezeugt die Parallele der militärischen Gepflogenheit,
wonach
man von der ersten, dann der zweiten, dritten und vierten Nachtwache spricht.
XXIV.
1. sunt etiam plura noctis et diei tempora
aliis subnotata propriisque discreta nominibus,
quae apud veteres poetas passim scripta inveniuntur.
ea omnia ordine suo exponam.
incipiam a nocte media, quod tempus principium
et postremum est diei Romani.
Es
gibt noch mehrere Zeitmarken im Ablauf von Tag und Nacht,
die
mit eigenen Bezeichnungen versehen und durch besondere Namen unterschieden
werden;
man
findet sie auf Schritt und Tritt in den Schriften der alten Dichter.
Ich
werde sie in der zeitlichen Abfolge erklären.
Ich
beginne mit der Mitternacht, dem Anfang und Schluß des römischen
Tages.
2. tempus, quod huic proximum est, vocatur
de media nocte;
sequitur gallicinium, cum galli canere incipiunt,
dein conticium, cum conticuerunt;
tunc ante lucem, et sic diluculum,
cum sole nondum orto iam lucet.
Die
der Mitternacht am nächsten liegende Zeit heißt "Nachmitternacht".
Dann
folgt der "Hahnensang", wenn die Hähne zu krähen anfangen,
dann
die "Schweigezeit", wenn die Hähne wieder verstummt sind.
Es
folgt das "Vorlicht" und ebenso die "Dämmerung",
wenn
die noch nicht aufgegangene Sonne schon aufleuchtet.
3. secundum diluculum vocatur mane, cum lux
videtur sole <orto>;
post hoc ad meridiem,
tunc meridies, quod est medii diei nomen,
inde de meridie; hinc suprema.
quamvis plurimi supremam post occasum solis
esse existimant,
quia est in XII tabulis scriptum sic:
'solis occasus suprema tempestas esto.'
sed postea M. Plaetorius tribunus plebiscitum
tulit,
in quo scriptum est:
'praetor urbanus, qui nunc est quique posthac
fuat,
duo lictores apud se habeto
isque <usque> supremam ad solem occasum
ius inter cives dicito.'
Nach
der Dämmerung heißt es "Morgen", wenn mit dem Sonnenaufgang
das Licht erscheint,
danach
Vormittag,
dann
Mittag als Bezeichnung für die Tagesmitte,
dann
der Nachmittag, danach die "Schlußzeit",
obwohl
die meisten die "Schlußzeit" nach den Sonnenuntergang gesetzt haben,
und
zwar weil im Zwölftafelgesetz folgender Satz steht:
"Der
Sonnenuntergang soll der Schluß des Tages sein."
Aber
später hat der Volkstribun Marcus Plaetorius einen Volksbeschluß
durchgebracht,
in
dem folgender Satz steht:
"Der
städtische Prätor, der jetzt amtierende wie auch ein zukünftiger,
soll
zwei Liktoren bei sich haben,
und
er soll Recht sprechen unter den Bürgern bis zum Tagesschluß
gegen Sonnenuntergang."
4. post supremam sequitur vespera,
ante ortum scilicet eius stellae,
quam Plautus vesperuginem, Ennius vesperum,
Vergilius hesperon appellat.
Nach
dem "Tagesschluß" folgt der Abend (vespera),
d.h.
vor dem Aufgang jenes Sterns,
den
Plautus Vesperugo, Ennius Vesperus, Vergil Hesperos nennt.
5. inde porro crepusculum, sic fortasse appellatum,
quod res incertae creperae dicuntur
idque tempus noctis sit an diei incertum est.
Danach
folgt im weiteren Verlauf das Zwielicht, vielleicht deswegen so benannt,
weil
ungewisse Dinge als zwielichtig bezeichnet werden,
und
weil es für diese Zeit ungewiß ist, ob sie zum Tage oder zur
Nacht gehört.
6. post id sequitur tempus, quod dicimus luminibus
accensis,
antiqui prima face dicebant;
deinde concubium, cum itum est cubitum;
exinde intempesta, id est multa nox, qua nihil
agi tempestivum;
tunc [cum] ad mediam noctem dicitur,
et sic media nox.
Nach
dieser Tageszeit kommt jene, die wir "Lampenanzünden" nennen.
Die
Alten sprachen von ihr als der "ersten Fackel";
es
folgt nun die Schlafenszeit, in der man schlafen geht,
dann
die "Unzeit", d.h. die tiefe Nacht, in der etwas zu tun nicht die rechte
Zeit wäre.
Danach
spricht man von der "Vormitternacht",
und
so wiederum von der Mitternacht.